Physical Geography: Winds (4°)




Source: Nachl. Adickes, #4 (4°, 4 pp., Akademie-Archiv, Berlin). Pages 1-4.

Source: Nachl. Kant, #15a (Akademie-Archiv, Berlin).

Group (4°): Kant #15a (4°, 4 pp.). Pages 5-8.

Source: Nachl. Johann Gottfried Herder XXV.44a-3 (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz).

Group 3: XXV.44a-3 (4°, 4 pp.). Pages 9-12.


Adickes #4 consists of a copy of the physical geography notes prepared by Paul Menzer and two others (c. 1900), and includes occasional corrections by Erich Adickes. Menzer copied all of the original 4° sheets that were available to him (and that are still extant) and nearly all of the extant 8° sheets; about one-half of the original 4° sheets are missing – corresponding to 72 pages of the Menzer copy. Those 72 pages are included in this transcription. This group contains notes on: Intro (2 pp.), Oceans (17 pp.), Land (24 pp.), Earthquakes (3 pp.), Springs (11 pp.), Rivers (11 pp.), and Winds (4 pp.).


Kant #15a(4°) consists of three different signatures for a total of ten pages, but the sheets are all numbered consecutively (1-5). This group contains notes on: Earthquakes (4 pp.) and Rivers (2 pp.), and Winds (4 pp.).


XXV.44a-3 (4°): Four pages, all in ink (5r, 5v, 6r, 6v). At the bottom of 5r (the first page of this four-page signature = 4° Winds-9) is the letter ‘M’.


[NL-Adickes #4 (206r)] ms 1



Sechstes Hauptstück.
Geschichte des Luftkreises.[1]

/ 1) Bestimmung: Der Luftkreis umgiebt unsere Erde mit solchem

Drucke, als ein Meer, das 32 ˜Fuß Rheinländ.isch hoch wäre. Die Erde,

als eine Last, die auf ihr ruht, drückt sie, als einen elastischen

Körper nothwendig zusammen, ˚.und mit der Annäherung nach

dem Mittelpunkt der Erde, als dem Punkt der Schwere muß

auch ihre Dichtigkeit zunehmen, so daß in einer Tiefe von 7

deutschen Meilen sie schwerer als Waßer ˚.und in einer Tiefe

die noch nicht 1/7 des Erdradius wäre, schwerer als Gold sein müßte

(könnte diese unterirrdische Dichtigkeit bei Erhitzungen nicht

die gewaltigen Erderschütterungen veranlaßen?) – – Je höher die

Luft ist, desto dünner wird sie ˚.und hieraus entspringt der Alten

dreifache Luftregion: die unterste geht von der Meerfläche, bis zu

Höhen, wo auch im Sommer kein Schnee schmilzt: Nach den

verschiedenen Erdgegenden ist sie verschieden.

/ In der torrida schmilzt der Schnee in einer Höhe von ¾ Meilen ˚oder 5.000‹6?› ˜Fuß nicht

/ ⁅In der⁆ Schweiz ⁅schmilzt der Schnee in einer Höhe von⁆ ½ Meile 10.000 z.E. Alpen ‹˚und Pyrenäen›

/ ⁅In⁆ Norden ist die Höhe noch kleiner ˚.und wird endlich der Meerfläche

gleich.

/     Die mittelste von dem Ende dieser Höhe bis zur höchsten

Wolkengegend, diese ist zwar nicht völlig bestimmt durch eine

deutsche Meile, aber doch meistens ˚.und im Durchschnitt, da nach

den verschiedenen Gegenden auch diese Höhe verschieden sein

kann: oder bis zur Höhe der Meteoren, die da leuchten z.E.

Nordlicht, Feuerkugeln, ˚und alsdenn würden einige – vielleicht 5 –


[NL-Adickes #4 (206v)] ms 2



deutsche Meilen sie ausmachen.

/ Die oberste bis zum Ende des Luftkreises ist die ungewißeste,

indessen ist sie durch die Höhe der Abenddämmerung ohnge-

fähr mit 9 ½ deutsch.en Meilen bestimmt.

[Eintheilung der Winde nach ihren Eigenschaften Feuchtigkeit, Trockenheit, Wärme, Kälte und Gesundheit][1]

/ 2) Eigenschaften der Luft.

/ 1) Dichtigkeit: diese ist nach der verschiedenen Entfernung vom

Aequator verschieden. Da der mittlere Stand des Barometers

in torrida 27 ˜Zoll ˚.und in temperata 28 ˜Zoll hoch ist: so ist jene Luft um

1/28 leichter: mit der Höhe nimmt auch die Dünnigkeit zu,

so daß auf den Cordileras der mittlere Stand des Queck-

silbers nur 14 ˜Zoll hoch ist.

/ Von dieser leicht zu athmenden Luft kommt auch vermutlich die

Leichtigkeit im Denken bei den montanis her, ˚.und von dem ge-

wöhnlich Bergklettern die Leichtigkeit am Leibe, Kühnheit

˚.und Gelenkigkeit: von der leichten Vertheidigung auf Bergen

ihre Freiheitsliebe, die sie daher mit den Insulanern gemein

haben: ˚.und von ihrer Lebensart, die nicht vom knechtischen

Ackerbau, sondern von der angenehmen ˚.und freien Viehzucht

sich nähret, das Bild der Freiheit ˚.und des paradiesischen Ver-

gnügens, das sie sich von ihrer Jugend machen. Hieraus kann man

mit mehr Leichtigkeit, als Scheuchzer aus den gesunden

Kräutern, Luft etc das Heimweh der Schweizer[2] z.E. bei der

kaiserl.ichen Armee ˚.und zwar bei Gelegenheit des Kuhreigens er-

klären, der sie an die Vergnügen ihrer Jugend erinnerte,

˚.und ihnen die Welt verblüht schilderte, da sie selbst verblüht

waren.

/ 2) die Feuchtigkeit ˚.und Trockenheit. Nicht blos die Luft ist feucht,

die Feuchtigkeit fahren läßt ˚.und also dick ist, sondern die heiterste


[NL-Adickes #4 (207r)] ms 3



Luft kann voller aufgelöseter Feuchtigkeiten sein. Jene ist be-

feuchtend und trocknet sich eben dadurch: diese feucht, weil sie

voller Waßertheile ist, die sie in sich gezogen ˚.und aufgelöset hat.

Man muß nicht stets die Seeluft vor die feuchteste halten, denn

die Luft zieht blos die Feuchtigkeit bis zur Sättigung in sich,

˚.und präcipitirt sie hernach: – Nach Verschiedenheit der Gegend ist

sie

/a) feucht:[1] α) Durch das Pflanzenreich: die ohne Circulation sind, aber

durch die Blätter viel aus Dunsten z.E. Sonnenblume dunstet

in einem Tage so viel aus als der Mensch: Ein Hopfengarten

4 mal mehr als andere Garten (s.iehe Hales Statik der Gewächse)[2]

In waldichten Gegenden ziehen sich also beständig Wolken-

seulen auf, die vielen Regen geben und weil in den dicken

Wäldern die Luft ohne Cirkulation ist, Nebel machen. So

schien die Insel Madera den Entdeckern eine Wolke –

ein verfluchtes Eiland – ein Feenreich zu sein: bis sie in die-

se Wolke segelten, ˚.und eine Insel voller Bauholz fanden,

deren Luft sich auch jetzt, durch Aushauung der Wälder ge-

reinigt hat.

