START

To the Lectures ⟼ [ Metaphysics ] [ Moral Philosophy ] [ Physical Geography ] [ Logic ] [ varia ]

Excerpts


Authors: Addison/SteeleAltmannAnon.Anquetil-DuperronAnsonArnoldArthusBakerA. G. BaumgartenS. J. BaumgartenBayleBelBernierBoerhaaveBondBouguerBouilletBoyleBrowalliusBrowneBrückmannBruckerBruniBuffonBüschingCarréCartheuserCelsiusCervantesCheseldenCiceroColbCrusiusDampierd’ArgensDerhamDescartesDeslandesDiodorusDiogenes LaertiusEberhardv.EffenEgedeEisenmengerEllisEulerFeuilléeFontaineGmelinGråbergGrunerGuignesHalesHalleHalleyHanwayHappelHasselquistHelvetiusHenryHerodotHeynHumeHutchesonIamblichusJuan/UlloaKästnerKeyßlerKleinKöhlerKorteKrügerLabatLaCondamineLafitauLaMotheLe GentilLeibnizLémeryLinnéLockeLukrezLulofsMaffeiMairanManfrediMariotteMaupertuisMeierMichaelisMolièreMontaigneMontesquieuG. F. MüllerJ. B. MüllerMuretMusschenbroekNewtonNolletOvidPerseusPeyssonelPlatonPliniusPlutarchPöllnitzPontoppidanPopeRaspeRayReaumurReimarusRobinetRoedererRousseauSalmonSauvagesScheuchzerSchoberSchöpflinSédileauSemlerSenecaSmithSpenceStraboStrahlenbergSulzerTachardTacitusTheobaldThévenotTournefortTriewaldUlloaUnzerValvasorVarenVirgilVoltaireWaferWahlbomWhistonWinckelmannWolffWoodWoodward


Periodicals/Series: AHRAWHBonComBrMagFreye Urtheile und NachrichtenGGAHMagHanMagLMagNeue AnmerkungenParAbPatriotSbnRSnmRSchwedAb


Excerpts are listed by author. Those appearing in periodicals are also listed with the periodical – with the exception of our very first entry, Addison and Steele’s The Spectator, which are all collected under this single heading. Many items appearing in a periodical are unsigned and with these the excerpt appears under the periodical name; all other excerpts appear under the author’s name.

Addison/Steele, Der Zuschauer [top]

Addison, Joseph, and Richard Steele (1749-51): Der Zuschauer. [biblio]

The German selection gives the volume and page number of the Gottsched translation (2nd edition), but because of the many English editions available, the English selection gives the issue number and original publication date, but no page number.


[vol. 1, p. 18] “Es ist eine unendliche und vergebliche Bemühung, wenn man nach einer andern Vorschrift handeln will, als nach der Sorgfalt, unserm eigenen Gewissen, in dem, was wir thun, ein Genügen zu leisten. Man sollte denken, ein stummer Mensch, der nicht gar zu viel aus sich machte, würde den ungleichen Urtheilen shr wenig unterworfen seyn: und dennoch erinnere ich mich, daß man mich einst für einen Jesuiten gehalten hat; aus keiner andern Ursache, als meines teifen Stillschweigens wegen. Von diesem Unfalle kömmt es her, daß ich, um sicher zu seyn, seit dem immer die großen Gedränge gesucht habe. Diejenigen, welche in die Gesellschaften kommen, bloß ihrer Neugier zu willfahren, und nicht, eine Figur darinnen zu machen, genießen der Vergnügungen der Einsamkeit in einem weit höhern Grade, als es auf ihrer Clause möglich wäre. Der Verliebte, der Ehrsüchtige und der Geizige werden von einem ärgern Schwarme dahin begleitet, als nur irgend einer ist, von welchem sie sich entziehen können. Frey von denen Leidenschaften seyn, mit welchen andere gemartert werden, ist die einzige wohlgefällige Einsamkeit. Ich kann mit einem alten Weisen recht sagen: Ich bin niemals weniger allein, als wenn ich allein bin.


[#4, Monday, 5 March 1711] “lt is an endless and frivolous pursuit to act by any other rule than the care of satisfying our own minds in what we do. One would think a silent man, who concerned himself with no one breathing, should be very little liable to misinterpretations; and yet I remember I was once taken up for a Jesuit, for no other reason but my profound taciturnity. lt is from this misfortune that to be out of harm’s way I have ever since affected crowds. He who comes into assemblies only to gratify his curiosity, and not to make a figure, enjoys the pleasures of retirement in a more exquisite degree than he possibly could in his closet; the lover, the ambitious, and the miser are followed thither by a worse crowd than any they can withdraw from. To be exempt from the passions with which others are tormented is the ony pleasing solitude. I can very justly say with the ancient sage, I am never less alone than when alone.”


[vol. 1, pp. 51-54] Herr Thomas Inkle von London, ungefähr zwanzig Jahre alt, begab sich den 16 Jun. 1647. auf ein gutes Schiff, Achilles genannt, welches nach Westindien segeln sollte; um sein Glück im Handel und in der Kaufmannschaft zu versuchen. Unser Herumschweifer war der dritte Sohn eines ansehnlichen Bürgers: welcher eine besondere Sorgfalt angewendet hatte, seinem Gemüthe eine frühzeitige Liebe zum Gewinnste einzuflößen; indem er ihn [52] zu einem vollkommenen Rechenmeister gemacht; folglich ihm einen deutlichen Begriff von Gewinnst und Verlust beygebracht hatte, und den natürlichen Anfällen seiner Leidenschaften, durch die vorhergefaßte Begierde zum Nutzen, zuvor gekommen war. Nebst dieser Gemüthsart war der junge Inkle von Person sehr angenehm, roth von Gesicht, und stark von Gleidern: sein lockigtes Haar lag ganz ungezwungen auf seinen Schultern. Es geschah in währender Reise, daß dieß Schiff Achilles, da es Lebensmittel holen wollte, von einem Ungewitter in den Meerbusen eines festen Landes von America geworfen wurde. Der junge Mensch, welcher der Held meiner Geschichte ist, kam bey dieser Gelegenheit nebst den andern ans Land. Bey ihrer ersten Landung wurden sie von einer Partey Indianer gesehen, die sich vor ihnen in einem kleinen Walde versteckten. Die Engelländer giengen unbedachtsamer Weise eine große Strecke vom Ufer in das Land hinein, wurden aber von den Einwohnern aufgefangen, und größten Theils erschlagen. Unser junger Herumstreifer entfloh, nebst andern, in einen Wald. Indem er nun gegen einen entlegenen und stillen Ort des Holzes kam, warf er sich ganz ermüdet und athemlos bey einen kleinen Hügel nieder: als eben ein indianisches Mägdchen, aus einem Gebüsche, hinter ihm hervorsprang. Nach dem ersten Erstaunen, schienen sie beyde einander zu gefallen. War der Europäer von den Gleidmaßen, der Gesichtsbildung, und der wilden Anmuth dieser nackenden Amerikanerinn bezaubert: so verliebte sich diese nicht weniger in die Kleidung, Farbe, und Gestalt unsers Europäers, der von Haupt zu Fuße bedecket war. Die Indianerinn verliebte sich sogleich in ihn, und war folglich für seine Erhaltung besorgt. Deswegen führte sie ihn zu einer Höle, wo sie ihm eine herrliche Erfrischung von Früchten gab, und leitete ihn zu einem Flusse, seinen Durst zu löschen. Mitten unter diesen guten Dienstleistungen spielte sie zuweilen mit seinen Haaren; und schien über den Unterschied ihrer Farbe gegen der Farbe ihrer [53] Finger vergnügt zu seyn. Bald öffnete sie ihm die Brust, bald lachte sie ihn an, wenn er sie zumachte. Sie schien eine Person von Stande zu seyn: denn sie kam alle Tag in einer andern Kleidung zu ihm, die aus den schönsten Fischschalen und gläsernen Knöpfchen bestund. Sie brachte ihm auch sehr viele Beute, da ihr ihre andern Liebhaber gebracht hatten: so, daß seine Höle mit allerley sprenklichten Thierhäuten, und vielen bunten Vogelfedern, die in der Gegend zu finden sind, reichlich ausgezieret war. Damit ihm nun sein Gefängniß desto erträglicher würde: so führte sie ihn gegen die Abenddämmerung oder bey Mondenschein, zu einem unbewohnten Wäldchen und einsamen Orte, um ihm zu zeigen, wie er daselbst sicher liegen, und bey den Wasserfällen und dem Gesange der Nachtigallen schlafen könnte. Ihr Amt war, aus Furcht vor ihren Landesleuten, ihn in ihren Armen zu halten, und zu bewachen, und bey einiger Gefahr ihn zu wecken. Auf diese Art brachten die Verliebten ihre Zeit zu, bis sie von sich selbst eine gewisse Sprache erlernet hatten, darinnen der Reisende seiner Liebsten zu verstehen gab: wie glücklich er seyn würde, sie in seiner Heimath zu besitzen, allwo er sie in solchen Seidenzeug als seine Weste war, kleiden, und in Häusern von Pferden gezogen, wollte tragen lassen; darinnen sie vor dem Winde und dem Wetter sicher wäre. Nebst dem Genusse dieser Sachen, versprach er ihr die Befreyung von der Furcht und dem Schrecken, welche sie dort plagten. In diesem zärtlichen Umgange lebten unsere Liebenden viele Monate, als Yarico, die ihr Liebhaber unterrichtet hatte, an der Küste ein Schiff entdeckte: diesem gab sie ein Zeichen, und begleitete ihn dieselbe Nacht mit der größten Freude und Zufriedenheit zu dem Schiffsvolke von seinen Landsleuten, die nach Barbados segeln sollten. Wenn ein Schiff vom hohen Meere in dieser Insel ankömmt: so scheint es nicht anders, als wenn alle Colonisten ans Ufer kämen: denn da ist sogleich ein Markt von Indianern und von Sklaven, als bey uns von Pferden oder Ochsen zu seyn pflegt.

[54]Kurz, Herr Thomas Inkle war kaum auf engländischen Boden gekommen, als er seinem Zeitverluste ernstlich nachdachte, und überschlug: wie viel Tage er die Interessen seines Geldes verlohren hätte, so lange er bey der Yarico gewesen wäre. Diese Ueberlegung machte den Junge Menschen sehr tiefsinnig, und er dachte hin und her: was für einen Bericht er seinen Freunden, von seiner Reise geben sollte. Endlich wurde der vorsichtige und sparsame junge Mensch, durch seine Betrachtungen bewogen, die Yarico an einen barbadischen Kaufmann zu verhandeln; ungeachtet das arme junge Weib, um ihn zum Erbarmen zu bewegen, ihm berichtete, daß sie von ihm schwanger wäre. Dieser Nachricht bediente er sich, sie dem Käufer desto höher anzuschlagen.”


[#11, Tuesday, 13 March 1711] “Mr. Thomas Inkle of London, aged twenty Years, embarked in the Downs, on the good Ship called the Achilles, bound for the West-Indies, on the 16th of June, 1647, in order to improve his Fortune by Trade and Merchandize. Our Adventurer was the third Son of an eminent Citizen, who had taken particular Care to instill into his Mind an early Love of Gain, by making him a perfect Master of Numbers, and consequently giving him a quick View of Loss and Advantage, and preventing the natural Impulses of his Passions, by Prepossession towards his Interests. With a Mind thus turned, young Inkle had a Person every way agreeable, a ruddy Vigour in his Countenance, Strength in his limbs, with Ringlets of fair Hair loosely flowing on his Shoulders. It happened, in the Course of the Voyage, that the Achilles, in some Distress, put into a Creek on the Main of America, in search of Provisions: The Youth, who is the Hero of my Story, among others, went ashore on this Occasion. From their first Landing they were observed by a Party of Indians, who hid themselves in the Woods for that Purpose. The English unadvisedly marched a great distance from the Shore into the Country, and were intercepted by the Natives, who slew the greatest Number of them. Our Adventurer escaped among others, by flying into a Forest. Upon his coming into a remote and pathless Part of the Wood, he threw himself, tired and breathless, on a little Hillock, when an Indian Maid rushed from a Thicket behind him After the first Surprize, they appeared mutually agreeable to each other. If the European was highly charmed with the Limbs, Features, and wild Graces of the Naked American; the American was no less taken with the Dress, Complexion, and Shape of an European, covered from Head to Foot. The Indian grew immediately enamoured of him, and consequently sollicitous for his Preservation: She therefore conveyed him to a Cave, where she gave him a Delicious Repast of Fruits, and led him to a Stream to slake his Thirst. In the midst of these good Offices, she would sometimes play with his Hair, and delight in the Opposition of its Colour to that of her Fingers: Then open his Bosome, then laugh at him for covering it. She was, it seems, a Person of Distinction, for she every day came to him in a different Dress, of the most beautiful Shells, Bugles, and Bredes. She likewise brought him a great many Spoils, which her other Lovers had presented to her; so that his Cave was richly adorned with all the spotted Skins of Beasts, and most Party-coloured Feathers of Fowls, which that World afforded. To make his Confinement more tolerable, she would carry him in the Dusk of the Evening, or by the favour of Moon-light, to unfrequented Groves, and Solitudes, and show him where to lye down in Safety, and sleep amidst the Falls of Waters, and Melody of Nightingales. Her Part was to watch and hurl him in her Arms, for fear of her Country-men, and wake on Occasions to consult his Safety. In this manner did the Lovers pass away their Time, till they had learn'd a Language of their own, in which the Voyager communicated to his Mistress, how happy he should be to have her in his Country, where she should be Cloathed in such Silks as his Wastecoat was made of, and be carried in Houses drawn by Horses, without being exposed to Wind or Weather. All this he promised her the Enjoyment of, without such Fears and Alarms as they were there tormented with. In this tender Correspondence these Lovers lived for several Months, when Yarico, instructed by her Lover, discovered a Vessel on the Coast, to which she made Signals, and in the Night, with the utmost Joy and Satisfaction accompanied him to a Ships-Crew of his Country-Men, bound for Barbadoes. When a Vessel from the Main arrives in that Island, it seems the Planters come down to the Shoar, where there is an immediate Market of the Indians and other Slaves, as with us of Horses and Oxen.

To be short, Mr. Thomas Inkle, now coming into English Territories, began seriously to reflect upon his loss of Time, and to weigh with himself how many Days Interest of his Mony he had lost during his Stay with Yarico. This thought made the Young Man very pensive, and careful what Account he should be able to give his Friends of his Voyage. Upon which Considerations, the prudent and frugal young Man sold Yarico to a Barbadian Merchant; notwithstanding that the poor Girl, to incline him to commiserate her Condition, told him that she was with Child by him But he only made use of that Information, to rise in his Demands upon the Purchaser.”


[vol. 2, pp. 380, 382-84] “Als ich zu Großcairo war, suchte ich einige morgenländische Manuscripte auf, die ich nunmehro bey mir hobe. Unter andern fand ich auch eines, welches den Titel führete: Die Gesichte des Mirzah, welches ich mit großem Vergnügen durchgelesen. Ich bin Willens, es der Welt mitzutheilen, wenn ich kein ander Vergnügen für dieselbe habe; und will itzo mit dem ersten Gesichte anfangen, welches ich von Wort zu Worte folgendermaßen übersetzet habe. […]

Mirzah [spoke the spirit], ich habe deine Rede mit dir selbst gehöret; folge mir.

Hierauf führte er mich auf den höchsten Gipfel des Felsen; und nachdem ich mich auf die Spitze desselben gestellet hatte, so sagt er: wende deine Augen gegen Osten, und erzähle mir, was du siehst. Ich sehe, sagte ich, ein sehr großes Thal, und einen entsetzlichen Strom dadurch laufen. Das Thal, das du siehst, sagte er, ist das Jammerthal, und der Strom, den du siehst, ist ein Stück von dem großen Meere der Ewigkeit. Was ist die Ursache, sagte ich, daß der Strom, den ich sehe, an der einen Seite aus einem dicken Nebel hervorkomt, und sich an der andern wiederum in einem dicken Nebel verliert? Was du siehst, sagte er, ist das Theil von der Ewigkeit, welches Zeit genennet, und nach der Sonnen Laufe ausgemessen wird, und sich vom Anfange der Welt, bis auf deren Ende erstrecket. Untersuche nun, sagte er, diese See, welche an ihren beyden Enden durch die Finsterniß umschränket ist, und erzähle mir, was du darauf gewahr wirst. Ich sehe eine Brücke, sagte ich, mitten über dem Strome stehen. Die Brücke, welche du siehst, sagte er, ist das menschliche Leben, betrachte sie recht aufmerksam. Nachdem ich sie etwas länger angesehen: so fand ich, daß sie aus siebenzig ganzen und einigen zerbrochenen Schwiebbögen bestand, welche zusammen gerechnet, ungefähr hundert in allen waren. Als ich die Schwiebbögen zühlete, sagte mir der Geist, daß diese Brücke anfänglich tausend Schwiebbögen gehhabt hätte; es hätte aber eine große Wasserfluth die übrigen wegge- [383] schwemmt, und die Brücke in dem baufälligen Stande gelassen, worinnen ich sie itzt sähe. Doch erzähle mir weiter, sagte er, was du darauf wahrnimmst. Ich sehe viel Leute drüber gehen, sagte ich, und eine schwarze Wolke an jedem Ende derselben hangen. Als ich sie noch genauer ansah: so ward ich gewahr, daß verschiedene von den Reisenden durch die Brücke in den großen Strom fielen, der darunter wegfloß; und bey weiterer Untersuchung entdeckte ich, daß unzählige Fallbretter auf der Brücke verborgen lagen, worauf die Reisenden nicht so bald traten, als sie schon durch sie hindurch in den Strom fielen, und gleich darauf verschwanden. Diese verborgenen Fallbretter waren, bey dem Anfange der Brücken, sehr dicht gesetzt; so daß von den dicken Haufen, welche erst durch die Wolke hervor brachen, so gleich viele hinunter fielen. Ihrer wurden gegen die Mitte der Brücke weniger, gegen das Ende der ganzen Schweibbögen aber vermehrten sie sich, und lagen dichter beysammen.

Es setzen in der That noch einige, wiewohl sehr wenige, ihren gewissermaßen hinkenden Gang auf den zerbrochenen Bögen fort; sie fielen aber einer nach dem andern hinunter, da sie von einer so langen Reise ganz müde und abgemattet waren.

Ich brachte einige Zeit mit der Betrachtung dieses wundervollen Baues und der großen Mannichfaltigkeit derer Dinge zu, welche darauf vorkamen. Mein Herz war mit einer tiefen Schwermuth erfüllet, da ich einige mitten unter der Lust und Fröhlichkeit, unvermuthet hinunter fallen und sich an allen Dingen, die um sie stunden, halten sah, um sich zu retten. Einige sahen in einer nachdenklichen und tiefsinnigen Stellung gen Himmel, und mitten unter ihrer Betrachtung strauchelten sie, und kamen aus dem Gesichte. Viele waren sehr geschäfftig, eingem Wasserblasen nachzulaufen welche ihnen in die Augen schimmerten und vor ihnen her tanzten. Allein oftmals, wenn sie gedachten, solche gleich zu errichen, so glitschete ihnen der [384] Fuß aus, und sie fielen über Hals und Kopf hinunter. In dieser verwirrten Menge von Gegenständen beobachtete ich einige mit Säbeln, und einige mit Uringläsern in ihren Händen, welche auf der Brücke hin und herliefen und unterschiedene Personen auf die Fallbretter stießen, welche nicht in ihrem Wege lagen, und welchen sie wohl hätten entgehen können, wenn sie nicht also wären gezwungen worden, darauf zu treten.


[#159, Saturday, 1 September 1711] “When I was at Grand Cairo I picked up several Oriental Manuscripts, which I have still by me. Among others I met with one entitled, The Visions of Mirza, which I have read over with great Pleasure. I intend to give it to the Publick when I have no other Entertainment for them; and shall begin with the first Vision, which I have translated Word for Word as follows. […]

He [the spirit] lifted me from the Ground, and taking me by the Hand, Mirzah, said he, I have heard thee in thy Soliloquies; follow me.

He then led me to the highest Pinacle of the Rock, and placing me on the Top of it, Cast thy Eyes Eastward, said he, and tell me what thou seest. I see, said I, a huge Valley and a prodigious Tide of Water rolling thro’ it. The Valley that thou seest, said he, is the Vale of Misery, and the Tide of Water that thou seest is part of the great Tide of Eternity. What is the Reason, said I, that the Tide I see rises out of a thick Mist at one End, and again loses itself in a thick Mist at the other? What thou seest, said he, is that Portion of Eternity which is called Time, measured out by the Sun, and reaching from the Beginning of the World to its Consummation. Examine now, said he, this Sea that is thus bounded with Darkness at both Ends, and tell me what thou discoverest in it. I see a Bridge, said I, standing in the Midst of the Tide. The Bridge thou seest, said he, is human Life, consider it attentively. Upon a more leisurely Survey of it, I found that it consisted of threescore and ten intire Arches, with several broken Arches, which, added to those that were intire, made up the Nurnber about an hundred. As I was counting the Arches, the Genius told me that this Bridge consisted at first of a thousand Arches; but that a great Flood swept away the rest, and left the Bridge in the ruinous Condition I now beheld it. But tell me further, said he, what thou discoverest on it. I see Multitudes of People passing over it, said I, and a black Cloud hanging on each End of it. As I looked more attentively, I saw several of the Passengers dropping thro the Bridge, into the great Tide that flowed underneath it; and upon farther Examination, perceived there were innumerable Trap-doors that lay concealed in the Bridge, which the Passengers no sooner trod upon, but they fell thro them into the Tide and immediately disappeared. These hidden Pit-fall were set very thick at the Entrance of the Bridge, so that Throngs of People no sooner broke through the Cloud, but many of them fell into them. They grew thinner towards the Middle, but multiplied and lay closer together towards the End of the Arches that were intire.

There were indeed some Persons, but their Number was very small, that continued a kind of hobbling March on the broken Arches, but fell through one after another, being quite tired and spent with so long a Walk.

I passed some Time in the Contemplation of this wonderful Structure and the great Variety of Objects which it presented. My Heart was filled with a deep Melancholy to see several dropping unexpectedly in the midst of Mirth and Jollity, and catching at every thing that stood by them to save themselves. Some were looking up towards the Heavens in a thoughtful Posture, and in the middle of a Speculation stumbled and fell out of Sight. Multitudes were very busy in the Pursuit of Bubbles that glittered in their Eyes and danced before them, but often when they thought themselves within the reach of them their Footing failed and down they sunk. In this Confusion of Objects, I observed some with Scimitars in their Hands, and others with Urinals, who ran to and fro upon the Bridge, thrusting several Persons on Trap-doors which did not seem to lie in their Way, and which they might have escaped had they not been thus forced upon them.


[vol. 3, p. 281] “Cicero hat daher einen Lehrsatz, der von einigen alten Schriftsellern vorgebracht worden, sehr wohl aus einander, gesetzet: daß man nämlich mit seinem Feinde so leben sollte, daß er wieder unser Freund werden könnte; und mit seinem Freunde so, daß, wenn er unser Feind würde, er uns nicht schaden könnte. Der erste Theil von dieser Regel, welcher unsere Aufführung gegen einen Feind betrifft, ist in der That so wohl sehr vernünftig, als ungemein klug; der letztere Theil derselben aber, welcher unser Betragen gegen einen Freund betrifft, zeuget mehr von einer Verschlagenheit als Klugheit, und würde einen Menschen von [282] dem größten Vergnügen des Lebens abhalten, welches der freye Umgang mit einem Herzensfreunde ist. Wenn außer diesem ein Freund zu einem Feinde, und wie ihn Sirachs Sohn nennet, zu einem Verräther der Geheimnisse wird: so ist die Welt gerecht genug, eher die Treulosigkeit des Freundes, als die Unvorsichtigkeit derjenigen Person zu verdammen, die sich ihm vertrauet.”


[#225, Saturday, 17 November 1711] “Tully has therefore very justly exposed a precept delivered by some ancient writers, that a man should live with his enemy in such a manner, as might leave him room to become his friend; and with his friend in such a manner, that if he became his enemy, it should not be in his power to hurt him. The first part of this rule, which regards our behaviour towards an enemy, is indeed very reasonable, as well as very prudential; but the latter part of it, which regards our behaviour towards a friend, savours more of cunning than of discretion, and would cut a man off from the greatest pleasures of life, which are the freedoms of conversation with a bosom friend. Besides that when a friend is turned into an enemy, and, as the son of Sirach calls him, ‘a betrayer of secrets,’ the world is just enough to accuse the perfidiousness of the friend, rather than the indiscretion of the person who confided in him.”


[vol. 5, pp. 112-13] “[…] Sie erzählen, sagte Wilhelm, daß die Seele eines Menschen, wenn er stirbt, sogleich in den Körper eines andern Menschen, oder eines Thieres geht, dem er, da er noch lebte, in seiner emüthsart, oder in seinem Glücke, am ähnlchsten gewesen.

Indem ich begierig war, zu sehen, worauf diese überschwengliche Gelehrsamkeit noch endlich hinaus laufen würde: so sagte uns Wilhelm: daß Jacob Freylieb, der sein Vertrauter wäre, sich in eine von solchen Damen verliebt gehabt, [113] die ihre größte Neigung allemal auf Papageyen, Affen, und Schooßhündchen werfen. Indem er sie nun einen Morgen besuchen wollen, so habe er einen sehr schönen Brief über dieser Sache geschrieben. Jakob, sagte er, wurde in ein Zimmer geführt, allwo er sich eine Zeitlang mit ihrem Lieblinge, dem Affen, erlustigte, der an eines von den Fenstern angeschlossen war. Endlich erblickte er Feder und Dinte, und schrieb im Namen des Affen folgenden Brief an seine Geliebte; und da sie nicht so bald herunter kam, als er es vermuthete, so legte er ihn ins Fenster, und gieng davon.

Bald darauf kam die Dame ins Zimmer; und da sie sah, daß ihr Affe mit großer Ersthaftigkeit auf ein Blatt Papier guckte; so nahm sie es, und steht noch jetzt im Zweifel, sprach Wilhelm, ob es Jakob, oder der Affe geschrieben hat? […]”


[#343, 3 April 1712] “[…] ‘They’ll tell you,’ says Will, ‘that the soul of a man, when he dies, immediately passes into the body of another man, or of some brute, which he resembled in his humour, or his fortune, when he was one of us.’

As I was wondering what this profusion of learning would end in, Will told us, that Jack Freelove, who was a fellow of whim, made love to one of those ladies who throw away all their fondness on parrots, monkeys, and lap-dogs. Upon going to pay her a visit one morning he writ a very pretty epistle upon this hint. Jack,’ says he, ‘was conducted into the parlour, where he diverted himself for some time with her favourite monkey, which was chained in one of the windows; till at length observing a pen and ink lie by him, he writ the following letter to his mistress in the person of the monkey, and upon her not coming down so soon as he expected, left it in the window, and went about his business.’

‘The lady soon after coming into the parlour and seeing her monkey look upon a paper with great earnestness, took it up, and to this day is in some doubt,’ says Will, ‘whether it was written by lack or the monkey.’”[The contents of the letter follows.]


[vol. 6, p. 11] “So wie die stoischen Weltweisen alle Leidenschaften überhaupt untersagen, so verstatten sie auch einem weisen Mann nicht einmal mit eines andern Betrübnis Mitleiden zu haben. Wenn du deinen Freund bekümmert siehst, schreibt Epiktet, so kannst du wohl auch einen traurigen Blick annehmen, und ihn beklagen: aber hüte dich ja, daß dein Schmerz nicht ernstlich sey. Diejenigen von dieser Secte, die noch strenger sind, wollten auch nicht einmal den äußerlichen Schein einer solchen Betrübniß zugeben; sondern wenn man ihnen ein Leid erzählte, welches zuweilen wohl gar einem ihrer nächsten Anverwandten wiederfahren war, so sprachen sie, was geht es mich an? Gieng man noch weiter und beschrieb alle Umstände bey diesem Unglücke, und zeigte, wie ein Uebel aus dem andern gekommen wäre, so sprachen sie abermal: das kann alles wahr seyn; aber was geht es denn mich an?”


[#397, 5 June 1712] “As the stoic philosophers discard all passions in general, they will not allow a wise man so much as to pity the afflictions of another, ‘If thou seest thy friend in trouble,’ says Epictetus, ‘thou mayest put on a look of sorrow, and condole with him, but take care that thy sorrow be not real.’ The more rigid of this sect would not comply so far as to show even such an outward appearance of grief; but when told then of any calamity that had befallen even the nearest of their acquaintance, would immediately reply, ‘What is that to me?’ If you have aggravated the circumstance of the affliction, and showed how one misfortune was followed by another, the answer was still, ‘All this may be true, but what is it to me?’”


[vol. 7, pp. 170, 172] “Was mich dieß befürchten läßt, und mich so sehr verdreußt, ist die Nachläßigkeit bey der königlichen Börse, ich meyne, das sogenannte Gebäude, und die dazu gehörigen Gänge. Die königliche Börse ist ein Werk, welches diesen Namen wohl verdienet: theils um anzudeuten, daß unserer Landesherrschaft höchste Ehre und Vortheile darinnen bestehen, daß sie Schutzherren des Handels sind; theils weil sie zu den Geschäfften bequem, und ein Merkmal der Hoheit sowohl des Volkes, als seines Königs, ist. Aber ach! sollte man doch jetzt fast sagen, sie stehe gar zu diesem Ende nicht da! Anstatt des Zusammenflusses ansehnlicher Kaufleute, wichtiger Handelsmänner, und verständiger Schiffsherren, haben die Schmarutzer, die Hinkinden, die Blinden und Lahmen, die Drescher, die Aepfelhöcker und Eisenkrämer, die Lumpenhunde, die Gassenfeger und Huren, die größte Anzahl obiger Männer von da verdrungen. So geht es! und insonderheit gegen Abend, so daß die allerwichtigsten Leute dieser Stadt sich unter dem Getöse des Schreyens, Fluchens und Heulens der Bettler von diesem Orte wegbegeben müssen. […]

[172][…] Vom Gelde selbst mag ich jetzt noch nicht reden, mein Herr, bis ich erst sehe, wie Sie diese meine allgemeinen Anmerkungen annehmen; allein mich dünkt, daß ein Blatt Zuschauer, über die Materien: viel Häller machen einen Thaler; ein Pfennig erspart, ist ein Pfennig bewahrt; Thalerreich, Hällerarm; wer Schulden bezahlt, bessert sein Gut; wenn der Bauer nicht muß, so regt er weder Hand noch Fuß; und dergleichen der Welt sehr nützlich seyn würde, und wenn Sie dieß mit rechter Einsicht abhandelten: so würde es ihnen selbst dienlich seyn; denn es würden Leute nach Ihrer Schrift fragen, die jetzt gar nichts davon wissen. Doch künftig mehr hiervon! Wenn Sie dieß thäten, so würden Sie den Schriftsteller, der von den besten Wetzseteinen für die Scheermesser geschrieben noch übertreffen: wie Sie schon wirklich viele von unsern Scribenten an Artigkeit in der Schreibart hinter sich lassen.”


[#509, 14 October 1712] “The thing which gives me this prospect, and so much offence, is the neglect of the Royal Exchange, I mean the edifice so called, and the walks appertaining there unto. The Royal Exchange is a fabric that well de serves to be so called, as well to express that our monarchs’ highest glory and advantage consists in being the patrons of trade, as that it is commodious for business, and an instance of the grandeur both of prince and people. But, alas! at present it hardly seems to be set apart for any such use or purpose. Instead of the assembly of honourable merchants, substantial tradesmen, and knowing masters of ships; the mumpers, the halt, the blind, and the lame; your venders of trash, apples, plums; your ragamuffins, rakeshames, and wenches; have justled the greater number of the former out of that place. Thus it is, especially on the evening change: so that what with the din of squallings, oaths, and cries of beggars, men of greatest consequence in our city absent themselves from the place. […]

I shall not speak to the point of cash itself, till I see how you approve of these my maxims in general: but I think a speculation upon ‘many a little makes a mickle – a penny saved is a penny got – penny wise and pound foolish – it is need that makes the old wife trot,’ would be very useful to the world; and, if you treated them with knowledge, would be useful to yourself, for it would make demands for your paper among those who have no notion of it at present. But of these matters more hereafter. If you did this, as you excel many writers of the present age for politeness, so you would outgo the author of the true strops of razors for use.”

Allgemeine Historie der Reisen [top]

[ v2v3v4v5v6v7v9v10v11v12v16v17 ]

AHR (1747-1774): Johann Joachim Schwabe, ed., Allgemeine Historie der Reisen zu Wasser und zu Lande; oder Sammlung aller Reisebeschreibungen, welche bis itzo in verschiedenen Sprachen von allen Völkern herausgegeben worden. 21 vols. Leipzig: Arstee und Merkus. [biblio]

Much of this material is compiled and translated from various sources, often indicated in footnotes or prefatory comments, and some entire books or chapters appear to be simple translations of a single source. We indicate the source, when it is clear.


Vol. 2 (1748)
From: [Daniel Defoe], The Four Years Voyages of Capt. George Roberts (1726) [biblio]


[P. 161] ”Als der portugiesische Handel verfiel, indem andere Nationen den Weg nach Guinea und Westindien fanden: so wurden ihnen die Schwarzen der Anzahl nach so überlegen, daß sie es so weit brachten, daß sie mit den Weißen auf gleichen Fuß gehalten werden mußten. Ehe sich die letztern dieses gefallen ließen, zogen sie sich lieber nach St. Jago oder nach Portugall zurück, und es blieben nur etliche wenige arme Leute da. Diese ließen es sich mit Freuden gefallen, die Schwarzen auf gleichen Fuß anzusehen, und verheiratheten ihre Kinder mit denselben. Durch diese Vermischung wurden aus den Mulatten kupferfarbene Schwarze. Man findet also auf diesen Eylanden eben so verschiedene Arten Schwarze, als durch die ganze Küste Guinea zu sehen sind.”


Vol. 3 (1748)
From: Jean Baptiste Labat, Nouvelle relation de l'Afrique occidentale (1728) [biblio]


[P. 189] “Es mag aber diese unterschiedene Farbe entstanden seyn, woher sie will: so muß sie, allem Ansehen nach, einem Unterscheide in den Säften oder dem Gewebe der Haut zuzuschreiben seyn. Pechlin, ein Arzneykündiger glaubet, daß die Schwärze bey den Negern von der Schwärze der Epidermis, oder des Häutleins, und nicht der Haut selbst herrühre. […] Hingegen haben die Zergliederer der königlichen Akademie der Wissenschaften zu Paris, welche die Sache mit vieler Mühe untersuchet, endlich entdeckt, daß diese Schwärze weder in der Haut noch im Fleische, sondern in einem Netzchen liegt, daß aus ungemein weichen und zarten Fasern besteht, und zwischen der Epidermis und der Haut ist. Dieses Netz ist bey den Weißen weiß, und bey den Negern schwarz. Man muß zugeben, daß dieses Netz in ihren Fußsohlen und flachen Händen nicht zu finden ist, welche bey allen weiß sind. Die Frage ist aber nicht sowohl, in welchem Theile die Schwärze liegt, sondern woher sie entsteht? Noch ob das Netzchen bey den Negern schwarz sey; sondern warum es schwarz sey. Warum ist es eben bey den Schwarzen schwarz, und bey den Weißen weiß?

Labat, der auf keiner Seite etwas eintscheidet, theilet uns nur einige Anmerkungen mit, die er zeit seines langen Aufenthalts in Westindien über diese Materie gemacht hat.

1) Bey den Negern, die große Blasen bekommen, wenn sie sich in den Kesseln, wo sie Rum kochen, oder sonst wo verbrennen, bleibt der verbrannte Fleck gänzlich weiß, wenn die neue Haut wächst. Was wird alsdenn aus dem Netzchen?

2) Wenn die Negern krank sind: so verlieren sie ihre Farbe gänzlich, und werden blaß, nachdem die Krankheit lange und heftig ist. Manche sind so bleich gewesen, daß man sie von einem Weißen von blasser oder bleicher Farbe kaum unterscheiden können.

3) Die Körper der Negern werden nach dem Tode noch schwärzer, als gewöhnlich, so blaß sie auch in der Krankheit gewesen.

4) Die Kinder der Negern haben, wenn sie zur Welt kommen, einerley Farbe mit den unsrigen. Nur sind ihre Schamglieder schwarz, und ein schwarzer Zirkel ist an der Wurzel der Nägel.

5) Herr Brüe hat zu Bissos eine weiße Negerfrau gesehen, die von schwarzen Eltern gebohren, und an einen Neger verheirathet war, mit welchem sie verschiedene schwarze Kinder zeugte. [Labat, im andern Theile, a.d. 263 S.]”


[P. 274] “Beyde Geschlechter salben sich täglich mit Palmenöle. Manche brauchen Zibeth. Es geben aber alle einen starken widerwärtigen Geruch von sich.”


Vol. 4 (1749)
From: Gotthard Arthus, Historia Indiae Orientalis (1608) [biblio]


[P. 251] “Von Hausthieren, saget derselbe Verfasser, giebt es hier Hunde und Katzen. Ihre Hunde bellen nicht, können auch nicht, wie unsere Hunde, beißen. Sie sind von mancherley Farben, als weiß, roth, schwarz, braun und gelb. Die Schwarzen essen sie, daher sie an manchen Orten, wie Schafe und Schweine, zu Markte getrieben werden. Die Negern heißen sie Etia, oder Cabra de Matto, [von den Portugiesen], das ist, wilde Ziegen. Man hält sie so hoch, daß diejenigen, die sich um den Adelstand bemühen, dem Könige welche schenken müssen. Die euopäischen Hunde werden ihres Bellens wegen sehr hoch gehalten; denn die Schwarzen denken, sie können reden.”


Vol. 5 (1749)


[P. 254] “Berühmter Porcellanthurm. Mitten auf diesem Platze stund ein hoher Thurm, welcher alle andere Arbeiten der Chinesen an Kostbarkeit und Schönheit übertraf. Er hatteneun Absätze, und hundert und vier und achtzig Stufen bis zu der Spitze. Ein jeder Absatz ist mit einer Gallerie voller Bilder und Gemâlde, und mit sehr schönen Fenstern geschmückt. Auswendig ist das ganze Gebäude glasurt, und mit grün, roth und gelb gemalt. Die Stücke oder Materialien dieses Gebäudes sind so künstlich zusammen gesetzet, daß das Werk aus einem Stücke zu bestehen scheint. An den Ecken der Gallerie rund herum hängen kleine Klocken, welche ein liebliches Getöne machen, wenn der Wind sie bewegt.”


[P. 259] “Schwimmende Dörfer. Sie sahen auf diesem gelben Flusse, welcher beständig voller großen und kleinen Fahrzeuge ist, verschiedene schwimmende Eylande, die von Baumbusröhren sehr künstlich gebauet waren, welche so dicht zusammengeflochten werden, daß keine Feuchtigkeit durchdringen kann. Auf diesem Grunde führen die Chinesen Hütten oder kleine Häuserchen von Brettern und andern leichten Materialien auf, worinnen sie mit ihren Weibern, Kindern und Viehe leben. Einige von diesen schwimmenden Dörfern sind groß genug, zweyhundert Familien zu erhalten, welche mehrentheils vom Handel leben, den sie auf dem Flusse auf und nieder treiben.


Vol. 6 (1750)


[P. 130] “Sie halten lange Nägel für eine Zierde. Die Gelehrten und die Lehrer, sonderlich wenn sie niedriger Herkunft sind, schneiden sich niemals die Nägel an ihren Fingern ab. Sie machen sich eine Ehre daraus, daß sie dieselben einen Zoll lang, und noch länger, wachsen lassen; und dieses geschieht in der Absicht, damit die Leute sehen mögen, daß sie nicht nöthig haben, sich ihren Unterhalt durch Arbeiten zu erwerben.”


[P. 131] “Ihre Bescheidenheit ist zu bewundern. Die Gelehrten erscheinen allemal mit sittsamen Geberden, und lassen nicht das geringste unanständige in ihrem Bezeugen von sich blicken. Dem weiblichen Geschlechte scheint die Sittsamkeit angebohren zu seyn. Denn dieses lebet beständig eingezogen, und sogar die Hände verdeckt, welche niemals aus ihren langen und weiten Aermeln zum Vorscheine kommen. Dieses geschieht auch alsdann nicht einmal, wenn sie ihren Brüdern oder Anverwandten etwas überreichen wollen: denn sie legen solches auf den Tisch vor sich hin, und lassen es hernach wegnehmen. Sie ärgern sich nicht wenig darüber, wenn sie Bilder von päbstischen Heiligen mit nackten Füßen erblicken; und Magellanus glaubet, daß sie auch allerdings Grund hierzu haben.”


[Pp. 214-15] “Die Aufmerksamkeit der Kaiser und der Mandarinen auf den Feldbau ist so groß, daß der chinesische Monarch die Abgeordneten von den Unterkönigen niemals zu fragen vergißt, wie sie das Feld befunden haben; und ein Regen, der zu rechter Zeit einfällt, ist eine gute Gelegenheit, einem Mandarin dieserwegen zum Glückwunsche aufzuwarten. Der Kaiser geht jährlich im Frühlinge, der in den Hornung fällt, alter Gewohnheit nach, mit vielen Feyerlichkeiten einige Furchen zu pflügen, um durch sein Beyspiel die Landleute aufzumuntern. Die Mandarinen einer jeden Stadt vollenden diese Ceremonie folgendergestalt. Nachdem das mathematische Tribunal, dem Befehle gemäß den 24sten des zweyten Monats, als den Tag zur Ceremonie des Pflügens, festgesetzt hatte: so gab [215] das Tribunal der Gebräuche dem gegenwärtigen Kaiser Kong ching durch eine Schrift davon Nachricht, und in selbiger meldete es folgende Umstände, als Vorbereitungen zum Feste, die er zu beobachten hatte. […]

Den 24sten Tag des Monats geht der Kaiser mit seinem ganzen Hofe in seiner feyerlichen Kleidung an den bestimmten Ort, dem Shang ti des Frühlingsopfer zu bringen, durch welches er ersucht wird, die Erdenfrüchte zu vermehren und zu erhalten. Der Platz ist ein kleiner Erdhügel, unweit der Stadt südwärts. Auf der Seite dieser Erhöhung, die funfzig Fuß und vier Zoll hoch seyn soll, ist der Fleck, der von den kaiserlichen Händen soll gepfplüget werden.

Nach dem Opfer stieg der Kaiser mit denen dreyen Prinzen und neun Präsidenten, die mit ihm pflügen sollten, herab. Verschiedene Große trugen die kostbaren Behältnisse, in denen sich der Same befand. Der ganze Hof wartete mit dem tiefsten Stillschweigen. Darauf nahm der Kaiser den Pflug, pflügte verschiedene male vorwärts und zurück; und wie er solchen abgab, nahm ihn ein Prinz vom Geblüte, und pflügte, wie sie alle nach der Reihe thaten. Nachdem sie an verschiedenen Orten gepflügt hatten: so säete der Kaiser das mancherley Korn, und den folgenden Tag brachten die vier und vierzig alten und zwey und vierzig jungen Ackerleute die Arbeit vollends zu Ende. Diese Ceremonie beschloß sich mit der gesetzten Belohnung, die der Kaiser einem jeden unter ihnen ertheilte, welche in vier Stücken gefärbtem Kattun zu Kleidern bestund.”


[Pp. 290-91] “Den Augenblick, da sie merken, daß die Sonne oder der Mond anfängt, verfinstert zu werden, fallen sie auf ihre Knie und stoßen [291] mit ihrem Kopfe auf die Erde. Zu gleicher Zeit wird ein erschreckliches Rasseln der Trummeln und Pauken durch die ganze Stadt gehöret, vermöge der lächerlichen Vorstellung, die noch bey ihnen die Oberhand hat, daß sie durch dieses Getöse diesem so nützlichen Planeten zu Hülfe kämen, und den himmlischen Drachen verhinderten, solchen zu verschlingen. Denn obgleich die Gelehrten und Vornehmen die Finsternisse als bloße natürliche Wirkungen ansehen: so sind sie doch in ihre Gebräuche so verliebt, daß sie ihre alten Ceremonien noch immer fortsetzen.”


[P. 294] “Fehler der Kalender; Weil die Chinesen genöthiget waren, von Zeit zu Zeit ihre astronomischen Tabellen zu ändern, welche unvollkommen waren, und sich viel ungeheure Fehler in die Kalender eingeschlichen hatten, welche von ihren Sternsehern herausgegeben worden, die nach Adam Schaalen gefolgt waren: so nahmen sie ihre Zuflucht wieder zu den Missionarien, welche zu der Zeit in den öffentlichen Gefängnissen der Stadt lagen, mit neun Ketten gebunden waren, und genau bewacht wurden, […]. Die Kaiser Kang hi, welcher damals noch jung und in dem siebenten Jahre seiner Regierung war, schickte vier Rolaue oder vornehme Staatsbediente an sie, und ließ sie fragen: ob sie einige Fehler in dem Kalender entweder für dieses oder für das künftige Jahr wüßten; welche beyde nach den alten astronomischen Tabellen der Chinesen gemacht wären. Verbiest antwortete: sie wären voller Fehler, besonders da sie dem folgenden Jahre dreyzehn Monate gäben. Nachdem nun der Kaiser von diesem und vielen andern groben Fehlern, welche die Jesuiten zeigten, war unterrichtet worden: so befahl er, die Missionarien sollten den andern Morgen nach Hofe kommen.


[Pp. 294-95] “Aus der Länge des [295] Schattens wird man leicht die Höhe der Sonne bestimmen können, und aus der Höhe ihre Stelle im Thierkreise. Daraus kann man denn urtheilen, ob ihre wahre Stelle in dem Kalender auf jeden Tag richtig angegeben sey.”


[P. 303] “Die Chinesen treiben die Naturlehre und setzen gewisse Grundsätze, die Zusammenfügung der Körper, ihre Eigenschaften und Wirkungen zu erklären. Sie haben sehr viel Bücher, die von dieser Wissenschaft handeln, worinnen sehr seine Vernunftschlüsse und Urtheile von der Eigenschaft verschiedener Dinge vorkommen. Die Irrthümer, welche sich in diesen Werken finden, rühren mehr von ihrem wenigen Umgange mit andern Völkern als von irgend einem Mangel einer Scharfsinnigkeit und Einsicht bey den Verfassern her. Doch dem sey wie ihm wolle, so haben doch eben diese Fehler, wovon ihre Arzneybücher voll sind, verhindert, daß sie nichts sonderliches in der Arzneykunst gethan haben, wobey ihre wenige Erfahrung in der Zergliederungskunst, als der andere Grund der Heilungskunst, eine andere Hinderniß ist. Denn sie wissen kaum den Gebrauch der Theile des menschlichen Körpers, und folglich kennen sie auch die Ursachen der Krankheit nicht; indem sie ein zweifelhaftes Lehrgebäude von der Bildung der menschlichen Gestalt haben.”


[Pp. 312-13] “Die Chinesen geben vor, sie wären die ersten Erfinder der Musik gewesen und rühmen sich, sie hätten solche vormals zu der höchsten Vollkommenheit gebracht. […]

Wenn sie singen, so erheben sie ihre Stimme in eine Tertie, eine Quinte und eine Octave, und lassen sie auch so fallen, aber niemals in Semitonia. Auf gleiche Art besteht [313] auch die Schönheit ihrer Concerte nicht in der Abwechslung der Stimmen, oder Mannichfaltigkeit der Partieen, sondern sie singen alle zusammen einerley Arie, wie es durch ganz Asien gebräuchlich ist. Die europäische Musik gefällt ihnen noch so ziemlich, wenn nur eine einzige Stimme die Instrumente begleitet: allein was die artigste Stücke in der Musik betrifft, ich meyne das Untereinanderlaufen verschiedener Stimmen von tiefem und hellem Klange, scharfer und gelinder Töne, die Semitonia, Fugen uns Syncopen, die sind ganz und gar nicht nach ihrem Geschmacke und scheinen ihnen nur eine verwirrte Unordnung zu seyn.”


[P. 333] “Das ganze Reich hat ihn, von der Zeit seines Todes an, als einien Heiligen verehret, und der Nachkommenschaft eine Verehrung gegen ihn beygebracht, welche aller Wahrscheinlichkeit nach sich nicht eher, als mit dem Untergange der Welt endigen wird. Könige haben nach seinem Tode in allen Landschaften Palläste für ihn gebaut, wo die Gelehrten zu gewissen Zeiten hingehen, ihm ihre Ehrerbietung zu bezeugen. An verschiedenen Orten sieht man diese Ehrentitel mit großen Buchstaben geschrieben: dem großen Meister, dem Hauptlehrer, dem Heiligen, dem, der Kaiser und Könige unterrichtet.”


[Pp. 354-55] “Trank der Unsterblichkeit. Aus diesem Grunde stellen sich die Anhänger dieser Secte, als ob sie eine solche Ruhe und Stille bey sich selbst fänden, welche, wie sie sagen, alle Verrichtungen der Seele aufhübe. Da aber doch diese Gemüthsruhe durch das Andenken an den Tod gestöret werden müßte: so rühmen sie sich, einen Trank erfunden zu haben, den sie Chang-feng-yo nennen, und durch welchen sie unsterblich werden können. […]

Der Kaiser Tsin-schi Whang-ti, der Bücherverbrenner ließ sich von diesen Betrügern überreden, daß sie in der That den Trank der Unsterblichkeit erfunden hätten. […] [355] […] Er bediente sich zu verschiedenen malen des Tranks der Unsterblichkeit. Endlich erfuhr er, daß er noch so sterblich war, als jemals, und beklagte sich über seine thörichte Leichtgläubigkeit.”


Vol. 7 (1750)


[P. 41] “Die Chinesen nennen die Mongolen, oder Monglen, welches ihr rechter Name zu seyn scheint, zuweilen Si-t-tse, oder die westlichen Tartarn, und zur Verspottung Tsau-ta-tse, oder stinkende Tartarn, weil sie übel riechen.”


Vol. 9 (1751)
From: Jorge Juan/Antonio de Ulloa, Relacion historica del viage a la America meridional (1748) [biblio]


[Pp. 25-26] “Wir fahren in den übrigen Arten der Geschlechter fort, die aus einer Vermischung der Weißen, und Schwarzen, oder Neger, entstehen. Zuerst können wir die Mulatten nehmen, die aber überall schon bekannt sind, daß sie keine weitere Erläuterung nöthig haben. Von Mulatten und Weißen kommen die Terceronen. […] Die Quarteronen kommen nach den vorhergehenden, und stammen, wie man leicht urtheilen kann, von Weißen und Terceronen her. Von Weißen und und Quarteronen werden die Quinteronen gezeuget. Dieses ist die letzte Classe von denen, welche an den Negergeschlechtern einigen Antheil nehmen; und wenn sie diese Stufe erreichet haben, so findet man keinen Unterschied zwischen ihnen, und den Weißen, weder in Ansehung der Farbe, noch in Betrachtung der Gesichtszüge; ja sie pflegen noch weißer zu seyn als die Spanier selbst.

[…] Wenn sich die Quarteronen, oder Quinteronen, mit den Mulatten, oder Terceronen, oder diese mit den [26] Negern, oder Schwarzen, vermischen: so bekommen ihre Kinder den Namen Salto atras, oder Rücksprungskinder, weil sie an statt zu den Weißen weiter fortzurücken, zurück gehen, und sich dem Geschlechte der Schwarzen nähern. Alle Kinder aus der Vermischung eines Schwarzen, oder eines andern, bus auf die Quinteronen, mit einem Indianer heißen Sambos, ihr Vater mag ein Schwarzer, oder ein Mulatte, oder ein Terceron u.s.w. seyn.”


[P. 68] “Zweyerley Passatwinde. Die Passatwinde an diesen Küsten sind von zweyerley Art. Die erstern, welche man Brisen nennet, kommen von Nordosten, und die von der andern Art, mit Namen Vendavalen, von Westen nach Südwesten. Die Brisen fangen in der Mitte Wintermonats an zu wehen; doch richten sie sich nicht eher vollkommen ein, als zu Anfange oder der Mitte des Christmonats, welche Zeit man den Sommer nennet. Nachgehends dauren sie, in gleicher Stärke, fort bis in die Mitte des Maymonats. Um diese Zeit hören sie auf, und an ihrer Statt stellen sich die Vendavalen ein. […]

Beschaffenheit der Strömen. […] Wenn die Brisen im April anfangen schwächer zu werden: so wenden sich die Ströme gegen Osten, bis auf die Entfernung von acht, zehn, bis zwölf Meilen von der Küste; und diesen Lauf halten sie die ganze Zeit über, so lange die Vendavalen währen.”


[P. 298] “Eine anderer indianische Nation suchet darinnen etwas besonders, daß sie die Ober- und Unterlippe, die Nase unten auf beyden Seiten, das Kinn und die Backen, voller Nadeln stecken, und daran Federn, oder dünne Pfeile hängen, die acht bis zehn Zoll lang sind. Solches giebt ihnen das fürchtherlichste Ansehen, welches man sich nur vorstellen kann. Das ganze Gesicht sieht, wenn es also geputzt ist, einem Stachelschweine gleich.”


[Pp. 329-30] “Ein dreyfacher Regenbogen. Bey Anbruche des Tages fanden wir den ganzen Berg mit sehr dicken Wolken umhüllet. Mit Aufgange der Sonne zertheileten sich dieselben, und es blieben nur noch einige dünne Dünste übrig, welche man mit den Augen nicht recht unterscheiden konnte. Der Seite, wo die Sonne aufgieng, gegen über, sah ein jeglicher, auf eben dem Berge, worauf wir uns befanden, wie in einem Spiegel, sein Bildniß, und das Haupt mit drey Regenbogen, die alle einerley Mittelpunct hatten, umgeben. Die letzten oder äußersten Farben von dem einen Regenbogen berührten die ersten von dem folgenden, und außen um alle drey Kreise herum, aber in einiger Entfernung von ihnen, sah man einen vierten Bogen, der nur weiß war. Alle diese Bogen hatten eine senkrechte Stellung gegen den [330] Gesichtskreis: und wenn sich einer von uns von einer Seite auf die andere bewegte: so folgte die ganze Erscheinung in gleicher Gestalt und Ordnung mit ihm. das merkwürdigste dabey war aber dieses, daß, ob wir schon, an der Zahl sechs bis sieben ganz nahe beysammen stunden, doch ein jeglicher nur sein eigenes Bild, und nicht auch die Erscheinungen von den übrigen sehen konnte. Die Größe des Durchschnittes dieser Bögen veränderte sich immer nach und nach, je mehr die Sonne über dem Gesichtskreise herauf stieg. Zue bleicher Zeit verschwanden alle Farben, das Bild des Leibes wurde unmerklich, und nach einer guten WEile verschwand die Erscheinung völlig. Anfans war der Durchmesser des innersten Regenbogens, von seiner letzten Farbe an gerechnet, ungefähr 5½ Grad groß. Bey dem äußersten Zirkel aber, der von allen übrigen etwas entfernet war, betrug der Durchmesser 67 Grad. Bey dem Anfange der Erscheinung zeigeten sich die Bögen eyrund, oder länglichtrund, wie die Sonnenscheibe. Nachgehends wurden sie immer runder, und endlich völlig zirkelrund. Ein jeglicher von den kleinen Bögen bestrund erstlich aus einem rothen Kreise. Dieser wurde immer schwächer, vergieng, und machete einem pomeranzenfarbenen Raum. Darauf folgete ein gelber, hierauf ein blaßgelber, und nach diesem ein grüner. Der rothe war unter allen der äußerste. Aus dem folgenden Kupfer wird man sich dieses alles deutlich vorstellen können.”


[P. 417] “Der Ort Callao erduldete zu gleicher Zeit, und in eben der Stunde eine gleich große Verwüstung. Allein so groß auch die durch das Erdbeben angerichtete Zerstörung seyn mochte: so war sie doch sehr kleine, in Ansehung desjenigen, was dem Orte noch bevorstund. Das Meer trat zurück, wie sonst bey dergleichen Gelegenheiten geschehen war; und zwar ziemlich weit. Hernach kam die aufgeschwollene See zurück; und ihre wüthenden Wellen, welche schäumende Berge vorstelleten, verwandelten dasjenige in ein Meer, was zuvor Callao, und festes Land gewesen war.”


[Pp. 511-12] “Zeichen, wenn sie heftig blasen werden. Wenn der Wind in diesem Meere sich von Norden gegen Nordosten drehet: so ist es ein Zeichen, daß er heftig blasen werde. Denn er richtet sich niemals in Nordosten ein, und wendet sich auch nicht von hier gegen Osten. Ordentlich drehet er sich gegen Westen und Südwesten; und dieses ist das Gegentheil von dem, was man auf der nordlichen Halbkugel beobachtet. In beyden Fällen richtet sich die Wendung des Windes gemeiniglich nach dem Wege der Sonne. Dieses ist die Ursache, weswegen er sich auf der [512] einen Halbkugel von Osten gegen Süden und Westen drehet, und auf der andern von Osten gegen Norden und Westen; weil nämlich die Sonne einen solchen Lauf nimmt.”


Vol. 10 (1752)
From: Barthélémy Carré, Voyages des Indes orientales, vol. 1 (1699) [biblio]


[P. 12] “Carre bestieg hierauf den Hügel nebst seinem Wegweiser. Hier sahen sie eine Caravane, die aus einem Dutzend Knechten, und etwa hundert Cameelen bestund, welche ein paar hundert junge Mägdchen von zwölf bis funfzehn Jahren fortbringen sollten. Diese waren zwar meistentheils sehr schön, aber in einem Zustande, den man ohne Mitleiden nicht ansehen konnte. Sie lagen mit thränenden Augen auf der Erde; einige verübten ein jämmerliches Klaggeschrey, andere rissen sich die Haare aus, alle insgesammt aber thaten, als ob sie verzweifeln wollten.

‘Zeit Lebens, saget der Verfasser habe ich keinen so erbärmlichen Anblick gesehen. Ob ich nun gleich einigermaßen errieth, was es seyn möchte: so fragte ich dennoch den türkischen Reuter, wer die armen Mägdchen wären, und warum sie dermaßen wehklagten? Er antwortete auf italianisch, er sey ein verdorbener Mann, und in hundertmal größerer Verzweifelung, als alle diese Mägdchen mit einander. Ich habe sie, fuhr er fort, theuer gekauft, und seit zehn jahren mit großer Mühe und Aufwande erzogen. Es sind die schönsten Personen, die ich in ganz Griechenland, Georgien und Armenien finden konnte, und nun, da ich sie zu Bagdad verkaufen wollte, weil um diese Jahreszeit Persien, Arabien und die Mogolschen Lande sich mit dieser Waare versehen, muß ich sie zu meinem großten Unglücke Durft sterben sehen, und zwar bloß deswegen, weil ich den Weg durch die Wüste als den sichersten erwählte. Diese Erzählung erweckte mir einen Abscheu gegen seine Person und Handthierung. Doch ließ ich mich nichts merken, damit wir das übrige von seiner Geschichte erfahren möchten. Er fuhr demnach unbesorget fort, zeigete uns frisch zugeworfene Gräber, und sagte: Ich hab schon über zwanzig Mägdchen und zehn Verschnittene einscharren lassen, die sich den Tod am Brunnenwasser tranken. Denn dieses ist ein tödtliches Gift für Menschen und Vieh. Ja es ist kaum mehr etwas Wasser darinnen vorhanden, sondern nichts als todte Heuschrecken, davon der bloße Geruch einen Menschen tödten möchte. Wir müssen von Cameelsmilch leben; und wenn wir nicht bald Wasser antreffen, so werde ich kaum die Hälfte lebendig davon bringen.’” (Translated from the French original: vol. 1, pp. 262-65)


Vol. 10 (1752)
From: Ovington, A Voyage to Suratt, in the Year 1789 (1696) [biblio]


[P. 67] “Was andere Völker für ungestalt achten, das halten die Einwohner für eine Schönheit in ihrer Leibesgestalt. Sie lieben eine breite und glatte Stirne, und um ihr besagte Gestalt zu geben, beschweren sie dieselbige mit einer Bleyplatte, sobald ein Kind auf die Welt kömmt. […]

Bey ihren Gastereyen trägt man viele Speisen auf; doch der Verfasser sah keine einzige, die ein Ansehen gemachet, oder sonderlich geschmecket hätte. Ratten, Schlangen und Mäuse halten sie für köstliche Leckerbissen. Sie essen niemals Fische, ehe sie faulen. Hernach machen sie eine Tunke daraus, und mischen solche unter andere Speisen. Arme Leute gebrauchen hierzu einen dermaßen stinkendn Fisch, daß ein Ausländer in Ohnmacht sinken möchte. Die reichen nehmen andere Fische, die nicht so gar entsetzlich riechen, mischen auch um größerer Annehmlichkeit willen allerley andere Dinge aufzutragen, darunter jedermann aussuchet, was ihm gefällt. Brodt haben sie nicht, sondern ersetzen den Abgang mit gemahlenem Reiße.”


[P. 569] “The inhabitants of Arracan, for their Shapes and Features seem most to attest those, which are most contemned by those of other Nations; they prize a broad and flat Forehead; to effect which, they bind a Plate of Lead hard upon the Fore-heads of their Children as soon as they are born, which they do not remove ‘till it has had its effect. Their Nostrils are large and open, their Eyes small, but Quick; their Ears reach down to their Shoulders, like the Malabars; and no Colour is so pleasing to them as a dark Purple. In their Feasts they have always plenty of Provisions, but such as are neither pleasing to the Eye, nor grateful to the Palate. They mix with their choicest Dishes, Rats and Mice, and Serpents, etc., which, to those that are not accustom’d to see such things upon their Tables, [570] are very offensive. Fish they never eat, but when putrid and Corrupted, affirming them to have the sweetest Relish. Of these also they make a kind of Mustard, which they call Sidol, taking out the back-bone, and beating their Putrid Flesh into a Consistency, after it has been dried in the Sun, and with this they sprinkle all their Victuals. The poorer sort especially, make use for this purpose, of a Fish so rotten, and of so ill a savour, that no man can pass by the places, where ‘tis prepar’d, without stopping his Nose: The Richer use Crab-fish less Corrupted, with some other Ingredients mixt therewith, which makes it less unsavoury. Their manner is to set upon the Table a Hundred or two Hundred small Dishes at once, that everyone may taste what he likes best; but Bread they have none, instead of that serving themselves of Rice, either parch’d or bruis’d; or otherwise order’d by them in the Flower.”


Vol. 10 (1752)
From: Guido Tachard, Voyage de Siam (1688) [biblio]


[P. 126] “Den 12ten März zu Mitage entdeckten sie eines von den Naturspielen, daß man seiner Gastalt wegen das Ochsenauge, oder das Bocksauge, genannt hat. Man sieht es ordentlich für eine gewisse Vorbedeutung eines nahen Sturmes an. Es ist eine große runde Wolke, welche der Sonne entgegen steht, und etwa 80 oder 90 Grad von ihr entfernet ist. Man sieht auf ihr die Regenbogenfarbe, aber sehr lebhaft. Sie erhalten vielleicht diesen starken Glanz nur daher, weil das Ochsenauge von dunklen dicken Wolken umringet wird. Aber alle Vorbedeutungen, die man damit verbindet, erkläret der Verfasser für falsch. Er hat zwey gesehen, und der Himmel ist nach beyden viele Tage lang schön und heiter gewesen.

Er beschreibt die andere Art von Luftbegebenheiten sorgfältig, welche die Seeleute Trompeten, Pumpen, Wasserhosen oder Wasserdrachen nennen. Er hat Gelegenheit gehabt, sie zwischen der Linie und dem Wendekreise des Steinbocks zu beiobachten. Es sind gleichsam lange Röhren oder Cylinder, welche aus dicken Dünsten bestehen, mit einem Ende an die Wolken, und mit dem andern an das Meer reichen, das um sie herum gleichsam zu sieden scheint.


Vol. 10 (1752)
From: Jean Baptiste Tavernier, (title) (date) [biblio]


[Pp. 539-40] “Nach seiner Ankunft zu Kaolkonda, wartete Tavernier dem Statthalter der dasigen Landschaft, unter welchem zugleich die Diamantgrube steht, auf. Selbiger war ein Muhammedaner, empfing ihn sehr höflich, und versprach ihm völlige Handelssicherheit, doch mit angehängter Verwarnung, die herrschaftlichen Gebühren, welche zwey vom Hundert betragen, nicht zu schmälern. […][540]

Die Gräber selbst sind am übelsten daran; denn ihr Sold beträgt das ganze Jahr über nur drey Pagoden. Daher machen sie sich auch kein Gewissen daraus, einen Stein, den sie im Auge verbergen können, wärenden Suchens unterzuschlagen. Weil sie auch, einen Streifen Leinwand um den Leib ausgenommen, übrigens ganz nackend sind: so such sie irgend einen Stein unvermerkt zu verschlingen. Der Verfasser erzählet von einem, welcher ein Steinchen eines Mengelins, das ist etwa zween Karat schwer, im Augenwinkel verborgen hatte, dennoch aber wurde der Diebstahl offenbar. Wer einen Stein findet, der über sieben oder acht Mengelins wiegt, bekommt ein Trankgeld, welches jedoch mehr nach der Armseligkeit des Finders, als nach der Wichtigkeit des Dienstes, abgemessen wird.”


Vol. 11 (1753)
From: Bernier, Histoire de la dernière révolution des états du Grand Mogol (1670) [biblio]


[P. 117] “Bernier thut kühn den Ausspruch, kein Land in der Welt habe in einem so kleinen Umfange soviel Schönheiten, als das Königreich Kachemir. ‘Es verdiente noch, setzet er hinzu, alle die Gebirge zu beherrschen, die es umgeben, bis an die Tarterey, und ganz Indostan, bis an die Insel Ceylon. Die Mogolen nennen es nicht ohne Ursache das irrdische Paradies von Indien und Kaiser Eckbar wandte deswegen soviel Mühe an, es seinen natürlichen Königen zu entrißen.’”


[P. 380] “Sie [the Mariana Islander’s] wissen nichts vom Feuer. Das erstaunlichste ist, daß sie niemals Feuer gesehen hatten. Ungeachtet man vermeynen sollte, der Mensch könne ohne dieses Element im geringsten nicht leben, so war es ihnen doch auf alle Weise unbekannt; ja sie konnten sich nicht einmal die geringste Vorstellung von seiner Beschaffenheit machen, als sie es bey einer Landung des Magellans zum erstenmale sahen. Denn als er, um ihre Verwegenheit zu bestrafen, eine Häuser in Brand steckte: so dachten sie, es sey ein Thier, das Holz fresse, und nicht davon wegzubringen sey. Als nun die ersten, welche der Flamme zu nahe kamen, sich verbrannten, und heftig schrien: so jagete dieses den übrigen eine solche Furcht ein, daß sie das Feuer nicht anders, als von weitem ansahen. Sie furchten die Bisse dieses schrecklichen Thieres, und sie glaubten, es könne ihnen durch die bloße Heftigkeit seines Athems schaden: denn diesen Begriff machten sie sich von der Flamme und Wärme. Unterdessen war diese wunderliche Einbildung von kurzer Dauer. Sie lerneten gar bald das Feuer eben so gut gebrauchen, als wir.”


[P. 425] “Vom Weinmonate bis in die Mitte des Christmonats regieret der Nordwind, und überläßt hernach seine Stelle bis in den Mayen dem Ost- und Ostsüdostwinde. Dergestallt hat das Meer der philippinischen Inseln seine zween Mussons eben so wohl, als andere indianische Meere, einen trocknen und schönen, den die Spanier Brise nennen, und einen nassen stürmischen, der bey ihnen Vandaral heißt.”


Vol. 12 (1754)
From: Le Gentil de la Barbinais, Nouveau voyage au tour du monde (1728) [biblio]


[Pp. 588-89] “Barbinais reisete bis nach Lima, von welchem Orte er eine kurze Beschreibung beybringt, trat den 25sten Jenner im Jahre 1716 die Rückreise nach Pisco an, und verrichtete sie auf dem vorigen Wege, folglich auch mit der vorigen Gefahr und Beschwerlichkeit. Den 3ten des Hornungs erreichte er den besagten Hafen, und erlebete da einen entsetzlichen Zufall, welcher alles, was er von dem ehemaligen Erdbeben an diesem Orte gehöret hatte, nur allzusehr bestätigte. ‘Den 10ten des Abends um acht Uhr wurde Neu-Pisco erschüttert. In einem Augenblicke, saget Barbinais, lagen alle Häuser über dem Haufen. Ich wollte davon laufen: allein, da sonst die Furcht Flügel machet, so band sie mir im Gegentheile diesesmal die Füße. Kaum konnte ich den Marktplatz, dahin jedermann seine Zuflucht genommen hatte, erreichen. Nach einer Vierthelstunde, bebete die Erde abermals, borst an verschiedenen Orten, und trieb unter entsetzlichem Gekrache ganze Wolken von staub in die Luft. Hierauf flohen die meisten Einwohner nach dem Gebirge. Diese Nacht wurde im gewaltiger Angst und unter tödtlichen Schrecken zugebracht. Denn die erde bebete alle Augenblicke. […]

[589] Unterdessen lief es noch glücklicher ab. Gleichwohl geschahen noch einige Stöße, welche Pisco vollends über den Haufen warfen, und den Einwohnern nicht erlaubeten, ihre Wohnungen vor Ablaufe einiger Tage zu beziehen. Als Barbinais wieder zu sich selber kam: so erinnerte er sich an einige Umstände, welche zu erklären er sich nicht getrauet. Erstlich, eine halbe Stunde vorher, ehe die Erde zu beben anfing, ließen alle Thiere eine große Angst an sich merken. Die Pferde wieherten, schnelleten ihre Halftern ab, und liefen zum Stalle hinaus. Die Hunde heuleten. Die Vögel waren wie betäubet, und kamen in die Häuser hinein geflogen. Die Ratten und Mäuse kamen aus ihren Löchern hervor. Zweytens, die vor Anker liegenden Schiffe wurden so heftig hin und her geschleudert, daß man dachte, es würde alles an ihnen aus einander gehen. Die Stücke sprangen von den Lavetten herab und die Mastseile rissen entzwey. Barbinais würde dieses nicht geglaubet haben, wenn es nicht durch einhällige Zeugnisse bekräftiget worden wäre. Zwar begreift er wohl, saget er, daß der Boden der See mit dem Lande ein Ganzes ausmache, und daß folglich der Stoß, welcher das Land erschüttert, seine Wirkung auch an dem Seewasser erzeigen könne. Nur scheint es ihm schwer zu begreifen, warum die Schiffe eine solche unordentliche Bewegung an sich zeigeten, also, daß alle ihre Theile, jedwedes für sich ins besondere Antheil daran nahmen, nicht anders als ob sie mit zum Lande gehört hätten, nicht aber in einer flüßigen Materie geschwommen wären. Denn sie hatten keine andere Bewegung, als zum höchsten eine solche, dergleichen sie bey irgend einem Sturme bekommen sollen. Nebst dem war so lange, als das Erdbeben zu Pisco währete, die See ganz eben, und ihre Wellen erhuben sich im geringsten nicht. Die Erschütterung mußte folglich bloß in dem Inwendigen der Erde seyn, weil sich der Wind in dieses Erdbeben gar nicht mischte. Endlich, so versicherten die Einwohner, daß bey dergleichen Zufällen alle Häuser zu Boden stürzeten, wenn die unterirrdische Höhle, darinnen das Feuer verschlossen ist, von Mitternacht gegen Mittag streiche, und die Stadt eben dieselbige Lage habe; dahingegen, wenn das unterirrdische Feuer eine Stadt nach der Breite ergreife, das Erdbeben keinen so großen Schaden verursache. Barbinais pflichtete diese Meynung ohne Bedenken bey, als er Nachricht bekam, das Erdbeben sey fünf französische Meilen weit von Pisco gegen Westen fast gar nicht mehr zu spüren gewesen; hingegen habe es in einem über hundert Meilen langen Striche vom Mittage gegen Mitternacht zu rechnen, alle Städte und Dörfer von Grunde aus umgekehret.”


[1728, vol. 1, pp. 117-22] “J’arrivai à Pisco le 3. de Fevrier, pour être témoin d’un tremblement de terre accompagné des circonstances les plus capables d’inspirer de l’effroi. Il commença le 10. à 8. heures du soir. Je vis presque dans un instant toutes les maisons renversées. Je voulus prendre lâ fuite, mais la peur qui, dit-on, donne des aîles, sembloit m’avoir lié les pieds. Je n’arrivai qu’avec peine sur la place de la ville, où tout le monde s’étoit retiré. Un quart d’heure après la terre trembla de nouveau, & s’étant ouverte en quelques endroits, il s’éleva un tourbillon de poussiere et d'eau avec un bruit affreux. C’est assurément dans ces sortes d'occasions que les personnes les moins devotes prient Dieu de tout leur coeur. Il ne peut gueres arriver dans la nature d’accident plus triste. On ne fàit où se sauver, et souvent l’azile qui paroît le plus sûr devient un tombeau.

La plûpart des habitans se retirerent sur les montagnes voisines. Cette nuit fut une nuit d’horreur & d’épouvante. La terre s’agitoit à tous momens. Nous n’étions que trois ou quatre François, qui [118] n’osions abandonner le débris de nos maisons, & encore moins les habiter. La consternation étoit generale dans cette malheureuse ville, non-seulement à cause des secousses continuelles de la Terre, mais encore par la crainte, que la mer ne la vînt submerger une seconde fois, ce qui étoit déja arrivé 28. ans auparavant. […] [119-120] […]

J’ai fait quelques remarques sur ces tremblemens de Terre. La premiere est qu’une demie heure avant que la Terre s’agite, tous les animaux pàroisient saisis de frayeur. Les chevaux hannissent, rompent leurs licols, & fuyent de l’écurie; les chiens aboyent; les oiseaux épouvantez, & presqu’étourdis entrent dans les maisons: les rats & les souris sortent de leurs trous & etc. D’où je conclus que les bêtes ont le sentiment plus fin & plus délicat que nous ne l’avons.

La seconde est que les vaisseaux qui font à l’ancre font agitez si violemment, qu’il semble que toutes les parties dont ils sont composez, vont se desunir. Les canons sautent sur leurs affuts, & les mâts par cette agitation rompent leurs haubans. C’est ce que j’aurois eu de là peine à croire, si plusieurs témoignages unanimes ne m’en avoient convaincu; Je conçois bien que le fond de la mer est une continuation de la terre; que si cette terre est agitée, elle communique son agi- [121] tation aux eaux qu’elle porte; mais ce que je ne conçois pas, c’est ce mouvement irregulier du vaisseau dont tous les membres, & les parties prises separement participent de cette agitation, comme si le vaisseau fàisoit partie de la Terre, & qu’il ne nageât pas dans une matière fluide. Son mouvement devroit être tout au plus semblable à celui qu’il éprouveroit dans une tempête. D’ailleurs dans l’occasion dont je parle, la surface de la mer étoit unie, & ses flots n’étoient point élevez; toute l’agitation étoit interieure, parce que le vent ne se mêla point au tremblement de terre. L’éclaircissement de cette question me meneroit trop loin, je vous la laisse à decider.

La troisième remarque est que si la caverne de la Terre où le feu souterrain est renfermé, va du septentrion au midi, & si la ville est pareillement située dans sa longueur du septentrion au midi, toutes les maisons sont renversées; au lieu que si cette veine, ou caverne fait son effet en prenant la ville par sa largeur, le tremblement de terre fait moins de ravage. Ce qui me le persuade est, que ce der nier tremblement de Terre ne fut presque pas sensible à cinq lieues à l'occident [122] de Pisco, & que depuis Pisco jusqu’à cent lieues par delà du midi au septentrion, toutes les villes & les villages, furent renversez. Souffrez que je compare les effets de ce phenomene à l’effet d’un boulet de canon. Si le boulet passe d’un bord à un autre, c’est à-dire, s’il prend le vaisseau dans sa largeur, il ne peut faire du dommage que dans cet espace, la poupe & la prouë n’en sont point offensées; au lieu que s’il traverse le vaisseau dans sa longueur, c’est à-dire de la prouë à la poupe, le dommage qu’il cause est beaucoup plus considerable, parce qu’il traverse un plus grand espace. Un plus long discours degenereroit en dissertation, & il ne m’appartient pas d’en faire.”


Vol. 13 (1755)
From Bk. 5, Ch. 11: On the weather of New Spain


[Pp. 626-27] “Stürme im mexicanischen Seebusen. Es giebt in dem mexicanischen Seebusen dreyerley Stürme, die man durch die Benennung des Nords, Süds und Orcane von einander unterscheidet. Sie stellen sich gemeiniglich zu ihrer gewöhnlichen Jahrszeit allemal ein, und es hat die gemeine Erfahrung einige Merkmaale gelehret; daraus man ihre Ankunft einige Stunden vorher sagen kann. […] [627] […] Doch, das allermerkwürdigste unter allen Anzeigen ist eine pechschwarze Wolke im Nordwesten, welche etwan zehn bis zwölfe Grade über den Gesichtskreis empor steigt. Ihr oberer Rand scheint glatt zu seyn. Ist die Wolke bis auf sechs, acht, zehn oder zwölf Grade hoch gestiegen: so bleibt sie in besagter Gestalt mit dem Gesichtskreise beständig parallel, und ohne die geringste Bewegung stehen. Dieser Zustand dauert zuweilen zween bis drey Tage lang, ehe der Sturm ausbricht, zuweilen auch nur dreyzehn Stunden, weniger aber niemals. Die Wolke [Note c: Die Engländer nennen sie die Nordbank.] erscheint niemals so nahe am Gesichtskreise. als nur entweder des Morgens oder des Abends; […].”


Vol. 16 (1758)
Louis Feuillée on the Land of the Caesars (1714, 1725) [biblio]


[Pp. 87-88] “Zeugniß des Pater Feuillee von den Cäsareern. Er berichtet, wie man schon gethan hat, nach ältern Zeugnissen, es habe Kaiser Karl der V im 1539sten Jahre dem … damaligen Bischofe zu Placentia erlaubet, vier Schiffe nach den moluckischen Eylanden durch die magellanische Straße zu schicken. Sie liefen auch den 20sten Jenner des folgenden Jahres durch eine glückliche Schiffahrt in die Straße ein. Als sie ungefähr fünf und zwanzig Seemeilen weit darinnen fortgerücket waren: so warf ein Westwind drey davon an die Küste und scheiterte sie, jedoch aber mit solchen Glücke, daß ihr Schiffsvolk, worunter man einige Priester und achtzehn bis zwanzig Frauenspersonen zählete, sich noch retteten. Der Hauptmann des vierten Schiffes, welches auf der hohen See geblieben war, ohne von dem Sturme etwas gelitten zu haben, wurde durch das heulen und Schreyen seiner Gefährten nicht gerühret. Die Furcht, es möchte ihm an Lebensmitteln gebrechen, und er sein Schiff zu sehr überladen, machete daß er diesen Haufen Unglückseliger verließ, und seine Fahrt bis an den Eingang in das Südmeer fortsetzete, von da er die Zeitung von ihrer Begebenheit nach Lima bringen wollte.

Sie sind von Spaniern gebildet. ‘Man glaubet,’ saget der P. Feuilee, ‘diejenigen, welche an der Straße geblieben, seyn der Ursprung eines Volkes geworden, die Cäsareer genannt, welche ein Land im drey und vierzig oder vier und vierzigsten Grade der Höhe des Südpoles mitten auf dem festen Lande bewohnen, welches das Nordmeer von dem Südmeere absondert; welches Land ungemein fruchtbar und sehr angenehm, und an der Westseite durch einen großen und schellen Fluß verschlossen wird. Diejenigen, welche die Ufer desselben besuchet, haben auf de- [88] ren andern Seite Menschen gesehen, die von den eingebohrenen Völkern des Landes sehr unterschieden gewesen, und weißes Leinenzeug zum Trochnen aufgehängt haben. Sie haben sogar Glocken läuten hören. Ich habe zu Chili vernommen, färt dieser geistliche Mathematiker fort, daß es allen Fremden, die Spanier nicht ausgenommen, bey Lebenstrafe verbothen, ist, in das Land der Cäsareer zu gehen. Dieses hat man von einem Indianer, ihrem Kundschafter erfahren, welcher sich durch einen eifrigen Missionar hatte gewinnen lassen, und ihm versprach, ihm den Uebergang über den Fluß zu erleichtern. Er führete ihn auch wirklich an das andere Ufer und verbarg ihn in einem Gehölze mit seinem Bedienten, nachdem er sich anheischig gemacht hatte, er wollte sie in der folgenden Nacht daselbst abhohlen, und sie in die Stadt führen. Er kam zu der bestimmten Stunde an. Allein, anstatt daß er sein Versprechen vollends hätte ausführen sollen, so brachte er den Missionarius um, und würde auch den Bedienten nicht verschonet haben, wofern er sich nicht durch eine glückliche Flucht entzogen hätte, die ihn nach Chili brachte, woselbst er das Unglück seines Herrn erzählete.’ Der P. Feuillee scheint von der Wahrheit dieser Geschichte überredet zu seyn.(s)”

[Note (s)]: “Journal des Observations &c. T.I. a.d. 295 und 296 S.”


Vol. 16 (1758)
Based on the diary of P. Lozano


[Pp. 97-98] “Dieser Missioniarius [P. Cardiel] legete den ersten Tag sechs Meilen gegen Abend zurück und fand süsses Wasser. Er brachte die Nacht an dem Orte zu, den andern Morgen begab er sich wieder auf den Marsch. Nachdem er eine Stunde des Weges weit gegangen war: so hatte er einen Anblick, welcher ihm in dieser Einsamkeit viel Verwunderung erwecken mußte. Dieses war ein Haus, auf dessen einer Seite sechs Fahnen von verschiedenen Farben flatterten, die an sehr hohe und in die Erde gesteckete Pfähle angemacht waren. Auf der andern Seite fünf todte mit Strohe umwickelte Pferde, deren jedes auf drey sehr hohen und ebenfalls in die Erde gestecketen Pfählen steckete. Als der Missionarius mit seinen Soldaten in das Haus gegangen war: so fand er daselbst ausgebreitete Decken, welche jede einen todten Körper bedeckete. Diese waren zwo Frauen und eine Mannsperson, die noch nicht verweset waren. Eine von denen Frauenspersonen hatte ein messingenes Blech auf dem Kopfe und Ohrenringe von eben dem Metalle. Auf den Bericht, welchen der P. Cardiel und seine Gefährten bey ihrer Zurückkunft davon abstatteten, erkannte man, daß die drey Todten [98] von der Völkerschaft der Puelcher waren; und dieser Missionarius schmeichelte sich, weiter hin einiges bewohntes Land zu finden. Nachdem er aber über drey Seemeilen weiter gegangen war, und keine Spur von Menschen entdeckete, sein Vorrath von Lebensmitteln auch alle war: so ergriff er die Parthey, stille zu halten.”


Vol. 16 (1758)
from “Ch. 9: Reisen nach Brazilien”


[P. 243] “Sie gehen nackend, und reiben sich den Leib mit einem schwarzen Safte. Die Mannspersonen tragen ihre Haare, wie die Pfaffen, mit einer Krone, und durchbohren sich die Unterlippe, in die sie einen Stein stecken, der eine Art von grünem Jaspis ist. Dieses machet sie so ungestalt, daß sie zwey Mäuler zu haben scheinen.”


[P. 245] “Was aber die Ohren betrifft, so sind ihnen solche entsetzlich weit durchstochen, und die Ohrenringe, welche sie hinein machen, sind von großen Seemuscheln, Vignolen genannt. Sie sind weiß, rund, und eben so lang, als ein mittelmäßiges Talglicht; und da ihnen solche auf die Schultern, ja so gar über die Brust hängen, so läßt es, wenn man sie ein wenig von fern sieht, nicht anders, als wenn es die Ohrenlappen von einem Spührhunde wären, die ihnen auf beyden Seiten herabhängen.”


Vol. 16 (1758)
from “Sir Walther Raleighs Reise auf der Guiana”


[Pp. 321-22] “Zweytens hatte er [Raleigh] erzählen hören, daß Huayna Capac, Kaiser in Peru, nur drey Söhne hinterlassen hatte; und daß nach dem Tode der beyden erstern, Huascar und Atahualipa, der dritte den Grausamkeiten der Spanier entgangen war; daß er mit allem seinem Reichthume und einigen tausend Menschen, welche durch die Vereinigung mit einer Menge anderer Indianer, Orejonen genannt, angewachsen waren, aus Peru gegangen; daß er sich in derjenigen Strecke Landes, welche zwischen dem Amazonenflusse und dem Orinoko ist, gesetzet hätte; daß er daselbst weit blühendere Städte angeleget, als die peruanischen bey dem größten Wohlstande der Yncae gewesen; und daß man daselbst ihrer Regierungsform und ihren Gesetzen folgete. Wir müssen anmerken, daß Raleigh wenig Wahrscheinlichkeit bey dieser Erzählung würde gefun- [322] den haben, wenn er gewußt hätte, daß Manco Ynca, Huascars und Atahualipas Bruder, in Peru nach der Eroberung ermordet worden; daß Paulu Ynca, ein anderer von ihren Brüdern den Spaniern treulich dienete, und daß alle die andern Prinzen von eben dem Geblüte, das klägliche Ende gehabt hätten, welches wir in dem vorhergehenden Bande angeführet haben.”


Vol. 16 (1758)
From: Henry Ellis, A Voyage to the Hudson’s Bay (1748) [biblio]


[P. 648] “Wenn sie das Alter außer Stand setzet, zu arbeiten, so stellen sie einen Schmaus an, wozu sie ihre ganze Familie einladen. Nach einer langen Rede, worinnen sie die Einigkeit anpreisen, überreichen sie demjenigen von ihren Kindern, welches sie am liebsten haben, einen Strick, den sie sich selbst um den Hals fest machen, und bitten es, sie zu erdrosseln, damit sie von einem Leben befreyet würden, welches ihnen und andern zur Marter ist. Jedermann lobet ihren Entschluß; und der Sohn eilet, ihnen zu gehorchen.” [See also pp. 656-57, below; →SnmR, vol. 1 (1750, 205-11)]


[Pp. 653-54] “Sie hängen ihren Gebräuchen überaus fest an. ‘Ich weis, saget Herr Ellis, daß viele von diesen Indianern, die in ihrer Jungen gefangen genommen, und in die englischen Comptore gethan worden, stets ihr Vaterland bedauert haben. Einer von ihnen, welcher lange Zeit unter den Engländern gelebet, und stets nach ihrer Art gegessen hatte, sah von einem unserer Matrosen ein Seekalb eröffnen. Er fiel über den Thran her, welcher sehr häufig herausfloß, und verschlang eiligts mit einer erstaunlichen Begierde alles, was er in seinen Händen davon aufsammeln konnte. Darauf rief er in eben der Entzückung: ach! wie gut bin ich doch meinen Vaterlande, wo ich mir [654] so oft ich wollte, von diesem Oele den Bauch vollsaufen konnte.’” [→SnmR, vol. 1 (1750, 139-40)]


[P. 655] “Scheebrillen. Nichts machete dem Herrn Ellis einen höhern Begriff von ihrer Geschicklichkeit, als dasjenige, was sie in ihrer Sprache Schneeaugen nennen. Dieses sind kleine Stückchen Holz oder Elfenbein, die zur Erhaltung der Augen gemacht, und hinter dem Kopfe zugebunden werden. Ihre Spalte ist gerade so lang, als die Augen, aber sehr schmal; welches nicht hindert, daß man nicht sehr deutlich dadurch sehe, ohne die geringste Beschwerlichkeit davon zu empfinden. diese Erfindung verwahret sie vor der Verblindung; eine erschreckliche und sehr schmerzhafte Krankeit für sie, welche durch die Wirkung des sehr stark von dem Schnee zurückprallenden Lichtes verursachet wird; vornehmlich im Frühlinge, wenn die Sonne mehr über dem Horizonte erhaben ist. Der Gebrauch dieser Maschinen ist bey ihnen so üblich, daß wenn sie etwas in der Ferne beobachten wollen, sie sich derselben, als eines Fernglases, bedienen.” [→SnmR, vol. 1 (1750, 143)]


[Pp. 656-57] “Gewaltsamer Tod der Alten. Die Gewohnheit, die Alten zu erdrosseln, die man nach Jeremies Zeugnisse angeführet hat, wird vom Ellis bestätiget, aber mit Umständen, die solche noch seltsamer machen. Sie erstrecket sie auf beyde Geschlechter. ‘Wenn die Väter oder die Mütter in einem Alter sind, welches ihnen nicht mehr erlaubet, zu arbeiten: so befehlen sie ihren Kindern, sie zu erdrosseln. Dieß ist auf Seiten der Kinder eine Pflicht des Gehorsames, der sie sich nicht entziehen können. Die alte Person steigt in eine Grube, die sie gegraben haben, daß sie ihr zum Grabe dienen soll. Sie unterredet sich darinnen eine Zeitlang mit ihnen, rauchet eine Pfeife Taback, und trinkt einige Gläser starkes Getränkes. Endlich legen sie [657] ihr auf ein Zeichen, das sie ihnen machet, einen Strick um den Hals; und da ein jeder auf seiner Seite zieht, so erdrosseln sie solche in einem Augenblicke. Sie sind darauf verbunden, sie mit Sande zu bedecken, worüber sie einen Steinhaufen aufrichten. Die Alten, welche keine Kinder haben, fordern eben diesen Dienst von ihren Freunden: aber da ist es keine Pflicht mehr; und sie haben oft den Verdruß, daß man es ihnen abschlägt. Man sieht nicht, daß sie jemals, wenn sie des Lebens überdrüßig sind, sich durch ihre eigene Hand davon zu befreyen bedacht seyn sollten.’” [See also p. 648, above; →SnmR, vol. 1 (1750, 206-11)]


Vol. 17 (1759)
From: Lafitau, Moeurs des Sauvages Ameriquains (1724) [biblio]


[Pp. 9-10] “Dem P. von Charlevoix scheint es gewiß zu seyn, da  die Wilden in Neu-Frankreich große Vorzüge vor uns haben. Als den ersten rechnet er die Vollkommenheit ihrer Sinne. Ungeachtet des Schnees, welcher sie blendet, und des Rauches, welcher sie sechs Monate lang des Jahres plaget, schwächet sich ihr Gesicht doch nicht. Sie haben ein überaus zartes Gehör und einen so feinen Geruch, daß sie lange vorher Feuer riechen, ehe sie es entdecken können. Dieser Ursache ohne Zweifel muß man ihre Abneigung vor dem Muscusgeruche und vor allem, was stark riecht, zuschreiben. Man behauptet so gar, sie fänden keinen angenehmer, als den von eßbaren Sachen. Ihre Einbildungskraft hat etwas wundersames. Sie brauchen nur einmal an einem Orte gewesen zu seyn, um eine [10] richtige Vorstellung davon zu behalten, die niemals vergeht. Sie gehen durch die weitläuftigsten und wildesten Wälder, ohne sich zu verirren, wenn sie nur bey dem Hineingehen sich die Himmselgegenden wohl gemerket haben. […] Diese Geschicklichkeit ist nicht die Frucht ihrer Beobachtungen; sie haben sie der Natur zu danken. Die Kinder, welche niemals aus ihren Wohnungen gekommen sind, gehen mit eben so vieler Gewißheit, als die Alten.”