/ Ebenso feucht ist das waldichte Virginien ˚und

/ b) durch Morrast: die auch gemeinigl.ich viel Pflanzen

zu haben pflegen ˚und die viel ausdunsten.

z.E. die Meerliese, davon der Sargaßo eine Art ist.

/ Feuchtigkeit mit Wärme verbunden ist sehr ungesund:

denn da die Wärme die Schweislöcher zum ausdunsten

öffnete, so macht die Feuchtigkeit, daß die pori sie einsau-

gen ˚.und dies ist der Anfang der Krankheit, so wie ein

großer Schweis, der sich allmälich im Luftzuge trocknet,


[NL-Adickes #4 (207v)] ms 4



die Luft resorbirt ˚.und sie offen erhalten möchte: eine Me-

thode der Rußen sich gleich nach dem Bade im kalten Waßer

abzukühlen – –

/ Keine empfindlichere Luft kann also sein, als bei Panama

˚.und Porto Bello, da die entkräftendste Hitze ˚und eine Feuch-

tigkeit der Luft ist, die sogleich das Papier bewegt, so bald

man an der Luft schreiben will.[1]

/ b) trocken z.E. in Oberegypten, Persien ˚.und Arabien: Da die

trockne Luft auch unsre Feuchtigkeit trocknet, ausdunsten

macht; so muß sie einen Grad Feuchtigkeit haben, wenn man

nicht zu viel ausdunsten ˚.und die Gefäße nicht einschrumpfen

sollen. Daher sind in den trocknen Ländern viele

/ 1) Lungenkrankheiten z.E. in Egypten, in torrida, weil jeder

Athemzug das Lungenhäutchen trocknet, das also sehr bald zer-

springt, wenn die Reichen nicht durch fontainen wohlriechen-

der Waßer die Luft feuchten.

/ 2) Augenkrankheiten: weil der feine salzige Staub in der

Luft, die Augenhäute zu sehr abtrocknet, wozu das Reisessen

noch mehr beiträgt.

[The transcript for the remainder of this page of Menzer’s copy is omitted; the remaining text can be found at the top of ms 5, transcribed from the original manuscript.]


[NL-Kant #15a (11)] ms 5



/ 3) in Ansehung ihrer Reinigkeit entweder

/   1): [a] vermischt: z.E. mit Salzen: diese sind zwar überall in der Luft, [b]

/        z.E. 1) Tartarus regeneratus wird eben dadurch, daß

       er an die Luft gelegt, ihr acidum in sich ziehet.

/        2) das acidum was sich an Wände sezt, macht Salpeter

       aber nicht überall in gleichem Maas:

/        Auf der Kaffernküste hing Colb[c] eine Flasche offen

       gegen den Westwind auf, ˚.und fand nach 8 Tagen Salz-

       kruste in ihr.[1]

/        Ormus ist mit einer Salzschichte candisirt, so auch viele

       Felder in Persien ˚.und dem C.apo bon.ae spei, von den Flüßen

       die aus den Gebürgen das Salz ausspülten

/        auf den Azorischen Inseln rosten Meßer, die ein wenig an

       der Luft liegen. – Auf Jamaica alles in 2 Stunden: –

       Die Uhren können nicht gnug gereinigt werden – Auf der

       Thomas Insel rosten die Schlößer so, daß sie in 2 Jahren

       aus einander fallen.

/     mit Oelichten, Mineral etc. Theilen, aber seltener.

/     Aus dieser Vermischung entsteht die Verschiedenheit der Seeluft von der Landluft: so daß

/      1) Die Seeluft, kaum 200 Meilen vom Lande, gar keine Gewitter mehr gibt

/      2) ⁅Die Seeluft⁆ gerochen werden, kann

/      3) ⁅Die Seeluft⁆ besondere Krankheiten gibt, z.E. den Skorbut, (der von unserm völlig

      unterschieden ist, da Scorbutici über Neuigkeiten oft erschrecken, sonst vergnügt um-

      her gehen ˚.und plötzl.ich oft hinsinken:–) die allein durch die Landluft kann vertrieben

      werden, die @die@ halbtodten Schiffer oft von weitem geschnappet, ˚.und nachher aus der

      Erde mit langen Zügen in sich getrunken.

/   2) rein: ist in in manchen Ländern so besonders, daß man sie nicht blos durchsichtig, sondern unsichtbar

       nennen könnte, wenn nicht [d]in langer Entfernung sich ihre blaue Farbe zeigte, die nie von den

       den [e] Sonnenstralen durch[f] ‹den› Farbenlosenhimmel gebrochen (weiße Partikelchen auf einem

       schwarzen Grunde) herkommen kann, sondern ursprünglich ist. Die bei dem Untergange der Sonne

       am meisten dunkelblaue Luft, ist die reinste, so wie die voll von Dünsten ist, in der die Sterne

       ⁅am meisten⁆ blinkern: so wie im Winter bei Öfnung eines Fensters alles zu zittern scheint

       Daher ist das Sternenlicht [g] ganz ruhig ˚.und ohne Zittern, in der großen Syrischen Wüste, die

       wegen der wenigen Ausdünste so reine Luft hat, daß man auf Dächern unter dem heitern

       Himmel schläft: – ein Wink über den Ursprung der Astronomie in [h] Chaldäa, die in dem

       kalten Norden weit später ˚.und unfüglicher erfunden wäre.

/ 4) in Ansehung der Gesundheit oder Schädlichkeit.

/     1) gesunde Luft: ist theils die, so nicht kränklich ist, nach unterschiedner [i] Leibesbeschaffenheit, wie z.E. alten

       Leuten die wärme Luft

/      theils die, vorzüglich gegen ein anderes Land gesunder ist: so reisten die alte Englander

       vormals nach Marseille, jezt nach Lißabon, ˚.und die Portugiesen nach Brasilien.

       Eine Zeitlang gingen die Engländer nach denen Bermudas, es fanden

       sich aber nachher Ratzen, die die Einwohner verjagten, ˚.und Vögel endlich die


[NL-Kant #15a (12)] ms 6



  Ratzen tödteten: ˚und von da an verlor sich die Gesundheit der Luft

/ 2) kränklich: ist heiße Luft, die dabei feucht ist z.E. die am Mexicanischen Sinus, wo des reichsten Marktes von

      der Welt ohngeachtet, ˚.und da ein Haus über 10.000 ˚.Thaler Miethe trägt,

      auch Geizige nicht gerne wohnen, ˚.und ihre Sechswöchnerinnen retten

      sich vor der Niederkunft heraus.