[Pp. 56-57] “Der Augenblick, da die Weiber zu den Kriegesleuten kommen, ist gleichsam die Eröffnung der Strafe der Gefangenen. Diejenigen, die man bestimmet, daß sie in die Familien sollen aufgenommen werden, werden von ihren künftigen Anverwandten bloß und frey dargestellet, denen man es hat melden lassen, und die sie in einer ziemlich weiten Ent- [57] fernung annehmen, um sie durch Abwege nach ihren Cabanen zu führen. Alle diejenigen aber, die zum Tode bestimmet sind, oder deren Schicksal noch nicht entschieden ist, werden der Wuth der Weiber überlassen, die den Kriegesleuten Lebensmittel bringen; […] so ist sie eine Furie, die sich an dem ersten vergreift, den sie antrifft; und man kann es sich nicht vorstellen, wie weit sie ihre Rache treibt. Alle Gesetze der Scham und Menschlichkeit werden vergessen.”


[P. 60] “Ein Ausrufer läßt den Gefangen aus der Cabane herausgehen, meldet die Gesinnungen des Herrn oder der Frau seines Schicksales und ermahnet zuletzt die jungen Leute, sie sollen es gut machen. Ein anderer wendet sich an den Gefangenen und saget zu ihm: mein Bruder, faß ein Herz; wir wollen dich verbrennen. Er antwortet ganz kaltsinnig: du thust recht; ich danke dir. So gleich erhebt sich ein Geschrey in der ganzen Wohnung und der Gefangene wird auf den Richtplatz geführet.

Der gemeinste Gebrauch ist, daß sie ihn mit beyden Händen und Füßen an einen Pfahl binden: aber so, daß er sich leicht um den Pfahl herum drehen kann. […] Bevor die Hinrichtung anfängt, singt er zum letzenmale sein Todtenlied. […] Ein Reisender [berichtet:] ‘es findet sich in dieser Aufführung ein Stolz, welcher den Geist erhebt, ihn fortreißt, ihn von seinen Leiden etwas abzieht und ihn hindert, gar zu viel Empfindlichkeit darüber blicken zu lassen. […] Diese Art von Unempfindlichkeit ist auch nicht so allgemein, als sich andere einbilden, und man sieht nicht selten, daß diese Elenden solch Geschrey erheben, welches durch die härtesten Herzen dringen kann; welches aber keine andere Wirkung hat, als daß es den Umstehenden eine Lust machet.’”


[P. 93] “Sie sind glücklich, erstlich weil sie es glauben; zum andern weil sie das kostbarste Geschenk unter allen natürlichen Geschenken ruhig genießen, endlich weil sie die falschen Güter nicht kennen und auch nicht einmal verlangen, die in Europa in so hohem Ansehen stehen, da  man sie für die wahren einkaufet, und ihrer so wenig genießt. Ein unstreitiger Beweis, daß sie wahre Philosophen sind, ist, daß der Anblick unserer Bequemlichkeiten, unserer Reichthümer, und unserer Pracht sie wenig berühret haben. Einige Iroquesen, welche im 1666 Jahre eine Reise nach Paris thaten, und die man nicht allein in dieser großen Stadt, sondern auch in allen königlichen Häusern herumführete, bewunderten daselbst nichts. Sie würden ihre Dörfer der Hauptstadt des mächtigsten Königreiches in Europa vorgezogen haben, wenn sie nicht daselbst Garküchen gesehen hätten, die ihnen am besten gefielen, weil sie solche stets mit allerhand Speisen versehen fanden.”


[P. 94] “Wir müssen bey Endigung dieses Abschnittes, zur Erläuterung dessen, was in Raleighs und Keymis Berichten Erstaunen verursachet haben kann, beobachten, daß sich in dem nordlichen Theile des festen Landes von America Völkerschaften befinden, die man Plattköpfe nennet; weil sie in der That eine sehr flache Stirne und einen etwas länglichen Oberkopf haben. Diese Bildung ist kein Werk der Natur. Man meldet uns, daß die Mütter solche den Kindern geben, sobald sie auf die Welt kommen, indem sie denselben zween Klumpen Thon, oder von einer andern schweren Materie, auf die Stirne und hinten auf den Kopf legen, und solche immer nach und nach ein wenig mehr zusammen ziehen, bis der Hirnschädel die Gestalt angenommen hat, die sie ihm geben wollen. […] Dagegen suchen einige Stämme von den Algonquinenl die man Kugelköpfe nennet, die Schönheit in der Rundung des Kopfes; und die Mütter sorgen auch dafür, daß sie ihren Kindern diese Gestalt geben.”


Vol. 17 (1759)
Concerning: Bartholomäus de Fonte


[Pp. 159-62] “Dieses scheinen sie wenigstens selbst in der folgenden Nachricht zu gestehen, welche Herr de l’Ile nach einer Uebersetzung, welche die Engländer im 1708 Jahre in ihrer Sprache bekannt gemacht, im Französischen herausgegeben hat. Es bleiben zwar wirklich einige Zweifel wegen der Glaubwürdigkeit dieser Schrift übrig: allein, verschiedene Stimmen von einem [160] großen Nachdrucke, die Beweise, die Herr de l’Ile zu ihrem Besten gesammlet hat, und diejenigen, die er noch hoffen läßt, erlabuen wenigstens nicht, daß man sie von dieser Sammlung ausschließen darf. […]

Da die Unterkönige in Neuspanien und Peru durch den Hof zu Spanien Nachricht erhalten hatten, daß die verschiedenen Versuche der Engländer, sowohl diejenigen, welche unter der Regierung der Königinn Elisabeth und des Königs Jacob, […] im 1639 Jahre, dem vierzehnten der Regierung eben dieses Königes Karls, durch einige Seefahrer aus Boston in Neuengnland, wieder erneuert worden: so erhielt ich, Admiral de Fonte, Befehl aus Spanien und von den Unterkönigen, vier Kriegesschiffe auszurrüsten; […]

[161] […] Dieser Steuermann, welchen der Admiral de Fonte mit seinem Schiffe und seinen Leuten angenommen hatte, berichtete ihm, zweyhundert Seemeilen weit gegen Norden von dem Vorgebirge St. Lucas träfe eine Fluth, di von Norden käme, eine Fluth an, welche von Süden käme, und es wäre gewiß, das Californien eine Insel wäre. […] und vom 26sten [162] May bis zum 14ten des Brachmonates kam der Admiral an den Fluß Los Reyes, unter der Breite von drey und funfzig Grad, […]

Den 21sten des Brachmonates schickete der Admiral einen von seinen Haupleuten an Pedro Bernardo, um ihm Befehl zu ertheilen, er sollte einen schönen Fluß hinauffahren, dessen Strom sanft und dessen Wasser tief ist. Bernardo gieng ihn anfänglich gegen Norden hinauf, darauf gegen Nordost, hernach gegen Norden, endlich gegen Nordwest, woselbst er in einen See voller Insel einlief, worinen er eine wohlbevölkerte Halbinsel antraf, deren Einwohner von einer sanften und geselligen Gemüthsart waren. Er nannte diesen See Velasco, und ließ sein Schiff daselbst. […]

Nachdem der Admiral den Bernardo abgeschicket hatte, denjenigen Theil zu entdecken, welcher gegen Norden und Osten von dem tartarischen Meere ist: so segelte er selbst in einen sehr schiffbaren Fluß, den er Rio de los Reyes nannte, dessen Bette fast gegen Nordost war, und vielmals den Strich sechzig Seemeilen über veränderte. Bey niedriger Fluth fand er einen schiffbaren Canal, der nicht weniger, als vier bis fünf Faden Tiefe hatte. Die Höhe des Wassers in den beyden Flüssen zur Zeit der Fluth ist fast einerley. Sie ist vier und zwanzig Fuß in dem Flusse de los Reyes in dem Voll- und Neumonde. Sie hatten zween Jesuiten bey sich, wovon der eine den Hauptmann Bernardo bey seinen Entdeckungen begleitete. Diese beyden Religiosen waren bis auf sechs und sechzig Grad Norderbriete in ihren Missionen hinaufgegangen, und hatten sehr merkwürdige Beobachtungen gemacht.”


Vol. 17 (1759)
Concerning: John Wood’s Travels to Nova Zembla (1676) [biblio]


[P. 172] “Das Wasser des Meeres bey dem Eise und dem Lande ist das salzigste, das schwerste, und das hellste in der Welt. Man sieht auf achtzig Faden Wasser, welche vier hundert und achtzig Fuß ausmachen, vollkommen den Grund und das schalenwerk.”


[Wood 1694, 195] “The Sea Water, about the Ice and Land, is very salt, and much slater than any I ever tasted, and a great deal heavier, and I may certainly say the clearest in the World, for I could see the grounf very plain in 80 Fathom Water, which is 480 Foot, there being few Steepls so high as that was deep, and I could see the Shells at the bottom very plain.”


Vol. 17 (1759)
From: Henry Ellis, A Voyage to the Hudson’s Bay (1748) [biblio]


[P. 193] “Die Schiffe giengen den 31sten May 1746 unter Segel. Man übergeht hier die ordentlichen Zufälle auf einer langen Reise, dergleichen die Feuersgefahr gewesen, welcher Dobbsens Galiote augesetzet war. Es geschah nichts merkwürdiges bis auf den 27sten des Brachmonates, wo die beyden Schiffe sich durch das Eis in acht und funfzig Grad dreyßig Minuten der Breite gegen Osten von dem Cap Farervel abgesondert sahen. Allein, da die Geschicklichkeiten der Lootsen sie noch an eben dem Tage wieder zusammen gebracht hatte: so mußten sie darauf durch eine ungeheure Menge Flößholz hindurch fahren. Dies waren große Stücke, die man für Zimmerholz würde gehalten haben. Weil sie sich nun auf allen Seiten zeigeten: so ließen sie den Agenten von der Commite die Ursache eines so sonderbaren Anblickes aufsuchen. Alle Berichte, saget er, die man von Grönland, von den Küsten der Straße Davis und der Hudsonbay hat, welche zwar in verschiedenen Puncten einander sehr entgegen sind, stimmen doch alle darinnen überein, daß sie uns versichern, es wachse kein dergleichen Holz in allen diesen Ländern. Hieraus muß man schließen, es möge nun herkommen, woher es wolle, so sey es doch nicht von den nur erst genannten Orten. Einige vermuthen, es komme von den norwegischen Küsten her, und andere lassen es von der morgenländischen Küste des Landes Labrador herkommen. Ellis aber verwirft diese beyden Meynungen. Auf der einen Seite würden die Nordwestwinde, welche in diesen Gegenden am meisten wehen, verhindern, daß es nicht von Norwegen hierher kommen könne; und auf der andern Seite würden die gewaltigen Ströme, welche aus Davis und Hudsons Straßen kommen, und gegen Norden streichen, es unterwegens aufhalten, und ihm niemals erlauben, von der americanischen Küste in diese Meere zu kommen. Egedens Erklärung, welcher viele Jahre in der dänischen Colonie zugebracht hat, kömmt dem englischen Reisenden viel wahrscheinlicher vor. Egede hatte auf der ostlichen Küste [Grönlands] in ein und sechzig Grad der Breite, Birken, Rüstern und andere Arten von Bäumen, achtzehn Fuß hoch und so dick wie ein Schenkel, gesehen. Er hatte beobachtet, daß in Norwegen, wie in Grönland, die Ostküste viel wärmer ist, als die Westküste; und daß folglich die Bäume daselbst viel leichter wachsen und viel dicker werden. Dieses bewegte einen, zu glauben, daß dies Flößholz von Grönland kömmt.” [→SnmR, vol. 1 (1750, 132-33)]


[P. 201] “Wenn sie sich zum Fischen in das Meer begeben: so nehmen sie eine Blase voller Thran mit sich, wovon sie ruckweise mit eben so vielem Vergnügen trinken, als unsere Seeleute Branntewein trinken. Wir haben zuweilen gesehen, nachdem sie ihre Blase ausgeleeret hatten, daß sie solche mit Wollust zwischen ihre Lippen durchzogen.” [→SnmR, vol. 1, (1750, 257-58)]


Vol. 17 (1759)
From: Jean-Baptiste Labat, Nouveau Voyage aux Isles de l’Amerique, 8 vols. (1742). [biblio]


[P. 443] “Bey ihren Schmausereyen haben die aradaer Negern allezeit einen gebratenen Hund und würden glauben, daß sie sehr schlecht schmauseten, wenn ihne dieses Stück abgienge. Diejenigen, welche keinen haben, oder keinen stehlen können, kaufen einen und geben ein zweymal größeres Schwein dafür. Die andern, vornehmlich die Creolenneger, und sogar diejenigen, die von aradaischen Aeltern herkommen, haben einen Abscheu vor diesem Gerichte und sehen den Namen der Hundefresser für einen großen Schimpf an. Es kömmt aber dem P. Labat am erstaunlichsten vor, daß die Hunde auf der Insel diejenigen anbellen, die sie essen und verfolgen, vornehmlich wenn sie von diesen Schmausereyen kommen. Man bekommt von denen Tagen, da man einen Hund bey einem Arade brät durch das Geschrey aller dieser Thiere Nachricht, welche zusammenlaufen und um die Hütte herum heulen, als wenn sie den Tod ihres Gefährten beklagen oder rächen wollten.”


Les Negres Aradas estiment beaucoup la chair de chien, & la préferent à toutes les autres. Un festin parmi eux seroit regardé comme très-mediocre, si la principale piece n’étoit pas un chien roti. Quand ils n’en ont point, & qu’ils n’en peuvent pas voler, ils donnent un cochon deux fois aussi gros pour en avoir un. Nos Negres Creolles n’en mangent point, ceux mêmes qui descendent de pere & mere Aradas. Ils regardent comme une grande injure d’être appellez mangeurs de chiens. J’ai vû pluheurs fois de ces festins d’Aradas, où il y avoit un chien roti. L’odeur en étoit bonne, & la chair me paroifl'oit très-délicate. J’ai eu souvent envie d’en goûter, la honte plûtôt que la repugnance m’en a empêché. Je sçai pourtant bien que dans une necessité pressante, je ne mourrois pas de faim, si je trouvais des chiens.” (1742, vol. 2, p. 55)


[P. 476] “Ob gleich diese Abschilderung, welche aus Engländern genommen werden, nicht so umständlich ist, als diejenige, welche noch folgen wird: so sind doch die vornehmsten Züge darinnen einander so ähnlich, daß man, ungeachtet des Unterschiedes der Inseln, dennoch eben die Völkerschaft leichtlich erkennen wird. Die ordentliche Größe der Caraiben, saget ein französischer Reisebeschreiber, ist über der mittelmäßigern. Sie sind insgesammt wohl gemacht und von gutem Verhältnisse; sie haben ziemlich angenehme Gesichtszüge; nur die Stirne scheint ein wenig außerordentlich zu seyn, weil sie sehr platt und gleichsam eingedrücket ist; sie bringen aber diese Gestalt nicht mit auf die Welt. Ihre Gewohnheit ist, daß sie den Kopf der Kinder solche durch ein kleines Brett annehmen lassen, welches sie hinten stark binden, und so lange daran lassen, bis die Stirne fest geworden; und sie bleibt dergestalt platt, daß die Caraiben ohne den Kopf zu erhöhen, fast schnurgerade über sich sehen.”


[P. 477] “Alle Mannspersonen, die ich gesehen habe, hatten einen kleinen Strick um die Lenden, welcher ihnen dienet, ein bloßes Messer zu tragen, das sie zwischen ihm und die Lende stecken, und einen fünf bis sechs Zoll breiten Leinwandstreif zu halten, welcher einen Theil ihrer Blöße bedecket, und nachläßig hinunter hängt. Die Knaben von zehn bis zwölf Jahren haben nur diesen kleinen Streif Leinwand auf dem Leibe, welcher bloß bestimmet ist, ihr Messer zu halten, das sie aber doch öfter in der Hand, als am Gürtel haben; so wie auch die erwachsenen Mannspersonen. Ihre Gesichtsbildung scheint melancholisch zu seyn. Sie sind gut: man muß sich aber in Acht nehmen, daß man sie nicht beleidigt, weil sie die Rache übermäßig weit treiben.”


[P. 480] “Der Diebstahl ist ein sehr schandliches Laster in ihrer Nation. Sie lassen ihre Wohnung offen stehen. Wenn sie wahrnehmen, daß man etwas daraus weggenommen hat, so tragen sie viele Tage lang eine Art von Trauer darüber. Darauf geht aller ihr Eifer auf die Rache; denn so viel Zuneigung sie auch gegen einander haben, so sehr sind sie auch zum Hassen vermögen, wenn sie sich für beleidiget halten. Ein Caraibe verzeiht niehmals.”

Algemeinen Welthistorie [top]

AWH: Siegmund Jacob Baumgarten, et al., ed. (1744-1804). Uebersetzung der Algemeinen Welthistorie. [biblio]


Part 5 (1761)


[Pp. 20-21] “Die Indianer haben gute Begriffe von der Gottheit, ob sie gleich nach und nach sind unedler und verderbet worden. Parachatti, die Frauensperson, deren Kinder Bruma (so schreibet er [sc. Pere Bouchet] etliche mal,) Vishnou und Ruttren sind, bedeutet die höchste Gottheit; Chatti, heist auf indianisch Macht, und Dara, die höchste, absolute. Bruma beweiset sich in der Schöpfung; er hat den Menschen aus ganz frischem Thon hervorgebracht; dies ist wahrscheinlich von den Juden auf sie gekommen; die Indianer reden von dem Chorcam eben so, als die Bibel vom Paradies, sie wissen auch von einem Baum, dessen Früchte die Unsterblichkeit verschaffen würden, wenn man sie nur zu essen bekäme. […] Sie [sc. die Inder] gegen Vedam eben die Hochachtung, als die Juden gegen Mosis Gesetz; es bestehet Vedam aus vier Büchern, aber mehrere gelerte Indianer versichern, daß es ehedem noch ein fünftes gegeben habe. Diese fünf Bücher sind eine Nachahmung der fünf Bücher Mosis.”


[Pp. 446-47] “Mit der Zeit bekamen diese beiden vier Söhne, die Brammon, Rutteri, Shudderi und Wise hiessen; die in ihrer Natur unterschieden waren, nach dem die Elemente bey ihnen die Oberhand hatten. Denn Brammon war von irdischer Constitution, und daher melancholish; und weil er dabey sinnreich war, so bestimte ihn Gott dazu, seine Gebote und Gesetze dem Volke bekant zu machen; zu welchem Amte sich auch sein gesetztes und ernstliches Betragen sehr wohl schickte. Zu dem Ende übergab ihm der HErr ein Buch, darin die Art des Gottesdienstes und die Grundsätze der Religion enthalten waren. Rutteri war eines feurigen Temperaments und hatte einen martialischen Geist. Daher legte ihm Gott die Macht bey, Königreiche mit einem Scepter zu regieren, und die Menschen in Ordnung zu bringen; zu welchem Ende der Almächtige ihm ein Schwerdt in seine Hand gab, welches ein Werkzeug des Sieges und der Herschaft ist. Da ferner Shudderi einer phlegmatischen Constitution, gütig und umgänglich war, so wurde für gut gefunden, ihn zur Kaufmanschaft zu bestimmen, damit er das gemeine Wesen durch den Handel bereichern, und vermittelst der Schiffahrt den Ueberflus befördern möchte. Um ihn nun seines Geschäftes zu erinnern, so wurden ihm ein paar Waageschalen in die Hand gegeben und ein Bündel Gewichte an seinen Gürtel gehänget. Wise oder Weyz, der eines lustigen Temperamentes war, bekam die Erfindungskraft zur Beilage; und weil er voll Einfälle war, [447] so war er auch im Stande, einem Dinge ein Geschick und mechanische Gestalt zu geben. Um ihm nun in seiner Profession behülflich zu seyn, so wurde ihm ein Beutel zugestellet, darin allerhand Instrumente befinlich waren, um mit denselben das auszuarbeiten, was er mit seiner Einbildungskraft ersonnen.”


Part 6 (1762)


[Pp. 429-30] “Der Vater Le Compte meldet uns, daß: selbst der Kaiser Kan-hi, der das Oberhaupt dieser Secte [sc. der Gelehrten] und in dieser Art Gelehrsamkeit sehr geübet war, dem Vater Verbiest, seinem Mathematico, einstens gesaget, daß, wenn sie (die Christen) Gott mit eben dem Namen benennen würden, den ihm die Chineser beilegeten, diese letztern weniger von ihrer Religion abgeneigt seyn würden. Worauf dieser ehrliche Vater folgende Antwort ertheilet hätte: Ew. Majestät sind wirklich der alten Lehre von China zugethan, die von diesen neuen Lehren verlassen worden; wenn wir uns nun ihrer Wörter bedieneten, würde man nicht dafür halten, daß wir eben so glaubeten als sie? Wenn aber Ew, Majestät durch öffentlichen Ausruf bekant machen lassen wollen, daß das Wort Cham-ti (oder vielmehr Shang-ti), eben das bedeute, was die Christen durch das Wort Tyen-tchu verstehen,[note J], so [430] sind wir bereit, uns des einen, so gut als des andern zu bedienen.”

[Note J] “Tyen heisset so viel als Himmel, und Tyen-tchou, der Herr des Himmels; welches der Name ist, dessen sich die christlichen Mi ionarien bedienen, die Gottheit anzuzeigen, welche dieselbe Cham-ti oder eigentlich Shang-ti, souveraine Kaiser nennen, ob sie wohl ihren Erklärungen zu Folge nichts anders darunter verstehen als den Himmel, die Natur, oder die blinde himlische Kraft, die alle Dinge hervorbringet, und auf alles wartet.”


[Pp. 431-32] “Und weil diese letzte Art der Verehrung diejenige ist, die sie dem Confucius und einigen ihrer besten Monarchen und Grossen erweisen, die von der philosophischen und ge- [432] lehrten Secte eine bürgerliche Ehre genennet wird; so accomodirten sich die jesuitischen Mißionarien nach derselben, und erlaubten ihren Proselyten dieselbe unter diesem Titel; ohnerachtet sie von den Dominicanern, Franciscanern und andern Orden, als Abgötterey und als ein Aergernis für die christliche Religion, höchlich verbannet und verworfen wurde.”


[Pp. 432-33] “§312. Einführung der christlichen religion. Ob die christliche Religion schon zu der Apostel Zeiten in diesem Reiche geprediget worden, darüber haben die Gelehrten gestritten. Daß der heilige Thomas das Evangelium in Ethiopien, Persien und in verschiedenen Gegenden von Indien be- [433] kant gemachet, das ist in einem der vorigen Theile dieses Werkes gezeiget worden. Daß er aber bis nach China solte gekommen seyn, davon haben wir keinen andern Beweis als ein altes malabarisches Breviarium, das in chaldäischer Sprache geschrieben worden, in dessen Lectionen und Gesängen dessen gedacht wird, daß dieser Apostel die christliche Religion in Ethiopien, Persien, Indien, und China, gepflanzet.”

Altmann, Johann Georg [top]

Altmann (1753). Versuch einer historischen und physischen Beschreibung der helvetischen Eisbergen. [biblio]


[Pp. 66-71] “Die Frage, ob das Eis in den Helvetischen Eisbergen dem gemeinen Eise, so wir zu harter Winterszeit aller Orte finden, in seiner Natur und andern Zufällen ganz gleich sey, hat schon ehemahls bey denen Schwierigkeiten erwecket, so von den Eisbergen geschrieben. […] [67-69] […] Wir geben also eine durch die beständige Erfahrung bewiesene Wahrheit, daß das Eis von den Gletschern und den gefrornen Bergen härter und weit kälter sey, als das gemeine. Dieser Satz, der dennoch bey allen denen, so jemahls Eisberge gesehet, keinen Widerspruch leidet, wird verschiedenen etwas seltsam und [70] vielleicht sehr verdächtig vorkommen; damit aber niemand zweifle, so berufe ich mich auf die allgemeine Erfahrung; ich habe mit der Berggesellschaft, mit deren ich die Gletscher besucht, eine Probe davon gemacht; wir gaben einem Manne, den wir in unser Begleit, den Berg bis auf die Höhe zu besteigen, mit uns genommen, ein Stück Eis, welches er mit sich nach Hause tragen mußte, damit wir uns desselben zu Erfrischung des Weins bedienen könnten; wir empfanden in dem Thal eine ungemeine Hitze, so daß sich viele Leute schwerlich vorstellen könnten, daß so nahe bey den Eisbergen eine so erhitzte Luft zu finden, wir warfen einen Theil von dem Stück Eis vor der Mittagmahlzeit in ein Geschirr mit Wasser, und fanden, daß der Wein dadurch gewaltig erfrischet und kalt gemacht worden, des Abends betrachtete ich eben das Stück Eis, so von der Mittagstunde weg bis auf den Abend in dem Wasser gelegen war, und befand, daß der Eisklumpe an seiner Grösse und Gewicht nicht sonderlich abgenommen, wäre es gemeines Eis gewesen, wie man an allen Orten im Winter findet, so hätte man auf den Abend keine Spur von Eis mehr in dem Geschirre gefunden; ein ander Stück legte ich an die Sonne, und zwar an einem [71] Orte, daß die Strahlen nicht nur wohl darauf fallen könnten, sondern da sie gegen ein darhinter gestelltes Stück Holz zurücke schlagen mußten; ich fand gleichfalls, daß selbiges, obschon es über zwey Pfund nicht gewogen, bis auf den Abend nicht verschmolzen.”

Anonymous (1756a) [top]

Anonymous (1756a). Beschreibung des Erdbebens, welches die Hauptstadt Lissabon […] sehr beschädigt hat. (Three issues) [biblio]


[Issue 1, p. 31] “Ißland. Hier hat sich den 11ten Herbstmonats i. J. auf der nördlichen Seite in Syssel und im Husewiger [Húsavík] Districkt ein starkes Erdbeben geäussert, welches nach Mitternacht angefangen und bis den Nachmittag gedauret. Es hat um 2 Uhr das Predigerhaus und 12 Bauerhäuser zu Husewig umgestürzt, andre aber sehr beschädigt. Das Wasser hat sich dabey verwandelt und ganz milchfarbig ausgesehen. Auf der südlichen Seite hat man nichts hiervon verspüret. Ein Schiffer aber hat am 26 Octobr. bemerkt, daß in der Gegend von Färöe eine Art Erdstaub auf sein Schif gefallen. Man muthmaßt dahero, daß der feuerspeyende Berg Hecla auf der Insul Ißland einen neuen Ausbruch erhalten habe.”


[Issue 2, p. 47] “Ueber ein Schreiben aus Cadix. Ich will, und vielleicht zum Vergnügen mancher Leser sagen, was ich von den Thieren halte, die man an dem Hafen von Suassa will bemerkt haben, und zwar schon 8 Tage vor dem Erdbeben. Es soll der Erdboden der Insul und der Gegenden des Hafens ganz unvermerkt mit einer Art unbekannten Ungeziefer seyn bedeckt worden. Sie sollen von der Größe einer Grille, aber nicht von der Dicke, und ihre Körper in zwei Theile getheilet gewesen seyn. […].”

Dieses ist die Nachricht. Ich will darüber ein Paar Anmerkungen machen. […] Die ganze Beschreibung ist mir verdächtig, und wenigstens von keinem aufgesetzt, der nur einige Kenntniß der Naturkunde besessen hätte. […][48] […] Ich finde also die ganze Beschreibung wiedersinnisch und ganz unwahrscheinlich. […] Ja, wenn ich nicht gar argwöhnen müßte, es sey die ganze Nachricht falsch.”

Anquetil-Duperron, Abraham Hyacinthe [top]

Anquetil-Duperron (1763): “Kurze Nachricht von seiner Reise nach Indien um dem Zoroaster zugeeignete Schriften aufsusuchen und zu übersetzen.” Bremisches Magazin. [biblio]


[1763, pp. 442-43] “Ich entschloß mich auch, eine Kentniß der Religion der Parsses von den Parsses selbst zu erlangen, und da ich wuste, daß die 4 Vedams, die heiligen Bücher der Indianer, in dem alten Samskretam, einer todten Sprache, welche die allgemeine Mutter aller Indianischen Sprachen seyn soll, geschrieben sind, und daß in des Königs Bibliothek sich Bücher finden, die kein Mensch versteht; so wurde ich dadurch bewogen, lieber [443] nach Indien, als nach Kirman zu gehen: weil ich dort Gelegenheit haben konte, beides das alte Persische, und das alte Samskretam zu lernen.”


Anquetil-Duperron (1763): “Nachricht von der Reise, die der Hr. Anquetil du Perron nach Indien gethan hat, in der Absicht, die Werke, die man dem Zoroaster zuschreibt, ausfindig zu machen und zu übersetzen.” Hannoverisches Magazin. [biblio]


[Col. 823] “Ich wußte auch, daß die vier Vedes, welches heilige Bücher der Indianer sind, in der alten samskretanischen Sprache geschrieben sind, und daß sich in der Bibliothec des Königs ein Schatz von indianischen Manuscripten befände, die kein Mensch versteht. Diese Ursachen bewogen mich, lieber nach Indien, als nach Kirman zu gehen, um so mehr, weil ich daselbst sowol das alte Persische, als das alte Samskretanische erlernen konte.”


[Col. 843] “Mit dem Artikel von den Parsis war ich zu Ende, und ob ich gleich durch eine ununterbrochene Arbeit ganz geschwächt war, so traute ich mir doch noch Kräfte genug zu, das Samskretanische anzufangen. Ich ließ also die 4 Vedes zu Surate, zu Brampur und zu Antadabad aufsuchen. Ihre Namen sind Samveda, Ridjuveda, Atharnaveda und Raghuveda. Samweda ist das rareste darunter. Diese 4 Werke sind, wie die Braminen vorgeben, vor 4.000 Jahren von einem gewissen Kreschnu verfertiget worden.”


[Col. 844] “Diese zwo Classen sind die beyden vornehmsten unter denen, woriein sich die Indianer zu Surate vertheilen, die Braminen und die Sciuras versicherten mich einstimmig, daß, was man für die Vedes gegen mich ausgegeben, nur ein Auszug davon wäre. Das Wort Sanitha, welches Auszug bedeutet, und auf dem Rande stand, und welches mir durch uninteressirte und im Samskretanischen wohl erfahrnen Parsis und Braminen verdollmetschet worden, war ein Beweis, daß der Verkäufer der angegebenen Vedes entweder ein Ignorant oder ein Betrüger war.”

Anson, George [top]

Anson (1749): Reise um die Welt. [biblio]


[Pp. 82-83] “Die Luft war zwar sehr kalt und strenge und die Winde giengen stark: allein sie waren beständig und bleichformig, und hiernächts hatten wir zugleich Sonnenschein und einen heitren Himmel; dagegen die Winde in den niedrigern Gegenden der südlichen Breite von einer Zeit zur andern nachließen, gleichsam als um neue Stärke zu erlangen, und sodann in einem Augenblicke wieder so heftig losbrachen, daß sie uns mit jedem Anfalle den Verlust unsrer Masten droheten, worauf unser gewisses Verderben hätte folgen müssen. Und daß die [83] Ströme in dieser hohen Breite lange nicht so stark als näher gegen dem Lande sind, scheint aus dieser Anmerkung gewiß zu seyn, daß alle dergleichen Ströme mit größerer Heftigkeit nahe an der Küste, als in der hohen See laufen, und daß sie in einer weitern Entfernung vom Lande kaum merklich sind. Die Ursache hievon scheinet in der That sehr begreiflich zu seyn, wenn man erwägt, daß beständige Ströme ihren Ursprung nach aller Wahrscheinlichkeit von beständigen Winden haben, welche, wiewohl mit einer langsamen und unmerklichen Bewegung, eine große Lage Wasser vor sich hertreiben: und wenn solches sich an irgenc einer Küste worauf es stößt, aufgehaüaufet hat; so muß sich dieses überflüßige Wasser längst der Küst wieder verlaufen, weil seine Oberfläche sich dem Meere gleich zu machen sucht. Man kann auch mit Grunde vermuthen, daß die heftigen Windstöße, welche wir nahe am Lange ausstunden, und welche von denen, die wir in der Breite von sechzig Gradne und darüber antrafen, so sehr unterschieden waren, von einer gleichen Ursache herrühren; denn in den südlichen Theilen des stillen Meers hat ein westlicher Wind fast beständig die Oberhand. Und da dieser Strom oder Zug in der Luft von den überaus hohen Felsen, welche man Andes nennt, und von den Gebirgen in Terra del Feugo, welche zusammen das ganze südwärts gelegene Land bis zu Horns Vorgebirge einschließen, unterbrochen wird: so kann nur ein Theil davon über die Spitzen dieser entsetzlichen Felsen entkommen, und der Rest welcher sich natürlicher Weise nach der Lage der Küste richtet, muß längst dem Lande südwärts gehen und mit einem heftigen und unordentlichen Geblase um Horns Vorgebirge und das südlichste Stück von Terra del Feugo streichen. Unterdessen, wenn man gleich diesen betrachtungen nicht trauen wollte: so können wir doch diese Erfahrung, wie ich glaube, als unstreitig festsetzen, daß sowohl die Heftigkeit der Ströme als die ungestüme Gewalt der Westwinde unter dem ein und sechzigsten oder zwey und sechzigsten Grade der Breit nicht so merklich ist, als in der Nachbarschaft der Küste von Terra del Feugo."


[(1748), pp. 124-25] “The air indeed was very cold and sharp, and we had strong gales, but they were steady and uniform, and we had at the same time sunshine and a clear sky, whereas in the lower latitudes, the winds every now and then intermitted, as it were, to recover new strength, and then returned suddenly in the most violent gusts, threatening at each blast the loss of our masts, which must have ended in our certain destruction. And that the currents in this high latitude would be of much less efficacy than nearer the land, seems to be evinced from these considerations, that all currents run with greater violence near the shore than at sea, and at greater distances from shore they are scarcely perceptible: Indeed the reason of this seems sufficiently obvious, if we consider, that constant currents are, in all probability, produced by constant winds, the wind driving before it, though with a slow and imperceptible motion, a large body of water, which being accumulated upon any coast that it meets with, this superfluous water must escape along the shore by the endeavours of its surface, to reduce itself to the [125] same level with the rest of the Ocean. And it is reasonable to suppose, that those violent gusts of wind which we experienced near the shore, fo very different from what we found in the latitude of sixty degrees and upwards, may be owing to a similar cause; for a westerly wind almost perpetually prevails in the southern part of the Pacifick Ocean: And this current of air being interrupted by those immense hills called the Andes, and by the mountains on Terra del Fuego, which together bar up the whole country to the southward as far as Cape Horn, a part of it only can escape over the tops of those prodigious precipices, and the rest must naturally follow the direction of the coast, and must range down the land to the southward, and sweep with an impetuous and irregular blast round Cape Horn, and the southermoft part of Terra del Fuego. However, not to rely on these speculations, we may, I believe, establish, as incontestable, these matters of fact, that both the rapidity of the currents, and the violence of the western gales, are less sensible in the latitude of 61 or 62 degrees, than nearer the shore of Terra del Fuego.”

Arnold, Gottfried [top]

Arnold (1729): Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. [biblio]


[Pt. 2 (Bk. 16, ch. 8, §40), p. 549] “Nun is not mit wenigem die denckwürdige geschichte Francisci Spirae zu berühren. Es war ein Advocat im Venetianischen gebiete, der die warheit sehr erkannte, und auch gegen jedermann frey davon redete. Weil aber dieses dem Päbstlichen Nuncio und Ertz-Bischoff Joh. de la Casa zu ohren kam, forderte er Spiram vor sich, und jagte ihm eine furcht ein, daß er es vor einen irrthum ausgab, auch auf des Ertz-Bischoffs begehren und seiner freunde zureden, die ihm sein weib und kinder vorhielten, öffentlich die warhheit verschwur und lästerte. Nachgehends fühlete er die ärgste gewissens-marter, die ihn auch in leibs-kranckheit stürtzete, dabey er an Gottes barmhertzigkeit gantz verzweiffelte. Man brachte ihm zwar nach Padua zu den besten Medicis, aber vergeblich: die Gelehrten und darunter auch Vergerius redeten ihm nach möglichkeit zu, aber er konte sich nichts annehmen, führte vielmehr die desperatesten reden, und wolt auch nichts mehr essen, damit er nur sterben könte. Endlich brachte man ihn wiederum in sein vaterland, da er unter solchem elenden geschrey und verzweiffelung starb.”

Arthus, Gotthard [top]

See: AHR, vol. 4.

Baker, Henry [top]

Baker (1758): “Ein Zusatz zu derjenigen Nachricht von einer ungesunden Haut” [biblio]


[Bremisches Magazin (1758) 2.2: 273-75] “Dieses ist eine nachricht von einem Manne und Knaben, welche neulich sich in London sehen lassen, unter dem Namen des Stachelschwein-ähnlichen Mannes mit seinem Sohne. Dieser Mann heisset Eduart Lambert, ist jetzto 40 Jahre alt, und hat sich vor 24 Jahren zum ersten Male vor der K. Gesellschaft sehen lassen. Die Haut dieses Mannes ist, ausgenommen am Kopfe und Gesichte, und den inneren Flächen der Hände und den Fußsohlen, mit Auswüchsen bedecket, welche einer unzählbaren Menge Warzen ähnlich sind, von brauner Farbe und Cylindrischer Figur. Sie erheben sich alle zu einer gleichen Höhe ohngefähr einen Zoll, und wachsen mit dem untersten Theile so dichte an einander, daß kein Raum dazwischen bleiben, sind aber so steif und elastisch, daß sie ein Geräusch machen, wenn man mit der Hand darüber fähret. Diese Auswüchse fallen jährlich ab und erneuern sich in einem der Herbst- oder Wintermonate. Die neuen, welche von bleicher Farbe sind, erheben sich nach und nach von unten, so wie die alten abfallen, und um die Zeit hat Mann es nöthig gefunden, ihm ein wenig Blut zu nehmen, um einer leichten Unpässlichkeit vorzubauen, welche sich vordem einzustellen pflegte, [274] ehe er diese Vorsicht gebrauchte. Er hat die Kinderblatten gehabt, und zweimal die Speichel-Cur ausgestanden, in Hoffnung, von dieser unangenehmen Decke befreyet zu werden. Allein obschon seine Haut unmittelbar nach dem Abfall der Blattern und überstandener Speichel-Cur, weiß und glatt aussah stelleten sich doch die Auswüchse nach und nach wiederum ein, und seine Haute wurde wie sie vorhin gewesen war. Seine Gesundheit ist in seinem ganzen Leben sehr gut gewesen: eine Sache ist aber bei diesem Vorfalls außerordentlicher als alles übrige. Dieser Mann hat 6 Kinder gehabt, die alle mit derselben rauhen Decke als der Vater umgeben gewesen, welche auch eben wie bei ihm 9 Wochen nach der Geburt zum Vorschein gekommen. Von diesen Kindern ist jetzto so nur eins noch im Leben, ein artiger Knabe, welche sich zugleich mit dem Vater hat sehen lassen. Heraus erhellet also, wie Herr Baker anmerkt, daß von diesem Manne ein Geschlecht Menschen könne fortgepflanzet werden, welches eben so verschieden von andern Menschen wäre, als ein Afrikaner von einem Europäer ist; und das, wenn dieses etwa vor einigen Jahrhunderten geschehen, und die zufällige Ursache in Vergessenheit geraten wäre, man denselben Einwurf hätte machen können, daß diese Menschen nicht von denselben Stamme mit anderen Menschen entsprossen wären. Manches derselben des Möglichkeit zugestehen, daß die Ver- [274] schiedenheit, welche sich jetzto unter einem Theile des menschlichen Geschlechtes und dem andern findet, aus dergleichen zufälligen Ursachen habe entstehen können, lange Zeit, nachdem die Erde mit einem allgemeinen ersten Stammvater besetzet worden.”


[The Gentleman’s Magazine (September 1756), p. 429] “V. A supplement to the account of a distempered skin, published in the 424th number of the Philosophical Transactions. By Mr. Henry Baker, F.R.S. [The following is a paraphrase of Baker’s essay.]

This is an account of a man and boy lately shewn in London, under the names of the Porcupine Man and his Son.

The man’s name is Edward Lambert, he is now 40 years of age, and it is 24 years since he was first shown to the society. The skin of this man, except on his head and face, the palms of his hands, and the soles of his feet, is covered with excrescences that resemble an innumerable company of warts of a brown colour and cylindrical figure, all rising to an equal height, which is about an inch, and growing as close as possible to each other at their bases, but so stiff and elastic as to make a rustling noise when the hand is drawn over them. These excrescences are annually shed and renewed in some of the autumn or winter months. The new ones, which are of a paler color, gradually rise up from beneath as the old ones fall off, and at this time it has been found necessary for him to lose a little blood, to prevent a slight sickness which he had been used to suffer before this precaution was taken. He has had the smallpox, and he has been twice salivated, in hopes to get rid of this disagreeable covering; but though just when the pustules of the smallpox had scaled off, and immediately after his salivations his skin appeared white and smooth, yet the excrescences soon returned by a gradual increase, and his skin became as it was before. His health, during his whole life, has been remarkably good; but there is one particular of this case more extraordinary than all the rest; this man has had six children, and all of them had the same rugged covering as himself, which came on like his own about 9 weeks after the birth. Of these children only one is now living, a pretty boy, who was shewn with his father. It appears therefore, as Mr. Baker remarks, that a race of people might be propagated by this man, as different from each other as an African is from an Englishman, and that if this should have happened in any former age and the accidental origin have been forgotten, there would be the same objections against their being derived from the same common stock with others: it must therefore be admitted possible that the differences now subsisting between one part of mankind and another, may have been produced by some such accidental cause long after the earth had been peopled by one common progenitor.”

Baumgarten, Alexander Gottlieb [top]

[ Ethica philosophica (1751)Metaphysica (1757)Initia philosophiae practicae (1760) ]

Baumgarten (1751): Ethica philosophica. 2nd ed. [biblio]

Prolegomena (§§1-10)

[P. 1] “§1. Ethica est scientia obligationum hominis internarum in statu naturali.”


[P. 1] “§2. Ethica philosophica est ethica, quatenus sine fide cognosci potest. Ergo ethica philosophica aptissime methodo scientifica, sed non ex testimoniis, demonstratur. §1.”


[Pp. 1-2] “§3. Ethica philosophica quum obligationes tam externas, quam internas facilitet, principia oeconomicae, politicaeque tam [2] publicae. quam priuatae perfectiora suppeditet, immo ipsi ethicae christianae, erit admodum vtilis M. §337, 787. Quumque finis ipsius sit certitudo obligationum nostrarum internarum in statu naturali, §1. quo verius, quo clarius, quo certius, quo ardentius, quo plura motiua, quo plurium obligationum internarum in statu naturali docebit, hoc erit perfectior. M. §185, 669.”


[P. 2] “§4. Ethica laxa est pauca motiua ad pauca apparenter molesta: multa motiua ad multa apparenter molesta demonstrans ethica est (seuera) rigida. Quo seuerior ergo ethica est, hoc perfectior, quo laxior. hoc est imperfectior, §3.”


[P. 2] “§5. Ethica blandiens est sensitiue iucundis solis ad sola sensitiue iucunda obligans. Hominibus ergo ad sensitiue molesta etiam. per sensitiue molesta quoque motiua obligandis, ethica blandiens est laxa, hinc imperfecta, §4.”


[P. 3] “§7. Ethica obligationum erronearum deceptrix est (chimaerica). Quae ergo vel motiua ponit. quae non sunt, vel ad ea hominem obligari ponit, ad quae non obligatur, decipit, siue blandiendo, siue rugis frontem arando propinet errorem §5-6. Non obligamur ad intrinsecus impossibilia, M. §58 quaeque simpliciter impossibilia sunt naturae humanae, M. §469. Hinc ethica ad intrinsecus impossibilia, et simpliciter supra humanae naturae vires posita obligans est chimaerica. Possumus tamen obligari ad ea, ad quae vires naturae corruptae non sufficiunt, M. §788, nobis naturaliter impossibilia, sed secundum quid, M. §469. Ergo ethica philosophica praecipiens quaedam, ad quae vires naturae humanae corruptae non sufficiunt, non est ideo chimaerica.”


[Pp. 3-4] “§8. Non obligamur ad moraliter impossibilia, strictius talia, M. §723. Iam vero ethica philosophica contradicens christianae, et christiana contradicens philosophicae obligarent ad moraliter impossibilia strictius talia, hinc nec sibi, nec [4] iuri naturae, vnquam contradicunt, nisi apparenter, M. §12.”


[P. 4] “§10. Perfice te, Ergo perfice te in statu naturali, quantum potes, i.e. fac in eodem, quae te perficiunt, vel vt finem, quorum tu ipse es ratio perfectionis determinans, vel vt medium, quae te cum aliis consentire faciunt ad rationem perfectionis determinantem extra te positam. Fac bona, omitte mala, quantum potes, in statu naturali: fac in eodem, quod tibi factu optimum.”

Caput I: Religio.
Religio interna (§§11-31)

[Pp. 5-6] “§13. Religio est pars tuae beatitudinis, M. [6] §947, 787, obligaris ad tuam beatitudinem tantam, quanta possibilis, §10. Ergo obligaris ad religionem. Beatitudo est pars felicitatis. Obligaris ad tuam felicitatem, §10. Ergo obligaris ad religionem.”


[P. 6] “§14. Natura tua consentit ad religionem M. §949, 430. Ergo religio statum tuum moralem facit consentire cum natura, M. §947, 723. hinc te perficit, M. §94. Ergo obligaris ad religionem, §10.”


[Pp. 7-8] “§19. Esto imago dei tui tam ipsi similis, quam [8] tum esse potes, §10, M. 852. Ergo 1) quaere theologiam in te εκρτυπον αγχετυπω quae esse potest, simillimam M §866. 2) quum deus agat ad illustrationem suae gloriae, M §949. communes cum ipso fines habens, sic etiam ipsi assimilandus, M. §70, obligaris ad religionem M. §947.”


[P. 8] “§21. Quo plura motiua, quo maiora, quo verius, quo clarius, quo certius, quo ardentius ad officium aliquid cognoscis, hoc tibi sit facilius illud officium. M. §527. Iam religio augebit motiua ad reliqua officia omnia, eorumque dignitatem, veritatem certitudinem, claritatem s. lucem, et vitam, M. §947. Ergo facilitabit officia reliqua omnia. Iam obligaris ad facilitanda tibi officia omnia, quantum fieri potest. Quo minores enim vires vni impendendae sunt, hoc maiores supersunt ad alia, §10. Ergo obligaris ad religionem.”


[Pp. 8-9] “§22. Religio, quatenus est actio animae immanens, est interna. Actiones partes religionis sunt piae (religiosae latius dietae, officia erga deum). Obligaris ad officia erga deum, §11, 21. Ergo obligaris etiam ad eorum habitum, §21. M. §577. Habitus actionum piarum est pietas. Ergo pius esto.”


[P. 11] “§28. Religio, in qua cognitio perfectionum diuinarum perfectionem supernaturalem non habet, naturalis est. Cuius autem est, quaedam saltim, perfectio supernaturalis est religio supernaturalis.”

Vera dei cognitio (§§32-39)

[P. 13] “§33. Error et ignorantia vincibilis circa diuina sunt peccata, §32, 25. Ergo fuge errorem et ignorantiam circa diuina vincibilem. Quumque omnis error, omnis ignorantia vincibilis necessario secum ferat vel aliquem errorem, vel ignorantiam circa diuina vincibilem, M. §889, ob gloriam dei vita omnem errorem et ignorantiam vincibilem, §29.”


[Pp. 13-14] “§34. Ne sis indifferens plenarie erga vel tuos vel aliorum errores et ignorantiam [14] vincibilem theologicam, §32. M. §664. multo minus laudi ducas aut pro sancta habeas vincibilem diuinorum ignorantiam appetiturus, §33. M. 665.”


[P. 14] “§35. Errorem et ignorantiam circa diuina vincibilem quum fugere obligeris, §33, simul obligaris ad tollenda, sine quibus tolli nequeunt, vincibilem in diuinis confusionem, M. §578, notiones de iisdem crassas, M. §575, praecipitantiam in iudicando de theologicis, et in probandis diuinis animum sophisticum, s. studium crypticis paralogismis negotium aliis facessendi. Obligaris potius ad cognitionem diuinorum, quam assequi potes, exactissimam, §32, M. §515. Exacta diuinorum cognitio est orthodoxia.”


[Pp. 15-16] “§38. Vita atheismum theoreticum, M. §1000. Deismum, errorem ponentem ni- [14] hil paene de deo conceptibile esse, nisi forsan eius exsistentiam, M. §812-1000. Polytheismum, errorem plures deos ponentem, M. §836. Manichaeismum, errorem aeque potentem deo auctorem mali coexsistere ponentem, M. §844, 832, anthropomorphismos, M. §848, materialismum vniuersalem, M. §840, egoismum, M. §392, 854. Spinosismum, errorem tollentem deum extramundanum, M. §855, 853. Socinianismum, errorem tollentem praescientiam diuinam aliquorum futurorum, M §875. Fatalismum errorem, qui libertatem diuinam tollit, §33. M. §898.”


[P. 16] “§39. Vita Dippelianismum, errorem tollentem iustitiam dei punitiuam, M. §910. Epicureismum errorem tollentem prouidentiam, M. §950, 975, absolutismum theologicum et praedestinatianismum, M. §980, 981, naturalismum supernaturalia omnia, hinc et reuelationem stricte dietam in impossibilibus. numerantem, M. §493, 1000. Enthusiasmum, habitum vitium subreptionis in diuinis committendi, eumque ardentiorem, fanaticismum, et indifferentismum errorem sententias theologicas pro plenarie indifferentibus habentem, §33. M. 654. e.c.e.c.”

Clara dei cognitio (§§40-53)

[P. 17] “§42. Vtere intellectu tuo in theologicis ad diuinam gloriam, quantum potes, §41, M. §639, hinc et ratione, M. §640, eiusque sagacitate, ad multiplicandas, et soliditate, ad confirmandas veritates theologicas, M. §645. Hinc per ipsam religionem cole intellectum et rationem, M. §646.”


[Pp. 17-18] “§43. Quaere viuidissimas, quas potes, diui- [18] norum repraesentationes, §40, earumque, quas habes, et viuidam, et distinctam perspicuitatem in dies maiorem, M. §531. Ad illam concinant omnes facultates animae tuae inferiores. M. §521. vt quicquid iis, quicquid analogo rationis est in te virium, hunc in modum fiat anathema diuinae gloriae. M. §640.”


[P. 18] “§44. Experire, M. §548. interne, M. §535, gusta, vide e. c. quam bonus e. c. sit dominus, §43. M. §536, sine enthusiasmo tamen fanatico, §39.”


[P. 18] “§45. Obseruato §44, diuinorum ideae fient partiales multarum in te totalium, M. §574, adeoque recurrentibus suis soeiis reproducentur, M. §561. Ad hoc conseetarium officii, sine quo illud exsistere nequit, obligaris §10, 41. Saepius ergo diuinorum in te ideae reproducantur, sine somniis tamen phantasticis §39. M. §594, eandemque ob rationem crebrius memento dei tui, M. §580.”


[Pp. 18-19] “§46. Ab optimo optima non praeuide solum, M. §596. sed et praesagi. M. 610. 611, optimis, quae iam ab ipso profecta sunt, semper exspecta casus similes, M. §612, quantumque potes, intuere perfectiones dei tui, [19] M. §651. iisdem et quidem solis pure, M. §661, delectandus, §43. M. §658.”


[P. 19] “§46. Delectari homo deo potest maxime, §16. Delectare deo, quantum potes, §46. Ergo delectare deo tuo super omnia. Si vel maxime naturae corruptae vires ad hoc non sufficiant, §7, memento religionis supernaturalis, §27, 28.”


[P. 19] “§49. Si pro maiori obscuritatis gradu in diuinis possibilis tibi minor, licet omnem obscuritatem disiicere nequeas, praefer maiori minorem in theologicis caliginem, vt sie ipse fundus animae consecretur diuinae gloriae, M. §511.”

Certa dei cognitio (§§54-65)

[P. 22] “§56. Gradus ille certitudinis, quo maior quidem possibilis, qui tamen ad rationaliter agendum sufficit est certitudo moralis. Hinc in diuinis, vbi maior tibi impossibilis est, quaere certitudinem moralem, et in incertioribus summam, quae in te cadit, probabilitatem, §54.”


[Pp. 24-25] “§63. In experientiis diuinorum praesertim caue ab his maioribus: Quicquid ego non clare sentio s. experior, illud non exsistit, non [25] est possibile, nec sentiunt alii, licet in aliis statibus aut circumstantiis. Quicquid repraesentationi alicui e.g. supernaturali, quam legi, quam audiui, simile, hinc idem est cum eadem, est cum eadem totaliter idem, s. ipsa illa perceptio. Quae coexsistunt sibi inuicem, vel succedunt, eorum vnum in alterum realiter influit, aut est alterius caussa solitaria, §57. M. §548, et cogita, non minus delirare eum, qui sensationes pro imaginationibus habet, quam eum, qui imaginationes pro sensationibus, habitualiter, M. §594.”


[P. 25] “§64. Quo facilior enthusiasmus est, §63. 39. hoc curatius testium de diuinis examinanda dexteritas est. Quo plures pia vel impia fraude legendas, i.e. fabulas pro historiis diuina narrantibus venditatas commenti sunt, hoc diligentius sinceritas testium de diuinis excutienda est, ne fides ipsis fide non dignis habenda sit forte credulitas, §57. Neque tamen certitudo vel probabilitas fidei, quanta in profanis historiis sufficere admittitur, ideo deneganda statim testimonio de diuinis, quia de diuinis aliquid narrat, aut probabilibus, immo certis, eiusmodi testimoniis habita fides credulitatis oneranda probris est, §33.”


[Pp. 25-26] “§65. Incredulitas est habitus probabili [26] etiam, aut certo, testimonio fidem denegandi. Ergo vita incredulitatem theologicam aeque, ac credulitatem, §64. Naturalismus stricte dictus certam reuelationem stricte dictam negans est incredulitas vitanda, M. §1000, 986.”

Viua dei cognitio (§§66-70)

[P. 27] “§68. Cognoscere labora signa dei et diuinorum, §32, quae quum aliquando non possint non tibi clariora esse signatis magis incomprehensibilibus, M. §862, ne omnem cognitionem diuinorum symbolicam sub litterae, vel abecedariae, et litteralis theologiae titulo aspernatus malis quaedam diuina prorsus ignorare, quam cognoscere nunc in aenigmate, sic saltim tibi cognoseibilia, §36.”


[P. 27] “§69. Quum symbolica diuinorum cognitio omni obseruabili intuitu destituta, s. littera, sit mortua, M. §669, denuo obligaris ad intuitum diuinorum quaerendum, M. §652. Hie autem intuitus vel sensitiuus, est, vel intellectualis, M. §651, 607. Vtrumque quaere, quantum potes, §41, 43. Vtriusque augmentum, seu mutatio in veriorem, clariorem, oertiorem, ardentiorem, est aedificatio; hinc aedificationem tuam et aliorum, nec sensitiuam, nec intellectualem, neglige, §66.”


[Pp. 27-28] “§70. Caue, ne tua diuinorum cognitio splendeat tantum, non ardens, sterilis et mortua, §66, 25. Fuge speculationes theologicas, §67. M. §669. Si practica dicatur cognitio, quae plura et maiora [28] ad agendum motiua continet, siue mediate, siue immediate, siue propius, siue remotius id fiat, omnis tua theologia sit practica, §.67. Ne tamen veritates de diuinis theoreticas, i.e. nec quid agendum vel omittendum enunciantes, nec proxime motiua ad agendum suppeditantes, aut aedificationem ea, cui forsan assuetus es, magis intellectualem cum cassa speculatione confundas, §69, 35. Nec qualitercunque mouente diuinorum cognitione contentus esto, bonisue solicitationibus, quando strictus viuam et ad agendum sufficientem impetrare potes, §66, M. §671.”

Cultus dei internus (§§71-92)

[P. 29] “§72. Quum perfectionibus diuinis semper delectandus sis, §67, da operam arti deo tuo semper gaudendi, §31-71. et ama deum fortissime, §71. M. §684. Iam vero duo extra se posita non possunt amari fortissime, M. §272. Ergo ama deum super omnia. Ergo magis, quam te ipsum M. §855.”


[P. 29] “§73. Summam ex praeteritis dei operibus satisfactionem hauri, §72. M. §682, omnia eum non bene tantum, sed et optime fecisse, M. §944. et optimis foecundissima corollariis, M. §23. quam fieri potest, certissime, vt verissime, clarissime et ardentissime, intuere, §69. Ipsa, si qua gaudes, acquiescentia in te ipso. M. §682. cogitanti concursum dei ad bonas tuas actiones morales et vniuersalem, M. 954, et specialem. M. §960, tuasque vires singulas esse creaturas dei, M. §929. resoluatur in satisfactionem ex dei magnalibus, §71, 32.”


[P. 30] “§75. Si quid, vt sufficiens ad perfectionem, quam appetebamus, viue intuemur, eo contenti sumus. Si maiorem per alia perfectionem obtineri non posse, quam quae obtinetur per id. quo contenti sumus, certo intuemur, in illo, quo contenti sumus, acquiescimus. Iam dei gubernationem abunde sufficere ad summam possibilium, hinc rationaliter appetendarum, perfectionem et mundo et tibi praestandam, quam fieri potest, certissime, §54, et ardentissime intuere, §66. M. §963. Hinc ea non contentissimus tantum esto, sed in eadem etiam plenarie acquiesce.”


[P. 31] “§77. Quo plura, quo maiora, quo verius, quo clarius praeuisa, quo certius ab aliquo exspectantur beneficia, hoc fiducia in eum maior est, M. §903, 683. A iustitia diuina remuneratoria pro singulis etiam minimis bonis moralibus proportionalissima praemia certissimus exspecta, §76. M. §907. Quo ergo plura, quo maiora bona tibi fuerint moralia, hoc maior esse potest tua in deum fiducia. Iam ad maximam, quae in te cadit, fiduciam erga deum obligaris, §71. Vt ergo possis, sicut decet, deo fidere, requisitam in te bonitatem moralem circumspice, actione dei supernaturali concursuque specialissimo praestandam confisus, M. §498 quoties naturaliter, et per specialem concursum aeque bene praestari non potest, §76. M. §962.”


[Pp. 32-33] “§80. Quo quid perfectius est, hoc magis deo placet. M. §890, 879. Ergo quaere deo placere, quantum potes, §10. Amor amato admodum placere studens tener est. Ergo ama deum, quam potes, tenerrime, §72. Studium deo placendi s. amoris diuini teneritas, sit vniuersale motiuum omnium actionum tuarum fortissi- [33] mum, §67. Decretum de aliqua re nihil decernendi, nisi quod alter decreuit, est resignatio in voluntatem alterius. Haec totalis est, si nihil omnino de vlla re nos decreturos decernimus, nisi quod alter decernat. Iam deus nil, nisi optimum decernit, M. §979. Decernendum et tibi est, nihil omnino te decreturum vlla de re, nisi optimum, §10, i.e. quod deus decreuerit. Ergo te totaliter in diuinam voluntatem resigna.”


[Pp. 35-36] “§85. In omni tentatione dei praeuidentur per deum impossibilia, §84, ita, vt sine hoc errore esse non possit dei tentatio, M. §683. lam consectaria vitandorum, quae sine iis exsistere nequeunt, sunt vitanda. Ergo vita omnem dei tentationem, §33. Fiducia [36] de consequendis per quietem a deo iis, quae agendo consequi obligamur, est fiducia pigra, quae moratur officia, dei tentatio, hinc fugienda, §84.”


[P. 36] “§86. Vita animum beneficiorum diuinorum immemorem, §45. erga deum ingratum, aut minus gratum, quam erga causias quorundam beneficiorum secundas, §79. 81. Ne sit tibi indifferens, an deo placeas nec ne, M. 654. Caue ne magis hominibus (ανθρωπαρσχεια) aut vlli placere studeas, quam deo, nec vnquam decernas contra decreta diuina i.e. propriam voluntatem sequaris, §80.”


[Pp. 36-37] “§87. Honora deum, §30, 70, super omnia, M. §942, 846. Summe aliquem honorare est adorare. Ergo deum adora, eumque solum. Adoratio eius, quod non est deus, est idololatria. Obiectum idololatriae idolum est. Cultus religiosus est consectarium. effectus. et Signum honoris et gloriae diuinae, M. §947. Hinc quicquid religiöse colitur, adoratur. Cultus religiosus eius, quod non est deus, est idololatria, et huius cultus obiectum idolum, siue deus dicatur, siue diuus. Adoratio idoli vel apertior est et crassior, vel magis cryptica et subtilior, vtraque vitanda, [37] §25. Deo summum honorem non tribuens est idololatra, M. §272.”


[Pp. 37-38] “§89. Vita intrepiditatem impiam, statum animi auersationem diuinam prorsus non metuentis, §88. M. §686. et omnem erga deum irreuerentiam, non illam solum maximam, prorsus non cauentem, ne deo displiceas, prorsus non honorantem deum, sed etiam minorem, non tantum cauentem, ne deo displiceas, non tantum deum honorantem, quantum fas est. §88. Timor servilis est, qui ex solo poenarum infligendarum ab altero metu oritur. Ne timeas deum seruiliter, nec vllam rem [38] creatam magis timeas, quam deum. Ergo vita anthropophobian, timorem hominum maiorem, quam est timor dei, §88.”


[P. 38] “§90. Deum esse plenum tuum dominum. M. §971, et legislatorem, M. §973, teque subiectum eius ciuem reipublicae diuinae, M. §974, agnosce, quam potes, ardentissime. §66. Viue agnoscens aliquem suum legislatorem ex declarata ipsius voluntate actiones suas liberas determinat i e. obedit legislatori, M. §669. Ergo summam deo obedientiam praesta. Quo plures actiones, quo curatius determinantur ex lege superioris, hoc maior est obedientia, M. §160. Iam omnes actiones tuae liberae possunt ex lege diuina determinari, §10. Ergo in omnibus tuis actionibus liberis, i.e. vniversalem obedientiam deo praesta, eamque motiuum agendi fortissimum ingredientem, §80, i.e. deditissimam.”


[Pp. 38-39] “§91. Quum totum ius naturae, tota ethica, tota philosophia practica sint complexus legum diuinarum, curatior earum obseruatio est officium erga deum, §90, 22. Hinc patet, qui possint ad has philosophiae partes tractandas motiua desumi ex gloria dei, vt doceantur vt discantur propter deum, §67. Omnis horum iurium violatio est vitanda [39] gloriae diuinae obscuratio, §.25, qualis in obedientia erga deum i.e. defectus tam totalis, quam partialis, obediantiae ipsi exhibendae, etiamsi praestares imperata, non tamen ideo suscipiens, quia imperata sunt, et rebellio contra deum, errabundus conatus tollendi nostram ad deo parendum obligationem, §90, 33. Caue, ne maiorem vlli, quam deo, praestes obedientiam. Ergo vita anthropodulian obedientiam hominibus maiorem praestitam, quam deo, siue leges humanae contradicant legibus diuinis, siue conueniant, §90.”


[P. 39] “§92. Studium assimilandi quid alteri est eius imitatio; te deo et omnia tua diuinis tantum assimilare stude, quantum eius a te fieri potest, §19. Ergo deum, quantum potes, imitare, vitans, quicquid vitabilium te deo reddit dissimilem, M. §70. Ergo quaere omnes perfectiones in te possibiles, vita omnes perfectiones tuas contingentes, ob dei gloriam, §67.”

Preces internae (§§93-99)

[Pp. 39-40] “§93. Optare est appetere, quod in potestate nostra non omnino positum deprehendi- [40] mus. Deus vult tibi et aliis bona tot ac tanta, quot et quanta summa bonitas potest largiri, §975. Eadem potes appetere, M. §665. Ergo appete, §92, 80. Sed deprehende nullum eorum omnino in potestate tua positum, M. §708, 954. Ergo opta tibi et aliis optima quaeuis omnia, quae optas, dei esse beneficia, quam ardentissime, cognoscens, §76, 66. Ergo opta tibi et aliis a deo optima quaeuis propter amorem ipsius, M. §903, cui confidas, §76-78. Ab aliquo aliquid optare propter illius amorem, s. spe fundata in amore ipsius est aliquid ab aliquo petere. Ergo pete tibi et aliis optima quaeuis a deo. A deo quid petere est inuocare deum. Deum invoca.”

Pii habitus (§§100-09)

[P. 44] “§101. Ex exercitio actionum feruide deum colentium orietur habitus deum feruide colendi, qui pietatis est alacritas. Ergo obligaris ad alacritatem pietatis, §100. Constans purae pietatis alacritas est eiusdem integritas. Ergo integer pietatis esto.”


[Pp. 45-46] “§105. Quum omnis impietas tibi sit vitanda, §25, vita praesertim impietatem eminenter dictam, s. irreligionem, habitum proaeretiee gloriam dei obscurandi [46] et atheismum practicum, habitum viuendi sine vllis obseruabilibus ex cognitione diuina motiuis, siue coniunctus hie sit cum atheismo theoretico, M. §999, siue minus, §67, et superstitionem, habitum timorem, qui deo debetur, ex errore fouendi, §33.”

Confessio dei (§§118-25)

[Pp. 52-53] “§121. Quum pii ab aliquibus honorentur, sunt, qui simulant internam religionem ad aucupandum inde honorem aliorum, ostentatores pietatis. Vita ostentationem pietatis foedam hypocrisin, §116. Quum pii ab aliquibus contemnantur, sunt, qui sedulo cauent, ne quid in eorum viuendi ratione religionis internae pelluceat, qvos pvdet pietatis. Pudor eiusmodi quum confessionem dei non expres- [53] sam solum, sed et tacitam impediat in silentiariis, pro virili superandus est, §120, 109.


[Pp. 53-54] “§123. Quum religio interna ne dissimulanda quidem sit. vbi confessionem dei dei gloria poscit, i.e. vbi in statvm confessionis dedvcimvr, §120, multo minus licebit abnegatio dei, i.e. externa declaratio nos eum non agnoscere pro deo, quem tamen pro eodem veneramur. Abnegatio dei, quem confessisumus, est apostasia in foro interno. Ergo nec licet apostasia, nec blasphemia in foro interno, s. contemtus dei externus s. symbolicus per orationem; quem vix possibilem sibi concipit debita deo filialis reuerentia, §88. Significatu iuris in foro externo consideranda vtraque paullo aliter determinanda est.”


[P. 54] “§124. Si vel diri cruciatus et ipsa mors patienda, vel deus abnegandus blasphemandusue proponantur alieuius optioni: priora electa dieuntur martyrivm. Quid eligendum? §24, 123. Si vires corruptae naturae deficiunt, cogita religionem supernaturalem, §28.”


[P. 54] “§125. Quum nullum momentum sine adoratione summi numinis transmittendum, §100, numquamque deus, nisi suam in gloriam nominandus sit, §110, 67, ne abutaris nomine diuino, vt iocularibus saepe sermonibus particulae instar pleonasticae, vel supplementi subseruiat. Quicunque divinvm nomen non adhibet diuinam in gloriam illo vsus invtiliter et in vanvm adhibet peccans, §67.”

Studium promouendae religionis (§§126-32)

[P. 55] “§126. Si quos docere queas gloriam diuinam. et, in quantum potes, esto doctor pietatis, et iuua, quantum potes, eam, ac ipse posses, dexterius docentes, §118. Ergo ne impedias alios in docenda cum fructu religione, M. §221. Quumque doctorum aestimatio sit adiumentum. contemtus impedimentum doctrinae facilius admittendae, ad aestimationem religionis doctorum confer potius, quam ad contemtum. Caue, ne doctores pietatis deridendos propines per male tornatas a particulari, nonnunquam a singulari, ad vniuersale argutationes.”

Caput II: Officia erga te ipsum.
Cognitio tui ipsius (§§150-63)

[P. 72] “§159. Quantum potes, moraliter vigila, §157, 158. Ergo quaere habitum moraliter vigilandi moralem vigilantiam, eo magis, quo plurium, quo grauiorum officiorum aliorum est conditio, sine qua non. In quo attentio ad starum suum praesentem moralem prorsus exstinguirur, moraliter obdormit, dum cessar haec attentio, homo moraliter dormit, si clarescit eadem denuo, homo moraliter evigilat. Quo magis vitandus somnus moralis, hoc curatius cauenda, crebrior et longior praesertim, vertigo moralis ad eum facile deducens, §158.”

Diiudicatio tui ipsius (§§164-74)

[Pp. 74-75] “§164. Quum omnis tui cognitio ad te diiudicandum requiratur, §153. M. §606: esto tui iudex. Quae diiudicatio tui ipsius vt sit satis plena et eompleta, §155, non perfectiones tuas solum, sed et imperfectiones, non imperfectiones solum, sed et perfectiones, non qua solam existentiam, sed et qua rationes et gradus earum, pro virili, diiudica. Vt diiudicatio tui ipsius sit satis grauis et pro- [75] portionata, §155, cognitionem graduum in perfectionibus imperfectionibusue tuis eo praesertim adhibe, vt in minimarum intuitum minimas, in maiorum maiores, in maximarum intuitiuam contemplationem maximas iudicii vires impendas, et in quauis denuo classe moralibus perfectionibus imperfectionibusque praecipue, §158.”


[Pp. 76-77] “§168. Habitus de perfectionibus suis recte iudicandi est iustum sui aestimium. Habitus de imperfectionibus suis recte iudicandi est humilitas. Iuste te aestuma humilis, §164. Iustus sui aestumator, quid boni egerit, minus meminit, et metitur, quam quid adhuc agendum boni supersit, et quantum, §166, praesentibusque suis perfectionibus moralibus, si quas habet, minus attendit, §167. Ad humilitatem obligatus non obligaris ad errorem. §7. Ergo non est humilitatis (1) agnoscere in te ipso imperfectiones, quae non sunt tuae, (2) pro imperfectionibus habere, quae sunt in te, sed non sunt imperfectio- [75] nes (3) minorem bonis tuis, etiam moralibus, gradum tribuere, quam qui verus est, (4) maiorem malis tuis moralibus gradum tribuere, quam qui est, §164.”


[Pp. 77-78] “§170. Actionum gradus maiores moraliter possibilibus sunt excessus, minores sunt defectus stricte dicti. Tam excessus, quam defectus stricte dicti peccant, §10, 8. Habitus nec in excessu, nec in defectu peccandi est mediocritas moralis, s. virtus actiones suas liberas nec intendendi, nec remittendi vltra vel infra id, quod moraliter possibile est. Ergo in [75] quibuscunque generibus ig officiorum non obligamur ad eum gradum omnem actionum, qui nobis phvsice possibilis est, datur excessus et defectus, et optanda mediocritas, §10. Hinc in omni officio, si a summa religione discesseris, §28, datur excessus, sicut defectus stricte dictus, §24. Respectu omnium officiorum, exceptis iis, sine quibus summa religio exsistere nequit, quaerenda mediocritas moralis, §25.”


[P. 78] “§171. Excessus in aestimio sui, s. tribuendis sibi perfectionibus, est arrogantia. Hinc arrogantis est, (1) perfectiones sibi vel praeteritas vel praesentes, vel futuras adiudicare quae ipsi non conueniunt, (2) perfectionum sibi conuenientium maiorem sibi gradum tribuere, quam qui ipsi conuenit, (3) perfectiones ipsas, quas in se deprehendit, pluris aestimare quam aestumandae sunt. Hoc praesertim arrogantiae genus pedantismus vocatur.”

Officia erga conscientiam (§§175-90)

[P. 80] “§175. Perfectio tua et imperfectio moralis, quum ex bonis malisque tuis liberis determinationibus oriatur: M. §723, earumque bonitas vel prauitas cognoscatur, vbi sub lege subsumuntur, §10, philosophice cogniturus tuam beatitudinem vel corruptionem moralem, M. §787, 788, examina liberas tuas determinationes eas sub lege subsumens, s. legem ad eas applicans. §164 Facultas liberas suas actiones sub lege subsumendi est conscientia, quod tamen vocabulum habitum etiam nonnunquam, nonnunquam actum ipsum huius facultatis significat.”


[Pp. 81-82] “§177. Conscientia quia factum nostrum sub lege subsumit, ratiocinatur, §175, nunc distinctius per rationem. nunc confusius analogi rationis quasi ratiociniis, M. §640, 646. Iam omne ratiocinium vel verum, vel falsum. Ergo et ratiocinium conscientiae. Conscientia vere ratiocinans dicitur recta; falso ratiocinans est erronea. Quaere rectam, fuge erroneam, §176. [82] Falsissima ratiocinia possunt habere veras conclusiones. Ergo si vera fuerit conscientiae tuae conclusio, ne eam ideo statim pro recta conscientia habeas. Ratiocinium falsum vel peccat in materia, vel in forma, vel vtrimque. Peccans in materia vel habet falsam maiorem propositionem, vel minorem, vel vtramque. Ergo conscientia erronea vel (1) falsam legem applicat, vel (2) falsum factum subsumit; vel (3) vtrumque, vel (4) verum factum verae legi subsumit illegitime, vel (5) illegitime subsumens simul peccat in materia. §175.”


[Pp. 83-84] “§180. Quoniam leges morales vel sunt naturales vel positivae, vel vtrumque; conscientia subsumet facta nostra vel legibus naturalibus, vel positivis, vel vtrisque. Quae naturalibus legibus subsumit facta nostra, conscientia naturalis est. Quaere conscientiam naturalem, quantum potes, §176. Ergo et cognitionem legum naturalium, eamque [84] philosophicam, §177, tam externarum s. cogentium, quam internarum. Ergo ne negligas ius naturae, nec ethicam, §1, etiam philosophicam, §2, nec vllam legum naturalium scientiam.”


[P. 84] “§181. Plurima, quae potes, facta tua quum legibus subsumenda sint, §179, excusso somnio morali de factorum singularium indifferentia, §161. M. §654, quot potes, facta tua subsume legibus praeterita, conseqventi conscientia, praesentia, concomitanti, futura, antecedente conscientia, M. §298, sed ita tamen, vt si aeque curate nequeat consequens, antecedens, et concomitans exerceri conscientia, praeferas antecedentem consequenti, et concomitantem in pravitatis suspectas actiones maxime dirigas, §166, 167.”

Amor tui ipsius (§§191-200)

[P. 93] “§197. Cognoscendis et actuandis mediis perficiendi alicuius finis studens, eum curat. Tollere alicuius imperfectiones est (corrigere) emendare. Hinc emendatio rei contingenter imperfectae est eam curantis. Te et res tuas cura diligenter, §150, et fideliter, §104, multasque deprehensurus imperfectiones vbique contingentes, §168, te et res tuas emenda, quantum potes, §10. Vita animum tui rerumque tuarum incurium, defectum studii ad cognoscenda et actuanda perfectionis tuae media requisiti, hinc et defectum studii emendationis tuae. Quod si tamen curae dicantur excessus in te rebusque tuis curandis, vita curas, quantum potes, §170.”

Cura intellectus (§§221-25)

[P. 108] “§221. Ad generalem Obligationen! curandae attentionis, abstractionis, M. §625, reflexionis, comparationis, M. §626, praescissionis, §202. M. §589, accedit specialis, quia sine earum exercitiis nec intellectus coli, M. §631, nec exerceri generatim libertas potest, facultas attendendi pro lubitu, M. §719, nec acquiri potest debitum in te ipsum dominium, §200, cum omnibus huius consectariis, §204-220. Hinc attende, quantum potes, sed attende quibus attendas, quae illustrationem mereantur, quae digna tenebris, M. §529, quae reflexionem, et comparationem mereantur, et quantam. In his exerce attentionem, vt (1) plures, (2) maiores perceptiones, (3) clarioribus etiam, (4) ad modum clariores reddere valeat. Hinc da operam extensioni attentionis et intensioni, et protensioni, M. §628.”


[P. 111] “§225. Sapientia quum sit perspicientia connexorum finium, mediorumque, prudentia, §103, vtraque est habitus rationis, quaerenda. quanta potest acquiri, vberrima, grauissima, verissima. clarissima, certissima, ardentissima finium, mediorum, et in iis nexuum cognitio. Hinc et sic disce sapere, et prudenter agere, §224, praesertim habitum in inopinis celeriter exeogitandi, quid factu Optimum, s. praesentiam animi. Tandem nosse labora ingenium tuum latius dictum, vt conformiter eidem agere, M. §648, idque corrigere queas si etiam diseiplina aesthetica et logica, praesertim tamen diligentia, fecilius, §202, M. §650.”

Cura volvptatis et taedii (§§226-34)

[Pp. 116-17] “§233. Tibi bona, tam domestica, quam adventitia, sunt vel moralia, vel fortuita, M. §912. Tibi mala vel peccata, M. §788. vel infortunia, M. §912. Bona fortuita et infortunia quum pendeant a fortuna, (14) neutiquam poscitur a te totalis indifferentia erga fortunam, §228, sed potius legitimus eius seu bona, seu mala fuerit, intuitus, quo venereris caussarum in ea concurrentium omnium eaussam primam, M. §912, 315, vel remunerantem, vt fortuita [117] etiam ex manu ipsius accipias, §79, vel punientem, vt totaliter in diuinam voluntatem resignatus, §80, auertendis poenis requisitam in te bonitatem moralem circumspicias, §77. (15) Plus tamen bonis malisque moralibus futuris. quam fortuitis attendas, quia magis sunt domestica, §232, et a tua libertate pendentia plus attentionis postulant, §221. Plus praesentibus bonis malisque moralibus animum advertas, quam fortuitis, ob eandem rationem; et vtrisque minus, quam futuris, magis, quam praeteritis, in quibus tamen culpae potius attendendae sunt, quam infortunia, §158.”

Cura facultatis appetitiuae (§§235-41)

[Pp. 118-19] “§236. Perfectio materialis faeultatis appetiti- [119] uae tuae curabitur a te, si videris: (1) vt appetat non, nisi bona, hinc non appetat bona apparentia, M. §655. (2) auersetur non, nisi mala, hinc non auersetur mala apparentia, M. §655. (3) vt appetat et auersetur non, nisi praesensum, M. §605, hinc non appetat falso praeuisa, nec auersetur, (4) vt appetat non, nisi ea, quae vere praesagit animus dato conatu tuo exstitura, auersetur non, nisi ea, quae vere praesagit animus dato conatu tuo impedienda, hinc non appetat, quae vano exstitura somniares praesagio, non auersetur omnibus tuis viribus ineuitabilia, M. §617. (5) vt appetat vel auersetur, quicquid appetendum, quicquid auersandum pro verissime rectissimeque cognito bonitatis in eodem prauitatisque gradu, §235.”

Cura voluntatis (§§246-49)

[Pp. 126-27] “§246. Quum volitiones nolitionesque perfectiorem cognitionem sequantur, quam instinctus et affectus, M. §690. eas potissimum in omnibus tuis appetitionibus auersationibusque appete, §237. sicut in elateribus animi motiua prae stimulis, M. §690. Quia tamen non obligaris ad impossibilia, §7, non obligaris (1) ad quicquam pure volendum nolendumue. Aether purior est, tamen aere vescendum heic erit. (2) ad omnia, quae appetenda tibi sunt, volenda, omnia auersanda tibinolenda M. §692. Hinc diiudica, quae forsan appetere vel auersari sensitiue sufficiat, quae velle vel nolle requiratur, quae satis sit implicite, quae satius sit et explicite etiam velle vel nolle, §202, et in his optima cognita decerne, §237, M. §695. Quod vt possis, quum opus sit deliberatione, M. §696, hinc hac saepius indigeas, esto consideratus et circumspectus, caue, ne sis, praesertim in grauioribus, in- [127] consideratus. Fuge tamen animum ancipitem et indeterminatum habitualiter, amator promtitudinis in eligendo, §21. Hanc multum iuuabit (1) bene praeparatum esse pectus ad deliberationem accessurum bonis maioribus propositionibus syllogismorum practicorum. quas maximas vocant, de iis tam viue conuictum, vt constans sit sine pertinacia, M. §699. (2) Exercitium sub iis euentus subsumendi. Vnde patet inchoatam conscientiositatem in tenuioribus adhuc initiorum gradibus hominem ex pertinaci aut inconsiderato nonnunquam mutare in ancipitem et fluctuantem, in maioribus autem gradibus strenue continuatam tandem dare constantem animis promtitudinem, §193.”


[Pp. 128-29] “§248. Perfecturus libertatem tuam 7) ne ipsam cum falsa et inani eius specie confundas, qualis exlex licentia et libertas per casum purum operata, §247, 8) eam pluribus maioribus maiorique pro lubitu actuandis volitionibus nolitionibusque assuefac, M. §725, exercitiis, primo facilioribus, successiue difficilioribus, discens te ipsum cogere, §714, vbicunque melius nosti, quod inuito patrandum erit, §246. Si post luctam [127] appetitus et auersationis minus plenarum aliquid inuitus decernas aut consequenter nolis, vincis te ipsum. Si quid Optimum cognitum simul minus plene auerseris, si quod optimi oppositum minus plene appetas, opus erit 9) victoria tui, §238, 245. Iam dominium tui in nobilioribus tuis officiis est, §200, 247. Victoria tui in nobilioribus et difficilioribus exercitiis dominii in te ipsum, M. §527. Hinc patet nobilitas debitae in te ipsum victoriae. 10) Caue seruitutem moralem, §200. M. §730. seruilia et abiectam indolem, M. §732. Ama liberalia et erectam indolem, M. §730, 732.”


[Pp. 129-30] “§249. Mediocritas in appetendo est temperantia, excessus intemperantia. Temperantia appetitus nimios cauens est abstinentia, s. continentia. Hinc intemperantia simul Incontinentia est. Habitus intemperanter appetendi, quod in malis bonum videtur, est temeritas. Mediocritas in auersando est fortitudo. Fortitudo nimias auersationes cauens est patientia. Excessus in auersando est mollities animi, quae simul impatientia. Habitus molliter auersandi quod in bonis malum videtur, est timiditas, (animus humilis, infractus, demis- [130] sus, confractus,) Defectus in auersando, s. indolentia, et appetendo phlegma morale vocatur significatu malo, progenies socordiae, M §698. Bono enim significatu est iusta dosis temperantiae et fortitudinis ad bona consequenda prudenter, et mala prudenter auertenda requisitae. Quaere temperantiam et abstinentiam, (απεχου) fortitudinem, patientiam (ανεχου) et phlegma morale significatu bono. Fuge intemperantiam, temeritatem, mollitiem animi, impatientiam, timiditatem, indolentiam, et phlegma morale significatu malo, §170.”

Cura corporis (§§250-66)

[Pp. 130-31] “§250. Corporis tui perfectionem quaere, quantum potes, §150. Iam autem consensus eius cum anima. et consensus omnium eius membrorum inter se ad mutationes hominis harmonicas erit perfectio corporis, M. §94, 764. Ergo curaturus perfectionem corporis materialem fac, vt ad optimas actiones harmonicas consentiat, qua singula membra ad easdem requisita; curaturus formalem, fac vt tam apte consentiat ad easdem cum anima, quam fieri [127] per te potest, §202. Vitaturus imperfectionem corporis tui, §151, caue materialem, qua corpus impediret mutationes harmonicas optimas, quantum potes, §202.”


[P. 132] “§252. Ad quaerendam hanc vitam quantum obligaris, tantum vitare teneris eius oppositum, mortem, §251, M. §776. Haec quasi transitus e domo in domum est, M. §785. Sicut sapiens erga hunc nec totaliter est indifferens, nec in statu totalis aequilibrii, neque tamen eum nimis laetatur, praesertim gauisus sede sic satis commoda, nec nimis horret, praesertim vbi se melius habiturum certus est: ita mortem exspecta, donec pulsauerit, interim, quantum potes, eam vitans, et avtochiriam, actionem, qua fieres auetor mortis tuae, tam subtilem minus obseruabili tibi nexu mortem contrahentem, quam crassam, tam repentem, quam repentinam, tam eulposam; quam dolosam, §251. Morti semper paratus, §163, caue tamen, quantum potes, saltim deprecando, §94. Mortem immaturam nondum fines huius vitae consequuti, da operam, vt mori queas, vbi moriendum est, vitae satur, certus hanc vitam tibi non amplius necessariam, §229.”

Cura occupationum et otii (§§267-71)

[Pp. 142-43] “§268. Minima occupatio esset vnica actio minima ad vnicum minimum finern praeuium, quam fieri poteft, imperfectissime suscepta, M. §.161. Hinc quo plures, quo maiores actiones, quo plures, quo maiores, quo perfectius praeuidendos ad fines suscipiendae sunt: hoc maior est occupatio. Iam obligaris ad plurimas nobilissi- [143] masque actiones, ad plurimos nobilissimos fines prudenti sapientique simplicitate subordinandos vnico, clarissimeque, quantum potes, praeuidendos, §. 10-266. His vbi connumeraueris ex vitae genere fluentes, §. 267: habebis satis superquue, quo semper occuperis, quantum potes. Nunquam otiandum est, vbi potes occupari, §. 267.”


[P. 143] “§269. Cui otium habitualiter molestum est, est solers, (operosus, semper agens aliquid.) Cui occupatio habitualiter molesta est, est iners, deses. Operosis occupatio, inertibus otium habitualiter iucundum est, §268, M. 658. Naturalis actiuitatis solertia, socordiae desidia et inertia fructus sunt, M. §698. Obligaris ad solertiam et operositatem quaerendam, et inertiam fugiendam, §268. Ergo ad vincendam, si qua tibi fuerit, naturalem socordiam et quaerendam actiuitatem, §248, 242. Vt tamen perfectionem, quam potest, maximam, materialem etiam, nanciscatur solertia tua, §202, non occupationes promiscue, sed quae possunt, optimae tibi habitualiter arrideant.”


[Pp. 143-44] “§270. Pars vitae nostrae, qua occupari possumus, tempus nostrum est significatu morali. Hinc deses nolit vn- [144] quam tempus esse, semper, ipso iudice, nondum aut non amplius tempus est, §269. Data dati temporis occupatio pensum est. Hoc vel accurate tantum, quantum dato tempore absolui potest, vel minus vel maius, M. §160. In casu primo, datum est pensi, quantum satis est: in casu secundo: tempus nimis longum, pensum nimis breue est: in casu tertio: tempus nimis breue, pensum nimis longum est. Hinc quia desidi tempus semper nimis breue videtur, dum nullum habet vnquam, plerumque pensum apparebit nimis longum, si vel maxime tantum habuerit pensi, quantum satis est. Solerti iam semper aut adhuc tempus est. Hinc nisi habuerit, se iudice, quantum satis est pensi, tempus longum sentiet. Quumque tempus occupatione vacuum ipsi molestum sit, §269: fallet illud, suscipiens occupationes, quarum finis in proximis primarius est, otii molestias impedire.”


[P. 144] “§271. Diaeta semper, quoque solertior fueris, hoc magis requiret otiari nonnunquam, §254, et id quidem non comparatiue tantum, §267, sed et cessando ab omni occupatione, veluti per somnura, M. §556. Hinc somno et otio suum si datum fuerit tem/poris,tale scilicet, et tantum, quäle et quantum vita, sanitas et vigor poposcerit, §255, reliquum demum tuum putaueris, §270. Dispensatio temporis nostri est diiudicatio, quid quantumque temporis nostri singulis occupationum nostrarum tribuendum sit. Quae quum iusta sit pars iusti de te rebusque tuis iudicii, iustus esto dispensator temporis tui, §164. Hinc vt dispensatio temporis tui sit, quae potest verissima, §165, indaga (1) quae vere tuae sint occupariones, i.e. quibus occupari tenearis, (2) quantae sint illae, vt tempus illis proportionari possit, (3) quale tempus cuilibet earum etiam per rationes diaeteticas commodissima sit occasio, §154. (4) quantum requiratur ad quamuis temporis, ne pensa vel nimis breuia, vel nimis longa tibi imponas, lente festinans, §270. Dispensatio temporis tui sit, quae esse potest, ardentissima, §191. hinc tempus impende occupationibus, quibus et quantis iustissima dispensatione, quae tibi possibilis fuit, aptissimum praeuidisti; sic non bene solum, sed et optime, collocaturus.”

Cura castitatis (§§272-75)

[Pp. 145-46] “§272. In motibus corporis arbitrariis est etiam [146] coitus magna comitante caterua venerearum actionum, M. §733. In has etiam et complexum stimulorum ad easdem libidinem acquirendum animae, quantum potes, dominium, §262, 234. Hinc nec in his omnem promiscue voluptatem appetas, sed quam summa tibi possibilis suaserit prudentia, §230. Quam vbi regulam sequi volueris, ex subordinatione finium tuorum facile patebit coneubitum non Heere, nisi cum persona diuersi sexus, quacum sis in societate, ad commercium aretissimum, §10. Talis persona coniux, societas ipsa matrimonium est. Ergo qui aretissimum cum persona alterius sexus commercium ad proereandam et educandam sobolem, inire non physice solum, sed et moraliter potest per ipsam libidinem obligatur ad matrimonium, §6.”

Cura facultatum (§§285-89)

[P. 156] “§285. Res externae remedia necessitatum commoditatumque vitae parandarum, vtiles sunt, hinc valorem habent, et pretiosae sunt maiori pretio dignae, M. §337. In his res est, cui pretium eminens, seu pecunia. Dominium rerum pretiosarum, facultates, eaeque maiores opes, sunt remedium necessitatum commoditatumque vitae parandarum, hinc quaerendae, quantum potes, §237, 278. Cuius facultates non sufficiunt, ad necessitates vitae, egenus est, s. indigus. Cuius facultates non sufficiunt, nisi ad pauciores vitae commoditates, pauper est. Cuius opes sufficiunt ad sat multas etiam commoditates vitae, locuples est; cui abundant, dives est. Non egestatem solam, sed et paupertatem fuge, quantum potes, dans operam, vt locuples fias, vel maneas.”


[Pp. 157-58] “§287. Non est tua totalis erga opes indifferentia, §226, sed in iis quaerendis temperantia, §249. Intemperantia in quaerendis opibus est avaritia. Auaritia fugienda quum sit, obturandi fontes eius, §286. (1) non egestatem solum, sed et paupertatem, vt summum malorum, (2) locupletem omnem non prosperiorem solum, sed et beatiorem, felicissimumque mortalium somniare, §285, M. §787, (3) diuitem cum locuplete confundere, et in ipsa inutilitate opum summam delectationem quaerere, §227. (4) necessitates vitae [158] tanquam plura postulantes concipere, quam vere postulant, (5) chimaericas commoditates vitae facultatibus impetrandas machinari, §98. (6) incommoda non diuitum tantum, sed et locupletium prorsus non animaduertere §230.”

Cura existimationis (§§293-300)

[Pp. 163-64] “§296. Temperantia in appetendo honore est modestia, s. temperantia philotimiae. Intemperantia circa honorem ambitio, [164] eaque vel vani honoris, vel etiam laudis tantum, si vel simulata fuerit, vanitas. Veri etiam honoris ambitiosa est appetitio (1) in non praesentiendas perfectiones lata, §236. (2) media veras suas dotes aliis exponendi non legitima adhibens, §294. Hinc diiudicentur studia innotescendi, inclarescendi, se virum praestandi, aliorum aestimium exprimendi, suas merces explicandi, magnas de se cogitationes in aliis excitandi, M. §942. Deus summam suam gloriam promouens modeste imitandus est, §92.”


[Pp. 164-65] “§298. Sumtuositas ambitiosa pompa est, hoc [165] magis cauenda, quo facilius in vanitatem degenerat, §296. prodigalitas, §289. Gradus eius non ex quantitate sumtuum, sed ex quantitate sumtuum ad honorem pomposi non requisitorum metiendi sunt, eorumque non solum qui vere fiunt. sed etiam qui appetuntur, §297. Modesta frugalitas est sumtuosa sine pompa, §289. Vanitas ex externo aliorum contemtu est ferocia fugienda, §296, quia certum consectarium contemtus actiui vani contemtus passiuus meritus est, §294.”