/    heiße ruhige Luft z.E. in dicken Wäldern: ‹anfangs in Virginia› Die in Jamaica, wo die Einwohner nicht ihre 50 Jahr alt

      werden, ˚.und also die Zeit, die sie haben, recht lustig leben. Die Europ.äer

      werden so bald als sie hinkommen blaß ˚und schwach

/    Daher alle Morräste in heißen Ländern geben Wechselfieber: z.E. die Ueberschwemmung in Sumatra,

      da das Waßer fault, ˚.und die Luft vergiftet: [a] ‹so auch in Siam, wo der Fluß austritt›

/    Endemische Krankheiten: die einem Volke besonders eigen sind: z.E. 1) Das [b]Zeichen von Aleppo[1]

      ist ein kleiner rother Flecken, im Anfange ohne Schmerzen, nachher

      fault er tief ein, ˚.und macht insonderheit am Gesicht scheußlich: vielleicht

      kommt er vom Waßer oder Wurmsamen.   2) Die Hottentottenläuse

      sollen, so wie jedes Thiers Läuse besonders seyn 3) Die Europäische Weiber

      bekommen in Batavia salzigte Milch: ˚.und die Europ.äer verlieren bei den Hottentotten ‹ihr Ungeziefer›

/    Daß Malta, Kandia (vormals Bermudas) ‹keine›[c] Ratzen leide }

/     Gotzo, ˚.und Guizi, Augspurg    ⁅keine⁆ Schlangen ⁅leide⁆ } berichtet Keyßler[d][2]

/     Irrland      kein giftiges Thier leide    }

/    Epidemisch heißen die Krankheiten, die ansteckend in einem ganzen Volke wüten: z.E.

/     1) Die Pest, die fürchterlichste, entsteht nicht von todten Pferden, Schlachtfeldern, ˚und ist also eben

      keine Folge des Krieges, sondern erfodert ein ferment der Ansteckung, daher sie sehr

      leicht durch die Ausdunstung der Kleider, durch Koddern z.E. in Marseille, die

      @Nesery@ hervorzog, worauf sie sich durch ganz Europa ausbreitete; im 13. Jahrhundert

      wütete sie eben so durch Nordchina, wo sie über 200 Meilen zur Wüste machte.

      Ob sie gleich ein Land aufs andere ˚.und Egypten auf Konstantinopel schiebt: so ist

      Egypten doch eigentlich [e]ihr Geburtsort, ihre beständige Behausung, ob sie sich gleich

      bisweilen mehr darinn ausbreitet, manchmal mehr zurückzieht, insonderheit

      wenn der Nil Egypten überschwemmet hat. Sobald sich aber der Boden entblößt

      reißt sie weiter ein, es mag also die Ausdünstung des Bodens etwas dazu beitragen,

      das Ferment fortzupflanzen, das vielleicht zur Zeit der Ueberschwemmung im

      lezten verpesteten aussterben könnte, (so wie der alte Aussaz ausgegangen ist)

      wenn nicht der Türken blindes Schicksal sie ganz sorglos machte. Laugenhafte Häuser

      [f] tragen dazu bei: Aus Egypten haben die Türken, die [g]

      Europäer sie geholt, so wie diese nach China, ˚.und Amerika fortgepflanzt haben.

      Die Ungarische Pest heißt Potätschen.

/   2) Die Kinderpocken: waren den Alten unbekandt: denn ‹1)› Hippokrates[h] denkt ihrer in seiner Liste

     der Krankheiten nicht.      2) Die Bilder der Alten bis a.nte C.hristum n.atum. @312@

     sind ohne Pocken.        3) ein Griechischer Arzt[3] von Alexandrien

     fing davon als einer neuen Krankheit an zu schreiben. Sie sind ohngefehr zu Mo-

     hammeds[i] Zeiten in Arabien auf eine unbekandte Weise entstanden, von da durch

     die Europäer ausgebreitet bis nach Amerika, wo sie auch bis jetzo denen Amerik.anern


[NL-Kant #15a (13)] ms 7



sehr gefährlich sind, da diese sich unbesorgt der Luft aussetzen: ˚.und also selten davon kommen.

Sie sezzen ein Anstecken, d.i. eine Mittheilung des Ferments voraus: ˚.und das Mittel gegen ihren Schaden

ist: die Inokulation der Pocken,[1] die seit langer Zeit schon bei den Georgischen Mädchens gebräuchl.ich war

˚.und in Europa machet, daß kaum der hundertste ‹an ihnen›[a] jezt stirbt, da vorher der sechste starb. In Frankreich

ist sie durch einen Parlamentsschluß untersagt, da ein Arzt auf die Grille kam, daß da das Pockengift

ausgebreitet würde, auch die Pocken selbst mitgetheilt würden; in andern Ländern aber wird sie

mit Nutzen fortgesezt:

/ 3) die Venusseuche,[2] ist als eine Contagion erst nach der Entdeckung Indiens zu uns gekommen, da die Einwoh-

ner auf Guanahanie, von grünen Eidexen, die sie gegeßen, häufig daran krank gewesen. Die Spanier

[b] (Spanische Pocken) brachten sie nach Neapel, daher sie Neapolitanische Krankheit hieß: sie brei-

tete sich durch Italien, bis nach Frankreich aus ˚.und Franz I.[3] starb daran: daher heißen sie Franzosen:

die Europäer brachten sie nach Ostindien, ˚.und in Siberien ist sie fast beständig ˚.und allgemein. Da das

einzige Mittel dagegen, Merkur ist, damit in Pondichery 300 Personen auf einmal geheilt wurden,

˚.und dieses das Wurmvertreibende Medikament ist: (Da Mercur.ius sublim.atus auch auf Pflanzen gespritzt sie

vor Erdwürmern [c] erhält) so kam Mr. Desault,[d][4] ein großer Physik.er und Arzt auf die Muthmaßung, ob

nicht sie, ˚.und alle Contagionen [e]durch Wurmsamen entstehen, ˚.und fortgepflanzt werden: daher sind sie

auch in Indien dem Wurm vollen Lande, wo die Einwohner sich Würme aus der Haut schneiden

müßen, ‹˚.und› werden [f] wenn der Wurmsame ins Geblüt gebracht ist, gleich dem ganzen Geblüt

mitgetheilt, ˚.und durch die Cohabitation auf andre gebracht. – Eben so mag[g] der [h] Biß des

tollen Hundes auch einen Wurmsaamen mittheilen, der das ganze Geblüt ansteckt, nach einigen

Wochen Schwermuth, Hydrophobie, Raserei ˚.und Tod bringt: ˚.und in der Hydrophobie auch bei Patienten

die noch gesundes Verstandes sind, insonderheit eine Neigung einflößt, ihren kontagiösen Speichel

durch den Biß andern mitzutheilen, daher sie selbst andre warnen, sich vor ihnen in Acht zu nehmen.