[Pp. 165-66] “§299. Quum non opus sit maiore semper perfectione, vt aliquid nobis placeat, M. §651, possunt placere, quae tamen non honoramus, M. §942. Quumque perfectio quaedam maior possit a nobis agnosci admodum vere, clare, certo, minus tamen ardenter, M. §669, qualis cognitione symbolica potissimum perspecta: possunt satis honorari minus tamen placentia. Hinc Studium placendi aliis a philotimia vtiliter distinguitur, §293, non minus commendandum, quum. placentem amemus, M. §684. amor autem aliorum amati statum externum mirum quantum perficiat, §276. Studium placendi aliis minimum foret, si vnico minimam ex te voluptatem creare appeteres, quo ergo pluribus, quo maio- [166] rem ex te voluptatem procurabis, hoc maius erit Studium tuum placendi (complaisance), M. §160, 161. Ergo da operam, vt, quam possunt, plurimi maximi, dignissimique verissimum, clarissimum, certissimum, ardentissimum intuitum, quae possunt in te esse, plurimarum maximarum perfectionum nanciscantur, tam debilia inter antecedentia et socia taedia, quam fieri potest, M. §658.”


[Pp. 166-67] “§300. Virtus, quatenus honorem meretur, honestas est. Hinc quia ad virtutem externe per ius naturae, interne per ethicam obligamur, §1. Honestas interna latius erit complexus virtutum omnium, ad quas interne obligamur, et haec ethica, complexus virtutum omnium, ad quas interne obligamur in statu naturali. Latiori significatu honestas interna officiorum erga deum, nos et alia complectitur habitus, quae tamen strictius nonnunquam pro virtute officiorum erga nos sumitur, et haec quidem complexa officia erga nos in statu naturali, cum eorum habitibus, ethica erit. Da operam honestati internae, tum latius, §10-300, tum strictius dictae ethicae, §150-300, in officiis erga te ipsum moralem obseruans mediocritatem, §170, vi- [167] tans excessus in te, vt fine perficiendo, cum habitu excedendi s. egoismo morali, et defectus cum habitu eiusmodi defectus stricte dictos admittendi: s. negligentia tui ipsius.”

Amor hominum (§§304-14)

[Pp. 169-70] “§304. Obligaris ad philanthropian vniuersalem, §302, M. §908, aequalium aequalem, inaequalem inaequalium in hominibus ita, vt quo quis perfectior, quo tibi notior, quo amor tuus actiuus vtrique vestrum vtilior est, hoc esse debeat ardentior, §303. Hinc non obligaris ad amorem tui et aliorum hominum totaliter aequalem, M. §272. Vnum hominem magis amare, quam alterum, perfectiores imperfectioribus, notos incognitis, tibi vtiliores minus vtilibus tibi praeferre, eos [170] etiam, quibus plus inseruire poteris. illis, quibus tantum prodesse non potes, non est contra philantropian vniuersalem, §303. Maior autem huius gradus generositas est.”


[Pp. 172-73] “§309. Quum alter homo, quid intra mentem tuam agatur, nosse non possit, nisi significatum, M. §347, saepe tamen non tua solum, sed et illius intersit, eum vberius, verius, clarius, certius, ardentius nosse quomodo quantumque a te ametur, §299, nec iusti gradus philantropia possit esse nunquam aut rarius erumpens in opera charitatis testantia de sua caussa, M. §333, obligaris ad tuam etiam philantropiam significandam, hinc et ad habitum eam signi- [173] ficandi s. humanitatem, nunc expressam, nunc tacitam, nunc implicitam, nunc explicitam.”


[P. 173] “§310. Humanus esto sine simulatione, §309. Non simulata bonitas est sincera, M. §919. Sincera humanitas candor est. Candidus esto. Humanitas tua per conuenientia signa philanthropiam tuam exprimat prudens, §225. Humanitas signis conuenientibus amorem testata, comitas est. Comis esto. Comitas ornatior est ciuilitas s. vrbanitas. Ornatus verus quum placeat, verae ciuilitati stude, immo maiori etiam festiuitati praesertim in sermonibus obseruabili, quantum potes, §299.”


[P. 173] “§311. Philanthropiae debitae, §303-310, fuge opposita frigidam erga genus humanum aut quemquam hominum, etiam minus tibi cognitum, minus vtilem, indifferentiam, quae quum ne liceat quidem erga imperfectiores mortalium, et quibus parum prodesse poteris: §226, quo perfectiores, quo tibi notiores sunt, quo magis mutuo tibi prodesse possent, erga quos friges, hoc illaudatior esset tua indifferentia. Ergo caue habitum excedendi in indifferentia erga alios, animum frigidum.”


[P. 174] “§312. Qui alterum habitualiter amat amicus eius internus est. Ergo obligaris ad amicitiam internam erga totum genus humanum, §304, actiuam illam, qua ipse amas. Amicitia interna mutua est Status se muto amantium: haec licet non sit omnino in potestate tua posita, M. §708, quantum tamen potes, quaerenda, dum amas ipse, sicut decet, & placere studes modis legitimis, §299, ad quod obligaris per ipsam philanthropian, quia hominem alium amare est amantis perfectio, §304.”

Studium pacis (§§315-27)

[Pp. 181-82] “§322. Vt pacificus sis ante bellum inter alios, (4) quantum potes da operam illi impediendo mediator, §315, vel laesiones etiam apparentes sine necessitate suscipiendas dissuadendo, vel parti, quae laeserat, suadendo reparationem, §320, vel parti, quae se laesam autumat, excusando alteram, ostendendo, quod aut prorsus non, aut non tantum peccauerit, quantum videbatur, (prius tentare est exculpare), §321, vel vere laesae parti suadendi veniam, s. decretum non vindicandi, vlciscendi vel puniendi, vltio est extorsio damni reparandi, §320. Vindicta gaudium ex malo eius, qui vere vel apparenter laeserat gaudentem, quae a pacifico mediatore dissuadenda est, §314. Inimicitias inter alios excitatum si quis it aut auetum callide, susurro est. Caue susurronum turpissimam virulentiam, quae se exserit, (1) suadendo laesiones, §319, saltim (2) actiones, de quibus praeuideris tertium eas habiturum pro laesionibus sui, sine necessitate praestandas, §321. (3) dissuadendo reparationem, §320, (4) reme- [182] dia, quibus alter conuinci posset, se non laesum esse, debita, §321. (5) laesionem fingendo, (6) veram exaggerando, (7) veniam dissuadendo, (8) vindictam suadendo susurro vtrique parti sacrum officium praestans bilinguis est, dupliciter peccans, §315.”

Vitia philanthropiae opposita (§§328-37)

[P. 185] “§328. Alienum possessori non demendum, §317, ergo nec appetendum est, vt fiat nostrum, §236. Nemo odio prosequendus est, §313. Quum ergo et alienum sibi appetat, et oderit inuidia, M. §687, bis peccat. Habitus inuidiae livor est. Ne sis homo liuidus (1) amori vniuersali stude, §304. (2) solipismum caue, §195. (3) dispensationi sapientissimae acquiesce, §75. hinc (4) opinionem, qua aliena tibi potius conuenire videntur, vt somnium morale fuge, §161. (5) cogita multa aliis bona esse, quae tibi vere mala forent, multa, quamdiu in aliis vides, bona videri, quae tamen ipse expertus longe alia sensurus esses, M. §660. (6) multa aliena videri, quae simul tamen per nexum non ita crypticum tibi prosunt, nec tibi prodessent, nisi alteri essent, quae ipsi inuidere tenteris, (7) bona tibi respice, quae forsan et aliis desunt, e.c.”


[Pp. 185-86] “§329. Quum inuidus sit illius, cui inuidet, inimicus internus saltim, §313, certe qua bonum, quod suum mallet, §328, contra mansuetudinem est, temere aliquem habere [186] pro sibi inuidente, §323, quod et ideo cauendum, quia amorem erga eum, quem mihi inuidere puto, imminuit eiusmodi opinio, §304. Cauebitur autem eiusmodi somnium morale, §165, si (1) caueatur arrogantia inuidendas sibi perfectiones tribuens, §171. (2) aliorum perfectiones, quae merentur, tanti aestumentur, vt improbabile nobis ipsis videatur, eos nostras adhuc desideraturos, (3) non confundatur cum inuidia aemulatio, studium similes perfectiones consequendi, forsan in maiori gradu, quales sunt in exemplari, virtus, §10, vbi temperans fuerit, §249.”


[P. 187] “§331. Caue ingratitudinem, non illam solum qualificatam, §317, externe, laedentis externe benefactorem, interne, laedentis eundem interne, §318, sed simplicem etiam, 306. Ne tamen alios temere pro ingratis erga te habeas, §329, caue (1) ne pro tuis erga eos beneficiis habeas, quae non fuerunt, qualia minora aut apparenter tantum bona, aut non profecta ex bonitate, ex hac enim profecta aliquod pondus habentia, nisi grato animo, compensari non possunt. (2) ne cum ingrato confundas, cuius non est in potestate positum gratias referre, aut etiam multis agere, §137. Gratiae referuntur beneficio in benefactorem collato ob gratitudinem. Qui gratias non refert, quum potest, ingratus est, §306, M. §309, multo magis, ne agens quidem, maxime, ne tunc quidem agens, vbi agere iam esset aliquantulum referre gratias, et vtrumque potest.”


[Pp. 187-88] “§332. Fuge immisericordiam, habitum prorsus non auersandi miseriam alterius, [188] quae tollit isericordiam, §306, et cum philanthropia habituali omnino consistere non potest, quia amans amati imperfectiones auersatur, M. §684, 663. Ne tamen alios temere erga te immisericordes credas, §329. (1) ne postules misericordiam propter illa, quae alii, et recte quidem, non putant esse miseriam, (2) ne cum immisericordi confundas eum, qui vel physice vel moraliter nequit miseriam tuam tollere, aut etiam suam compassionem commiserationemque tot tantisque signis, quot quantaque velles, declarare. Qui potest miseriam alterius partialiter, vel totaliter tollere, solis tamen verbis commiserationem testantibus contentus est, est immisericos, §237.”


[P. 189] “§334. Maxime caue maleuolentiam vniuersalem tam respectu omnium personarum, quam respectu omnium imperfectionum, §333. Malignitas ex maiori gaudio de imperfectionibus alterius est crudelitas. Crudelitas laetata maximis, quas potest actuare, imperfectionibus alterius est sanguinolentia. Vtramque non vniuersalem solum, sed et particularem erga aliquos caue, §333, hinc, cuius certum est consectarium, vindictam, §322, vtriusque non genus solum, et species manifest iores, sed crypticas etiam, quales per maledicentiam vnice exercendae, §333.”


[Pp. 189-90] “§335. Caue inhumanitatem, non eam tetros crudelitatis sanguinolentiaeque gradus exprimentem tantum, §334, sed habitum etiam non significandi suum aliis amorem, siue coniuncta fuerit cum animo, nisi maleuolo, §332, saltim frigido erga alios, §311, siue in solo neglectu signorum amoris satis boni habituali consistat, §309. In signis amorem suum aliis declarandi, quedam sunt naturalia, quaedam arbitraria, et horum quaedam mores, §140, quaedam secundum certas generales arbitrii humani regulas determinanda artificialia. Horum vnum vel alterum si [190] quis erga te neglexerit, vel quia nesciuit, vel quia non conuenire tibi, loco vel tempori cogitauit, vel quia physice moraliterue non potuit praebere, eius ad inhumanitatem ne temere concludas, §309.”


[Pp. 190-91] “§337. Vera comitas, ciuilitas et festiuitas optima quum signa amoris cum ornamentis optimis, quae possunt, adhibeant, §310. vtentur naturalibus, non affectatis, §336. Habitus significandi s. symbolicus affectatus est, habitus adhibendi signa affectata, naturalia adhibendi naturalis est affectato oppositus. Comitati ergo oppositam humanitatem affectatam fuge, §310. Verae ciuilitati opponi- [191] tur tam ciuilitas affectata, cauenda, §336, et simulata, quam inciuilitas s. rusticitas habitualis ciuilitatis defectus, vel cum inhumanitäte coniunctus, §335, vel ornamentis comitateque destitutus tantum erga alios se gerendi habitus, cauendus vterque, §310.”

Candor (§§338-47)

[Pp. 191-92] “§339. Candor a te postulat erga alios homines [192] sinceritatem, §310, M. §919, et veracitatem, M. §920. Habitu mentem suam aliis significandi praeditus est homo apertus. Sincerus est, vbi sapiens fuerit, temperanter apertus, §249, M. §919. Intemperanter apertus rimosus est. Habitu mentem suam non significandi s. occultandi praeditus est reservatus s. retentus, qui in defectu peccat, §249, 170.”


[Pp. 194-95] “§344. Falsiloqium morale alios homines laedens est mendacium, externum, externe, internum interne laedens. Non mendacium solum externum, sed et internum omne vita, §319. Ergo et habitum mentiendi, quo pollens mendax est. Mendacia necessitatis essent, quae ob collisionem cum officiis erga nos grauioribus suscipienda forent, officiosa, quae ob collisionem cum officiis erga alios, §24, et iocosa inex- [195] spectatae delectationis sensitiuae ergo suseipienda: quae tamen falsiloquia singula, §343, vel non sunt mendacia, vel prohibita, §318.”

Diiudicatio aliorum (§§348-60)

[Pp. 196-97] “§348. Vt philanthropia tua, §304, sit ordinata, hinc oculata, vt cauere queas amorem aliorum hominum inordinatum, coecum, stultum, et stolidum, §308, 184, quam optime a te fieri potest, nosce alios homines, non tantum, vt iis vti, vel ab iis cauere cognitis commodius possis, §305, 195. sed etiam, vt indages, qua ipsis ratione fie- [197] ri possis vtilior, §301, habeasque fomentum amoris in ignota non ferendi, M. §666. Ergo praecipue ad perfectiones imperfectionesue aliorum attende, §152, in iisque morales maxime, §158. Ars moralem aliorum hominum statum cognoscendi est anthropognosia moralis, M. §747, huic ergo, quantum potes, des operam.”


[Pp. 197-98] “§350. Recta vt sit tua aliorum diiudicatio, §348, ne praeponatur magis necessariae tui ipsius explorationi, tam generatim, quam in certis casibus, §348, 155, probe diiudica, quorum et quae potissimum imperfectiones perfectionesue a te attendendae sint, quae minus, ne incidas in satis magnam iudicii eclipsin eorum, qui se vniuersales omnium in omnibus perfectionum imperfectionumue criticos somniant, §219. Iudicio praecipiti laborans in sibi satis incognitis nasutus est. Quae tibi in aliis vtique diiudicanda sunt, in iis perpensionem a decisione, et decisionem internam, in mente factam, a symbolica s. signis declarata distingue, ne suspensio iudicii saepe et hic requisita negligatur, §214, aut rimosus sis, §339.”


[Pp. 198] “§351. Seu perpensio perfectionum imperfectionumque in aliis, seu decisio vel interna, vel symbolica postuletur etiam a te, §350: sit, quae potest, verissima, §202, hinc impartialis et aequa, quantum potest, §318. Quum ergo ne liceat quidem pro aliquo praeoecupari, praeiudieiis in impartialitate impediri, multo minus contra quenquam facile praeoecuperis, §321. Sit diiudicatio perfectionum imperfectionumue in aliis, vbi requiritur a te, quae potest, clarissima, §157. Hinc quoniam ne licet quidem ex mero instinetu & gustu obscuriori perfectiones alteri tribuere, si datur intuitus clarior, multo minus imperfectiones temere, de quibus omnino non possis dicere quare, §349.”


[Pp. 198-99] “§352. Veritas diiudicationis aliorum requirit, ne [199] falsas ipsis perfectiones vere tribuas, vt perfectiones, multo minus veras perfectiones, vt imperfectiones, §165. Hinc male diiudicant, quem tenera commiseratione intuentur, ob rem, ob quam fauorem merebatur, sed et hi, qui fauent aliis, ob quae commiserationem mererentur, M. §684, 687. Eadem veritas postulat, ne veras aliis perfectiones falso tribuas, multo minus veras imperfectiones, §351. Qui simulate laudat alterum, vt ipsi placeat, est adulator; hinc adulatio fit, vel falsis alicui perfectionibus, vel veris, sed falso adscriptis. Vtraque mendacium, internum saltim, §344, quo sis caussa moralis arrogantiae in laudato, §171. vel vanitatis, §297, vitanda est.”


[Pp. 202-3] “§358. Perfectiones et imperfectiones aliorum stricte morales quum cognosci a te nequeant, sine subsumtione earumdem et factorum eas praestantium sub legibus, §175, quam imputationem nonnunquam strictam dicunt, eiusmodi applicatio legum moralium ad facta etiam aliena non licita modo, sed et mandata est, §349-357, dummodo sit recta, ad quam quid requiratur, ex officiis erga conscientiam per principium reductionis colligi potest, §177-193, 308. Sententiam ferre de factis alienis ex minus recta eorundem sub legibus subsumtione est iudicare alios significatu malo prorsus vetitum, §349. Vnde denuo obligaris ad cognitionem legum naturalium, §180.”

Auxilium aliis ferendum (§§361-66)

[Pp. 205-6] “§362. Emenda alios. quantum potes, §197, 361, vitia tamen curae aliorum in genere notata hie eo magis caue, quo facilius excessus in emendandi studio in inhumanitatem ineidit, §335, aut offendit, apparenter saltim, sensibiles, §321. Non facile [206] alios pro inemendabilibus habeas, §360, ipse te postquam emendaueris, in iis, quae apud alios corrigenda sunt, §361, qua maxime potes, comitate, vel ciuilitate etiam, rem tuam age feliciter, §310.”


[P. 206] “§363. Vbi optimum emendandi alium medium cognoueris, ipsi imperfectiones ipsius significare, teque ad hanc correctionem obligatum, alteri indica imperfectiones ipsius, qua fieri lenissima ratione potest, §362, 327. Tales emendationes si tententur in te, hoc eas maioribus in benefieiis habeas, quo aegrius emendaturum aggredi suum illud officium deprehenderis, M. §903. Imperfectiones ipsius alteri so significare tantum, vt gaudeas ex ipsius pudore vel ira. malignitatis est, §333. Habitus alteri imperfectiones ipsius ob oculos sistendi. sed non lenissima, qua fieri potest, ratione est spiritus causticus vitandus, §327, maxime vbi falsas imperfectiones animo maligno obiicere paratus esset, §319, 333. Hinc diiudicetur stilus satyricus.”


[Pp. 207-8] “§365. Actiones, quibus alterum iuues, sunt tua officia, ex humanitate deducenda, §309, hinc officia humanitatis dici solita, §364. Ad haec plene volenda quum sufficienter obligeris, per deum, §92, te ipsum, §299, et philanthropian, §304, hoc significatu sunt plenae perfectaeque obligationis, et moralis necessitatis, quo talia dicerentur, ad quae non sola velleitas, aut antecedens volitio, sed decretum est moraliter necessarium, §237, licet alias officiis necessitatis externis contradistincta vocari soleant minus plenae, imperfe- [208] ctaeque obligationis, non necessitatis, scilicet externae et extorquendae, sed voluntatis, altiorem scilicet virtutem internam sequuturae. Ipsa officia externa apud te ex humanitate proficiscantur, §317. In internis autem non officia solum vulgaris humanitatis, sine vllo notabili incommodo praestanda minora auxilia, sed et maxima, quae cognoueris alteri plus bona, quam tibi mala, salua proportione inter amorem tui et alterius debita, §239.”


[P. 208] “§366. Habitus alterum iuuandi lubenter, s. ipsi inseruiendi, est officiositas. Officiosus esto, §365, tuamque hanc pronitatem tam comiter, tam ciuiliter, quam potes, sine affectatione, declara etiam aliis, §310. Homo affectatae offieiositatis est ardelio, cuius cauendum est vitium, §337. Inofficiositas vel habituale taedium ex officiis, quibus alteri inseruires, vel tantum habitus non declarandi conuenienter animum, officiis eiusmodi sic tamen satis paratum, vtraque vitanda, §335.”

Studium propagandae religionis (§§367-69)

[P. 209] “§367. Religio, quae in hominem cadit, maxima quum sit eius summum bonum, §27. Studium propagandae per genus humanuni religionis non postulatur solum ex officiis pii, §31, sed etiam quia melius de genere humano quis mereri non potest, §366. Caue, ne religionis hostis nigerrimam simul misanthropian exerceas, quantum in te est, vniuersalem, §313, profanorum eminenter dictorum, §117. Huius vitii, virtutis illius vt ardentior fiat intuitus, cogita immortalitatem tam bonorum operum, quibus est disseminata religio, quam peccatorum, quibus subuersum itur, M. §23.”


[Pp. 209-10] “§368. Lenitas erga dissentientes a te circa religionem est tolerantia. Ergo tolerans esto, §327, 363. Merus dissensus circa religionem, etiam declaratus, nondum ponit inimicitiam in dissentiente actiuam necessario. Non omnes, quos errare putamus, odisse solemus. Si poneret, tamen amandus a te foret dissentiens, §314, ergo non licet odium religiosum (intolerantismus) in dissentientes a nobis cir- [210] ca religionem ideo coniectum. Studium pacis inter dissentientes circa religionem aut conseruandae aut restituendae est irenicum eminenter dictum suadendum, §9, 315, modo ne confundatur cum syncretismo in duobus contradictoriis pacis caussa vtrumque ponente.”


[P. 210] “§369. Appetitus habitualis laedendi dissentientes a te circa religionem, est spiritus persequutionis crassior, latus in laesiones externas, in internas latus, subtilior. Vterque suum dissentientis violans, §316, contra iustitiam, §317, aequitatem, §318, et innocentiam est, §319. Quo magis religio, quam profiteris, non has solum virtutes, sed et mitem iniuriarum patientiam inculcat, hoc magis non spiritus solum persequutionis, sed et sensibilitas erga dissentientes in sacris, §321, vt post laesionem veram acceptam ab iisdem immite vindictae studium, §322, 324, declarat praepostere te emendationem aliorum suscepisse, §362.”

Studium propagandae scientiae et virtutis (§§370-73)

[Pp. 210-11] “§370. Post religionem quum scientiae virtutesque reliquae nobiliores sint generis humani- [211] dotes, quantum potes, da operam propagandis per homines scientiis virtutibusque singulis, §304. proportionate tamen, prout vna nobilior altera, a te melius cognoscitur, et propagari commodius potest, §305. Caue, ne sis patronus ignorantiae, minutiarum, erroris, obscuritatis, incertitudinis et cognitionis mortuae, quae et quatenus tolli in humano genere potest, §313, apertus, eam ridicule defendendo, vel magis tecte detrahendo veritatibus, earumque doctoribus, claritati, perspicuitati, viuiditati, distinctioni, profunditati, eiusque illustratoribus, certitudini, scientiae, convictioni, eiusque demonstratoribus, cognitioni viuae eiusque praeconibus.”


[Pp. 211-12] “§371. Virtutem in genere humano propagare pro virili labora, §370. Quod quum nec oratione, nec exemplo, §133, commode fieri potest, sine significatione virtutis propriae, ne sis quidem ostentator virtutis vllius, §121, neque tamen vllius te virtutis pudeat, quo minus te eius amicum vel expresse vel tacite profitearis, §119, quoties et quomodocunque philanthropia postulauerit, §122. Ne patronus sis vitiorum apertus, caue, ne vere talia excuses vel totaliter, vel extenues vltra ve- [212] ritatem, §322, ne cuiquam faveas, ob ipsius vitia, vel peccata laudes, qua talia, aut alia ratione caussa fias eorundem moralis, §307, ne sis subtilis vitiorum patronus, fuge ne virtutem vllam vnquam aut virtuosum, qua talem scilicet, vt supra, §370, derideas, aut alia ipsi ratione detrahas, ne temere vitia pro ineuitabilibus vendites, aut virtutem vltra veritatem pingas acerbam,§6.”


[Pp. 221-13] “§372. Sicut in scientiis non aequalis in omnibus hominibus gradus vnquam obtineri potest; sic tuis viribus nec obtinebis in omnibus aequalem virtutis gradum, M. §272. Hinc sicut male ageret sine controuersia, qui prorsus excolere negligeret ingenium, ex quo non praestantissimum exsculpendum Mercurium probe praeuidet; ita summus etiam in hominibus assequendus virtutis gradus in quibus a te obtineri non potest, de illorum minori saltim virtutis gradu obtinendo non licet esse omnino ineurium, §361. Qui supernaturalem virtutem respuunt, tenta naturalem interim in iisdem, §28, qui internam auersantur, tenta externam certe in iis producere, §300. Par ratio cognitionis. Veritatem auersato fabulas vtiles distinetionem horrenti poetas bonos, certitudinem [213] negligenti probabilitatem suppedita, si meliora non recipiat; in quo non tanta cognitionis vita produci per te potest, quam decreta et plenae sequantur appetitiones, in illo saltim minus plenas et antecedentes volitiones bonorum actuare tenta, M 671, 695.”

Auxilium vitae commode transigendae (§§374-77)

[P. 214] “§375. In necessitatibus commoditatibusque vitae sibi parandis iuua alios, §364, 277. hinc in labore et ad laborem, §278, 281, vnde noua patet ratio, qui possit ad laborem obligari satis locuples ad prospiciendum suis necessitatibus commoditatibusque vitae sine labore pluribus, §271. Sumtuositas et magnificentia, quibus procuratur multis labor, alias vbi temperans fuerit, hinc etiam commendanda est, §297, 298. Sumtus in necessitates commoditatesque vitae egenorum et pauperum facti sunt eleemosynae, et habitus dandi eleemosynas est liberalitas. Quo quis locupletior, hoc magis, omnis tamen obligatur ad eleemosynas et liberalitatem, qui suas facultates, salua proportione inter ordinatam philautiam et amorem alterius, magis requiri nouit indigentiis alterius, quam suis. §305.”


[Pp. 215-16] “§377. Vt cum necessitatibus vitae in paupere vel egeno iuues simul, quantum potes, commoditates ipsius, §278, 375, liberalitas tua (1) aptissima se occasione exserat, sit tempestiva, hinc caue beneficiorum procrastinationem, vbi nunc bene collocari videris, (2) sit comis, immo ciuilis, §310, quae quasi aliud agendo munus insinuet, praesertim illi, quem paupertatis pudet, e.g. per contractus mixtos titulo [216] oneroso et lueratiuo.qui simul cauent,ne liberalitas fiat alimentum pigritiae, et hinc etiam, (3) tacita et occulta, quantum potest, quod et ipsa poscit modestia, §297.”

Officia conuersationis (§§378-86)

[P. 216] “§378. Quum vna ex maximis huius vitae commoditatibus sit iucunda conuersatio, §278, ad eam tibi et aliis praestandam, §375, esto conversabilis, in quo sunt notabiles habitus ad iucundam conuersationem requisiti, s. virtutes homileticae, nec temere vitae genus eligas, quo extra omne fere commercium cum aliis hominibus ponereris, §267, nec optime tempus tuum collocaturus illud ita dispensa, vt nulla paene aliis eorumque consuetudini danda supersit horula, §271. Perpetuus solitudinis amor et habitualis, nisi solipsismum, §195, et misanthropiam nigram, leuiorem saltim sapit, §313, et minus amicum de aliis iudicium, §349. Hinc sermones, quorum finis in proximis primarius est alenda iucunda conuersatio, hunc consequuti non sunt vani, non inutiles, neque, ceu tales, reiiciendi, nisi maiora post se trahant incommoda.”


[P. 217] “§379. Quum obligeris ad iucundam cum aliis conuersationem amandam, §378. obligaris (1) ad habitum eam occasionandi, s. affabilitatem. Ergo ne sint vltra necessitatem tibi difficiles aditus. Ne te convenienti tempore, quo potuit, commodissimo, vultu, laconismo, inciuilitate voluntaria declares, te eius vale malle, quam aue. Obligaris (2) ad habitum curandi. quae iucundam, vitandi, quae molestam reddunt alteri conuersationem, quantum potes; hinc etiam ad actiones minores alteri sensitiuam voluptatem in conuersatione produeturas suscipiendas, taedium eiusmodi s. nauseam excitaturas vitandas.”


[P. 217] “§380. Decorum latius sumtum est complexus officiorum internorum erga alios, ad cuius obseruationem obligaris, §304-379. Decorum strictius sumtum est complexus actionum et omissionum minorum, quae singulae leuiorem voluptatem in aliis produeunt sensitiuam in conuersatione, simul tamen sumtae plurimum ad eius iueunditatem conferunt, ita, vt opposita illarum hominem saepe pluribus reddant intolerabilem. Obserua decorum strictius dictum, et da operam habitui illud obseruandi, s. decentiae, §379.”


[P. 218] “§381. Decentiae pars quaedam positiua est in decoris actionibus earumque habitu consistens, quatenus ab omissionibus distinguuntur. Hoc significatu decore agens, hinc et loquens, alios sibi obligat strictissime, quum late obliget, quisquis motiua connectit cum liberis determinationibus, & stricte, qui obligat ad amorem sui, quod non solis actionibus decori strictius dicti, sed et beneficiis fieri potest, §306, M. §903. Obliga tibi alios stricte, §365, et strictissime, ad quod hoc magis obligaris, quo facilius est, §380, ergo da operam habitui etiam alios stricte et strictissime tibi obligandi, §299, cuius species habitus aliorum fauorem sibi conciliandi, M. §684, quo pollens est homo insinuans. Insinua te aliorum animis, quantum potes, quod si praestetur in illo gradu, vt alteri fauorem a te suum auertere reddatur moraliter impossibile, reddis te alteri necessarium.”


[Pp. 219-20] “§383. Decentiae pars quaedam negatiua est, in decoris omissionibus earumque habitu consistens, §380, 381, quarum opposita quum sint internae laesiones, §316, haec pars decentiae curatius adhuc obseruanda priore, §319. Neglectus eius est cynicismus practicus. Omnia sedulo caue in conuersatione, quantum potes, quae taedium sensitiuum in aliis, vel minus, vel imaginarium, excitantia te iisdem molestum red- [220] dunt, M. §658. Quumque sensitiuorum in gustu taediorum sensualia sint fortissima, M. §656, 658, maxime parce aliorum oculis, auribus, M. §608, et in his potissimum delicatis, §266, pudicis, §273, sensibilibus, §321. e.c. Neque tamen esto purista, in indecoris actionibus detegendis inanis argutator habitualis, M. §576.”


[P. 220] “§384. In leuioribus obseruabilior absurditas est ridiculum. Hinc in excessu et defectu circa decorum tam facile est ridiculum, §380, hoc tamen magis cauendum, §293, quo difficilius sibi homines persuadent, in grauioribus prudentem esse, quem in leuioribus absurdum deprehendunt, M. §247. Sicut omnis absurditas, ridiculum etiam vel vere tale est, vel apparens, M. §12. Per illusiones ingenii et inanes argutationes, accedente levitate animi, habitu res grauiores pro leuiculis ardenter habendi, res grauissimae possunt apparere ridiculae, licet ipsis nihil insit absurdi, §576. Hinc licet apparenter etiam ridicula, si possint, vitanda sint magnopere, §293, 295, non tamen ideo quid statim omittendum, quia huic vel illi animali risibili videtur ridiculum, §296.”


[Pp. 220-21] “§385. Studium singularitatis est ha- [221] bitualis appetitus se determinandi contra id, quod moribus receptum est, quod quum multis sensitiue displiceat, §383, probabiliter saltim concludi ex se patiatur, velle te quid esse praecipui, §297, et in leuioribus plerumque vere, semper apparenter ridiculum sit, egregie cauendum, §384, cum suo fönte, (1) opinione praeiudicata, ac si error semper sit a parte plurium, quum sit tamen in iis tantum a parte plurium error, quae diuisis respectu difficultatis in cognoscendo veris humanarum cognitionum obiectis, vti vnum difficilius homo vere novit, ac aliud, dimidium superius et difficilius occupant, et (2) studio paradoxi, habituali appetitu in omnibus fere suis actionibus admirationem aliorum excitandi. Miramur etiam, quae ridemus, M. §688.”

Officia in honorem aliorum (§§387-90)

[P. 224] “§390. Habitualis irrisio quum iam magnopere vitanda sit, §333, M. §684, multo magis malignitas alteri dedecus cont rahens, vt habeas sannarum materiem, §333, 387. Hinc momus vniuersalis, qui in omnibus ridiculi quid et irridend aut videt, aut vidisse putat, et cum aliis communicat non sine ciconia, quam male agat, patebit vberius cogitanti (1) praesentes si pungat, spiritum eius causticum hoc magis abalienaturum eos ab ipso, §363. quo difficilius se risui exponi fert philotimia modestiorum etiam, §384, 296. (2) absentes si rodat, eos aut resciscere, et idem inde incommodum, immo maius. quia se excusare non potuerunt, aut eos latere, quales se pinxerit, et praesentes tamen alienari vultu licet ridente, §299. Lenis morum facilitas socialitas est. Socialis esto, §327, 382. Socialis in maiori gradu noscit vivere. Nosce viuere.”

Officia erga alia, quae non sunt homines (§§391-99)

[Pp. 224-25] “§391. Quum rationi etiam sine fide sit satis improbabile genus humanum spiritus fini- [225] torum optimos maximos complecti, qui tamen in hoc mundo exsistunt, M. §796, 935, sine dubio dantur agathodaemones, perfectiores homine ciuitatis diuinae subditi, M. §796, 974. Scientia decori erga agathodaemones olim dicebatur theurgia. Habitus ea praestandi, quae theurgia praecipiebat, virtutes theurgicae, habitus ad has propius praeparantes, virtutes catharticae s. purgatoriae, et habitus summae homini possibilis religionis per virtutes theurgicas propius consequendi, virtutes diuinae.”


[P. 225] “§392. Virtutes purgatoriae remedia theurgicarum, theurgicae diuinarum, et hae remedia optima habebantur perueniendi ad experientiam diuinorum, §391. Harum in legibus quicquid absurdi meditando detexeris, ad id ne tentandum quidem obligaris, §57. Rationalis tamen theurgus eris (1) cum agathodaemonibus consentiens, §12. (2) illos proportionate amans, §303, (3) honorans, M. §942, vt media prouidentiae optima in finitis, M. §975, sine adoratione tamen vel subtiliter tantum idololatrica, §87.”


[Pp. 225-26] “§393. Magia est scientia per minus cognita praestandi quid extraordinarii. Haec pos- [226] cens auxilium spirituum ab homine diuersorum, pneumatica dicitur, et id quidem per theurgiam consequendum postulans alba (theosophia pneumatica). Absurda postulans, ne tentanda quidem, §392. Cuius absurditas nondum tibi patet, fortean quia de minus cognitis sententiam decidentem ferre non placet, §220, illius nec vberior quidem indagatio postulatur, quamdiu certus es in aliis melius tempus tuum collocari, §271.”


[Pp. 226-27] “§395. Vita daemonophobian, superstitiosum spirituum superiorum, praesertim cacodaemonum, timorem, §394, 106, si vel sexcentae eorundem apparationes, obsessiones, fascinationes ponantur possibiles: cogita, quam ridiculus, §384, quam mollis, §249, quam praecipitis iudicii, §220, [227] foret, quia omnia mala fortean possibilia timeret, M. §686, quam impossibile eiusmodi homini debitum voluptatis praedominium, §230, curarum fuga, §197, et in deum fiducia, §76, 77.”


[P. 227] “§396. Vt, quantum est in te, studeas mundo optimo, §302, non spiritus solum eiusdem partes, sed et minus nobiles eius portiones, quam optime potes, nosse labora, M. §664. Esto spectator vniuersi, illud melius repraesentandi virtute pollens, quam est physice necessarium, M. §573, et quidem (1) omnium quum conscius fieri nequeas post aliquam tuis finibus completam totius perspicientiam maximis et grauissimis praesertim operam contemplandis tuam colloca, M. §669. (2) veritatis amicus, singula, vt sunt, non vt huic vel illi, vel etiam plerisque videntur, speeta, hinc, vt bona et mala, §230, vt tamen maiora bona, quam mala animaduertas, §228, formale mali nullius obscuret omnino materialis in eodem cognoscendam clarius bonitatem, M. §914.”

Pars II: Specialis.
Caput I: Officia specialia, respectu animae.
Officia virtuosi et vitiosi (§§426-50)

[Pp. 244-45] “§426. Omnis peccator, praesertim eruditus, §425, obligatur ad emendationem indolis suae, §402, ergo ad appetitionem virtutis, [245] quam minus appetebat, auersationem vitii, quod minus auersabatur, §10, M. §732. Ergo in peccatore statui moraliter magis corrupto semper succedat melior, M. §723.”


[P. 247] “§432. Quia peccator quouis momento tenetur ad resipiscentiam §427. Procrastinatio eius decretum futuro remotiori demum tempore tentandae quouis momento, quo fit, peccatum est corruptionem moralem augens, resipiscentiam difficiliorem reddens naturaliter auetis quouis malo exercitio vitiis, M. §577, 527. Quum eadem continuanda sit a peccatore continuo, §427, non male quotidiana dicitur.”


[P. 247] “§433. Homo vel esset virtuosus tantum, vel vitiosus tantum, vel vitiosus et virtuosus simul, idque vel aequaliter, vel inaequaliter. Iam non est aequaliter virtuosus, et vitiosus, M. §790. Hinc peccator vel magis virtuosus, quam vitiosus est, et a potiori virtuosus vocatur, vel magis vitiosus, quam virtuosus est, et a potiori vitiosus dicitur, M. §789. Resipiscentia, qua vitiosus in virtuosum mutatur, est conuersio. Vitiosus conuertatur, §427, virtuosus licet, peccator tamen, resipiscat, §432.”


[P. 248] “§434. Status hominis, in quo facultatis appetitiuae inferioris in superiorem, saepe nec reluctantem notabiliter, victoria est habitualis, est status bestialitatis, brutalitatis, animalitatis, in quo facultatis superioris in inferiorem, saepe nec notabiliter reluctantem quidem, habitualis est victoria, est status rationalitatis, s. humanitatis. Status bestialitatis non est, nisi vitiosi, §200, 433. Virtuosus est in statu rationalitatis, §200, licet non omnis rationalis homo bestiali oppositus sit virtuosus, §433.”


[Pp. 249-50] “§437. Status vitiosi sine notabili poenae metu est Status securitatis, cum metu, seruitutis. In vtroque potest esse tam bestialis, quam rationalis, §434. Posterior licet priore sit molestior status, qua praesens, M. §658, 686, quum tamen exhibeat taedium verum et vtilius, M. §910, quo caret posterior, caeteris paribus illo [250] minus malus est, §227. Status vitiosi cum fortibus stimulis et motiuis ad resipiscentiam est status bonorum motuum, quatenus tamen appetitus ex iis oriundi vincuntur, est status duritiei. Duritiei maior gradus statui bonorum motuum succedens, est status indurationis. Statum seruitutis nisi comitetur desperatio, M. §686, erit ille Status bonorum motuum, §429, praesertim vbi spes effugiendarum poenarum affulgeat et consequendorum bonorum, M. §728. Status securitatis est status duritiei, hinc ex seruo securus induratus est.”

Caput II: Officia specialia respectu corporis
Officia aetatum (§§451-60)

[Pp. 257-58] “§451. Corpus, quocum est anima humana in hac vita in aretissimo commercio, habet, vbi viuit, (1) aetatis periodum, M. §287, in qua vigor eius Ordinarius intenditur paullatim, satis tamen notabiliter, §255. adolescentiam, (2) in qua vigor Ordinarius nec notabiliter intenditur, nec remit- [258] titur, summum, quem obseruabiliter consequetur, gradum nactus aetatem virilem, (3) in qua vigor Ordinarius notabiliter remittitur, post aetatem virilem, senectutem.”


[Pp. 258-59] “§453. Aetas efflorescens vel est infantia, vel minorennitas, vel prima maiorennitas naturalis. §452, M. §639. Infantes quum nondum, naturaliter minorennes non satis ipsi possint intellectu suo vti, ad promouendam suam felicitatem, hoc magis ad eorum curam, §197, s. educationem maiores obligantur, §305, 306. Quo maius est beneficium educatio integrae aeternae felicitatis fundamenta iaciens, quoque maius in ipsa [259] educatione beneficium est cultura ingenii et indolis naturaliter minorennium, §402, hoc maius ad tutelam et curatelam voluntariam obligatur, qui hac ratione prodesse posteritati potest optime, §364, hoc magis in educatione ingenii indolis minorennium emendatio curae cordique debet esse, §370, 371.”


Baumgarten (1757): Metaphysica. 4th ed. [biblio]

[The whole of Baumgarten’s Metaphysica is available with Herder’s metaphysics notes.]


Baumgarten (1760): Initia philosophiae practicae. [biblio]

Caput 2: Obligantia (§§60-205), Sectio I: Lex (§§60-75)

[P. 30] “§63. Satisfaciens obligationi, quam lex enuntiat, LEGI SATISFACIT (legem servat). Quoniam obligationes sunt vel naturales, vel positivae, et hae vel divinae, vel humanae, §29, LEGES autem propositiones obligatoriae, §60, sunt hae vel obligationis naturalis, s. ex natura actionis et agentis sufficienter cognoscendae, NATURALES (obiectivae) vel obligationis positivae, s. rationis ex arbitrio alicuius libero cognoscendae, POSITIVAE (subiectivae, formales, arbitrariae) et hae vel DIVINAE, ex arbitrio dei, vel HUMANAE, ex arbitrio hominis libero sufficienter cognoscendae obligationis.”


[Pp. 30-31] “§64. Jus 1) actionem legi conformem, 2) legem, 3) complexum legum sirnilium, latius dictum, M. §472, 4) complexum legum stricte dictarum similium, ius STRICTUM (externum, cogens, plenum, perfectum), 5) facultatem moralem quamcumque, latius dictum significat, M. §971. Haec cum vel concedatur a legibus moralibus internis, APTITUDO MORALIS (αξiα, meritum), vel a legibus stricte dictis, §62, 6) IUS erit STRICTE DICTUM facultas moralis a legibus stricte dictis concessa. Α primo, secundo et quin- [31] to significatu in posterum omnino abstinebimus.”


[P. 31] “§65. Jus naturae latissimum leges naturales omnes complectitur, §64, M. 472, ex natura et per naturam sufficienter cognoscendas,.§29, 63, absolute necessarias, physicas, psychologicas quascunque, §60, 62, morales internas et externas, §61, 62, IUS NATURAE LATIUS DICTUM est complexus legum naturalium moralium. Complexus legum naturalium hominem obligantium est IUS NATURAE LATE DICTUM, quod a nobis moralia tractaturis solum attenditur, §62, et leges morales naturales tam internas, quam externas comprehendens commodius philosophia practica obiective spectata dicitur. Pars eius est complexus legum naturalium externarum s. cogentium, IUS NATURAE STRICTE DICTUM (cogens, externum) contradistinctum consiliis, legibus internis et suasoriis, quatenus naturalia sunt, §63, per philosophiam practicam etiam exhibendis, §1, 61.”


[Pp. 31-32] “§66. Complexus legum positivarum est IUS POSITIVUM, §63, 64, tales et internas et externas complexum, LATE DICTUM, solarum externarum, STRICTE DICTUM, §65. Utrumque denuo est vel complexus legum positivarum divinarum, DIVINUM, vel humana- [32] rum, HUMANUM. Lex tamen et ius positiva, tam divina, quam humana, possunt simul esse naturalia, si et quatenus possunt simul ex natura actionis agentisque cognosci, sicut lex et ius naturalia, possunt etiam positiva esse, tum divina, tum humana, si et quatenus eadem ex arbitrio dei hominumve libero sufficienter cognosci possunt, §30, 65.”


[P. 32] “§67. Jus pro facultate morali sumptum, §64, est vel NATURALE, a lege naturae, vel POSITIVUM, a lege positiva concessum, a divina, DIVINUM, ab humana, HUMANUM.

Hoc etiam significatu ius est vel LATE DICTUM, a legibus vel naturalibus, vel positivis, divinis humanisve, internis etiam concessum, vel STRICTE DICTUM, facultas moralis a legibus cogentibus, vel naturalibus, vel positivis, iisque vel divinis, vel humanis concessum, §64. Nec eodem significatu repugnat, idem ius alicuius naturale, si et quatenus ipsi etiam conceditur a lege positiva, esse simul positivum, divinum, vel humanum, vel utrumque, sicut eodem tandem significatu ius positivum alicuius, si et quatenus ex natura agentis actionisque sufficienter cognosci potest, simul est naturale, §30, 66.”


[Pp. 32-33] “§68. LEGES affirmative obligantes, s. ad commissionem, §31, sunt PRAECEPTIVAE, (praecepta) earumque ius, §64, IUS MANDATI, [33] negative obligantes, s. ad omissionem illiciti, M. §723, sunt PROHIBITIVAE (prohibitiones), earumque ius, IUS VETITI. Prohibitiones et ius vetiti sunt impeditiones morales, §60. M. §967. Cumque non impeditio moralis sit moralis permissio late dicta, M. §969, nulla lege prohibita sunt TACITE PERMISSA, (significatu latiori,) licita, M. §723. Sed (permissio stricte dicta) LEX PERMISSIVA est lex declarans certam actionem non praeceptam quidem, nec tamen impediendam esse, est peculiaris species legis prohibitivae, in favorem alicuius certa forsan acturi obligans alios ad omissionem impeditionis, quae tali determinationi liberae alias obiici posset. ACTIO lege permissiva licita dicitur EXPLICITE PERMISSA.”


[Pp. 33-34] “§69. Posito legem aliquam esse naturalem inde non tollitur, quod sit simul positiva, §66. Par est ratio iuris, §66, 67. Sicut aliquis de certa lege potest ignorare tam eam esse naturalem, quam eam esse positivam: ita et potest de aliquibus utrumque nosse, de aliquibus tantum alterutrum, saltim unum facilius, quam aliud, M. §527. In humanis quidem esse potest lex positiva, quae naturalis non est, in divinis etiam, cuius nos nequeamus rationem sufficientem ex actionis agentisque natura cognos- [34] cere. Sed quoniam dei voluntas, s. arbitrium liberrimum, M. §898, summam scientiam perfectissime sequitur, M. §893, omnes eius leges positivae habent simul rationem sufficientem in natura actionis et agentis, s. simul naturales sunt, §63. Cumque deus velit omne bonum, M. §899, omnes leges naturales, §39, sunt et arbitrariae divinae. Α lege naturali: ad voluntatem dei circa liberas hominum determinationes, et a voluntate dei circa liberas hominum determinationes ad legem naturalem valet consequentia. Nos interim nunc hanc, saepe, nunc illam tantum cognoscimus cum aliqua certitudine, sed ab ignorantia nostra ad negationem rei male concluderemus, §38.”


[P. 34] “§70. Propositiones: committe bonum, quantum potes, §39, cum suis consectariis, §40, quaere perfectionem, pro virili, §43, fac, quod factu tibi est optimum, §44, et inde demonstrata, §45-48, demonstranda et demonstrabilia, sunt propositiones obligatoriae, §15, hinc leges, §60. ad quas natura obligat, §39, ex ipsa actionum agentiumve natura sufficienter cognoscendae, §40, ergo naturales, §63. Nec difficulter tamen de iisdem ostendi potest, quod sint simul positivae divinae, §66, 69.”


[P. 35] “§71. Leges naturae, de quibus §70, concedendae sunt ab ipsis atheis theoreticis, si, abstrahendo ab ipsorum errore circa exsistentiam divinam, ceterum sanam rationem meditando sequi voluerint, §35, 41. Hinc si ius naturae athei asseritur hoc sensu, exsistentiam divinam qui neget, eum tamen de bene multis assertis iuris naturae late dicti, s. potius philosophiae practicae, §65, convinci posse, independenter ab eius atheismo aut illis praemissis, quas negat, qua atheus, utique ponendum est. Neque tamen hoc posito admittitur: (1) ius naturae late dictum s. philosophia practica esset, exsisteretve, etiam si non daretur deus, M. §824, (2) prorsus est independens a deo, M. §868, (3) ex voluntate dei nulla ratione omnino derivari potest, §69, 70, 4) aeque bene cognosci potest ab atheo, ac ab agnoscente divinam exsistentiam. Nam ius naturae athei s. philosophia practica, quam in suo errore perseverans cognoscere potest, destituitur ea (1) latitudine et copia, (2) dignitate materiae, (3) veritate, (4) luce, (5) certitudine, (6) vita, cuius capax est ius naturae late dictum s. philosophia practica exsistentiam divinam admittentis, §5.”


[P. 36] “§72. LEX obligationis universalis est UNIVERSALIS, particularis, PARTICULARIS. Lex autem naturalis, §70, non omni solum significatu inter homines universalis est, §49, sed etiam, ob rationes similes, omnes determinationes liberas omnium personarum determinans, §10, 29. Hinc omnium personarum singula facta aut moraliter necessaria sunt, aut illicita, M. §724, 940, cum nulla sint absolute, immo ne relative quidem, totaliter indifferentia s. adiaphora, M. §654, 935. CAMPUS (sphaera, extensio, latitudo) LEGIS dicitur complexus determinationum liberarum, de quibus ea lex aliquid enuntiat. Hinc legis naturalis, §70, campus patentissimus est.”

Baumgarten, Siegmund Jacob [top]

Baumgarten (1752, 1753): Algemeine Geschichte der Länder und Völcker von America. [biblio]


[Vol. 2, pp. 863-64] “§7. Margaretha, welche diese Vereinbarung veranlasset, war zu der Zeit Königin von Dännemark, als der Bischof zu Garde, Heinrich, dessen bereits Erwänung geschehen, nach der Insel Fünen überkam, und dem Landtage 1389 beiwohnete. Als nun [lies: um] diese Zeit die norwegischen Kaufleute ohne Erlaubnis nach Grönland gefahren waren, wurde ihnen Schuld gegeben, als ob sie den Tribut, der zu der königlichen Tafel bestimmt war, an sich genommen hätten. Daher gieng die Prinzeßin hart mit ihnen um; und sie würden ohnfehlbar gehangen worden seyn, wenn sie nicht einen Eid auf das Evangelium abgeleget hätten, daß sie ohne Vorsatz nach Grönland gekommen, und blos durch Sturm dahin getriben worden; ingleichen, daß sie keine [864] andere Waaren mitgebracht, als die sie rechtmaßiger Weise erhandelt, ohne auf einigerley Weise den Tribut zu berüren, dessen Entwendung ihnen beigemessen werden wolle. Nach abgelegtem Eide wurden sie auf freyen Fus gestellet: die Gefar aber, darin sie geschwebet, und die Erneuerung der Drohungen, welche wider diejenigen bekant gemacht wurden , welche ohne Erlaubnis nach Grönland fahren würden, erschreckten die andern dergestalt, daß seit der Zeit, weder Kaufleute noch Schiffknechte sich dahin zu wagen unterstunden. Einige Zeit nachher fandte die Königin etliche Schiffe dahin, die aber nicht wieder zurück kamen, von denen man auch seit dem nichts weiter gehöret noch gesehen. Dadurch wurde die Furcht vergrössert, und niemand getrauete sich, dieses Meer weiter zu beschiffen.”

Bayle, Pierre [top]

Bayle (1741): Verschiedene Gedanken bey Gelegenheit des Cometen. [biblio]


[Vorrede (unpaginated)] “Da ich öffentlicher Lehrer der Weltweisheit zu Sedan war; so wurde ich, bei Gelegenheit desjenigen Cometen, der im Monat Dezember des sechszehnhundert achtizigsten Jahres erschien, von vielen neugierigen oder bestürzten Personen beständig mit hundert Fragen geplagt. Ich suchte, soviel möglich, denenjenigen einen Muth einzusprechen,, die sich uber dieses sogenannte Unglücks- [(2)] zeichen ängstigen; allein durch all meine philosophischen Schlüsse gewann ich sehr wenig bey ihnen. Man antwortete mir allezeit: Gott zeigte uns diese großen Luftzeichen, um den Sündern Raum zu geben, dasjenige Unglück abzuwenden, was über ihrem Haupte schwebte.”


Bayle (1741-44): Historisches und Critisches Wörterbuch. [biblio]


[Vol. 1, p. 268] “Apollonius, von Tyana, war einer von denjenigen Männern in der Welt, von denen man die alleraußerordentlichsten Dinge gesaget hat. Ich war Willens, einer sehr langen Artikel von ihm zu machen; seitdem ich aber den zu Gesichte bekommen, den Herr von Tillemont von ihm gemacht hat, so habe ich meine Zeit besser zu andern Untersuchungen anzuwenden geglaubet, als wenn ich mir die Mühe nähme, dasjenige noch einmal zu sagen, was er schon gesaget hat, oder ihn nur abzuschreiben. Sein Buch wird in mehrer Leute Hände kommen, als dieses, und es wird jedermann eher Gelegenheit haben, dasselbe zu Rathe zu ziehen, als mein Wörterbuch. Es ist also genug, wenn ich berichte, das man in dem II Bande seines Werkes, eine vollständige und richtige Sammlung von allen Merkwürdigkeiten findet, die man von dem Apollonius von Tyana sagen kann.”


[Vol. 1, p. 323] “Arimanius, eine von den vornehmsten Gottheiten der Perser. Dieses Volk hatte seine Philosophie dem Zoroaster zu verdanken, davon die Manichäer eine von ihren Hauptgrundlehren von neuem aufwärmten, nämlich, daß es zweene Ursprünge, einen guten, und einen bösen gäbe. Die Perser nennten diejenige Gottheit Oromasdes, die sie für den Ursprung alles Guten, und für den Urheber des ersten Zustandes erkannten, darinnen die Dinge hervorgebracht worden: und diejenige Gottheit nennten sie Arimanius, die sie für den Ursprung des Bösen, und für den Urheber des Verderbnisses erkannten, in welche die erste Natur gefallen war. Sie sagten, das Oromasdes, nachdem er die guten Geister und Sterne hervorgebracht, diese in ein Ey verschlossen; und daß Arimanius die bösen Geister hervorgebracht habe, welche dieses Ey zerbrochen, woraus die Verwirrung und die Vermischung des Guten und Bösen entstanden. Endlich, setzten sie dazu, würde Oromasdes nach vielen Schlachten und Siegen, die bald auf diese bald auf jene Seite fielen, den Arimanius völlig überwinden, und ihn ohne all Hülfe zu Grunde richten: worauf für das menschliche Geschlecht ein großes Glück und eine sehr bequeme Veränderung folgen würde, vermöge welcher die Körper der Menschen durchscheinend werden, und sich ohne Speisen erhalten würden.”

Bel, Matthias [top]

Bel (1749): “Beschreibung zwoer Höhlen von wunderbarer Beschaffenheit.” [biblio]


[Pp. 65-66] “Ueberhaupt sind in unterirdischen Höhlen die Abwechslungen der Wärme und Kälte, wie es scheint, den äußern entgegen fesetzt. Denn wenn die Luft außen heiß ist, sind solche Grüfte kühl, und bey äußerlicher Kälte lau, welches etwas tiefe Weinkeller täglich lehren. […] Mir fällt die alte Gewohnheit meiner Landsleute ein, wie sie in den ebenen und von der Sonnenhitze ungemein verbrannten Gegenden von Hungarn, den Wein ab- [66] kühlen. Wenn sie durch große Einöden reisen, und sich daselbst aufhalten müssen, und weder Eis noch Brunnenwasser zur Abkühlung des Getränkes vorhanden ist, machen sie eine Grube von ungefähr auf zween Fuß tief in die Erde, lassen die Weinflaschen hinein, und bedecken solche sorgfältig wieder mit Erde; darauf zünden sie jählings über dieser Grube, in welcher der Wein liegt, eine Flamme, vermittelst Heues, Strohes oder Schilfes an. Wenn solches von sich selbst ausgegangen oder von ihnen ausgelöscht worden ist, räumen sie die äußerlich warme Erde weg, und nehmen den Wein so abgekühlt heraus, als ob sie ihn in Eis gesetzt hätten; woher rührt die Abkühlung, als daher, weil von der jählingen Glut, die der Grube Oberfläche plötzlich erhitzt, die natürliche Kälte des Erdreichs von allen Seiten her ist verdichtet worden, sich um die Flasche herumgesetzt, den Wein durchdrungen und erfrischt hat.”

Bernier, François [top]

See: AHR, vol. 11.

Boerhaave, Hermann [top]

Boerhaave (1753): Elementa Chemiae. [biblio]


[P. 40n] “Das ist derjenige Geist, welcher in allen Thieren und Pflantzen als ein Dunst gegenwärtig, und so subtil ist, daß er sich nur durch den Geruch oder Geschmack oder auch wohl nur durch seine Würckungen unserer Aufmercksamkeit offenbaret.”


[P. 434] “Die alten Chymici erkannten, daß Feuer, Luft, Wasser, und Erde, zusammen vereinigt die Cörper ausmachten, doch daß zu solchen entstandenen Cörpern das fünfte Wesen komme, welches aus den übrigen vier Elementen entstanden und mit einer eigenen, unzertrennlichen, gantz besondern Kraft begabt sey, daher denn auch die Farbe, Geruch, Geschmack und insonderheit die Kraft, in den Cörpern selbst rühreten. Da nun also dieses Wesen zu den übrigen vieren hinzu kam, so nannten sie selbiges in einer jeden Sache besonders eine Quint-Essentz. Davon wurde versichert, daß deren zwar nur sehr wenig in denen Cörpern angetroffen werde, es sey aber das wenige von desto größerer würcksahmen Kraft. Wenn damit ein Cörper benetzt würde, so solten dessen Geister davon belebt und ermuntert werden.”


Boerhaave (1754): Phisiologie. [biblio]


[Pp. 933-34] “§595. Die natürliche Ursache des Schlafes wird daher alles dasjenige sein, was diese beiden Dinge hervorbringen kan.[…] [934] […] (b) Durch den verhinderten Zuflus des Bluts gegen den Kopf. Drelincourt unterband einem lebendigen Hunde die Schlafpulsadern (carotides) und das Thier fing so gleich an schwach und schläfrig zu werden, bis es endlich volkommen einschlief."


[P. 958] “Hiermit stimmt Bohns Versuch mit denen Hunden völlig überein, und er versichert, auch daß ihm keiner an einer Wunde des Gehirnleins wieder genesen sei.”


[P. 960] “Chirac durchschnitte einem Hunde das Gehirnlein, und dieser lebte noch 24. Stunden. Man setze hierzu die häuffigen Geschichte[n] derer, die gar keinen Kopf gehabt, die jungen Hunde beim Wepfer bei denen das Herz fortfuhr zu schlagen, ob ihm gleich der Kopf abgeschnitten war.”

De Bononiensi Scientiarum et Artium Instituto atque Academia Commentarii [top]

BonCom (1731-1791): De Bononiensi Scientiarum et Artium Instituto atque Academia Commentarii. 7 vols. Bologna. [biblio]


Vol. 1, pp. 113-22 (German translation in Leske [1: 39-53]).
Marko Antonio Laurenti, “Von den Wassern zu Poretta” (1731).


[P. 48] “Die zwote Quelle, die man das neue Poretta (Poretta nuova) nennt, entspringt in der Nähe der Stadt Pistoja aus einem sandsteinartigen Felsen, und wird in einer Röhre gegen die Morgenseite geleitet, wo sie sich neben einem vom Felsen herab fließenden Bache, der süßes Wasser führt, aus einem in Marmor gehauenen Löwenmunde ergießt, weswegen man sie auch den Löwenbrunn nennt. Das Wasser dieser Quelle ist sehr klar, und etwas slaziger und wärmer, als das Wasser des Poretta vecchia, und hat, nach der Beobachtung des Hrn. Laurenti und seines Begleiters, des Hrn. Pietro Pinolli, einen weniger schwefelichen, aber doch unangenehmen Geruch. Wenn man eine brennende Fackel nahe an die Oeffnung, woraus das Wasser fließt, hält, so ströhmt die Flamme gleichsam neben dem Wasser her und breitet sich sehr aus, so daß auch verschiedene Beobachter, die sich eine falsche Vorstellung hiervon machten, eine wirkliche Entzündung des Wassers behauptet haben.”

Bond, John [top]

Bond (1756): “Schreiben an Peter Thompson […] welches verschiedene Versuche und Bemerkungen über die Kupferquellen zu Wicklow in Irrland enthält.” [biblio]


[Pp. 245-46] “Nach den Wirkungen dieses Wassers [246] aber, welche es an verschiedenen Würmern bewiesen; habe ich Ursache es für ein sehr kräftiges Mittel wider die Würmer zu halten, wenn es mit Behutsamkeit gegeben wird.”


[1753, 189] “I have reason to imagine, from the effects, which this water had on some earth-worms, that it is a very powerful anthelminthic, if cautiously given.”

Bouguer, Pierre [top]

See: SnmR, vol. 3.

Bouillet, Jean [top]

Bouillet (1753): “Anmerkungen vom Steinöl.” [biblio]


[P. 108] “Das Steinöl, (Petroleum) ist ein sehr entzündbares mineralisches Oel, von einem starken, harzigen Geruche, und weißer, gleber und schwarzer Farbe. Es fließt gemeiniglich mit dem Wasser, auf dem es schwimmet, zwischen den Felsen hervor, daher man es auch im Griechischen Πετρ’ελι genennet hat. Man findet viele Quellen von dieser Art in Italien, und die berühmteste unter allen in Frankreich quillt in dem Dorfe Gabian, nahe bey Besiers, allwo die Quelle, die eine Zeitlang nicht mehr geflossen, anjetzo wieder hergestellet ist.”

Boyle, Robert [top]

Boyle (1671): “De temperie subterranearum regionum ratione caloris et frigoris.” [biblio]


[Pp. 56-57] “Nam quanquam experientissimus ille Scriptor [Agricola] in tractatu suo de ortu et causis subterraneorum indefini- [57] tè tantum dicat: quod mediante cuniculo vel canali illo, qui foveam ac fodinam ipsam connectit, aër qui in unam è foveis illis influit, ad aliam transeat: in quinto tamen libro suo de re metallica specialem magis dat & confusam rationem cursus aëris terminis non satis perspicuis: […].”

Bremisches Magazin [top]

[ v1.2v4.2v4.3v5.1v5.2v6.3 ]

BrMag (1756–1765): Bremisches Magazin zur Ausbreitung der Wissenschaften, Künste und Tugend, von einigen Liebhabern derselben mehrentheils aus den englischen Monatsschriften gesammlet und herausgegeben. 7 vols. Bremen / Leipzig: Georg Ludewig Förster. [biblio]


Vol. 1, issue 2 (1757)
(anon.), “Besondere Merkwürdigkeiten des Erdbodens um Modena.” [biblio]


[Pp. 374-75] “Der Grund von der Oberfläche bis zur Tiefe von 4 Fuß bestehet aus Grundlagern und Trümmern einer alten Stadt. Man trift darinn das Pflasterwerk von Strassen, handwerksbuden, Fusboden der Häuser, und Werke von mosaischer Arbeit an. Es ist nicht zu begriefen, wie der alte Grund so sehr erhohet worden, weil solches einer ehemaligen Zerstöhrung und Wiedererbauung der Stadt auf ihren alten Schutt nicht kann zugeschrieben werden, angesehen die Felder umher von derselben Höhe, oder wohl gar noch höher sind. Wen man durch diesen 4 Fuß tiefen Schutt hindurch ist, kommt man zu dem natürlichen Boden, welcher dichte und fest ist, so daß man denken sollte, er wäre nie aufgebrochen gewesen. Doch bald darauf wird er schwarz und morastig, und mit vielen Sumpfrohr vermischet. Ich erinnere mich, daß ich in einem dieser Art Brunnen, ungefehr in der Tiefe von 24 Fuß ganze Halme von Gerstenstroh gesehen; und in einem andern, in der Tiefe von 26 Fuß einen Zweig angestroffen, woran ein Klump von Haselnüssen hieng, welcher noch ganz unbeschädigt war. […][375][…] Die Bäume und Pflanzen, welche darinn gefunden werden, sind ein klarer Beweis, daß sie ehemals in freier Luft gewesen. In dem tiefsten Grunde trift man Balken, Kohlen, Feuersteine und Stücken Eisen an. Wenn das Wasser zuerst hervorbricht, stösset es Eichen, Castanien, Blätter, wie auch Hirse- und Bohnenhülsen a. hervor.”


[The Gentleman’s Magazine (September 1755), p. 396] “From the surface of the ground to the depth of four feet consists of the foundations and ruins of an old city. They meet with the pavement of streets, the shops of handicrafts, the floors of houses, and works in chequer. It is amazing that the ground should be raised to that advanced height, which cannot be imputed to the frequent destruction, and rebuilding of the city above its own ruins, for the fields about it are on the same level, or rather higher.

After they have got through this 4 feet of rubbish, they come to the natural soil, compact and solid, so that you would imagine it to be entire and unbroken; but presently after it blackens and grows fenny, abounding with marshy reeds.

I recollect that I have seen in a well of this nature, about the depth of 24 feet, a barley-straw entire, and in another, at the depth of 26 feet, a bough, with a bunch or cluster of hazel nuts hanging on it, uncorrupted. […]

The trees and plants found are a clear argument they were once exposed to the air. In the lower depth of the wells are found great beams, coals, flints, and pieces of iron. At the first gushing up of the water, it brings up leaves of oak, chestnut, millet, bean-cold, &c.”


Vol. 2, issue 2 (1758)
Baker, Henry “Ein Zusatz zu derjenigen Nachricht von einer ungesunden Haut.”
See: Baker.


Vol. 3, issue 2 (1759)
Peyssonel, Jean André, “Beobachtungen, welche auf dem Schwefelberge der Insel Guadelupa gemachet worden.”
See: Peyssonel.


Vol. 4, issue 2 (1760)
Bruni, Joseph, “Nachricht von dem, was sich zu Bergemoletto durch Herabschiessung eines grossen Schneeberges am 19 März 1755. sich zugetragen.”
See: Bruni.


Vol. 4, issue 3 (1761)
Spence, Joseph [Herrn Spener], “Vergleichung des Herrn Magliabechi und Robert Hills.”
See: Spence.


Vol. 4, issue 3 (1761)
Guignes, Joseph de, “Auszug aus einem Versuche, worin bewiesen wird, daß die Chineser eine ägyptische Colonie seyn.”
See: Guignes.


Vol. 5, issue 1 (1761)
(anon.), “Ausserordentliches Unternehmen des Herrn Davel eines Majors bey der Landmilitz in der Schweitz.” [biblio]


[Pp. 121-22] “Bisher hatte der Major nur geredet, als ein Mann, der für die Wohlfahrt des Vaterlandes eiferte. Aber am 5ten April entdeckte er den Gerichtsherren seinen wahren Character und erwies sich als einen Schwärmer. Er berichtete sie von vielen und grossen Zeichen, die ihm erschienen wären. Er hätte Offenbahrungen gehabt. Eine unbekannte Prophetin hätte ihm manche Dinge vorhergesaget, welche nacher efrüllet worden. Er selbst hätte Wunder gethan, Kranke durch sein Gebet geheilet, und Dinge vorher geweissaget, welche erfüllet worden. […] Aus allen diesen Dingen Schloß er, die Vorsehung hätte ihn ausserordentlich ersehen, sein Vaterland [122] zu befreyen, er hätte also, seinem Ruf gefolget.”

[P. 131] “Sobald als er auf den Gerichtsplatz gekommen war, bat ihm der Amtmann inständigst, er möchte doch nun vor den Augen GOttes, dem er seine Seele bald übergeben würde, aufrichtig bekennen, ob er einige Mitgenossen seiner That gehabt hätte. Er antwortete, daß er nichts von seinem Entwurf verheelet, er wäre allein der einzige Urheber dieser Sache. Dieser obrigkeitlichen Person, welche ihm ihr Mitleiden über sein Schicksal bezeugte, erwiederte er: Mein Schicksal ist recht glücklich, ich empfinde in mir eine grosse Beruhigung.”

[P. 140] “Nachher entkleidete er sich mit eben der Gemüthsruhe, als ob er zu Bette gehen wolte. Er setzte sich freudig auf den Stuhl, der für ihn hingestellet war. Die Prediger, welche ihn begleitet hatten, nahmen von ihm Abschied. Und in dem Augenblick da der Scharfrichter seine Augen mit einer Mütze bedecket hatte, gab er ihm den tödtlichen Hieb.

Kein Kriegsmann starb jemals auf der Blutbühne unerschrockener und mit mehr Ernsthaftigkeit. Er war ein eben so vollkommener Stoiker, als der Ritter Thomas Morus.

Es erhellet aus allen angeblichen Gesichtern des Majors, daß er in seinem Verstande verwirret gewesen.”


Vol. 5, issue 2 (1762)
LaCondamine, Carles-Marie de, “Historie der Einpfropfung der Kinderblattern.”
See: LaCondamine in HMag, vol. 17.


Vol. 6, issue 3 (1762)
“Nachricht von der Reise, die Hr. Anquetil du Perron nach Indien gethan hat, in der Absicht, die Werke, die man dem Zoroaster zuschreibt, ausfindig zu machen und zu übersetzen.”
See: Anquetil-Duperron.

Browallius, Johann [top]

Browallius (1756). Historische und physikalische Untersuchung der vorgegebenen Verminderung des Wassers und Vergrößerung der Erde. [biblio]


[Translator’s Preface (unpaginated)] “Der gelehrte und fleiße öffentliche Lehrer der Geschichte zu Lund, Herr Sven Bring, fing im Jahr 1749 an, Sammlungen verschiedener Schriften und Erinnerungen zur Erläuterung der schwedischen Historie, in schwedischer Sprache in 8vo ans Licht zu stellen. In denselben theilete er sofort in dem eilften Stücke des ersten Theils der gelehrten Welt mit, seine unvorgreiflichen Erinnerungen wegen der Wasserverminderung in Norden, in wie weit davon einige Sicherheit von dem Alter des Königreichs Schweden kann erwartet werden. Wo irgend etwas gründliches wider das so genannte Wassersystem hier in [(xxi)] Schweden ist geschrieben worden: so ist es gewiß diese Schrift, obgleich dieselbe kaum dritthalb Bogen ausmachet. Es hat auch daher der Herr D. Browallius nicht vergessen, dieselbe in dem 7 und 51 § anzuführen.”


[P. 71-72] “Kürzlich: man kann allem Ansehen nach mit der Vegetation der Naturalien durch das Wasser, mit der Crystallisation der Salzarten, mit der Putrefation des Wassers, mit dem Sediment etc. nicht weiter mit Gewißheit beweisen, als daß das Wasser ein Lixivium naturae, oder ein Vehiculum bey den Wirkungen derselben sey. [72]

Daß des Boyle Experiment, bey welchem er nicht weiter, als nur beim Anfange gewesen ist, unzuverläßig sey, solches beweiset die vom Boerhaven angestellte Wiederholung desselben [note: ‘Chem. p. 627, u.f.’]”


[P. 103] “Der höchste Theil des Grundes dieses Schlosses [zu Abo], ist 24 Schuhe und zweene Zolle über der dermaligen Wasserfläche: muß also vor 600 Jahren, da der älteste Theil dieses Schlosses, wie man vermuthet, soll erbauet worden seyn, zweene Schuhe, acht Zolle, nach der Hypothese, unter Wasser gestanden haben: die übrigen Theile des Schlosses aber müßten gar sechs bis sieben Schuhe etc. unter Wasser gesetzet werden. Es ist leicht hieraus abzunehmen, daß es vor 390 Jahren schwer würde gewesen seyn, so tief unter Wasser zu bauen; zumalen da die Historie mit aller Sicherheit berichtet: daß das Schloß vor eben so vielen Jahren von König Albrechten, und vor 314 Jahren von Karl Knutson sey erobert worden; des Erdreichs nicht zu gedenken, welches doch nothwendig in der Zeit muß zugenommen haben. Wenn man aber auch nur das neuere Schloß, welches der König Johann im 1563 Jahre als ein gefangener Herzog bewohnet hat, ansehen will: so sehe ich nicht, wie er habe zur Pforte kommen können: dieweil, wenn das Verminderungsmaaß Stich halten soll, dieselbe schier eine Elle unterm Wasser müsse gestanden haben.”

Browne, Thomas [top]

Browne (1680). Pseudodoxia Epidemica. [biblio]


[Bk. 7, Ch. 13, pp. 968-69] “Von dem Tode Aristoteles. 1. Das Aristoteles sich selbst in das Enge-Meer gestürtzet, aus Verzweifelung daß er die Ursache nicht finden können, warum dasselbe des Ta- [969] ges siebenmahl ab- und zu flösse, mit diesen Worten: Siquidem ego non capio te, tu capies me. Das ist: Kan ich dich nicht fassen, so solltu mich fassen; findet man beschrieben bey dem Procopio, Nazianzeno, und Justino dem Märtyrer, und wird ins gemein unter uns geglaubt.”

Brückmann, Urban Friedrich Benedict [top]

Brückmann (1749). “Nachricht von der Beschaffenheit des bey Jena gelegenen Fürstenbrunnens.” [biblio]


[P. 507] “Schütte in seiner Oryctographia und andere mehr, haben unserer Quelle die Eigenschaft zugeschrieben, daß sie Steine, Holz und Kräuter und andere hineingeworfene Dinge mit Stein überzöge, […].”

Brucker, Johann Jakob [top]

Brucker (1742-44): Historia critica philosophiae [biblio]


[Vol. 1, p. 260] “§V. Haec de Hermete utroque, altero Aegyptiacae sapientiae atque eruditionis conditore, altero restauratore hiftoria, multos libros peperit, & apud veteres & apud recentiores magnam celebritatem & auctoritatem consecutos. Diximus enim in antecedentibus, columnas Hermeticas e terra in Aegypto passim erutas in sacrariis templorum consilio Hermetis secundi repositas suiffe, tanquam ἀρχέτυπα, sapientiae Hermeticae. Vnde constat, hanc scribendi rationem & animi cogitata atque sapientiae praecepta tradendi morem esse antiquissimum, & inter Aegyptios, immo alias quoque nationes, uti Sinenfsum exemplo liquet, longe vetustiorem modo scribendi per literas, quas figuras illas arcanas peperisse verisimile est. Eruta vero haec monumenta & a sacerdotibus Aegyptiis tanquam oracula custodita, & pro fontibus omnis sapientiae habita fuisse, inde patet quia Graeci philosophi, qui ad Aegyptios sapientiae discendae causa profecti sunt, profecisse ex iis dicuntur, id quod de Pythagora & Platone affirmat Iamblichus, & de Democrito, furti ideo aeque ac Plato, accusato Clemens Alexandrinvs.”


[Vol. 1, p. 1092] “LV. Nulla anima interit, sed post certos fati circulos, definitasque temporun periodos, nova subit corpora, idque, quod fuit olim, fit rursus. Celebratissunum hoc transmigrationis animarum in schola Pythagorica dogma est, quod non arcanum tenebatur, sed in vulgus emanabat, id quod a barbaris, parem sententiam in vulgus spargentibus, accepit, & more suo imitatus est. Nec poterat aliter statuere philosophus, cum animae naturam in numero tanquam particulam divini aetheris posuisset, & intelligibilem ei conditionem adscripsiffet. Affertione enim XL ostendimus, vi natura emanationis, nihil quod ad stabilern, simplicem, & aeternam naturam referri potest, interire, nec mutari, sed nova tantum involucra quasi, ex materia crassiori, accipere. Quse cum Pythagoram eo perduxiddent, ut animas certo numero definitas praexistere ante corpora, statueret, necessario reditus animarum in nova corpora afferendus erat: cumque rerum omnium ex una anima mundana participantium cognationem assereret, ut diserte tradit Porphyrivs, non in humana tantum, sed & bruta corpora migrare animas decernendum erat. Egregie hanc Pythagorae doctrinam descripsit Ovidivs, Pythagoram ita fermocinantem inducens: (passage from Ovid’s Metamorphoses)”

Bruni, Joseph [top]

Bruni (1760): “Nachricht von dem, was sich zu Beremoletto durch Herabschiessung eines grossen Scheeberges am 19 März 1755. sich zugetragen.” [biblio]


[Pp. 269-77] “Es liegen ohnfern von Demonte, wenn man durch das obere Thal von Stuva die Gebirge hinuntersteiget, nach der linken Hand, ohngefehr anderthalb Stunden von dem Wege so nach Demont führet, fast auf der Mitte des Berges, einige wenige Häuser, welche von den dortigen Einwohnern Bergemoletto genennet werden. Diese hatten das Unglück am 19then [270] März 1755. des Morgens, da sehr viel Schnee gefallen war, durch 2 grosse Scheehaufen, welche von den obern Theilen des Gebürges herunterrollten, gänzlich bedeckt und zu Grunde gerichtet zu werden. Alle diese Einwohner befanden sich in ihren Häusern, nur Joseph Rochia, ein Mann von ohngefehr 50 Jahren war nebst seinem 15jährigen Sohne, mit Wegräumung des Schnees, welcher in den vorhergehenden 3 Tagen ohne Aufhören gefallen war, oben dauf ihrem Dache beschäftiget. […] [271] […]

Unter diesem entsetzlichen Schneeberge, welcher 60 englische Schuh hoch war, wurden 22 Personen begraben. Weil der Schnee so hoch war, so konnen die Arbeitsleute, deren eine grosse Menge beordert waren, um diesen Elenden zu Hülfe zu kommen, solchen nicht wegschaffen und man ließ endlich alle Hoffnung fahren, daß man ihnen die geringste Hilfe würde erzeigen können. […] [272-273]

[…] begaben sie sich beyde nach dem Schnee: machten noch andere Oefnungen in denselben, bis daß eine derselben sie zum verlangten Hause führte, allein, unter dessen Ruinen fanden sie keine todte Menschen. Sie suchten daher den Stall auf, welcher ohngefehr 240 englische Fuß von dem Hause gelegen war, und nachdem sie nahe dabey kommen, vernahmen sie Geschrey: Ach lieber Bruder! hilf mir. […] und fanden ausser der Frauen von 45 Jahren noch eine Schwester und eine Tochter am Leben, davon jene 35, diese 13 Jahr alt war. […] [274-276]

[…] Zwo Ziegen aber wären nahe bey der Krippe gewesen und lebendig geblieben. Diese [277] hätten sie sorgfältig befühlet und dadurch erfahren, daß eine derselben trächtig wäre und gegen die Mitte des Aprils Junge werfen würde, die andere wäre milchend gewesen, von deren Milch sie denn auch ihr Leben erhalten hätten.”

Es sagte auch die Frau ferner aus, daß in der ganzen Zeit, da sie unter dem Schnee begraben gewesen, sie nicht das geringste Tageslicht gesehen. DDennoch hätten sie ohngefehr die ersten 20 Tage einige Kenntniß vom Tage und von der Nacht gehabt. Dann wenn die Hähne gekrähet, so hätten sie geglaubet, es bräche der Tag hervor; allein nachher wären auch diese gestorben.”


[Phil. Transactions of the Royal Society, pp. 796-901] “In the neighbourhood of Demonte, as one descends through the upper Valley of Stura, on the left hand, about an hour and half distant from the road leading to the castle of Demonte, towards the middle of the mountain, there were some houses in a place called by the inhabitants Bergemoletto, which on the 19th of March, in the morning, (there being then a great deal of snow) were intirely overwhelmed and ruined by two vast bodies of snow, that tumbled down from the [797] upper mountains. All the inhabitants were then in their houses, except one Joseph Rochia, a man of about 50, who with his son a lad of 15, were on the roof of his house, endeavouring to clear away the snow, which had fallen without any intermission for three preceding days. […]

Two-and-twenty persons were buried under this vast mass of snow, which was 60 English feet in height, insomuch that many men, who were ordered to give them all possible assistance, despaired of being able to do them the least service. […] [798] […]

[Joseph, his brother-in-law, and neighbors, after earlier failed attempts, on April 24th again went] to work upon the snow, where they made another opening, which led them to the house they searched for; but finding no dead bodies in its ruins, they sought for the stable, which was about 240 English feet distant, and having found it, they heard a cry of ‘Help, my dear brother.’ […] The other brother [799] and the husband then went down, and found still alive the wife about 45, the sister about 35, and a daughter about 13 years old. […] [800] […]

[…] Two of the goats however were left alive, and were near the manger; they felt them very carefully, and knew by so doing that one of [801] them was big, and would kid about the middle of April; the other gave milk, wherewith they preserved their lives.

The women affirmed, that during all the time they were thus buried, they saw not one ray of light, nevertheless for about twenty days they had some notion of night and day; for when the fowls crowed they imagined it was break of day: but at laft the fowls died.”

Buffon, Georges-Louis Le Clerc, Comte de [top]

[ 1.1 (1750)1.2 (1750)2.1 (1752)2.2 (1754) ]

Buffon (1750-1774): Allgemeine Historie der Natur. [biblio]


Erster Theil, erster Band (1750)


[1750, vol. 1.1, p. 79] “Kann man nicht mit einiger Wahrscheinlichkeit sich vorstellen, daß vielleicht ein Comet auf die Oberfläche der Sonne fiel, welcher dieses Gestirn von seiner Stelle trieb, und etliche kleine Theile davon abschlug, denen der Comet eine stoßende Bewegung von eben der selben Seite her, und durch einen einzigen Stoß beybrachte; daß also die Planeten ehemals Theile der Sonne gewesen sind, welche durch eine stoßende Kraft, die allen gemein war, und die sie noch jeßt beybehalten, von ihr abgerissen worden?

Dieses scheint mir zum wenigsten eben so glaubwürdig, als die Meynung des Herrn von Leibnitz, welcher dafür hält, daß die Erde und die übrigen Planeten Sonnen gewesen sind; und ich glaube, daß sein System, dessen Inhalt im fünften Artikel zu finden ist, sehr allgemein und ein wenig glaublicher geworden seyn würde, wofern er sich zu dieser Vorstellung erhoben hätte. In diesem Falle müssen wir nun glauben, daß es zu der Zeit geschehen sey, davon Moses saget, daß Gott das Licht von der Finsterniß geschieden habe: denn nach Leibnitzens Meynung geschaße die Scheidung des Lichtes von der Finsterniß als die Planeten auslöscheten. Hier aber ist es eine natürliche und wirkliche Scheidung, weil die dunkele Materie der Planeten von der leuchtenden Materie, daraus die Sonne bestehet, wirklich geschieden ward.”


[1750, vol. 1.1, pp. 97-98] “Von diesen falschen Grundsätzen kömmt er auf witzige Voraussetzungen, die zwar fremd und außerordentlich genug sind, gleichwol aber einen Grad der Wahrscheinlichkeit ha- [98] ben, wenn man sich mit ihm der Schwärmerey seines Systems überläßt. Er saget, daß das alte Chaos, aus dem unsere Erde enstanden, die Atmosphäre eines Cometen gewesen; daß die jährliche Bewegung unserer Erde ihren Anfang mit der neuen Form genommen, die sie erhalten, dahingegen ihre tägliche Bewegung sich erst mit dem Falle des ersten Menschen angefangen habe; daß der Zirkel der Ekliptik damals den Wendezirkel des Krebses in dem Puncte des irdischen Paradieses an der Gränze von Assyrien nordwestlich durchschnitten; daß vor der Sündfluth das Jahr sich mit der Tag- und Nachtgleiche im Herbste angefangen; daß die ursprünglichen Kreise der Planeten, insonderheit der Erde, damals vollkommene Zirkel gewesen; daß die Sündfluth ihren Anfang genommen am 18. November des 2365sten Jahres, nach der Julianischen Zeitrechnung; das ist 2349 Jahre von Christi Geburt; daß das Sonnenjahr vor der Sündfluth mit dem Mondenjahre einerley gewesen und 360 Tage begriffen habe; daß ein Comet in der Fläche der Ekliptik gegen seinen Näherungspunkt zur Sonne herunter gefahren, und eben an dem Tage, da die Sündfluth angegangen, nahe bey der Erdkugel vorbeygekommen, daß eine große Hitze im Innersten der Erde befindlich, welche sich beständig vom Mittelpuncte nach dem Umfange zu verbreite; daß die gänzliche innerliche Beschaffenheit der Erde einem Erze gleiche, welches ein ganz altes Sinnbild von der Erde ist; daß die Berge die leichtesten Theile der Erde sind, u.s.w. Nachher schreibt er der Sündfluth alle Veränderungen zu, die unsere Erdkugel auf der Oberfläche sowol als inwendig erlitten. Er nimmt Woodwards Meynungen blindlings an, und bedienet sich ohne Unterschied aller Anmerkungen, die dieser Schriftsteller über den jetzigen Zustand der Erde gemacht hat. Hingegen macht er gar viele Zusätze, wenn er von ihrem künftigen Zustande redet. Seiner Meynung nach, wird sie durch Feuer untergehen, und vor ihrer Zerstörung werden abscheuliche Erdbeben, erschreckliche Luftzeichen und Gewitter vorhergehen; Sonne und Mond werden scheuslich aussehen; die Himmel werden einzustürzen drohen, und der Brand wird auf der ganzen Erde allgemein seyn. Wenn aber das Feuer alles wird verzehret haben, was sie unreines enthält, wenn sie wird zu Glas und durchsichtig wie Crystall geworden seyn: alsdenn werden die Heiligen und die Seligen Besitz davon nehmen, und sie bis an den Tag des jüngsten Gerichts bewohnen.”


[1750, vol. 1.1, pp. 99-100] Im Anfange schuf also Gott die ganze Welt. Nach Whistons Meynung aber war damals die Erde unter den übrigen Irrsternen nichts als ein unbewohnter Comet, wo die strengste Hitze und Kälte einander abwechselten, worinnen die Materien bald schmolzen, bald zu Glas wurden, bald gefroren, und ein Chaos ausmachten, das heißt, einen Abgrund, der in dicke Finsterniß verhüllet war; kurz, es war finster auf der Tiefe. […] [100] […] Weil aber die irdischen Theile mit vielem Wasser vermischet waren, so haben sie im Sinken einen Theil von diesem Wasser mit sich hinunter geführet, welches nicht wieder hat hinaufsteigen können, nachdem die Erde sich völlig gebildet hatte, und dieses Wasser macht eine Lage rund um die schwere Feuchtgkeit her, die den Kern umgiebt, dergestalt, daß der große Abgrund aus zweenen Kreisen besteht, die um einen Mittelpunct gehen, deren innerster aus einer schwereren flüßigen Materie, und der zweyte aus Wasser besteht. Diese Lage vom Wasser ist eigentlich der Grund der Erde, und von dieser wunderwürdigen Einrichtung der Atmosphäre des Cometen hängt die Theorie der Erde, und die Erklärung der sichtbaren Begebenheiten in der Natur ab.

[…] Dieser allgemeine Tod erfolgte Mittwochs den 28sten November, durch eine entsetzliche Ueberschwemmung von vierzig Tagen und vierzig Nächten, und diese Ueberschwemmung ward durch den Schweif eines andern Cometen verursachet, welcher auf die Erde traf, als er seinen Näherungspunct zur Sonne erreicht hatte, und wiederum zurückkehrete.”


[1750, vol. 1.1, p. 106] “Er [John Woodward] hat bemerket, daß diese Schichten horizontal sind, und daß sie auf eine solche Weise über einander liegen, wie alle Materien liegen müssen, die vom Wasser herbey geführet, und sich als Hefen gesetzet haben. Auf diese allgemeine und sehr wahre Anmerkungen folgen besondere Betrachtungen, wodurch er unwidersprechlich erweiset, daß die Foßilien, so man in den Schichten findet, wahre Muscheln und Meergewächse, und keine Mineralien, keine besondere Geschöpfe, auch keine Spiele der Natur sind etc. Zu diesen Anmerkungen, die jedoch zum Theil vor ihm schon gemachet worden, die er aber gesammlet und bestätiget hat, füget er noch andere hinzu, die nicht so richtig sind. Er versichert, daß alle Materien in den unterschiedenen Schichten nach der Ordnung ihrer eigenthümlichen Schwere über einander lägen, so, daß die schwersten unten, und die leichtesten oben befindlich wären. Dieser allgemeine Satz ist nicht richtig; und man muß hier dem Verfasser Einspruch thun; und ihm diejenigen Felsen zeigen, welche, wie man es täglich findet, auf Thon, Sand, Steinkohlen und Erdpech ruhen, und deren eigenthümliche Schwere unstreitig größer ist, als dieser Materien ihre. Denn wenn man überall in der Erde erst Schichten von Erdpech, hernach von Kreide, ferner von Mergel, sodenn von Thone, von Sand, von Stein, von Marmor, und endlich von Metallen anträfe, so daß die Zusammensetzung der Erde sich genau und allenthalben nach den Gesetzen der Schwere richtete, und daß die Materien alle nach der Ordnung ihrer eigenthümlichen Schwere lägen, so wäre es einigermaßen wahrscheinlich, daß sie sich alle zu gleicher Zeit gesetzet hätten; und dieses ist, was der Verfasser mit vieler Zuversicht behauptet, und wowider doch der Augenschein streitet.”


[1750, vol. 1.1, p. 110] “Im Jahre 1729 kam zu Amsterdam des Herrn Bourguet Abhandlung, nebst dessen philosophischen Briefen von der Bildung der Salze, etc. heraus, worinnen er eine Probe von dem Systeme gab, so er im Sinne hatte, welches aber nicht zum Vorscheine gekommen, weil er durch den Tod daran verhindert worden. Man muß dem Verfasser die Gerechtigkeit wiederfahren lassen, daß niemand besser als er die Begebenheiten und Vorfälle in der Natur gesammlet hat, wie man ihm denn auch die schöne und große Entdeckung von den zusammenpassenden Winkeln der Berge zu danken hat, als welches ein Schlüssel zu der Theorie der Erde ist.”


[1750, vol. 1.1, pp. 137, 139] “Nicht nur das ebene Land und die Hügel bestehen aus diesen parallelen und horizontalen Schichten; sondern auch sogar die Berge sind überhaupt auf eben diese Art zusammen gesezet. Man kann sagen, daß in den Bergen die Schichten viel deutlicher zu sehen sind, als im ebenen Lande, weil dieses mehrentheils durch viel Sand und Erde, so das Wasser darauf spület, bedecket ist, so, daß man darinnen viel tiefer graben muß, um die alten Schichten zu finden, als in den Bergen.

Ich habe zum öftern bemerket, daß, wenn ein Berg gleich, und sein Gipfel wagerecht ist, auch die Schichten oder Lagen von Stein, woraus er besteht, wagerecht liegen. Wenn aber der Gipfel nicht horizontal ist, sondern gegen Osten, oder gegen eine andere Seite hängt, so haben auch die Schichten von Stein nach derselben Seite einen Abhang. […][138-139] […]

Inzwischen haben diese Steinbrüche ihre horizontale Stellung nicht behalten können, wenn nicht die Masse der Berge sich just nach einer senkrechten Axe auf der Erdfläche erhoben, welches aber nur selten hat geschehen können. Und daher kommt es auch, wie wir bereits im Jahr 1708 bemerket haben, daß die Lagen der Steinbrüche in den Bergen allezeit einen Abhang nach dem Horizont haben, ob sie gleich unter sich parallel sind, weil ihre Stellung sich nur in Ansehung der Erdfläche, und nicht in Ansehung ihrer Verhältniß gegen einan der verändert hat.”


[1750, vol. 1.1, p. 160] “Diese Beobachtungen, an denen kein Zweifel ist, würden mich auf die Gedanken gebracht haben, daß auch in dem größten Theile des festen Landes von America, und sonderlich in den Bergen, ebenfalls Muscheln und anderer Seegeschöpfe vorhanden seyn müßten, wie solches Woodward versichert. Dem ohnerachtet hat mich der Herr de la Condamine, der viele Jahre in Peru gewesen ist, versichert, er habe auf dem Gebirge Cordillera keine gesehen, auch keine finden können; er glaube auch nicht, daß dort welche zu finden wären. Diese Ausnahme wäre zu bewundern, noch mehr aber die Folgerungen, so daraus hergeleitet werden könnten.”


[1750, vol. 1.1, p. 172] “Wenn die ägyptischen Könige, anstatt der Pyramiden, und der stolzen Denkmaale ihres Reichthums und ihrer Eitelkeit, die sie errichtet haben, eben so große Kosten angewendet hätten, die Erde bis auf eine französische Meile tief zu untersuchen, so wären vielleicht Sachen gefunden worden, welche die Mühe und Unkosten wieder eingebracht hätten; wenigstens würde man dadurch von dem Wesen, daraus das Innere der Erde besteht, eine Kenntniß haben, die man noch nicht hat, und die vielleicht sehr nützlich wäre.”