/ Alle diese Krankheiten mögen wenig von der Luft herkommen, ob diese gleich dazu concurriren kann

wie z.E. die Engelländer zu einer Zeit im Jahr schwermüthig werden, ˚.und die Verliebte sich in eine

gewiße See: Rosamundis stürzen sollen:

[Von den Winden überhaupt][5]

/ 5) in Ansehung ihrer Bewegung: daher entstehen Winde: derselben

/ 1) allgemeine Beschaffenheit: In dem unermeßlichen Ocean der Luft entstehen Meerströme d.i. Winde, die durch

das veste Land d.i. Berge ‹Boden› etc. sehr bestimmt ˚.und eingeschränkt, [i] in den Strassen d.i. zwischen engen Örtern

einen obern ˚.und untern Strom ˚.und bei 2 gegen einander strebenden Strömen einen Strudel d.i. einen

Wirbelwind machen. – – Die Winde sind entweder kurz [j] oder lang, der Gegend ˚.und der

Zeit nach: ˚.und die stärksten pflegen dem Raume nach eben nicht sehr [k] lang zu seyn. Sonst sind

/ die Ursachen der dauerhaften großen Winde: die Verdünnung der Luft: dadurch also die andere das Ueber-

gewicht bekommt, ˚.und an ihre Stelle tritt: folgl.ich entsteht ein Wind 1) bei der Erwärmung einer Luftgegend,

da die erwärmte leichte Luft der wärmern stärker eindringenden weicht z.E. bei einem Camin

eingehitzten Ofen, ist also beständiger Wind, da die warme Luft emporgehoben ˚.und verdrängt wird:

so auch bei dem Streit der Land- ˚.und Seeluft, davon jene leichter erwärmt ˚.und von dieser weggeführt

wird: so lange, bis alles gleichmäßig erwärmt ist    2) bei der Erkältung einer Luftgegend

die sich also zusammenzieht, durch die Kälte ihre Ausspannung verliert, ˚.und der wärmern Luft Plaz


[NL-Kant #15a (14)] ms 8



gibt, gegen sie zu strömen: z.E. wenn im Anfange des Herbstes die Nordl.iche Kälte anfängt, strömt die

südliche wärmere Luft beständig dazu, bis die Zunahme der Kälte aufhört, darauf sie zurückkehrt.

Diese[a] Winde von der veränderten Elastischen Luftschwere kann sehr lange dauren, da z.E. bei

Inseln ein beständige Erwärmung ˚.und also beständiger Streit zwischen See- ˚.und Landluft ist: ˚.und 2) unter

dem Aequator auch ein beständiger Wind wegen der Verdünnung daselbst seyn muß: – die alsdenn

irrdische Dämpfe (die wir noch wenig kennen) vermehren oder vermindern können.

/ Die Ursachen von 2) plötzl.ichen kurzen Stürmen: sind: ausgebrochne Schwefel- ˚.und Mineral-Dämpfe, die die Elasticität

     der Luft schwächen, oder in Gährung gerathen:

/         gegen einander stoßende Winde, die sich aufhalten, Windstille

     machen, [b] hernach mit Heftigkeit sich drücken, ˚.und entsezl.iche Wolkenbrüche ˚.und Stürme

     machen:    ein heftiger Plazregen oder Hagel, insonderheit im Sommer:

     der viel Luft unterschlägt, ˚.und also eine @starken@[c] Luftdruck, ˚.und oft heftigen Wind, der aber

     gar nicht weit gehet.

/ 2) Einteilung: a) von den Schiffernnach der Gegend›: Diese haben die Schiffsrose (rosam nauticam)[1] [d] die ihren Namen hat, weil

     sie in Neapel erfunden ist, da der Herz.og von Anjou regierte,[2] der eine Lilie

     im Wapen führte. – – Der Bogen des Horizonts wird in 4 Hauptgegenden,

     (cardinales) N.ord O.st S.üd W.est eingetheilt, ˚.und die Gegend zwischen 2. ⁅Hauptgegenden⁆

     in 2 Theile (collaterales) dabey N.ord ˚.und S.üd voraus kommen, ˚.und also sind sie: NordOst, SüdOst,

     SüdWest, NordWest – Diese 4tel Bogen, wozu noch NO, OW, kommen, wieder getheilt macht,

     NNO, ONO, OSO – SSW – WSW – WNW – WWN – Die Winde der 4ten Ordnung

     entstehen: wenn sie die vorigen Bogen halbiren, die Benennungen behalten,

     ˚.und durch das Wort gen nur, die nächste Hauptgegend noch anzeigen. z.E.

     Nord gen Ost; NordOst gen Ost: alle Eintheilungen zusammen machen die 32 Winde aus, in

     die der Compaß eingetheilt ist: ˚.und die eine subtilere Eintheilung unnöthig ma-

     chen.

[Eintheilung der Winde nach ihren Eigenschaften Feuchtigkeit, Trockenheit, Wärme, Kälte und Gesundheit][3]

/ b) nach ihren Eigenschaften

/   1) in Absicht der Feuchtigkeit ˚.und Trockenheit:

/    a) feuchte Winde sind bei uns West ˚.und Süd: der Südwest ist noch feuchter aber selten:

/      Ursach nicht blos: weil sie über die Nordsee @bei uns@ kommen: denn der Wind

/       1) nimmt ja die Feuchtigkeit nicht blos wie ein turbillon herauf, trägt sie

       läßt sie fallen: sondern das fahren lassen muß ja erklärt werden

/       2) die Luft saugt ja blos bis zur Sättigung ein:

/       3) der Ostwind, auch wenn er über die gröste See streicht, ist trocken,

       z.E. in den Philippin.ischen Inseln über das stille Meer: ˚.und in Amerika

       bringt ‹nicht der Südwest›[e] ‹¿¿¿ über die Atlant.ische See› sondern blos [f] Westwind Regen.

/       4) In sumpfichten Ländern regnets mehr, in bergichten, Wäldern mehr.

       woher regnen die Wolken, die vom entfernsten Lande kommen, just

       hier ab? Vermutlich weil die morrast Feuchtigkeiten etc. den Regen

       praecipitiren ˚.und also wird auch die

/      Ursache seyn, warum Süd ˚.und West insonderheit Südwest feucht sind, weil diese

       Winde die @Feuchtigkeiten@ am leichtsten präcipitiren laßen: Da Norde ˚.und Oste

       sie resolviren.


[XXV.44a(5r)] ms 9



/   b) trocknende Winde sind Nord ˚.und Ost: der Nord trocknet bei uns ˚.und [a] in Grönland ebenfals durch Kälte

    da er Schnee ˚.und Eis auflöst ˚.und wegführt: so wie das Oel trocknet: andre trocknen durch Hizze,

    die die Feuchtigkeiten an sich zieht: so ein trocknender Wind macht in Oberegypten ˚.und in

    andern Wüsten die Lungen Krankheiten ˚.und das Grab vieler Einwohner

/    Ueberhaupt ist feuchte ˚.und feuchtende, trockne ˚.und trocknende Luft sehr verschieden ˚.und das ganze Räzel ist,

   ob die Luft die Feuchtigkeit fahren läßt.