[1750, vol. 1.1, pp. 173-74] “Man hat seit langer Zeit wahrgenommen, daß die Reihen der höchsten Berge vom Abend gegen Morgen gehen, und nachdem die neue Welt entdecket worden, hat man gesehen, daß es sehr ansehnliche Gebirge giebt, die sich von Norden nach Süden erstrecken; aber niemand hatte vor dem Herrn Bourguet, die wunderbare Regelmäßigkeit des Baues dieser großen Klumpen entdecket. Er hat gefunden, nachdem er dreyßigmal, an vierzehn verschiedenen Oertern, über die Alpen, und zweymal über das apenninische Gebirge gereiser war, und nachdem er viele Reisen in den Gegenden dieser Gebirge und auf dem Berge Jura gethan hatte, daß die Gebirge in ihrem Umfange beynahe eben so, als die Festungswerke, gestaltet sind. Wenn der Haupttheil eines Gebirges von Westen nach Osten geht, so machet es Vorsprünge, die, so vieles möglich ist, nach Norden und Süden gehen. Diese wunderbare Regelmäßigkeit ist in den Thälern so merklich, daß es scheinet, als ob man in einem ganz regelmäßigen bedeckten Wege gienge. Denn wenn man, zum Exempel, in einem Thale von Norden nach Süden reiset, so bemerket man, das der [174] Berg zur Rechten Vorsprünge oder auch Winkel machet, welche nach Osten stehen, daß die Vorsprünge oder Winkel des Berges zur Linken, nach Westen gekehret sind; dergestalt, daß dennoch die ausspringenden Winkel von beyden Seiten mit den einspringenden Winkeln, die ihnen wechselsweise entgegenstehen, zusammen passen. Die Winkel, welche die Berge in großen Thälern machen, sind nicht so spitzig, weil der Abhang nicht so steil ist, und weil sie weiter von einander abstehen; und in den Ebenen sind sie nur an dem Laufe der Ströme zu erkennen, als welche gemeiniglich mitten hindurch fließen. Ihre natürlichen Krümmen passen mit den ansehnlichsten Aussprüngen zusammen, oder auch mit den am weitesten hervorragenden Winkeln der Berge, an welche das Erdreich, darinnen die Flüsse laufen, anstößt. Man muß sich wundern, daß man eine so sichtbare Sache nicht wahrgenommen; und wenn in einem Thale der Abhang eines von den umstehenden Bergen nicht so steil als der Abhang des andern Berges ist, so nimmt der Fluß seinen Lauf weit näher an dem steilesten Berge, und fließt nicht in der Mitte. Man sehe die Lettres philosoph. sur la format. des sels, a. d. 181 u. 200 S.”


[1750, vol. 1.1, p. 182] “Die Ströme sind bekanntermaßen allezeit an ihren Ausflüssen am breitesten. Je mehr man in das Land hinein kömmt, und vom Meere sich entfernet, desto geringer wird ihre Breite. Merkwürdiger aber, und vielleicht nicht so bekannt, ist dieses, daß sie im Innern des Landes, in einer ansehnlichen Entfernung vom Meere, in langen Strecken gerade, und nach einerley Richtung laufen, und daß die Krümmen in ihrem Laufe immer häufiger werden, je näher sie zu ihrem Ausflusse kommen. Ein gewisser Reisender, und zugleich ein verständiger, und im Beobachten sehr geschickter Mann, der in dem westlichen Theile von Südamerica viele Reisen zu Lande gethan hat, erzählete mir, daß die Reisenden, und sogar die Wilden, fast untrüglich zu erkennen wüßten, wie weit sie vom Meere entfernet wären. Denn wenn sie wissen wollten, ob sie sich weit im Innern des Landes, oder in einem an das Meer gränzenden Lande befänden, so folgeten sie dem Ufer eines großen Flusses nach, und wenn die Richtung des Flusses in einer Länge von fünfzehn bis zwanzig französischen Meilen gerade gienge, so schlössen sie daraus, daß sie sehr weit vom Meere wären; wenn hingegen der Fluß Krümmen hätte, und seinen Lauf oft veränderte, so versicherte sie dieses, daß sie sich nicht sehr weit vom Meere befänden. Herr Fabry hat die Wahrheit dieser Anmerkung selbst wahr befunden, und sie ist ihm auf seinen Reisen sehr nützlich gewesen, wenn er unbekannte und fast unbewohnte Länder durchreisete.”


[1750, vol. 1.1, pp. 190-91] “Dieses ist eine sehr geringe Ausdünstung, ob man sie gleich doppelt, und dreymal größer annähme, damit man dasjenige Wasser mit in Berechnung brächte, welches auf das Meer zurückfällt, und nicht auf den Erdboden geführet wird. Man lese hiervon Halleys Schrift in der Transact, philosoph. 192. Nummer, darinnen er, und zwar durch die Rechnung, deutlich zeiget, daß die Dünste, so sich aus dem Meere in die Höhe ziehen, und von den Winden über den Erdboden geführet werden, hinlänglich sind, alle Ströme zu machen, und das sämmtliche Wasser auf der ganzen Oberfläche der Erde zu unterhalten.

Nach dem Nil ist der Jordan im ganzen Morgenlande, ja sogar in der Barbarey, der alleransehnlichste Strom. Er liefert dem todten Meere täglich ohngefehr sechs Millionen Tonnen Wassers. Alles dieses Wasser, und noch mehr, wird durch die Ausdünstung in die Höhe getrieben. Denn wenn man, nach Halleys Ausrechung annimt, daß auf jede Flächenmeile 6914 Tonnen Wassers in Dünste verwandelt werden, so ergiebt sich, [191] daß das todte Meer, welches zwey und siebenzig Meilen lang und achtzehn Meilen breit ist, täglich durch die Ausdünstung beynahe neun Millionen Tonnen Wassers verlieren muß, daß heißt, nicht nur alles Wasser, das es aus dem Jordan erhält, sondern auch dasjenige, welches von dem Gebirge Moab und von andern Oertern dahin fließt: folglich theilet es durch keine unterirdische Canäle andern Meeren etwas mit. Man sehe Shaws Reisen im 2. Th. a. d. 71 S.”


[1750, vol. 1.1, p. 192] “Alle diese Flüsse bringen dem Meere in ihren Wassern eine große Menge mineralischer und salzigter Theile mit, welche sie in den verschiedenen Arten von Erdreich, durch die sie gelaufen sind, mit sich hinweggenommen haben. Die salzigten Theile, die, wie bekannt ist, sich leichtliche auflösen lassen, kommen mit den Wassern der Flüsse ins Meer. Einige Naturkundige, und unter andern Halley, haben vorgegeben, es rühre die Salzigkeit des Meeres bloß von den Salzen aus der Erde her, welche die Flüsse mit sich dahin bringen. Andere haben gesaget, es sey die Salzigkeit des Meeres so alt als das Meer selbst, und dieses Salz sey bloß geschaffen worden, um die Fäulniß zu verhüten. Man kann aber versichert seyn, daß das Seewasser durch die Bewegung der Winde und der Ebbe und Fluth, vor der Fäulniß eben so sehr bewahret wird, als durch das Salz, so es in sich hält: denn wenn man es in einer Tonne aufhebt, so verdirbt es in wenig Tagen, und Boyle erzählet, daß ein Schiffer, der von einer Windstille, die dreyzehn Tage anhielt, überfallen ward, das Meer dermaß stinkend befunden habe, daß, wenn die Windstille nicht nachgelasen hätte, die meisten von seinen Bootsleuten gestorben seyn wurden. […]

Doch dieses beyseite gesetzet, so halte ich für die wahren Ursachen der Salzigkeit des Meeres nicht nur die Salzbänke, die sich vielleicht im Grunde des Meeres und an den Küsten befunden haben, sondern auch das Salz aus der Erde, welches die Flüsse unaufhörlich dahin bringen, und ich glaube, daß Halley gewisser maßen recht hat, wenn er vermuthet, daß das Meer im Anfange der Welt wenig oder nicht gesalzen gewesen, und daß es erst nach und nach, so wie die Ströme vieles Salz mit sich gebracht, salzig geworden sey, ferner, daß seine Salzigkeit vielleicht täglich zunimmt, auch immer zunehmen wird, und daß er folglich hieraus hat schlüßen können, daß wenn die Menge Salzes, die ein Strom bey seinem Ausflusse ins Meer mit sich führet, durch Erfahrungen bestimmete, und die Menge Wassers überschlüge, welche die sämmtlichen Ströme hinein bringen, man aus dem Grade der Salzigkeit des Seewassers das Alter der Welt erfahren könnte.”


[1750, vol. 1.1, p. 210] “So viel ist gewiß, daß dieses Meer von seinem Anfange bis zum Ende, von Natur einerley Farbe hat, wie solches der Augenschein selbt lehret, wenn man an verschiedenen stellen Wasser aus demselben schöpfet. Dem ungeachtet aber muß man dieses einräumen, daß es zufälliger Weise an manchen Orten roth, an andern aber grün, oder auch weiß zu seyn scheint. Die Ursache ist folgende. Von swaken an bis nach Cossir, welches hundert sechs und dreyßig Meilen beträgt, ist die See ganz ungewöhnlich voll von sandbänken und von Klippen von Corallensteinen. Diese steine führen diesen Namen, weil sie ihrer Farbe und ihrer Gestalt nach, den Corallen so ähnlich sind, daß man diejenigen, die nicht den Unterschied zwischen beyden kennen, damit betriegen kann. Sie wachsen wie Bäume, und breiten ihre Aeste, wie die Corallen aus. Es giebt deren zwo Arten: eine ist ungemein weiß, und die andere hochroth. Die Bänke, die aus denselben entstehen, sind an vielen Orten mit einer Art von grünem Gummi, oder schleime bedecket, welches auch in manchen Gegenden oranjengelb aussieht. Da nun das Wasser in dieser See, besonders über Swaken, viel heller und durchscheinender ist, als irgend ein Wasser in der Welt, so daß man den Grund zwanzig Faden tief sehen kann, so nimmt es die Farbe der Dinge an, über die es hinweg fließt.” [This text was quoted from text that was also translated at AHR, vol. 1 (1747, 226).]


[1750, vol. 1.1, p. 212] “Ich weiß wohl, daß einige vorgegeben haben, als ob das Wasser in der gibraltarischen Meerenge einen zweyfachen Lauf hätte, einen oberen, welcher das Wasser ins mittelländische Meer treiben soll, und einen unteren, dessen Wirkung, wie sie sagen, jenem zuwider ist. Allein diese Meynung ist augenscheinlich falsch, und den Gesetzen der Hydrostatik ganz zuwider. Gleicherweise hat man auch vorgegeben, daß an vielen andern Oertern das Wasser unten nach einer Richtung laufe, welche dem Laufe des oberen Wassers zuwider wäre, als, in der Meerenge bey Constantinopel, der Bosphorus genannt, im Sund, u. a. m. Marsilli führet sogar die Erfahrungen an, so in der Meerenge bey Constantinopel angestellet worden, und welche diese Sache beweisen sollen. Es ist aber sehr wahrscheinlich, daß bey diesen Erfahrungen nicht recht verfahren worden, weil es eine unmögliche Sache ist, welche allen Begriffen, so man von der Bewegung des Wassers hat, widerspricht. Uebrigens beweiset Greaves in seiner Pyramidographie, a. d. 101 u. 102 Seite aus richtig angestellten Erfahrungen, daß in der Meerenge bey Constantinopel kein unterer Lauf des Wassers ist, welcher dem obern Laufe zuwider wäre. Was den Marsilli und andere hat betriegen können, ist dieses, daß in der Meerenge bey Constantinopel, sowol, als in der gibraltarischen, und in allen Strömen, die etwas schnell fließen, starke drehende Kreise längst den Ufern befindlich sind, deren Zug insgemein anders, als in dem Hauptlaufe des Stromes: bisweilen auch demselben ganz zuwider ist.”


[1750, vol. 1.1, pp. 234-35] “Bey dieser Gelegenheit muß ich dasjenige anführen, was ein berühmter Seefahrer [Dampier] hiervor schreibt: ‘Ich habe allezeit beobachtet, daß das Meer an solchen Oertern, wo die Küste mit steilen Klippen verwahret ist, überaus tief ist, so, daß man selten daselbst ankern kann. An solchen Stellen hingegen, wo das Erdreich einen Abhang nach dem Meere hat, ist der Grund allezeit gut, und folglich auch zu ankern, die Küste mag, tiefer ins Land, so erhaben seyn, als sie will. […] [235] […] Ich will nur überhaupt sagen, daß hohe Küsten sehr selten ohne tiefes Wasser sind, und daß man im Gegentheile niedrige Landschaften und utiefe Meere fast allezeit beysammen antrifft.’”


[1750, vol. 1.1, pp. 258-59] “Die andere Gattung heißt Typhon. Verschiedene Schriftsteller haben den Typhon mit dem Orcan verwechselt, vor allen, wenn sie von den Ungewittern auf dem chinesischen Meere reden, welches wirklich allen beyden unterworfen ist, ungeachtet sie sehr unterschiedene Ursachen haben. Der Typhon läßt sich nicht aus den Wolken herab, wie die erstere Gattung; komme auch nicht allein naher, weil die Winde im Wirbel gehen, wie beym Organ, sondern er steigt aus dem Meere mit größter Gewalt gen Himmel, und ob er wol mit den Windwirbeln auf dem Lande eine Aehnlichkeit hat, so hat er doch einen andern Ursprung.

[259] Bey heftigen und widrigen Winden sieht man oft, wie der Orcan Sand und Erde im Wirbel aufwärts treibe, und bisweilen Häuser, Bäume, und Thiere mit fortreißt. Der Meer-Typhon aber bleibt auf einer Stelle, und hat keine andere Ursache, als ein unterirdisches Feuer. Das Meer wallet alsdenn gleichsam kochend auf, und die Luft ist mit schwefelichten Ausdünstungen dergestalt angefüllet, daß, obgleich keine Wolken vorhanden, und man durch die Dünste Sonne und Sterne erblicken kann, dennoch der Himmel als mit einer kupferfarbigen Rinde überdeckt zu seyn scheint. Daß das chinesische Meer, wo der Typhon sich häufig spühren läßt, im Winter warm ist, solches kann man diesem unterirdischen Feuer zuschreiben. Sie Zugabe zu den lateinischen Act. Erudit. I. Thl. 405. S.

Wir wollen von der Art, wie er entsteht, einige Beyspiele anführen. Thevenot spricht in seiner levantischen Reise davon also: ‘Wir erblickten in dem persischen Meerbusen, zwischen den Insel, Quesomo, Loreca und Ormus, trompetenförmige Wolken oder Dunstsäulen. Sie sind, wie ich glaube, von wenigen mit solcher Aufmerksamkeit betrachtet worden, als ich bey dieser Gelegenheit angewandt habe; und es hat vielleicht niemand die Anmerkungen sonst gemachet, welche der Zufall mir an die Hand gegeben. Ich will dieselbe so deutlich, als ich meine ganze Reise beschrieben habe, mittheilen, um die Sache deutlicher und begreiflicher zu machen.

Die erste zeigte sich unsern Augen nach der Seite des Nordpols über das Gebirge, zwischen uns und der Insel Quesomo, auf einen Flintenschuß vom Schiffe, dessen Vordertheil gegen Nordost gekehret war. Wir entdeckten bald, daß das Wasser auf dieser Stelle kochte, und etwann einen Fuß hoch über die Fläche des Meeres erhaben stand. Es war weißlicht, und über demselben zeigte sich ein schwarzer etwas dicker Rauch. Es sah eigentlich als ein angezündeter Strohhausen aus, der nur rauchet und noch nicht brennt. Man hörte ein solches Rauschen, als das Rauschen eines gewaltig fließenden Wassers in einem tiefen Thale. In dieses Geräusche mischte sich aber ein anderes lautes Geräusche, welches dem Gezische der Schlangen oder Gänse nicht ungleich war.’”


[1750, vol. 1.1, p. 261] “‘Denn die Schiffleute halten davor, daß die Wassersäulen bersten und auseinander gehen, wenn die Luft durch den Knall des Geschützes in Bewegung gebracht wird. Wir hatten aber nicht nöthig, zu diesem Mittel unsere Zuflucht zu nehmen. Nach zehn Minuten, in welchen einige auf eine Vierthelmeile, andere näher um das Schiff herum getanzet hatten, sahen wir, daß die Röhren sich allmählig zusammen zogen, von der Meerfläche sich absonderten, und endlich ganz verschwanden.’ Seite 191 des 1. B. [Le Gentil de la Barbinais]”


[1750, vol. 1.1, p. 264] “In dem Innersten der brennenden Berge befinden sich, Schwefel, Harz, und andere das unterirdische Feuer nährende Materien. Die Wirkung davon ist heftiger als die Wirkung des Schießpulvers und des Donners, und hat von je her die Menschen erschrecket und die Erde verwüstet. Ein feuerspeyender Berg ist eine ungeheure Canone, deren Oeffnung oft über eine halbe Meile groß ist. Dieser weite Feuerrachen wirft Rauch und Flammen, Harz, Schwefel, und geschmolzenes Metall, in Strömen, und ganze Wolken von Asche und Steinen aus, und schleudert zum öftern abscheulich große Stücken von Felsen, die alle menschliche Kräfte zusammen genommen nicht von der Stelle bringen könnten, viele Meilen weit fort. Der Brand ist so erschrecklich, und die Menge der brennenden, geschmolzenen, in Kalk und Glas verwandelten Materien, welche der Berg auswirft, so häufig, daß Städte und Wälder darunter begraben, und die Felder damit hundert bis zweyhundert Fuß hoch bedecket werden, so, daß Hügel und Berge, von solchen aufeinander gehäuften Materien entstehen. Das Feuer ist so stark, und dessen Ausbruch so gewaltsam, daß dadurch so harte Stöße entstehen, welche die Erde erschüttern, das Meer bewegen, und ziemlich weit entlegene Berge, Städte, und die festesten Häuser um stürzen.”


[1750, vol. 1.1, p. 265] “Es giebt in Europa drey berüchtigte Berge, die Feuer speyen: der Berg Aetna in Sicilien, der Berg Hekla in Island, und der Berg Vesuvius in Italien, unweit Neapolis. Aetna brennt seit undenklichen Zeiten,sein Ausbruch ist sehr heftig, und was er ausgeworfen hat, liegt acht und sechzig Fuß hoch über der Erde, es findet sich auch Pflaster von Marmor und Spuhren einer alten Stadt, die unter diesem ausgeworfenen Schutte begraben ist, wie Heraclea vom Vesuvius. […]

Der Berg Hekla speyet Feuer auf einem gefrorenen Boden zwischen Eis und Schnee, und doch giebt er, wenn er losbricht, dem Aetna und andern brennenden Bergen in den Südländern an Heftigkeit nichts nach. Er wirf viel Asche, Bimsensteine, und öfters, wie man saget, siedend Wasser aus. Auf sechs Meilen von diesem Berge kann niemand wohnen, und die ganze islandische Insel steckt voller Schwefel. Die Beschreibung von allen heftigen Ausbruchen des Hecla kann man beym Dithmar Blefken finden.”


[1750, vol. 1.1, p. 266] “Der Berg Vesuvius hat, nach dem Berichte der Geschichtschreiber, nicht von jeher gebrannt, sondern erst unter dem siebenten Burgermeisteramte des Titus Vespasianus und des Flavius Domitianus zu brennen angefangen. Als der Gipfel geborsten, hat er zuerst Steine und Felsen, und darauf Feuer und Flamen so häufig ausgeworfen, daß zwey benachbarte Städte dadurch verzehrt sind, und so dicken Rauch von sich gegeben, der die Sonne verdüstert. Plinius, der diesen Brand so nahe betrachten wollte, ward von dem Rauche ersticket. Siehe das Schreiben des jüngeren Plinius an den Tacitus. Von diesem Ausbruche berichtet Dio Cassius, daß er Asche und Schwefeldampf so häufig und heftig von sich gegeben, daß beydes bis nach Rom, ja sogar über die mittelländische See bis in Africa und Aegypten gedrungen. Heraclea ist eine von den beyden Städten, die bey der ersten Entzündung des Vesuvius verschüttet worden. Man hat diesen Ort in unsern Tagen sechzig Fuß tief unter dem ausgeworfenen Schutte wiedergefunden, dessen Oberfläche mit der Zeit zu einer frucht- und brauchbaren Erde geworden war.”


[1750, vol. 1.1, p. 268] “Unter den vielen feuerspeyenden Berge im Lande Mexico sind die beträchtlichsten der Berg Popochampeche und der Berg Popocatepec. Als Cortes nach Mexico reisete, kam er den letztern vorbey, und einige Spanier bestiegen dessen Spitze, woselbst sie befunden, daß sein Rachen ungefähr eine halbe Meile weit war.

[…]

Diese in dem so genannten Cordillera in großer Anzahl befindlichen feuerspeyenden Berge verursachen, wie ich gesaget habe, fast beständig anhaltende Erdbeben. Daher baut man daselbst über dem ersten Stockwerke nicht mit Steinen, sondern die Bewohner dieser Gegenden von Peru führen die obersten Stockwerke ihrer Häuser von Schilfrohr und leichtem Holze auf, um nicht darunter erschlagen zu werden.

Es giebt auch in diesen Gebirgen verschiedene Tiefen und weite Oeffnungen, deren Scheidungen schwarz und versengt sind, als diejenige auf dem Berge Ararat ist, welche man den Abgrund nennet. Sie sind nichts als Rachen alter Feuerberge, die ausgebrannt haben.

Zu Lima ist neulich ein Erdbeben von entsetzlichen Wirkungen gewesen. Die Stadt Lima und der Hafen zu Callao sind fast gänzlich zu Grunde gegangen.”


[1750, vol. 1.1, p. 271] “Im Jahre, 1646, spaltete, durch ein erschreckliches Erdbeben, sich der Berg auf der Insel Machian mit schrecklichem Krachen. Ein Zufall, der in dem Lande sehr gewöhnlich ist.

Aus dieser Oeffnung brach so viel Feuer hervor, daß verschiedene Gebäude, worin nen die Sclaven aufbehalten werden, mit allem, was darinnen befindlich, davon verzehret wurden. Man sah diese ungeheure Spalte noch im Jahre 1685, und ohne Zweifel ist sie noch vorhanden. Man nannte sie das Wagengleis von Machian, weil sie von der Spitze des Berges bis an den Fuß desselben sich als ein Weg erstreckte, den man ausgehauen, der aber von weiten nur das Ansehen eines Wagengleises hatte.”


[1750, vol. 1.1, p. 272] “Eben dasjenige Erdbeben, welches im Jahre, 1538, bey Pozzuolo den Monte di Cenere oder Aschberg hervorbrachte, füllete zu gleicher Zeit den See Lucrin mit Steinen, Erde und Asche an, so, daß er jetzt wirklich ein morastiges Erdreich ist.”


[1750, vol. 1.1, p. 273] “Der Herr Gentil redet, in seinen Reisen um die Welt, von Erdbeben, wobey er zugegen gewesen, folgendermaßen: ‘Ich habe, spricht er, über die Erdbeben einige Anmerkungen gemachet. Die erste ist diese: Ein halbe Stunde vorher, ehe die Erde erschüttert wird, siehet man alle Thiere von Schrecken eingenommen: Die Pferde wiehern, reißen sich los, und flüchten aus dem Stalle; die Hunde bellen, die bangen und fast betrübten Vögel begeben sich in die Häuser; Ratzen und Mäuse kriechen aus ihren Löchern hervor, u.s.w. Die zweyte besteht darinnen: Die vor Anker liegenden Schiffe werden so gewaltsam gerüttelt, daß es scheint, als ob alle Theile, woraus ein Schiff besteht, aus einandergehen wollten. Die Canonen springen auf den Laveten; und die Mastseile zerreissen durch diese Bewegung, welches ich zu glauben Mühe gehabt haben würde, wenn nicht viele einmüthige Zeugnisse mich davon überführet hätten. […]. Die dritte Anmerkung ist diese: Wenn der Schlund oder die Höhle, worinn das unterirdische Feuer befindlich ist, sich von Mitternacht nach Mittag erstrecket, und eine Stadt ebenmäßig der Länge nach in solchem Striche liegt, so werden alle Häuser umgeworfen: anstatt daß weniger Schaden geschieht, wenn diese Feuerader auf die Stadt in ihrer Breite wirket.’ Siehe des Herrn Gentil neue Reise um die Welt, 1. B. 172. S. u.f.”


[1750, vol. 1.1, p. 280-81] “Die alten Geschichtschreiber und neuere Reisende erzählen hievon Begebenheiten, an deren Wahrheit man nicht wohl zweifeln darf. Seneca versichert, daß die Insel Therasia, heutiges Tages Santorin, den Seeleuten plötzlich auf einmal zu Gesichte gekommen. Plinius berichtet, daß ehedem im mittelländischen Meer dreyzehn Inzeln zu gleicher Zeit aus dem Grunde des Wassers sich hervorgegeben[!], und daß Rhodus und Delos von diesen dreyzehn neuen Inseln die vornehmsten sind. […] Plinius aber berichtet, daß die Insel Hiera, nahe bey Therasia, aus eisenhaltigen Klumpen, und aus Erde, die sich aus dem Grund des Meeres erhob, entstanden sey, und im 89sten Capitel redet er von andern Inseln, die auf eben dieselbe Weise erwachsen sind. Wir können von allen diesen Dingen gewissere und neuere Begebenheiten anführen.

[281] Im Jahre 1707 den 23sten May sahe man bey der Sonnen Aufgang auf der Insel Therasia, oder Santorino zwo oder drey Meilen vom Lande in der See, etwas als einen schwimmenden Felsen. Einige neugierige Leute fuhren hinan, und fanden, daß diese Klippe, die aus dem Grunde des Meeres hervorgekommen, unter ihren Füßen größer wurde, und sie brachten Bimsteine und Austern mit zurücke, welche noch an der Oberfläche dieser aus dem Grunde hervorgekommenen Klippe anklebeten. […] Eben dieselbe feuerspeyende Gruft, die zu den Zeiten des Seneca die Insel Santorino gebildet, hat zu des Plinius Zeiten die Insel Hiera oder Volcanella erzeuget, und in unsern Tagen die Klippe hervorgebracht, wovon wir geredet haben.”


[1750, vol. 1.1, p. 286] “Das berühmte Labyrinth, auf der Insel Candia, ist nicht ein Werk der Natur allein. Der Herr von Tournefort versichert, daß die Menschen stark daran gearbeitet, und man kann versichert seyn, daß dieses nicht die einzige Höhle ist, die durch Menschenhände vergrößert worden. Sie machen sogar täglich neue, indem sie Erztgruben und Steinbrüche ausgraben; denn, wenn diese eine lange Zeit verlassen worden, so ist es nicht leicht zu unterscheiden, ob solche Höhlen durch die Natur oder durch Menschhände hervorgebracht sind. Es giebt sehr weitläuftige Steinbrüche, z.E. zu Mastricht, worinnen, wie man saget, sich funfzigtausend Menschen bergen können, und der durch mehr als tausend Pfeiler unterstützet ist, welche zwanzig bis vier und zwanzig Fuß in der Höhe habe. Die Dicke des darüber liegenden Erdreiches und Felses beträgt mehr als fünf und zwanzig Klaftern. An vielen Stellen dieses Steinbruches findet man Wasser und kleine Teiche, wo man das Vieh tränken kann. Man sehe Trans. Phil. Abr. im 2. Theile, a.d. 465 Seite.”


[1750, vol. 1.1, p. 313] “Niederägypten, wo an jetzt die Insel Delta ist, war ehedem nur ein Meerbusen. Man sehe den Diodor. Sic. im 3. B. Aristot. im 1. B. de Meteoris, im 14. Cap. Herodot. §4.5. etc. Homer saget, daß die Insel Pharos eine Tag- und Nachtreise von Aegypten entfernet war, und man weiß doch, daß sie heutiges Tages mit Aegypten beynahe zusammen hängt. Der Boden in Aegypten hat nicht allenthalben die gute Erde in gleicher Tiefe. Je näher man im Meer kömmt, desto seichter wird sie. An den Ufern des Nils findet man zuweilen über dreyßig Fuß tief gute Erde, da hingegen am äußersten Ende der Ueberschwemmung die gute Erde kaum sieben Zoll dicke liegt.”


Erster Theil, zweiter Band (1750)


[1750, vol. 1.2, pp. 209-10] “Doch kann man mit einigem Grunde glauben, daß sich das eyrunde Loch nicht sogleich bey der Geburt verschließt, und also immer noch ein Theil Blutes durch diese Oeffnung geht, daß also nicht alles Blut gleich anfangs seinen Weg durch die Lunge nimmt, und man vielleicht ein neugebohrnes Kind ohne Lebensgefahr der Luft einige Zeitlang berauben könnte. Ohngefähr vor zehn Jahren machte ich mit jungen Hunden einen Versuch, der dieses zu erweisen scheint. Ich hatte die Mutter, welche [210] eine starke Hündinn von der Art der größten Windspiele war, in ein Gefäße voll warmes Wassers thun lassen, und so angebunden, daß ihre Hintertheile im Wasser waren. Sie brachte in diesem Wasser drey Hunde zu Welt, welche sich bey ihrer Geburt in eben so warmer Feuchtigkeit befanden, wie die, aus welcher sie herausgekommen waren. Man half der Mutter bey der Geburt, wusch die Hündchen in diesem Wasser, und brachte sie zurechte, worauf man sie in ein klein Gefäß voll warmer Milch that, ohne ihnen Zeit zum Odemholen zu geben. Diese Veränderung nahm ich mit ihnen vor, daß sie Nahrung haben sollten, wenn sie solches brauchten. Man hielt sie über eine halbe Stunde in der Milch, und wie ich sie einen nach dem andern heraus nahm, fand ich alle drey lebend.”


[1750, vol. 1.2, pp. 214-15] “Kaum ist es aus Mutterleibe, und genießt der Freyheit sich zu bewegen, und seine Gliedmaßen auszustrecken, so fesselt man es von neuem. Man wickelt es, man bindet ihm den Kopf unbeweglich, und die Füsse ausgestreckt, die Arme auf die Seiten, man umwindet es mit Windeln und Bändern von allerley Art, daß es seine Lage gar nicht verändern kann, glücklich, wenn man es nur nicht so feste gebunden hat, daß es Odem zu holen verhindert wird, und wenn man so vorsichtig ist, es auf die Seite zu legen, damit das Wasser, das es durch den Mund von sich geben soll, von sich selbst herauslaufen kann, denn den Kopf dazu zu wenden, hat es keine Freyheit. Thun die Völker nicht viel besser, welche ihre Kinder nur bedecken und bekleiden, ohne sie zu wickeln, und die Siameser, Japaneser, Indianer, Schwarzen, Wilden von Canada, Virginien, Brasilien, und die meisten Einwohner des mittägigen America, legen die Kinder nackend in Baumwolle, Hangematten, oder in bedeckte und mit Pelzwerk versehene Wiegen. Ich glaube, diese Gebräuche sind so viel Unbequemlichkeiten nicht unterworfen, als unsere. Beym Wickeln kann man nicht verhüten, daß man die Kindern nicht so sehr einzwingen sollte, daß sie Schmerz empfinden. Die Bemühungen, die sie anwenden, sich zu befreyen, können den Bau ihres Körpers mehr verderben, als die üble Lage, die sie etwan für sich selbst annehmen möchten: das Wickeln kann mit den Schnürbrüsten verglichen werden, die man junge Mägdchen tragen läßt. Diese Art von Kürassen, diese unbequeme Kleidung, die man erfunden hat, die Leibesgestalt zu unterstützen, und vor Misgestaltungen zu versichern, verursachet mehr Unbequemlichkeiten und Misgestalten, als sie verhütet.

Wie die Bewegung, nach der die gewickelten Kinder streben, ihnen verderblich seyn kann, so kann ihnen die Unthätigkeit, in welcher man sie solchergestalt erhält, ebenfalls schaden. Der Mangel der Bewegung kann das Wachsthum der Glieder verzögern, und die Kräfte des Leibes verringern, also müßten die Kinder, welche die Freyheit gehabt haben, ihre Glieder zu bewegen, stärker seyn, als die gewickelten: daher wickelten die alten Peruaner ihre Kinder sehr weitläuftig und ließen ihnen die Arme frey; wenn sie sie aus den Windeln nahmen, legten sie sie frey in eine Grube in der Erde, die mit Tüchern beleget war, in welcher sie bis an die Hälfte des Leibes lagen: so halten sie die Arme frey, und konnten solche bewegen, und den Leib beugen, wie sie wollten, ohne zu fallen und sich zu beschädigen. Sobald sie einen Schritt thun konnten, zeigte man ihnen die Brust etwas von weiten, sie damit zum Gehen anzulocken. Die kleinen Schwarzen befinden sich bisweilen in einer noch viel beschwerlichern Stellung zum Saugen: sie umfassen mit ihren Knien und Füßen eine von der Mutter Hüsten, und halten sich so feste, daß sie ohne Beyhülfe der Arme der Mutter hängen bleiben, sie fassen die Brust mit der Hand, und saugen ständig daran, ohne die verschiedenen Bewegungen der Mutter ohngeachtet, die während der Zeit immer ordentlich fortarbeitet, in Unordnung zugerathen oder zu fallen. Diese [215] Kinder fangen vom zweyten Monat an zu gehen, oder vielmehr auf Händen und Füssen zu kriechen. Diese Uebung giebt ihnen in der Folge die Fertigkeit, in einer solchen Stellung fast so schnell, als auf den Füßen zu laufen.”


[1750, vol. 1.2, pp. 233, 235] “Die dänischen, schwedische, rußischen, und freyen Lappen, die Zemblaner, die Borandier, die Samojeden, nie nordlichen Tartaren, und vielleicht die Ostiaken in der alten, die Grönländer aber nebst den nordwärts über den Eskimaux wohnenden Wilden in der neuen Welt, scheinen alle von einerley Geschlechte zu seyn, welches sich längst den Küsten der nordlichen Meere in Wüsteneyen und in einem Erdstriche, der sonst von keinen andern Völkern bewohnet werden kann, ausgebreitet und vermehret hat. […] Die Zemblanerinnen durchbohren sich Nasen und Ohren, und hängen blaue Steine darein. Sie machen sich auch blaue Streifen auf der Stirne und dem Kinne; die Männer scheeren sich den Bart rund herum ab, und tragen keine Haare.”


[1750, vol. 1.2, p. 255] “Unter den Nairen giebt es gewisse Männer und Weiber, welche so dicke Beine haben, as der Leib eines andern Menschen ist. Diese Ungestalt ist keine Krankheit, sondern sie wird ihnen angebohren. Einige haben nur ein Bein von dieser ungeheuren Größe; bey andern aber sind alle beyde so beschaffen. Die Haut auf diesen Beinen ist hart, und rauh als eine Warze, und sie sind dem ungeachtet sehr leicht auf den Füßen. Diese Art Leute mit dicken Beinen hat sich unter den Nairen stärker, als unter einem andern Indianischen Volke, vermehret. Jedoch findet man auch einige derselben in andern Ländern, und insonderheit auf der Insel Ceylan, allwo man saget, daß diese dickbeinigte Menschen aus dem Geschlechte des heiligen Thomas sind.”


[1750, vol. 1.2, p. 259] “Die Weiber sind bey weiten nicht so stark, als die Männer; und der größte Gebrauch oder Misbrauch, den der Mensch von seiner Stärke gemacht hat, ist gewesen, daß er sich diese Hälfte des menschlichen Geschlechts, welche die Ergötzungen und Beschwerlichkeiten des Lebens mit ihm theilen sollte, sich zu Sklaven gemachet, und ihm oft auf eine tyrannische Art mitgefahren hat. Die Wilden nöthigen ihre Weiber beständig zu arbeiten. Die Weiber bauen das Feld, und thun alle beschwerliche Arbeit; da indessen der Mann nachläßig in seiner Hangematte liegt, und nur aufsteht, auf die Jagd oder Fischerey zu gehen, oder ganze Stunden in einer Stellung stehen zu bleiben: denn die Wilden wissen nichts vom Spazierengehn, und nichts kömmt ihnen bey unsern Sitten wunderbarer vor, als daß wir verschiedene mal in einer Linie gerade fort, und eben den Weg wieder zurücke gehen: sie bilden sich nicht ein, daß man sich diese umsonst geben könne, daraus nichts würde. Alle Menschen sind zur Faulheit geneigt, aber die Wilden in warmen Ländern mehr, als alle andere Menschen, wobey sie auch die größten Tyrannen gegen ihre Weiber sind, und von solchen mit einer wahrhaftig wilden Strenge ihre Dienste fordern.”


Zweyter Theil, erster Band (1752)


[1752, vol. 2.1, pp. 233-34] “Wenn man in dieser Absicht die Fläche der Erde durchwandert, und von Norden anfängt, so findet man Lappland, und auf den nordlichen Küsten der Tartarey, eine Art Menschen von einer kleinen und wunderlichen Gestalt, deren Gesichtsbildung so wild ist, als ihre Sitten. […] Die dänischen, schwedischen, rußischen und freyen Lappen, die Zemblaner, die Borandier, die Samojeden, die nordlichen Tartaren, und vielleicht die Ostiaken in der alten, die Grönländer aber nebst den nordwärts über den Eskimaux wohnenden Wilden in der neuen Welt, scheinen alle von einerley Geschlechte zu seyn, welches sich längst den Küsten der nordlichen Meere in Wüsteneyen und in einem Erdstriche, der sonst von keinen andern Völkern bewohnt werden kann, ausgebreitet und vermehret hat. Alle diese Völker haben ein breites und plattes Gesicht, eine stumpfe und breit gedrückte Nase. Der Kreis um [234] den Stern ihres Auges ist gelbbraun, und fällt in das Schwarze; ihre Augenlieder stehen dicht an den Schläfen; ihre Wangen sind ungemein aufgeschwollen; der Mund ist sehr groß, und der untere Theil des Gesichts schmal; die Lefzen sind dick und aufgeworfen; die Stimme ist fein, der Kopf groß, das Haar schwarz und glatt, die Haut schwarzbraun. Sie sind sehr klein, und bey ihrer Magerkeit doch untersetzt. Die meisten sind nur vier Fuß hoch, und die größten nicht über fünftehalben.”


[1752, vol. 2.1, pp. 240-41] “Gentil haben die Chineser nichts widriges in ihrer Gesichtsbildung; […] Er versichert, daß die Weiber sich all mögliche Mühe gäben, damit die Augen klein scheinen mögen, und daß die jungen [241] Mägdchen beständig ihre Augenlieder zerren, damit sie kleine und lange Augen bekommen mögen, als welches nebst einer breit gedruckten Nase und langen breiten offenen und herunter hangenden Ohren sie zu vollkommenen Schönheiten machet.”


[1752, vol. 2.1, pp. 244-45] “Eine gleiche Bewandtniß hat es mit den Siamern, den Peguanern und den Einwohnern in Aracan, Laos c. Alle diese Völker haben mit den Chinesern sehr ähnliche Gesichtszüge. Und ob sie gleich von denselben in der Farbe mehr oder weniger unterschieden sind; so findet sich doch zwischen ihnen und den Chinesern kein so großer Unterschied, als zwischen ihnen und den andern Indianern. Nach dem la Loubere sind die Siamer eher klein als groß. Sie haben einen wohlgestalten Leib, ihr Gesicht ist mehr länglicht rund, als länglicht viereckig; es ist breit, und oben auf den Wangen erhaben, und auf einmal wird ihre Stirne schmal und läuft so spitzig zusammen, als ihr Kinn. Sie haben kleine und schiefgeschlitzte Augen, tief eingefallene Wangen, weil sie oben zu sehr erhaben sind, einen großen Mund, dicke Lefzen, und schwarzgefärbte Zähne. Das Weiße in dem Auge ist gelblicht, und ihre grobe Gesichtsfarbe braun und roth gemischt. Andere Reisebeschreiber sagen, daß sie aschengrau sey, wozu die beständige Sonnenhitze so viel, als die Geburt, beytrüge. Sie haben eine kurze Nase, die an dem Ende rund ist, und größere Ohren als die unsrigen, welche desto höher von ihnen geschätzet werden, je größer sie sind. Diese Liebe zu langen Ohren ist allen morgenländischen Völkern gemein. Einige zerren ihre Ohren herunter, und verlängern dieselben dadurch; allein sie durchbohren sie nicht weiter, als es nöthig ist, um Ringe darein zu hängen: andere hingegen, als in dem Lande Laos, machen das Loch darin so ungemein groß, daß man fast eine Hand dadurch stecken könnte, und daher hängen ihre Ohren bis auf die Schultern herunter. Der Siamer ihre sind nur ein wenig größer, als die unsrigen und dieses ist von Natur, und geschieht nicht durch die Kunst. Ihre Haare sind dick, schwarz [245] und nicht kraus. Die Männer und Weiber tragen sie so kurz, daß sie ihnen rund um den Kopf nicht tiefer als bis zu den Ohren herunter gehen. Sie bestreichen ihre Lefzen mit einer durchräucherten Salbe, daher sie noch blasser scheinen, als sie sonst von Natur seyn würden. Ihr Bart ist sehr klein, und sie raufen dazu noch das wenige, was sie davon haben, aus. Sie schneiden sich die Nägel e. nicht ab. Struys saget, daß die siamischen Weiber sehr starke und schwere Ohrengehänge tragen, welche die Löcher, worinn sie befestiget sind, so groß machen, daß man einen Daumen dadurch stecken könne. Er füget hinzu, daß die Gesichtsfarbe der Männer und Weiber braun und ihre Leibesgestalt zwar nicht vortrefflich, aber schlank und ungezwungen sey, und daß die Siamer überhaupt freundlich und höflich seyn. Zu folge der Nachrichten des P. Tachards sind sie sehr leicht auf den Füßen; es giebt unter ihnen sehr geschickte Springer und so behende Seiltänzer als in Europa. Er saget, daß die Gewohnheit der Siamer sich die Zähne zu schwärzen aus einem gewissen Grundsatze herrühre, nach welchem sie dafür halten, daß es den Menschen nicht anständig wäre, weiße Zähne wie die Thiere zu haben; daß sie aus dieser Ursache dieselben mit einer Art von Ferniß schwarz anstreichen, welches von einer Zeit zur andern wiederholet werden muß, und daß, wenn sie dieses thun, sie einige Tage hindurch sich des Essens enthalten müssen, damit der Ferniß sich inzwischen fest setzen könne.”


[1752, vol. 2.1, p. 245] “Die Einwohner in Pegu und Aracan haben mit den Siamern eine ziemliche Aehnlichkeit, und sind von den Chinesern weder in der Leibes noch Gesichtsbildung sehr unterschieden, außer daß sie schwärzer seyn. Die Aracaner halten sehr viel auf eine breite und flache Stirne, und um derselben diese Gestalt zu geben, beschweren sie die Stirne der neugebohrnen Kinder mit einer bleyernen Platte.”


[1752, vol. 2.1, p. 252] “Die Einwohner der Küste von Neuholland, welche unter 16 Gr. 15 Min. südlicher Breite und südwärts von der Insel Timor liegt, sind vielleicht die elendesten Leute von der Welt, und Menschen, welche dem Viehe am nächsten kommen. Sie sind von Leibe groß, gerade gewachsen und schmal; sie haben lange und dünne Glieder, einen dicken Kopf, eine runde Stirne, und dicke Augenbraunen. Ihre Augenlieder sind allezeit halb zugeschlossen; sie nehmen diese Gewohnheit von ihrer Jugend an, um ihre Augen vor den Mücken zu verwahren, welche sie ungemein plagen. Und weil sie niemals die Augen aufthun, so können sie nichts von weitem sehen, wofern sie nicht den Kopf in die Höhe richten, gleich als wenn sie etwas über sich sehen wollten.”


[1752, vol. 2.1, p. 254): “Die Bengalen sind gelber, als die Mogolen, und sie haben ganz verschiedene Sitten. […] Die Weiber tragen goldene Ringe in der Nase.”


[1752, vol. 2.1, p. 285] “Die Hottentotten sind übrigens eine ganz besondere Art von Wilden. Die Weiber vornehmlich haben über dem Schoßbeine ein Gewächs von Fleische oder einer harten und breiten Haut, welche ihnen bis zur Mitte der Schenkel wie eine Schürze herunter hängt. Thevenot sagt eben dasselbe von den ägyptischen Weibern, die aber, wie er zugleich meldet, diese Haut nicht wachsen ließen, sondern mit einem heißen Eisen wegbrenneten. Ich zweifle indessen, ob dieses so wahr von den ägyptischen als von den hotentottischen Weibern sey.”


[1752, vol. 2.1, p. 300] “Man findet eine Beschreibung von zween dergleichen weißen Mohren in der Historie der Akademie. Ich selbst habe einen davon gesehen, und man versichert, daß sich deren eine große Anzahl in Africa unter den andern Mohren befindet.* […] Die weiße Farbe scheint demnach die ursprüngliche Farbe der Natur zu seyn, welche der Himmelsstrich, die Speisen und die Sitten verändern, und sie in das gelbe, Braune und Schwarze verwandeln, und welche in gewissen Umständen wieder erscheint, allein mit einer so großen Veränderung, daß sie mit dem ursprünglichen Weißen keine Aehnlichkeit hat, welches aus den eben angezeigten Ursachen ganz von seiner Natur abgewichen ist.” [* “Man sehe la Venus physique. Paris 1745.”]