/ 2) in Absicht der Kälte ˚und Wärme:

/ a) Winde, die heißere Luft mit sich führen, als die unsere ist, erwärmen; im Gegentheil erkälten sie. Je schnel-

ler der Wind, je kälter: ausgenommen wenn er Menschenblut findet, das noch kälter als er ist: ˚.und den

Grad der Hitze haben manchmal die Winde in torrida, insonderheit um den Senegal. – Ueberhaupt ist über-

all der Nordwind kalt ˚.und in der ganzen Natur gesund; der Süd warm ˚.und schädlich. Der Africus der Römer

(bei den Griechen Lips ˚.und heutigen Italienern Kirokko) war den Römern an Menschen ˚und Sachen schädlich, da er den Wein

vertrocknete, so gar Mörtel auflöste, in 10 Jahren das Blei verzehret, daher vormals Rom gegen ihn doppelte

Mauren hatte: der Egyptische Südwind Camzin,[b] ist unerträgl.ich heiß, ˚.und macht die Pest von Jul.i bis zum August

bis der Nordwind jenen ablöset, kleine Wolken bringt, die aber verfliegen, ˚.und ein Zeichen der nahen

Ueberschwemmung ist: der Samiel[c][1] in Arabien, Persien ˚.und Sorien ist einer von den schädlichsten. Er ist

röthlich, hitzig, wie aus dem Feuerofen, ˚.und weht insonderheit im Junio ˚.und August, vornemlich am Persischen

Meerbusen, Minutenweise, so plötzl.ich tödtend, daß die verbrannte kaum schrein: ich brenne! so liegen

sie da; ihre Haut bleibt beim Anrühren am Finger kleben, ˚.und nach Minuten verwesen sie. – Heyns

Meinung,[2] daß er Sanheribs tödtender Engel gewesen, ist dadurch unvermuthl.ich, da er nicht bis nach

Jerusalem gewöhnl.ich streicht, ˚.und dadurch sich nicht das Wunder verringerte. Seine Ursache ist nach der Perser

Meinung, das Kraut Golbatsamur in der Wüste Kerman, deßen giftigen Blumenstaub er mit sich

fortführe; aber die vermutlichere Ursache ist diese: die Erde ist in den Gegenden voll Naphtha ˚.und Harz, ˚.und die

Wüste Kerman viel Salz: – die Saure Salzpartikelchen, die dieser Wind [d] mit sich reißet, vermischen sich

mit den Naphtha ausdünstungen: Salzgeist mit Oel gemischt, gibt Luftaufwallungen, Aufbrausungen, Brand

dem, den er ergreift, einen plötzl.ichen Tod. – Viele andre Winde, in den Sandwüsten Arabiens ˚.und Egyptens

begraben oft die Reisende im Sande, der sie wie Löschpapier austrocknet, ˚.und unbalsamirte Mumien[3] macht.

/ b) sehr kalte Winde: – ˚.Das Menschliche Gefühl ist hierin nicht eigentl.ich Schiedsrichter, da dies die Veränderung der

Luft empfindet, da die erwärmte weggeführt wird, ˚.und oft das thermometer den Wind selbst nicht als kälter

zeigt. Winde von den Bergspitzen sind kalt: selbst in Guinea bringen sie vom Gebirge, das im Untern Theil

des vesten Landes befindlich ist, Reif ˚und Kälte: daß sie auch selbst den Europ.äern so empfindl.ich waren, als die

Winde von den Kordileras den Spaniern: Kalt sind die Winde, aus denen Eisklüften: ˚.und künstl.ich kalt

die voll Salztheilchen, wie die Hamontons in Amerika. Solche kalte Winde drücken oft plötzl.ich von oben

herab ˚.und die Kälte darf also nicht stets aus Norden herkommen, sondern kann sich auch in dem Lande selbst

erzeugen. – Sonst bestimmt freilich die Gegend des Windes ˚.und die Beschaffenheit des Bodens, woher ˚.und

worüber er weht, sehr seine Bestandtheile: ˚.und vermutlich sind auch deßhalb die Süds so schädl.ich weil die

Ausdünstungen [e] ihrer Gegenden sehr verschieden ˚.und arsenikalisch sind, da die Nördlichen ähnlich mit

unsern ˚und gesund sind.


[XXV.44a(5v)] ms 10



/ 3) in Ansehung [a] der Laufrichtung

/   Die Abendwind wehen bei uns 1) mit Stößen, hingegen auf der See einförmig: [b] von diesen Stößen,

  des ⁅Abendwind⁆es kommt also das Knarren der Fahnen, das also ein Bote des Regens zu seyn pflegt. Die

  Stöße kommen vielleicht daher bei uns, daß in der Luft, wenn der Seewind auf ein flaches Ufer weht, eine

  Art von Brandung[c] entstünde, deren Richtigkeit bewiesen würde, wenn in jedem Lande der Seewind

  in Stößen wehete. Wenn ein Wind perpendikular 2) herunterfällt, so ist er sehr kalt, ˚.und die Kälte darf

  also nicht stets aus Schweden kommen, wo es oft alsdenn weit wärmer ist etc. 3) Zween Luftströme, die sich ein-

ander aufhalten, machen erstl.ich Windstillen, denn plötzl.ich Sturm, [d] mit Plazregen gemeinigl.ich begleitet.

/     Daher sind die Gegenden bei Sierra Leona, an der Krümmung der Küste von

    Süden nach West so gefährl.ich wegen der Tornados, d.i. sehr plötzl.iche Wirbel, die

    herabzufallen scheinen, wenn vorher der Wind rund um den Kompas gegangen

    alsdenn eine Windstille erfolgt: bis sie plötzl.ich losbrausen ˚.und entweder nur

    einen Tag währen (Travados) oder lange anhalten: (Tornados.) Dies Gegenein-

anderstreichen macht auch die Gewitter, da sie die Dämpfe vermengen ˚und verdicken: dadurch ändert sich

  alsdenn gemeinigl.ich der Wind, ˚.und es entstehen 2 Luftzüge, davon der obere die Wolken gegen den

  untern aufführt etc. alsdenn erfolgt eine Ungewitterstille, bis einer endlich das Uebergewicht erhält,

  ˚.und die Wolken entweder fortführt, oder herunterzieht. Die Mexicanische See ist die rechte Wohnung

  der Stürme ˚.und hiezu gehören insonderheit

/    1) Die Nords: Es zeigt sich zuerst eine schwarze Wolke ‹gen N.ordW.est› die Nordbank: worauf ein [e]Nordweststurm ‹wütet›

    der alle niedrige Wolken mit großer Schnelligkeit treibt ˚.und die Nordbank ruht bis

    [f] (Der

    Nord) ‹vorüber ist› der gewaltig [g] nicht aber gar zu weit [h]: (höchstens 50 Meilen) ˚.und nur

    bei dem Windwechsel ist, da N.ord ˚.und SüdWest sich begegnen, die Dünste zur Nordbank vereini-

    gen, die im Mittelpunkte alsdenn nothwendig ruhen muß.

/    2) Die Süds: sind Stürme vom Jun.i bis August, wenn Nord ˚.und Süd abwechseln.

/    3) Die Orkane: sind dem Mexican.ischen See eigen. Es treiben Wolken wie Pumpen, sehr schnell,

    im beständigen Kreiseln herauf, die erst Feuerfarb, denn roth, denn schwarz sind

    worauf Südost anfängt, den der Südwest ablöst ˚.und also einen Orkan macht.

/   4) Die Wolke des Ochsenauges deckt den Tafelberg ‹größer als ein ganzer Ochs› auf dem K.ap[i] der guten Hofnung, [j]

   alsdenn entsteht ein Sturm plötzl.ich ‹wenn Nord ˚.und Süd wechseln› aus den Gebürgen, daß die Hottentotten nicht gehn können

   sondern sich auf die Erde legen müßen: ˚.und die Holländer oft großen Schaden leiden

   wie denn des Vasco di Gamo ganze Flotte zerstört wurde.[1]

/   5) Die Typhons (von Tiphao) sind auf der Chinesischen ˚.und Japonischen See: entstehen von den

schwefelichten feurigen Seedämpfen, die Wirbel machen, die aber blos auf einer Stelle sind, da die

[k] Orkane, Nords ˚.und Süds streichen

/   6) Die Waßerhose[2] (bei den Holländern die Waßerhuz) ist im Mittelländ.ischen ‹selten› rothen, ˚.und heißen öfter

   Thevenot zeichnet sie, als einen durchsichtigen kupferrothen Dunst, der erst flach ist, denn

   eine Säule herunter läßt, der gegen über eine andre Waßer mit dem Geräusch des

   Gänseschnatterns aufpumpt ˚.und alsdenn mit einem großen Sturm heruntergießt, dem

   die Schiffe alsdenn kaum entgehen: in Charlestown fiel er auf die Schiffe zum Glück nicht


[XXV.44a(6r)] ms 11



   auf die Stadt: – Ein ähnlicher Tromp de Mer soll sich auf dem Kurischen Hafe manchmal, ja auch

   über dem heißen Sande im Sommer: – die Engländer schiessen in solche Waßerhose ˚.und suchen davon

   zu kommen: – – Alle diese Stürme sind in torrida (nie aber in frigida) in Gegenden der Vorgebirge, Meer

[a] Engen, vieler Inseln zur Zeit des Windwechsels ˚.und also im Herbst ˚.und Früling insonderheit

[Schnelligkeit der Winde][1]

/ 4) in Ansehung der Schnelligkeit: ein gelinder geht wie ein Mensch, ˚.und der treibt schon ein Schiff,

/          ⁅ein⁆ starker ⁅geht wie ein⁆ Pferd, ˚.und der Bäume ausreißt, geht 24 ˜Fuß in einer Sekunde

/          ⁅ein⁆ Sturm in England, der Marmor etc. entzwei brach, ging 60 ˜Fuß ⁅in einer Sekunde⁆.

/      Der Wind ist also nicht der Maasstab des Geschwindesten, so wenig als der bestirnte Himmel der

      Maasstab des unzälichen. Da die barbarischen Wettläufer Pferde in Rom nach Condamine[2]

      Bericht einige 50 ˜Fuß Paris.isch in einer Sekunde: ein Englisch Renn Pferd [b] im Zügel des

      Reuters 65 ˜Fuß ⁅Paris.isch in einer Sekunde⁆ ˚.und das ⁅Renn Pferd⁆ Sterling gar 80 ˜Fuß in

      derselben Zeit zurücklegt: so übertrifft diese Geschwindigkeit jene weit

[Von Passat Winden][3]

/ 5) In Ansehung gewißer Gegenden, denen sie eigen sind.

/   1) Passatwinde heißen die, die einer Gegend ein Jahr durch beständig eigen sind z.E

/    1) der Ostwind weht beständig zwischen den Tropicis, der um die ganze Erde in einiger Entfernung

     von den Küsten angetroffen wird, ˚.und also blos von diesen ‹un›verändert, beständig in

     den Jahrszeiten ˚.und allgemein in den Gegenden wäre

/     Ursache: nicht die in der Erdbewegung von Abend gegen Morgen zurückgebliebene Luft, die

     also in entgegengesetzter Richtung [c] wiedersteht: sondern die von Morgen gegen Abend

     entstehende [d] Lufterwärmung durch die Sonne: da die dickere Luft der verdünner-

     ten stets [e] nachströmt, ˚.und folgt also dem scheinbaren Sonnenlauf

/     Wirkung: daher kommen die Seefahrer geschwinder aus Ostindien nach Europa etc. als von

     Europa dahin, weil sie [f] den generalen Ostwind von den Aethiopischen Gebürgen

     ˚.und dem Indischen Meere dort vor; hier wieder sich haben. Nur müßen sie auf der Farth

     von Cap.o bon.ae sp.ei sich vor St. Helenae hüten, auf der sie ein Ost fortreißt, ˚.und auf Ascension

     Waßer einnehmen.

/     Ort: Alle Meere zwischen den Tropicis: ˚das Anthlant.ische Aethiop.ische stille ˚.und Indische: Allein je weiter

     vom Aequator zu den Tropicis destomehr weicht er aus im südl.ichen Hemisph.aerio zum SüdOst }

         im Nordl.ichenHemisph.aerio zum⁆ NordOst. } Die

     sich etwas außer die Tropicos, doch nicht über den 30 ˜Grad erstrecken. Wirkungen dieses Osts

/    2) die Winde Alisees, die in einem Erdstrich beständig herrschen, aber nicht von Osten her: z.E.

/     a) ein beständiger ‹Süd› an den Küsten von Peru, von Chili an bis Panama zu: weil die näher

     nach dem Südpol befindliche Luft nach dem Aequator hinstreicht, ˚.und der allgemeine Ost

     hier durch die Cordileras gehindert wird

/     b) ein beständiger West an den Küsten Guinea, da die Luft über Guinea mehr als die Seeluft er~

     wärmt wird, daher die lezte dazu streicht, schief von S.üdWest nach NordOst, ˚.und weil Africas Küsten

     nach NordOst liegen, so macht diese Richtung die Winde völlig westlich.

[Von See- und Landwinden][4]

/   2) See- ˚.und Landwinde wechseln an den Küsten der heißen Zone so ab, daß des Tages ein Seewind ins Land

     des Nachts ein Landwind in die See streichet. Alle Inseln in der torrida, im Mexican.ischen Meer-

     busen, Brasilien, African.ischen ˚.und Ostindischen Küsten haben sie, nicht blos zur Abkühlung, sondern bei

     vielen Inseln auch zur Möglichkeit der Schiffart: da die Schiffer Tages ein, Nacht auslaufen


[XXV.44a(6v)] ms 12



können, ˚.und die nächtliche Fischerey begünstigt wird. So ging mit Hülfe des Seewindes der Englische Admiral

Blake[a] unter Cromwells Regierung[1] in einen Canarischen Hafen, vernagelte ein Kauffardey Schiff, verwüstete

die Stadt, ˚.und unbeschädigt, den Spaniern unbegreifl.ich, lief er mit Hülfe des Landwindes Abend heraus.

/ Ursache: Des Tages wird das Land mehr von der Sonne erhitzt als das Meer: die Meeresluft ist also dichter, ˚.und

treibt die Landluft aus ihrer Stelle. Daher wächst der Seewind bis 12 oder 1 Uhr Mittags [b] wird schwächer, ˚.und läßt

Abends nach. Jezt erkühlt die Seeluft schneller, als die ‹so› über einem erhitzten Lande steht. Jene zieht sich zusammen, um

dieser Platz zu machen: Daher des Nachts ein Landwind. Nicht aber gleich nach Auf- oder Untergang der Sonne

verändert sich die Luft, sondern ungefehr 3 Stunden sind nöthig, die bisher im Zuge gewesene Luft zurück,

zu treiben: ˚.und dazwischen entstehet eine Stille, da beide Winde sich aufhalten.

[Von den Moussons oder periodischen Winden][2]

/ 3) Periodische Winde ‹a) Bestimmung› (Moußons oder Englisch Monsons):[c] sind Wechselwinde, die in der gantzen torrida, wo große Länder

vom aequator sich Nord- oder Südwärts ausbreiten, in den Meeren ein halb Jahr herrschen. Im nordl.ichen Hemisphär

(z.E. im bengalischen Meerbusen, dem Persischen, Arabischen ⁅Meeren⁆, Archipelag.o der Philippinen, ˚.und Mexic:anischen See)[3]

herrscht die Monate April bis September ‹ans aequinoct.io› ein Südwest, die übrigen ein Nordost. Im südl.ichen [d]

⁅herrscht die Monate April bis September ans aequinoct.io ein⁆ Nordwest ⁅die übrigen ein Südwest⁆. – Bey Abwechselung

der Winde sezt sich der Wind erst in 3 Tagen, da der vorige zurückgehalten wird: ˚.und so sind auch 2

Zweifelmonate zwischen den Moußons, die gefährlichsten unter allen, theils wegen der Ungewißheit

                      theils der öfteren Windstöße

/ In Amerika heißt der Südwest Brisen, der Nordost Verna Valle: die aber im Indischen Meer die stärksten sind

/b) Ursache der Moußons: aller beständig periodischen: ˚.und der meisten veränderten Winde:

/ Ein Wind von dem Aequator nach einem der Pole bekommt eine Nebenrichtung nach Westen, wenn er

sich erstl.ich eine Weite bewegt hat: (z.E. ein Süd wird in unserm Hemisphär Südwest, ˚.und im Südl.ichen Hemisphär

ein Wind vom Aequator Nordwest). Denn bei der Achsendrehung der Erde müßen ihre Theile der

Oberfläche nothwendig unter dem Aequator die gröste, ˚.und je näher den Polen kleinere Bewegungen

haben. Da nun die Erdenluft (ordentl.ich ohne Wind) eine gleiche Bewegung mit ihrer Oberfläche der Erde

hat: so hat die Aequatorluft weit mehr Schnelligkeit der Bewegung von Abend gegen Morgen haben, als

als die unter den tropicis, ˚.und diese als die unter dem PolarZirkel. [The remaining page – about one-third – is blank.]


Explanatory Notes
[4°-Winds]

ms 1


[1] [Geschichte des Luftkreises] Holstein-Beck (AA 26.1: 49-64); parallel passage at Winds(8°)-1.

ms 2


[1] [Eintheilung … Gesundheit] Holstein-Beck (AA 26.1: 53-56); parallel passage at Winds(8°)-4.

[2] [Heimweh der Schweizer] Johann Jakob Scheuchzer (1672-1733), a Swiss physician and naturalist who wrote an essay on the homesickness afflicting the Swiss. For more information, see the parallel passage at Winds(8°)-2 and the corresponding note.

ms 3


[1] [feucht] See the parallel passage regarding the humidity of air depending on vegetation at Winds(8°)-2.

[2] [Hales Statik der Gewächse] The English cleric and natural scientist Stephen Hales (1677-1761) is considered the founder of modern physiology. The reference here is to his “ninth experiment” (on the transpiration of hops) in his Statik der Gewächse (1748), pp. 19-24. Originally published in English as Vegetable Staticks (1727).

ms 4


[1] [Luft schreiben will] See the parallel passage regarding the humidity of air depending on vegetation at Winds(8°)-2.

ms 5


[1] [Colb … Salzkruste in ihr] See the parallel passage Winds(8°)-2 and the corresponding note.

ms 6


[1] [Zeichen von Aleppo] See the parallel passage at Winds(8°)-3 (and corresponding note) and in the 1770 Hesse notes (AA 26.2: 80).

[2] [berichtet Keyßler] See the parallel passage at Winds(8°)-3 and corresponding note.

[3] [Griechischer Arzt] Aaron of Alexandria, a physician and priest active in the 7th century; he wrote 30 books on medicine and was the first to mention both small-pox and measles. He was presumably a Christian priest, referred to by Hamilton (1831, 226) as a ‘presbyter of Alexandria’ who died c.665 CE. A Jewish physician by the name of Maserjawaibus translated Aaron’s texts into Arabic (c.683). The latter could be the same physician identifed as a jüdischer Arzt in the Barth physical geography notes. See the references in the Dönhoff physical geography notes (AA 26.2: 823n).

Kant’s source may have been an essay on human population translated from the English into German and appearing in the Hamburgische Magazin. While discussing causes of population decline, such as disease and starvation, the author quotes from a recent work by Robert Whytt – Essay on the Vital and other involuntary motions of Animals (1751) – and notes that there are recent diseases unknown to the ancients that have killed widely:

“Unter den natürlichen Ursachen, die in spätern Zeiten beygetragen haben, die Anzahl der Einwohner in Europa und den westlichen Theilen von Asien zu verringern, sind die Pocken und die Lues venerea nicht die geringsten. Diese erstere Krankheit ist, dem Ansehen nach, mit dem Mahomet fast zu gleicher Zeit in der Welt erschienen; indem der erste, der derselben erwähnet, einer Namens Aaron ist, ein Priester und Arzt zu Alexandrien in Aegypten, der um das Jahr 622 lebte; es wurden auch die Pocken den griechischen Aerzten in Europa allererst nach dem Jahre 640 bekannt.” (Anonymous 1759, 341)[excerpt]

ms 7


[1] [Inokulation der Pocken] See the parallel passage at Winds(8°)-3 and at Holstein-Beck (AA 26.1: 256), where an accompanying note also quotes from Kant’s likely source: Salmon (1747, 149)[excerpt].

[2] [Venusseuche] Venusseuche, spanische Pocken, Neapolitanische Krankheit, and a host of other terms were all common names for syphilis. Prior to the discovery of Salvarsan and then penicillin in the 20th century, the standard cure was a mercury compound called Mercurius sublimatus (ätzende Quecksilbersublimat; Mercury (II) chloride) – a highly toxic chemical (because of the mercury) no longer used to treat syphilis, but was (and is still) sprayed on plants and seeds to prevent fungal and bacterial growth, as mentioned further below in the notes.

[3] [Franz I] Francis I, King of France (1494-1547), was rumoured to have died from syphilis.

[4] [Mr. Desault] Pierre Desault (1675-1737) a French physician in Bourdeaux. See the related passage and note at Humans(8°)-4

[5] [Von den Winden überhaupt] Holstein-Beck (AA 26.1: 52-53); parallel passage at Winds(8°)-3

ms 8


[1] [rosam nauticam] See the parallel passage discussing the Duke of Anjou and the nautical rose at Winds(8°)-4.

[2] [Herzog von Anjou regierte] See the parallel passage at Winds(8°)-4

[3] [Eintheilung … Gesundheit] Holstein-Beck (AA 26.1: 53-56); parallel passage at Winds(8°)-4 and Winds(4°)-2.

ms 9


[1] [Samiel] On the Samiel wind, see Winds(8°)-5 and the corresponding note.

[2] [Heyns Meinung] See the parallel passage at Winds(8°)-5 and the corresponding note.

[3] [unbalsamirte Mumien] See the parallel text at Winds(8°)-6.

ms 10


[1] [Vasco di Gamo ganze Flotte zerstört wurde] See the corresponding discussion of the Ochsenauge and Vasco de Gama in Winds(8°)-7, as well as the explanatory note there.

[2] [Die Waßerhose] See the parallel passage at Winds(8°)-7 and the corresponding note.

ms 11


[1] [Schnelligkeit der Winde] Holstein-Beck (AA 26.1: 57); parallel passage at Winds(8°)-8.

[2] [Condamine] See the parallel passage at Winds(8°)-8 and the corresponding note, as well as related passages at Oceans(8°)-6 and Animals(8°)-1.

[3] [Von Passat Winden] Holstein-Beck (AA 26.1: 57-58); parallel passage at Winds(4°)-11.

[4] [Von See- und Landwinden] Holstein-Beck (AA 26.1: 59); parallel passage at Winds(8°)-8.

ms 12


[1] [Admiral Black unter Cromwells Regierung] See the parallel passage at Winds(8°)-8 and the corresponding note, as well as a related passage in the moral philosophy notes at 43(C)-1.

[2] [Von den Moussons oder periodischen Winden] Holstein-Beck (AA 26.1: 59-62); parallel passage at Winds(8°)-9.

[3] [im bengalischen Meerbusen … Mexicanischen See] Compare with the Holstein-Beck list:

“Dieses geschiehet im Meerbusen von Bengala, den persischen, Arabischen Meeren, im archipelago, den Philippinischen Inseln, im Mexicanischen Meerbusen und anderwerts.” (AA 26.1: 59-60)


Textual Notes
[4°-Winds]

A transcription-key can be found in this window on the Start page.

ms 5


[a] A 'salzig' is crossed out.

[b] An 'aber nicht in jeder gleich viel' is crossed out.

[c] Reading 'Kolbe' as 'Colb'.

[d] An 'l' written above the line is omitted.

[e] A 'weiße' is crossed out.

[f] An 's' is crossed out.

[g] An 'in der' is crossed out.

[h] A 'd' is crossed out.

[i] A 'E'(?) is crossed out, and 'Lebbes' was corrected as 'Leibes'.

ms 6


[a] A 'daher entstehen' is crossed out.

[b] An illegible letter is overwritten.

[c] 'keine' is written above a crossed out 'ohne'.

[d] Readling 'Keisler' as 'Keyßler'.

[e] 'de' is overwritten.

[f] A '2) die Kinderpocken' is crossed out.

[g] A 'tragen dazu bei' is crossed out.

[h] Reading 'Hypokrates' as 'Hippokrates'.

[i] Reading 'Mahomets' as 'Mohammeds'.

ms 7


[a] 'an ihnen' is written in a different ink.

[b] A 'br' is crossed out.

[c] A closing parenthesis is crossed out, and a 'b' is overwritten by 'erhält'.

[d] Reading 'de Sole' as 'Desault'.

[e] An 'aus' is overwritten.

[f] A 'd¿' is crossed out.

[g] 'mach' is overwritten.

[h] A 'tolle' is crossed out.

[i] An '˚.und' is crossed out.

[j] A 'der Ge' is crossed out.

[k] A 'ge'(?) is crossed out.

ms 8


[a] An 'r' is crossed out.

[b] An '˚.und' is crossed out.

[c] A tear in the paper obscures the word before 'ken'.

[d] A 'weil' is crossed out.

[e] 'nicht der Südwest' is written above a crossed out 'nicht jeder'.

[f] A '@Nord@' is crossed out.

ms 9


[a] A 'noch' is crossed out.

[b] Improved from 'Camsin'.

[c] Reading 'Sammiel' as 'Samiel'.

[d] A 'vol¿' is crossed out.

[e] A 'der' is crossed out.

ms 10


[a] A 'der Stärke und des Laufs' is crossed out.

[b] A 'daher' is crossed out.

[c] An 'en' is crossed out.

[d] A 'der' is crossed out.

[e] 'Nordweststurm' overwrites an 'Su'.

[f] An entire line of text is crossed out: 'anfängt, dagegen den sich der Nord zieht, die also jenen Sturm machen'.

[g] An '˚.und' is crossed out.

[h] An 'ist' and (after the colon) 'so' are crossed out.

[i] Reading an 'R' as a 'K'.

[j] An 'als' is crossed out.

[k] We omit a superfluous '6)' written here.

ms 11


[a] A '4) in Ansehung der Schnelligkeit' is crossed out.

[b] A 'mit' is crossed out.

[c] An 'ent' is crossed out.

[d] A 'Sonne' is crossed out.

[e] An 'also' is crossed out.

[f] A 'hier' is crossed out.

ms 12


[a] Reading 'Black' as 'Blake'.

[b] An '˚.und' is crossed out.

[c] We insert this closing parenthesis; Herder had crossed out a closing parenthesis directly following 'Moußons', but did not replace it. Also, the 'a) Bestimmung' is written in the margin directly beneath 'Periodische Winde'.

[d] A 'Hemisphär' is crossed out.