[1752, vol. 2.1, p. 313] “Der gemäßigte Himmelsstrich erstrecket sich vom vierzigsten bis zum funfzigsten Grade. In dieser Gegend befinden sich die schönsten und bestgebildeten Leute; unter diesem Himmelsstriche muß man sich auch einen Begriff von der wahren natürlichen Farbe des Menschen machen; hier muß man das Muster nehmen, nach welchem man alle andere Schattirungen der Farbe und der Schönheit zu beurtheilen hat; denn die beyden äußersten Grade sind auf gleiche Weise von dem wahren und schönen entfernet. Die gesitteten Länder in diesem Erdstriche sind Georgien, Cirkaßien, die Ukraine, die europäische Türkey, Ungarn, das südliche Deutschland, Italien, die Schweiz, Frankreich und der nordliche Theil von Spanien. Alle Völker in diesen Ländern sind auch die schönsten und bestgebildeten auf der ganzen Erdkugel.”


Zweyter Theil, zweiter Band (1754)


[1754, vol. 2.2, p. 82] “Das edelste unter allen Thieren, worüber sich der Mensch zum Herrn gemacht, ist wohl das stolze und flüchtige Pferd, welches die Beschwerlichkeiten des Krieges, und den bey Schlachten erworbenen Ruhm mit ihm theilet. […]

Dieses ist nun das Pferd, dessen Gaben entwickelt worden, dessen natürliche Eigenschaften die Kunst vollkommener gemacht; welches von seiner ersten Jugend an gewartet, nachgehends geübet und zum Dienste des Menschen abgerichtet worden. Mit dem Verluste seiner Freyheit fängt sich seine Erziehung an, und mit dem Zwange höret sie auf. Die Sclaverey, oder die Hausgenossenschaft dieser Thiere ist so alt, daß wir sie nur selten in ihrem natürlichen Zustande sehen.”

Büsching, Anton Friedrich [top]

Büsching (1754). Neue Erdbeschreibung. Part One. [biblio]


[Pp. 259-60] “Geyser (Grassator) im Thal Haukadal, einige Mei- [260] len von Skaalholt, ist eine wunderbare Quelle in einem ausgehöhlten Felsen, unten an einem Berge. Nach des Herrn Olavs Bericht, der sie 1746 gesehen, ist sie auf dem Felsen in einer Aushöhlung, die oben im Umfange 20, in der Tiefe aber 3 Klafter, und unten einen ganz engen Schlund hat, durch welchen das Wasser nach und nach heraufsteigt, bis das Behältnis überläuft, alsdenn höret man unten ein schreckliches Krachen als wie starke Büchsenschüsse, davon der ganze Felsen zittert, und nachdem solches 4 oder 5 mal geschehen ist, so springt das warme Wasser rück- und stoßweise unter einem starken Rauch wenigstens 60 Klafter hoch in so großer Menge heraus, daß dadurch rund umher warme Bäche verursacht werden. Nach 6 oder 7 Minuten hört das Herausspringen des Wassers nebst dem Getöse ganz auf, und die Höhle ist leer. Dis geschiehet täglic zu gewissen Zeiten; ob sich aber das Toben dieser Quelle nach der Ebbe und Fluth des meers richte, das ists noch nicht ausgemacht.”


[P. 279] “Christian III schickte Leute dahin, die aber mit der einfältigen Entschuldigung, daß sie es nicht hätten finden können, fruchtlos zurück kamen. Friederich II schickte 1578 Magnus Henningsen aus, Grönland auszuforschen, welcher das Land zwar erblickte, aber des Eises wegen nicht hinankommen konnte.”


[P. 420] “Die Erfahrung hat gelehret, daß in Lappland Korn wachsen könne. […] Wenn der Sommer endlich kommt, so wird die Erde eher trocken und rein, als an andern Orten, so daß man oft mit Verwunderung Gras und Kräuter aufgegangen und das Land ausgebrochen siehet, wo wenig Wochen zuvor nichts asls Winter zu seyn schiene; ja das Getreide wird an vielen Orten oft innerhalb 7, 8 oder 9 Wochen gesäet und geerntet. Es wächset fast allenthalben gut Gras, und die Viehzucht kann daher mit Vorteil getrieben werden.”


[Pp. 592, 605] “Troitz, Troitzkio Monastir, heil. Dreyfaltigkeits-Kloster, ist das größte und reichste Kloster in ganz Rußland, und hat 20000 Bauern unter sich. […] Man findet in diesem Kloster viel todte Körper, die aus natürlichen Ursachen nicht verweset sind. […] [593-605] […] In den unterirdischen Gewölben desselben [sc. petscherskische Vestung], die einem Labyrinth ähnlich, und mit Zimmern, Kapellen etc. angefüllet sind, findet man viele unverwesete Leichname heil. Märtyrer, mit welchen Mumien sichs eben so verhält, als mit denen zu Troitz; es werden auch die Mönche nach ihrem Tode dahin gebracht. Sowol von dem großen unterirdischen Behältniß, welches crypta Antonia genennet wird, als von dem kleinern, welches crypta Theodosia heißt, findet man in des Johann Herbinius kleinem Buche, welches die Auffschrift hat: religiousae Kijovienses cryptae, Jenae 1675 in 8vo, Abbildungen.”


[P. 654] “Sie haben den Gebrauch, die Gesichter ihrer Kinder auf den Backen, vor der Stirn und auf dem Kinn mit Figuren zu bezeichnen, die blau oder schwarz aussehen. Wenn sie dieselben verfertigen wollen, so nehmen sie gemeinen Zwirn und schwarze Kreide, oder Ruß, machen mit Hülfe des Speichels einen Brey daraus, und ziehen den Faden durch desselben; alsdenn nehen sie die Gesichte Stich an Stich, und ziehen den gefärbten Faden immer durch die Haut, wobey die Kinder erbärmlich schreyen.”


Büsching (1758). Neue Erdbeschreibung. Part Two. [biblio]


[Pp. 774-75] “Unter den zahmen Thieren ist Jumarren merkwürdig, welches entweder von einem Stier und einer Stute, oder von einem Stier und einer Eselinn gezeuget wird; dieses fällt etwas kleiner, und heißt Bif, jenes aber ist viel größer, und wird Baf genennet. Die letzte Gattung hat oben einen kürzern Kinnbacken als unten, beynahe wie die Schweine, doch dergestalt, daß die Oberzähne vorn 1 oder 2 Daumen weiter zurück stehen, als die untersten; die erste aber hat oben viel längere Kinnbacken, fast wie die Hasen und Kaninichen, doch so, daß die untersten Zähne auch weiter heraus stehen. Der Kopf und Schwanz siehet einem Ochsen ähnlich, jener hat aber keine Hörner, sondern nur kleine Puckeln; übrigens sind sie in allen Stücken entweder wie ein Esel oder wie ein Pferd gestaltet. Sie haben eine ungemeine Stärke, ob sie gleich nicht so groß, wie die Maul-Esel, sind, fressen sehr wenig und laufen sehr schnell, so, daß man sich ihrer gut zum Reiten bedienen kann.”

Carré, Barthélémy [top]

See: AHR, vol. 10.

Cartheuser, Friedrich August [top]

Cartheuser (1758): Rudimenta Hydrologiae Systematicae. [biblio]


[Ch. 36, p. 35] “XXVI. Quatuor inprimis Aquae Alcalicae Spesies observantur, nimirum 1) AQVA ALCALICA homogenea, quae post lenem evaporationem sal alcali fixum purum et homogeneum vel ad summum paucis quibusdam terrae alcalinae moleculis sociatum relinquit. Huc pertinet ex aquis alcalicis frigidis Bilinensis in Bohemia, ex calidis vero Emsensis in Wetreravia.(a)”

[Note (a)] “Vid. Joh. Jacob Grambs, neue Beschreibung des Embser Bades, Franckfurt am Mayn 1732. 8. It. Petr. Wolfart neue Beschreibung der warmen Brunnen und Bäder zu Embs. Cassel 1716. 8.”


[Ch. 44, p. 70] “Ad hanc primam Aquae Sulphureae speciem pertinent, e.g. aqua Baadensis et Altenburgensis.(b)”

[Note (b)] “[71][…] Aqua Baadensis, licet nihil sulphuris substantialis post exhalationem relinquat, tamen, referente cit. Auctore, in canalibus apponit materiam albo-luteam, insipidam et post siccationem inodoram., quae in igne florum sulphuris instar ex parte ardet. Aqua Altenburgensis, eodem Auctore testante, sub coctione spumam protrudit quaesiccata colorem habet subcoeruleo-album, leni tritu in pulverem insipidum et prunis iniecta odorem sulphuris accensi, sine inflammatione tamen, spirat, unde patet, eam esse terram alcalinam, sulphure tenuissimo vaporoso impraegnatam.”


[Ch. 56, p. 85] “LVI. Aquae Saponaceae unica tantum specie constant et multo rarius quam aliae aquae in ambitu naturae occurrunt. Praecipua ac celeberrima earum est aqua saponacea Plomberiana seu Plumberiana in Lotharingia, vulgo eau savoneuse de Plombieres nuncupata, quae tepida atque limpida est, et circa fontem terram saponaceam subtilem deponit. Huic aquae valde affinis deprehenditur et fama nihil cedit aqua thermarum colubrinarum sive serentinarum, das Schlangenbadwasser in comitatu Catimelibocensi inferiori, quae pariter in modum lactis recentis tepida existit, pauciorem vero ac teneriorem, terram saponaceam fovet, cuius pars quaedam cremoris pinguis tenuissimi forma aquae innatare solet.”


[Ch. 57, p. 87] “nec non Fons quidam prope Gerolsteinium in Eifflia, impetuose profiliens, qui, etiamsi avibus aliisque animalibus accedentibus propter exhalationis suas lethalis exsistat, plebi tamen aquam pro expellendis lumbricis idoneam largitur, et praeterea, uti testatur salent.”

Celsius, Andreas [top]

Celsius (1751): “Anmerkung von Verminderung des Wassers in der Ostsee und dem westlichen Meere.” [biblio]


[Pp. 29-30] “§13. Steine, an die sich sonst die Seekälber anlegten, und die in alten Urkunden über Erbschaften und Käufe angemerket wurden, stehen itzo entweder so hoch darüber, daß sich die Seekälber (Skålen) nicht mehr daran legen können, oder gar auf trocknem Lande, daher sie in spätern Urkunden für unbrauchbar erkennt werden, wie bey Gefle, Hudickswall, Wasa und Åbo. […][30][…] §19. Hieraus erhellet wohl klärlich, daß das Wasser sinkt, aber wie viel es in einer gewissen Zeit abnimmt, kann man aus diesen Berichten nicht so genau entdecken. Die umständlichsten, die ich bisher habe finden können, sind von zweyen Seekälbersteinen (Skålstenar) deren Höhe über dem Wasser der Herr Mag. Rudmann in Gefle genau beobachtet hat.”

Cervantes, Miguel [top]

Cervantes (1753): Don Quixote von Mancha. [biblio]


[Vol. 1 (Bk. 3, ch. 16), pp. 166-67] “Wie heißt denn euer Herr? fragte hierauf, Maritorne. Don Quixote von Mancha, antwortete Sancho, ein irrender Ritter, und zwar [167] einer von den tapfersten, die man je gesehen hat. Ein irrender Ritter, sagte Maritorne, und was heißt denn das? Wie! erwiederte Sancho, wisset ihr das noch nicht? Ich will euch es sagen, meine Tochter: ein irrender Ritter ist ein Ding, welches keine Stunde vor dem Kaiserthume, und vor den Prügeln, sicher ist. Heute ist er das elendeste Geschöpf unter der Sonnen, und morgen befindet er sich im Stande, zwey bis drey Königreiche an seinen Stallmeister zu verschenken.”

Cheselden, William [top]

See: Smith (1755).

Cicero [top]

Cicero (1886): Tusculan Disputations. [biblio]


[Bk. 3, §28] “Theophrastus autem moriens accusasse naturam dicitur, quod cervis et cornicibus vitam diuturnam, quorum id nihil interesset, hominibus, quorum maxime interfuisset, tam exiguam vitam dedisset; quorum si aetas potuisset esse longinquior, futurum fuisse ut omnibus perfectis artibus omni doctrina hominum vita erudiretur. Querebatur igitur se tum, cum illa videre coepisset, extingui.”


[Bk. 3, §28] “And Theophrastus is reported to have reproached nature at his death for giving to stags and crows so long a life, which was of no use to them, but allowing only so short a span to men, to whom length of days would have been of the greatest use; for if the life of man could have been lengthened, it would have been able to provide itself with all kinds of learning, and with arts in the greatest perfection. He lamented, therefore, that he was dying just when he had begun to discover these.”


[Bk. 5, §7] “Sed tamen non agunt sic; nam et de honesto et de summo bono separatim libri sunt, et cum ex eo efficiatur satis magnam in virtute ad beate vivendum esse vim, nihilo minus hoc agunt separatim. Propriis enim et suis argumentis et admonitionibus tractanda quaeque res est, tanta praesertim. Cave enim putes ullam in philosophia vocem emissam clariorem ullumve esse philosophiae promissum uberius aut maius. Nam quid profitetur? o di boni! perfecturam se, qui legibus suis paruisset, ut esset contra fortunam semper armatus, ut omnia praesidia haberet in se bene beateque vivendi, ut esset semper denique beatus.

Sed videro, quid efficiat; tantisper hoc ipsum magni aestumo, quod pollicetur. Nam Xerxes quidem refertus omnibus praemiis donisque fortunae, non equitatu, non pedestribus copiis, non navium moltitudine, non infinito pondere auri contentus praemium proposuit, qui invenisset novam voluptatem – qua ipsa non fuit contentus; neque enim umquam finem inveniet libido – nos vellem praemio elicere possemus, qui nobis aliquid adtulisset, quo hoc firmius crederemus.”


[Bk. 5, §7] “[Philosophers], however, do not proceed in this manner; for they would separate books about what is honorable, and what is the chief good; and when they have demonstrated from the one that virtue has power enough to make life happy, yet they treat this point separately; for everything, and especially a subject of such great consequence, should be supported by arguments and exhortations which belong to that alone. For you should have a care how you imagine philosophy to have uttered anything more noble, or that she has promised anything more fruitful or of greater consequence, for, good Gods! doth she not engage that she will render him who submits to her laws so accomplished as to be always armed against fortune, and to have every assurance within himself of living well and happily – that he shall, in short, be forever happy?

But let us see what she will perform? In the mean while, I look upon it as a great thing that she has even made such a promise. For Xerxes, who was loaded with all the rewards and gifts of fortune, not satisfied with his armies of horse and foot, nor the multitude of his ships, nor his infinite treasure of gold, offered a reward to any one who could find out a new pleasure; and yet, when it was discovered, he was not satisfied with it; nor can there ever be an end to lust. I wish we could engage any one by a reward to produce something the better to establish us in this belief.”

Colb, Peter [top]

Colb (1745): Beschreibung des Vorgebürges der Guten Hoffnung und derer darauf wohnenden Hottentotten. [biblio]


[Pp. 19-20] “[…] ihrem Hottentottum Brockqua, welches sie offt in ihre Lieder einmischen, um, ihrem Vorgeben nach, zu bemercken, wie grosse Begierde sie haben Hollandisch Brod zu essen, welches ihnen gar gut schmeckt, und gegen welches sie gar offt ihr Vieh vertauschen. Nun ist wahr, daß die Landes-Eingebohrne gar offt bey ihren Lustbarkeiten die Worte: Hottentottum Brockqua wiederhohlen; allein ihr Name rühret keinesweges daher, so haben auch diese Worte den Verstand nicht, wie Arnold vorgiebt. Der Ursprung dieser Redens-Art, und ihres öfftern Gebrauches, ist folgender. Der Krancken-Tröster auf einem Holländischen Schiffe hatte einen Hottentotten wohin verschickt, [20] und ihme zum Lohn ein groß Stuck Brod und etwas Tabac versprochen. Der Wilde that auch das Seine getreulich, hingegen war der Europäer so gewissenloß, und hielt ihm den Lohn zuruck. Hierüber ärgerten sich die Hottentotten gewaltig: denn man mag sie so wild beschreiben, als man will, so verabscheuen sie doch die Untreue: Um nun den Krancken-Troster zu verspotten, und ihm zu zeigen, wie schändlich ihnen seine That bedünckte, dichteten sie ein Lied nach ihrer Weise, dessen Strophen mit diesen Worten endigten: Hottentottum brockqua, das ist, gieb dem Hottentotten sein Stuck Brod. Dieses Lied wurde gar bald an allen Orten bekannt, wo man von der Untrue des Krancken-Trösters reden hörte, ja sie pflegten es zu singen, so bald sie einen Fremden sahen, gleichsam als wenn sie sich erinnern wolten, daß sie vor den Betrügereyen unbekannter Leute auf ihrer Hut stehn müsten. Dieser Gebrauch gehet noch sehr im Schwang; die Geschichte an sich selber ist mir von recht vernünfftigen Hottentotten erzehlet worden, mit welchen ich viele Jahre bekannt gewesen, auch haben einige alte Holländer, welche diese Nation gar wohl kennen, mir sie bestättiget.”


[P. 51] “Alle Hottentottinnen haben ein gewisses Ausgewächse, dessen Beschreibung ihren Platz hier verdienet. Es ist eine Art einer harten und breiten Haut, die ihnen oberhalb des os pubis wächset, zimlich weit herunter hänget, und von der Natur zu Bedeckung ihrer Blösse gewidmet scheinet. Dennoch tragen sie ein Stück Schaaf-Fell darüber, das man Kut-Krosse nennet. Bißweilen ist dieses Gewächse so groß, daß es sich von dem Felle nicht gänzlich bedecken lässet.

Diese angewachsene Haut mag unserm Europäischen Frauenzimmer so unförmlich scheinen, als ihnen beliebet; weder die Hottentottinnen, noch ihre Männer, sehen sie für einen Fehler an. Wem die Unsauberkeit und Schmiererey keinen Eckel erwecket, dieses Gewächse in der Nähe zu besehen und zu betasten, der kan seine Neugierigkeit gegen Reichung eines Stückgen Tabacks, oder einer andern Kleinigkeit, vergnügen. Thevenot sagt, die Mohrinnen und Aegypterinnen hätten eben dergleichen Haut. Alleine diese Weiber lassen sie nicht wachsen sondern schneiden sie bey Zeiten weg, oder brennen sie vielmehr mit einem glüenden Eisen. Thevenot hält diese Gewohnheit für etwas aberglaubisches. Meines Bedünkens beweiset sie bloß, daß man dieses Gewächse für etwas unförmliches hält.”


[Pp. 56-57] “Die Mägdlein tragen von ihrer zartesten Kindheit an biß in das Alter von Zwölf Jahren Binsen an ihren Beinen, wie Ringe gestaltet. So bald sie dieses Alter zurucklegen, kommen Riemen von Schaafs-Fellen an deren Stelle. Es giebt Frauen, die an jedwedem Beine ein hundert dergleichen Riemen tragen, welche so künstlich gewunden und geflochten sind, daß man kaum sehen kan, an welchem Orte die Enden verborgen stecken. Ein auf solche Weise umflochtenes Bein scheinet die Arbeit eines geschickten Drechslers zu seyn. Um den Knöchel geht ein Ring von Binsen oder von Leder, der die obern Bänder verhindert abzuglitschen. Diese Art von Ringen wird mit der Zeit eben so hart als Holz. [57] […] Die Hottentottinen tragen diese Riemen an ihren Füssen vornemlich deswegen, damit sie vor dem Stechen und verletzen gesichert sind. Weil sie alle Tage auf das Feld gehen müssen, um Wurzeln und andere Dinge für ihre Haushalten aufzusuchen, so würden sie sich die Beine an den Dornen und Sträuchen übel zurichten, wenn selbige gar mit nichts eingefasset wären. Ferner dienet dieser Zierrath zum Untersheid des Geschlechts, ja auch des Standes: denn je mehr Ringe sie tragen, je herrlicher sind sie geschmücket. Endlich gebrauchen sie selbige auch zum Essen, wenn sie der grosse Hunger treibt.”


[P. 59] “Die Hottentottinnen begehen eben die Thorheit, als vieles Europäisches Frauenzimmer, und mahlen ihre Gesichter. Aber ihre Schminke bedarf keiner so mühesamen Zubereitung. Ein wenig rothe Kreide, welche gar nicht rar, ist schon hiezu hinlänglich. Sie reiben sich schlechthin damit über den Augen, auf der Nase, auf den Wangen, und an dem Kinn. Indem nun die Kreide von dem Fett, das ihren ganzen Leib bedeckt, naß wird, so macht sie sechs rothe Striche, welche sie für gar gefährliche Liebes-Reitzungen halten. Wenn sie auch einem Gastmahl beywohnen wollen, oder sonsten im Sinne haben ein Herz zu bezwingen, so unterlassen sie niemahlen sich mit diesen sechs mörderischen Liebes-Pfeilen auszurüsten. Doch mögen sie von dieser Schminke halten, was sie wollen, so kan ich versichern, daß kein Mahler eine gräßlichere und lächerlichere Figur auszusinnen vermag, als ein auf diese Weise bemahltes Weibsbild vorstellet.”


[P. 95] “Böving, den ich für den richtigsten halte unter allen, welche von diesen Völkern Nachricht gegeben, sagt, gleichwie das Haupt einer Hottentottischen Nation über alle Hauptleute der Kraals erhaben ist, also hiessen auch die Hottentotten den höchsten Gott den grossen und obersten Hauptmann.”


[P. 135] “IV. Noch ein ander Gerüchte haben sie, das eben so ausserordentlich scheinet. Wenn sie der Hunger quälet, so fressen sie alte Schuhe, deren sie können habhafft werden.

Die Europäer tragen auf dem Vorgebürge eine Art von Schuhen; die sie Reise-Schuhe nennen. Sie sind von unbearbeiteten Ochsen- oder Hirsch-Leder gemachet, die Haare auswärts gekehret. […] Wenn die Haare abfallen, oder die Sohle durchgetretten, schmeisset man sie auf die Gasse. Die armen Hottentotten heben sie auf, und bewahren sie sorgfältig, zu Stillung ihres Hungers im Fall der Noth, worein sie wegen ihrer grossen Faulheit gar oft gerathen.”


[P. 141] “IV. Kommt das Kind tod zur Welt, so betrüben sich die Eltern sehr deßwegen, zumahlen, wenn es ein Knäblein gewesen. Man begräbt es den Augenblick. Ist es aber lebendig, so reiben sie es mit frischem Kühe-Mist. Sie sagen, es wäre sehr gefährlich, wenn man ein neu-gebohren Kind mit warmen Wasser abwaschen wollte. Indem es also vom Kopf biß auf die Füsse abgewaschen wird, daß es ganz gras-grün aussiehet, liegt es auf einem Krosse, entweder vor dem Feuer, oder an der Sonne, oder nur in der Lufft, und bleibt so lange da, biß der Mist hart genug wird, daß man ihn ohne dem Kind zu schaden wegnehmen kan.


[Pp. 145-46] “X. Wir haben gehöret, daß die Hottentotten ihre Weiber während ihrer ordentlichen Unpäßlichkeit, auch im Wochen-Bette, nicht berühren. Ehe sie wieder zu ihnen kommen dürfen, muß sich die Frau den ganzen Leib mit Kühe-Mist abreiben, und auf solche Weife sich reinigen. Wenn der Mist trocken worden, nimmt sie ihn weg, salbt sich vom Kopf biß auf die Füsse mit Fett, bestreuet sich fleissig mit Buchu; wornach ihr Mann zu ihr darf, falls er gleichmässig seinen Leib eingeschmieret und bestreuet hat. Er gehet sodann zu ihr, setzet sich neben sie, und rauchet Dacha, redet aber kein Wort, biß ihm der Kopf davon toll wird; sodann fraget er nach allerlei Neuigkeiten, raucht und plaudert auch immer fort, biß er endlich müde wird, und die erste Nacht wieder in seinem Haufe schläffet.

XI. So bald das neugebohrne Kind mit Kühe-Mist, und nachgehends mit Safft aus Hottentottischen Feigen-Stielen, eingeschmieret worden, giebt ihm die Mutter einen Namen; oder wenn sie nicht kan, wie zuweilen durch eine Würkung des gedachten Derocti geschiehet, versiehet der Vatter dieses Amt. In Auswahl der Namen folgen sie, bereits erwähnter massen, [146] den alten Troglodyten, so ihren Kindern die Namen von ihren liebsten Thieren beylegten. Einige zum Exempel heissen sie Haiqua, Pferd, andere Gamman, Löwe, andere Ghôdia , Schaaf, andere Gûaiha, Esel, andere t’Kamma, Hirsch, a.”


[P. 150] “Gesetzt aber, dieses Verschneiden trüge etwas bey, so läugne ich doch, daß es die Haupt-Ursache sey. Ja ich getraue zu versichern, daß heutiges Tages sie ein ander Absehen führen. Ich habe oft die vernünftigste Hottentotten deßwegen befraget, und ihnen scharf zugesetzet; Die ganze Antwort, die ich erhalten, ist: Es seye seit undenklichen Zeiten ein Gesetz bey ihnen, daß kein Mann eine Frau erkennen dürfe, bevor man ihm den linken Hoden ausgeschnitten. Dieses Gesetz halten sie so heilig, daß sie kein Exempel der Ubertrettung wissen. Verabsäumte jemand solches, so kostete es ihm das Leben, ja das Weibsbild selber, das, ob zwar unschuldiger Weise, bey einem solchen Menschen geschlaffen hätte, liefe in Gefahr von ihrem Geschlechtte zerrissen zu werden. Damit auch dieses Gesetz genau beobachtet werde, ist die Zeit auf das achte oder neunte Jahr vestgesetzet. Selten verschiebet man es weiter, und geschiehet solches bloß von den Armen, welche bedenken, daß ihr Sohn vor dem Alter von achtzehen Jahren sterben könnte, welches ohngefähr die Zeit zum Verheyrathen ist; wornach die Unkosten des Schmausses vergeblich aufgewendet wären.

Nimmt man die Ursache an, die mir die Hottentotten gegeben, so wird man ferner nach dem Ursprunge dieses Gesetzes fragen, welches verbietet eine Frau ehender zu erkennen, biß man ein halber Verschnittener ist. Er entstehet aus der vesten Meynung aller Hottenotten, daß ein Mann, ohne Verschneidung, lauter Zwillinge zeuge. Deswegen lassen auch die Mägdgens, ehe sie heyrathen, durch ihre Verwandten, bey dem Bräutigam vorläuffig nachsehen, weil sie aus Schamhafftigkeit nicht selber die Untersuchung vornehmen dürfen. Unterdessen bringen gleichwohl einige Mütter zuweilen Zwillinge, ohnerachtet dieser gebrauchten Vorsicht.”


[Pp. 152-53] “V. Die Folgen von diesen Festen sind allzu ausserordentlich, als daß man sie mit Stillschweigen übergehen sollte. Ein Hottentott, der auf diese Weise der Obsicht seiner Mutter entzogen worden, kan sie ungestrafft beleidigen, so oft er will; Ja wenn es ihm gut dünket, begegnet er ihr übel, und prügelt sie. Dergleichen teuflischen Undank hab ich öfters mit dem aller äussersten Abscheu angesehen, allein bey diesen Wilden wird diese Boßheit von niemand getadelt, da sie doch die härteste Bestraffung verdiente. Sie sehen diese unnatürliche Ubelthaten an, als gewisse Kennzeichen eines männlichen Wesens, und einer [153] besondern Herzhafftigkeit; ja sie loben die ungerechten Urheber dergleichen unmenschlichen Bezeigens.”


[P. 175] “Auf diese Weise bereiten sie Felle, die sie den Europäern verkauffen wollen, ingleichen die von wilden Thieren, wann sie gleich selbige für sich behalten. Für ihre eigene Lands-Leute aber bestreichen sie die erstern nach dem Einschmieren mit Fett, dann mit Kühe-Mist, lassen ihn trocknen, klopfen ihn aus, schmieren von neuem Fett und Kühe-Mist darauf, und treiben dieses so lange, biß sie schwarz werden, und stark nach Mist riechen. Nach ihrer Meynung ist dieses ein gar lieblicher Geruch, wenigstens befindet sich ihre Nase trefflich wohl dabey, weil sie schon daran gewöhnet.”


[Pp. 178-79] “Wenn ein Hottentott nur allein, oder in Gesellschaft ein paar Personen auf die Jagd gehet, so ist es ein Anzeigen, daß er bloß denen Haasen, Gemsen, oder dergleichen Thieren nachtrachtet, sodann bedienet er sich bloß [179] seines Rackums. Er verfolget diese Thiere mit unglaublicher Geschwindigkeit, ereilet und fället sie, selten entgehet ihm eines.”


[P. 299] “XI. Letztens, so hat auch ein Bekannter von mir, dem ich meine Anmerkungen und Muthmassungen mitgetheilet habe, solche durch eine Erfahrung bekräfftiget. Er sagt: Wenn die Winde blasen, und in einem hierzu bereiteten Gefässe aufgefangen werden: so setzen sie an den Wänden des Gefässes einen Thau an, dessen Tropfen allgemach zunehmen, zusammen fliessen, und endlich das Gefässe mit einem Crystallen-hellen und durchsichtigen Wasser anfällen, welches hat es die Lufft hinein geführet hat. Dem Geschmack nach unterscheidet sich dieses Lufft-Wasser gar wenig von dem gemeinen, oder Quell-Wasser; aber es ist weit klärer. Ich habe, seitmehr als zwölf Jahren, acht Unzen von diesem Wasser in einer wohl-verstopften Phiole verwahret: Biß hieher hat es nichts von seiner vorigen Klarheit, von seinem Geruch oder Geschmack verloren.”


[P. 306] “Währenden schlimmen Mussons bleibt man meistens zu Hause. Der Wind und die Regen, die er oft mitbringt, machen den Spazier-Gang gar widerwärtig.”

Crusius, Christian August [top]

[ Ausführliche Abhandlung (1744)Entwurf der nothwendigen Vernunft-Wahrheiten (1745)Weg zur Gewißheit (1747) ]

Crusius (1744): Ausführliche Abhandlung. [biblio]


[Pp. 8-9] “§2. Die Benennung des Satzes vom Zureichenden Grunde ist nicht bequem. […][9] §3. Besser wird er der Satz des Determinirenden Grundes genennet. […] Denn determiniren heißt, nicht mehr als eine einzige Möglichkeit übriglassen, wie ein Ding bey diesen Umständen beschaffen sey oder beschaffen seyn könne. Z.E. zwo Seitenlinien und der Winkel, den sie einschliessen, determiniren das Dreyeck. Denn von der dritten Seite und den daran stehenden Winckeln bleibt nicht mehr als eine einzige Determinatin übrig, welche ihen dahero bey Setzung der vorigen Umstände nothwendig zukommen muß.”


[Pp. 73-74] “Die Wahrheit ist die Uebereinstimmung der Gedanken mit den Dingen selbst. Es kann aber kein anderes natürliches Kennzeichen der Wahrheit bestimmet werden, als das Wesen des Verstandes selbst, oder die Möglichkeit zu denken (cogitabilitas) welches nicht also zu verstehen, daß alles, was sich denken lässt, wahr sey, sondern vielmehr auf [74] diese Weise, daß alles, was sich nicht denken lässt, falsch sey, und umgekehrt, daß alles, was nicht als falsch gedacht werden kann, wahr sey.”


“Truth is the conformity of thoughts with the things themselves. No other natural characteristic of truth can be determined, other than the essence of the understanding itself, or the possibility of thinking (cogitabilitas), which is not to say that everything that can be thought is true, but rather more in this way, that everything that cannot be thought is false, and vice versa, that everything that cannot be thought as false is true.”


Crusius (1745): Entwurf der nothwendigen Vernunft-Wahrheiten. [biblio]

This work consists of three parts – Ontologie (§§1-246), Kosmologie (§§247-423), Pneumatologie (§§424-487) – divided into chapters that are in turn divided into continuously-numbered sections (§). These sections, printed without paragraph-breaks, all begin with a heading printed in the margin, and occasionally a section has additional such headings. In the following, the text of these headings is always put in italics, and the additional headings in a section are treated as introducing new paragraphs.


Capitel II: Von dem Begriffe eines Dinges überhaupt (§§11-18)


[Pp. 26-27] “§15. Die drey höchsten Grundsätze der Vernunft von den Kennzeichen der Dinge und Undinge. Es liegen demnach die sämtlichen Kennzeichen der möglichen und wirklichen Dinge in drey höchsten Grundsätzen. Dieselben sind (1) der Satz vom Widerspruche: Nichts kan zugleich seyn und nicht seyn. (2) Der Satz des nicht zu trennenden: Was sich nicht ohne einander denken läßt, das kan auch nicht ohne einander seyn. (3) Der Satz des nicht zu verbindenden: Was sich nicht mit und neben einander denken läßt, [27] das kan auch nicht mit und neben einander seyn. Die beyden letztern Sätze aber müssen mit denen §14 angegebenen Einschränkungen verstanden und angewendet werden.

Das allerhöchste Kennzeichen der Dinge und Undinge, davon die drey höchsten Grundsätze der Vernunft Theile sind. Das allerhöchste Kennzeichen aber, der möglichen und wirklichen Dinge, ist das Wesen des Verstandes, daß nehmlich dasjenige nicht möglich oder wirklich sey, was sich nicht also denken läßt; dasjenige aber gar wirklich sey, bey dessen Leugnung man mittelbar oder unmittelbar etwas zugeben müßte, was sich nicht als wahr denken läßt, es sey nun, daß sich solches schlechterdings nicht denken läßt, oder daß es sich wenigstens nicht annehmen lässet, wenn man nicht die Regeln vernünftiger Thaten aus den Augen setzen will.”


§15. The three highest basic principles of reason of the characteristics of things and non-things. All the characteristics of possible and real things lie accordingly in the three highest basic principles. These are (1) the principle of contradiction: Nothing can be and not be at the same time. (2) The principle of the inseparable: What cannot be thought without the other, cannot be without the other. (3) The principle that which cannot be joined: What cannot be thought with and next to the other cannot be with and next to the other. The latter two principles, however, must be understood and applied with the restrictions given in §14.

The very highest characteristics of things and non-things, of which the three highest principles of reason are parts. The very highest characteristics, however, of possible and actual things is the essence of the understanding, namely, that what cannot be thought as such is not possible or actual; but that which is actual, such that the denial of which would require admitting, directly or indirectly, something that cannot be thought as true, be it that such cannot be thought at all, or that it at least cannot be assumed, if one does not want to lose sight of the rules of rational action.”


[Pp. 28-29] “§16. Genauere Bestimmung des Kennzeichens der wirklichen Dinge. […] das Kennzeichen der Wirklichkeit zuletzt allemal in unserm Verstande die Empfindung sey. Denn die Empfindung ist eben derjenige Zustand unsers Verstandes, da wir etwas unmittelbar als existirend zu denken gezwungen sind, ohne daß wir es erst durch Schlüsse zu erkennen brauchen, und ohne daß ein anderer Zustand darauf erfolget, aus dessen Vergleichung mit dem vorigen wir wahrnähmen daß wir uns etwas nur eingebildet hätten, welches z.E. beym Traume geschiehet. […][29][…] Die äusserlichen Empfindungen geben uns Begriffe von den Dingen, die ausser unserer Seele sind. Durch die innerliche Empfindung aber werden wir uns desjenigen bewußt, was in unserer Seele vorgehet. Wenn die Frage ist, woher wir wissen, daß wir sind: So antwortet zwar Cartesius darauf, ich denke, darum bin ich. Es sollte aber heissen: ich bin mir bewußt, daß ich denke; darum bin ich. Wenn man also unsere Existenz aus der Existenz unserer Gedanken schlüssen will: So muß man erst die Existenz unserer Gedanken slebst aus einer Empfindung, nemlich aus der innerlichen Empfindung oder dem Bewüßtseyn derselben, voraus setzen.”


§16. More precise determination of the characteristic of actual things. […] the characteristic of actuality is ultimately always sensation in our understanding. For sensation is precisely that state of our understanding in which we are compelled to think something directly as existing without first having to cognize it through an inference, and without comparing it with a subsequent state by which we might perceive that we had only imagined something – as happens, e.g., in dreams. […][29][…] External sensations give us concepts of things outside our soul. But through internal sensations we become aware of what is going on in our soul. If the question is how we know that we are, Descartes answers: I think, therefore I am. But it should be: I am aware that I think, therefore I am. So if we wish to infer our existence from the existence of our thoughts, we must first presuppose the existence of our thoughts themselves from a sensation, that is, from the internal sensation or consciousness of them.”


Capitel III: Von dem Wesen der Dinge und denen darinnen liegenden Begriffen (§§19-44)


[Pp. 50-51] “§32. Daß der Begriff der Causalität einfach ist. Der Begriff der Causalität, oder dessen, was unter den Worten machen, hervorbringen, verursachen und dergleichen lieget, ist einfach, und man kan dahero in Ansehung desselben nichts weiter thun, als auf eine bequeme Manier sinnen, einem den Weg zur innerlichen Empfindung zu erlichtern, daß er wahrnimmt, wie sich dieser [51] Begriff aus den Exempeln abstrahiren läßt, und übrig bleibet. Diese wird z.E. auf folgende Art angehen. Man sagt, das Feuer verursachet die Wärme. Hiermit giebt man Feuer und Wärme nicht etwa nur für Dinge aus, die zugleich sind, oder die auf einander folgen. Man meynet auch nicht, daß eins ein Theil oder inhärirende Eigenschaft, oder Determination des andern seyn solle. Wenn man dieses absondern, und dennoch wahrnimmt, daß eine solche Verbindung übrig bleibe, da das eine nicht seyn würde, wenn nicht das andere vorhergegangen wäre: So gelanget man dadurch zu dem Begriffe der Causalität. Es ist demnach die Causalität dasjenige Verhältniß zwischen A und B, da die Wirklichkeit B von der Wirklichkeit A abhanget, ohne daß B nur mit A zugleich ist, oder darauf folget, und auch so, daß B kein Theil, Determination oder inhärirende Eigenschaft von A seyn darf.”


§32. That the concept of causality is simple. The concept of causality, or that which lies under the words ‘make’, ‘bring forth’, ‘cause’, and the like, is simple, and therefore nothing more can be done in regard to it than to think of a convenient manner to ease the way to inner sensation, so that one perceives how this concept can be abstracted from examples, and remains left. This will be approached, for example, in the following way. One says that fire causes heat. Here fire and heat are not only given as things that are at the same time or that follow one another. Nor does one mean that one was a part or inherent property or determination of the other. If one abstracts this out, and yet perat such a connection remains, since the one would not exist if the other had not preceded it, then one arrives at the concept of causality. Thus, causality is that relationship between A and B in which the actuality of B depends on the actuality of A, without B being only simultaneous with A or following it, and also in such a way that B must not be a part, determination, or inherent quality of A.”


[Pp. 52-53] “§34. Was ein Grund oder Ursache im weiten Verstande ist. Alles dasjenige, was etwas anderes ganz oder zum Theil hervorbringt, und in wieferne es also betrachtet wird, heißt ein Grund oder Ursache im weiten Verstande, (principium, ratio). Daher sind die wirkenden Ursachen eine Art von Gründen, deren Nothwendigkeit aus dem bisherigen erhellet, §15, 29. Sie sind aber nicht die einzige Art. Daher müssen wir auch hier die übrigen Gattungen der Gründe mitnehmen. Nemlich dasjenige, was man das gegründete nennet, und dessen Hervorbringung man einem andern zuschreibet, ist entweder nur die Erkenntniß im [53] Verstande, oder es ist die Sache ausserhalb der Gedanke selbst.

Eintheilung der Gründe in Erkenntnißgründe und Realgründe. Daher ist der Grund entweder ein Erkenntnißgrund, welcher auch ein Idealgrund heissen kan, (principium cognoscendi); oder ein Realgrund, (principium essendi vel fiendi). Ein Erkentnißgrund ist, welcher die Erkenntniß einer Sache mit Ueberzeugung hervorbringt und also betrachtet wird. Ein Realgrund ist, welcher die Sache selbst ausserhalb den Gedanken ganz oder zum Theil hervorbringet oder möglich macht.”


§34. What is a ground or cause in the broad sense. Anything that produces something else either in whole or in part, and insofar as it is viewed as such, is called a ground or cause in the broad sense (principium, ratio). For that reason efficacious causes are one kind of ground, whose necessity is clarified by the preceding (§15, 29). But they are not the only kind. Therefore we must also consider here the other kinds of grounds. Namely, what one calls grounded and whose production is attributed to another is either only the cognition in the understanding or else the thing itself outside of our thoughts.

Division of the grounds into cognitive grounds and real grounds. Therefore a ground is either a cognitive ground, which can also be called an ideal ground (principium cognoscendi), or a real ground (principium essendi vel fiendi). A cognitive ground is what brings about the cognition of something with conviction and is viewed as such. A real ground is what brings about or makes possible the thing itself, either in whole or in part, and separate from our thoughts of it.” (Crusius 1766, 54-55)


Capitel IV: Von der Existenz der Dinge und denen damit verknüpften Begriffen (§§45-61)


[P. 73] “§46. Was die Existenz ist. Wenn wir uns etwas als existirend vorstellen: So nöthigt uns das Wesen unseres Verstandes, ausser demjenigen, wodurch wir es denken und von andern unterscheiden, auch noch dieses hinzu zu denken, daß es irgendwo und irgend-einmal sey, und also ausser dem metaphysischen wesen des Dinges auch noch ein ihm zukommendes ubi & quando hinzu denken. Daher ist die Existenz dasjenige Prädicat eines Dinges, vermöge dessen auch ausserhalb der Gedanke irgendwo und zu irgend einer Zeit anzutreffen ist.”


§46. What existence is. If we represent something as existing, then the essence of our understanding requires us, apart from that through which we think it and distinguish it from others, to think also this in addition, that it exists somewhere and at some time, and thus we must also add in thought, beyond the metaphysical essence of the thing, a ubi [where] and a quando [when] that is attributed to it. For that reason existence is the predicate of a thing due to which it can also be found outside of thought somewhere at some time.”


[Pp. 76-77] “§48. Der Raum und die Zeit sind die beyden Hauptbegriffe in dem Begriffe der Existence. Die beyden Hauptaxiomata von der Existenz. Die beyden Hauptbegriffe also, die in dem Begriffe der Existenz liegen, und welche wir nunmehro zu erklären haben, sind das ubi & quando, oder der Begriff des Raums und der Zeit im weitesten Verstande. Und die beyden Hauptaxiomata aus dem Begriffe der Existenz sind eben diese, daß alles, was ist, irgendwo seyn, oder sich in irgend einem Raume mit- [77] telbar oder unmittelbar befinden müsse; Und ferner, daß alles, was ist, irgend einmal oder zu irgend einer Zeit ist. […] [78-81] […] Nun wird iedweden die innerliche Erfahrung lehren, daß es ihm unmöglich sey, etwas als existirend zu denken, und doch nicht irgendwo zu dencken, zu sagen, daß es sey und doch daß es nirgends sey. Aller Begriff wird hierdurch verschwinden, und nirgends seyn und nicht seyn ist in unserem Verstande gleichgültig.”


§48. Space and time are the two main concepts in the concept of existence. The two main axioms of existence. The two main concepts, then, that lie in the concept of existence and which we now have to explain, are ubi & quando, or the concept of space and of time in the broadest sense. The two main axioms from the concept of existence are these, that everything that exists, must be somewhere, or found either mediately or immediately in some space, and, further, that everything that exists is sometime or at some time. […] Now, inner experience will teach everyone that it is impossible for him to think of something as existing and yet not somewhere, to say that it is and yet that it is nowhere. All concepts disappear here, and being nowhere and not being is the same in our mind.”


Capitel V: Von wirckenden Ursachen (§§62-89)


[Pp. 148-50] “§84. Bestimmung des Satzes vom determinirenden Grunde. Unter einem Grunde haben wir alles dasjenige verstanden, wodurch etwas anderes wircklich oder möglich gemacht wird, und wieferne es also betrachtet wird, §34. Daher ist ein determinirender Grund ein solcher, wodurch das in ihm gegründete dergestalt wircklich oder möglich gemacht wird, daß es bey diesen Umständen nicht anders seyn kan, §23. Es ist ferner erwiesen worden, das alles, was entstehet, eine zureichende Ursache, das ist, eine solche [149] voraussetze, darinnen nichts fehlet, was zur Causalität nothwendig ist, und daß es durch die Kraft derselben seine Wircklichkeit bekommen müsse, §31, und das Kennzeichen, ob etwas zufällig, und also einmahl entstanden ist, ist dieses wenn sich das Nichtseyn desselben dencken läßt, §33.

Die Grundthätigkeiten der Freyheit brauchen eine bloß zureichende Ursache. Wenn nun das entstehende Ding, nach dessen Grunde man fraget, eine Grundthätigkeit der Freyheit ist; so kan man vermöge des Begriffes davon §82, 83 nach nicht mehr als nach einer bloß zureichenden Ursache der Action fragen.

Hingegen alle Effecte der Grundthätigkeiten haben eine determinirende Ursache. In allen andern Fällen kan man noch weiter gehen. Denn wenn etwas allererst als ein Effect §68 von einer actione prima hervorgebracht wird, so hat es bey Setzung seiner zureichenden Ursache weder unterbleiben noch anders geschehen können. Man wiederspräche sich selbst, wenn man sagte, es habe unterbleiben können, und man setzte doch in die zureichende Ursache schon eine zureichende und nicht verhinderte Thätigkeit, an welche die Entstehung des Effectes wesentlich verknüpft ist. Spräche man hingegen, es hätte anders erfolgen können, da sich doch in der Ursache nur zu der gegenwärtigen, nicht aber auch zu einer andern Beschaffenheit der Grund findet, so müste die veränderte Beschaffenheit, dafern sie entstünde, ohne all zureichende Ursache entstehen, welches abermal ungereimt ist, [150] §31.

Auch alle Grundthätigkeiten, welche nicht Thätigkeiten der Freyheit sind, haben einen determinirenden Grund. Mithin haben alle Effecte §68 nicht etwan nur eine zureichende, sondern eine determinirende Ursache. Gleichfalls verstehet sich auch, daß selbst alle Grundthätigkeiten, welche aber nicht Grundthätigkeiten der Freyheit sind, vermöge des innerlichen Wesens der Dinge, oder vermöge derer ausserhalb ihnen zugleich gesetzten Wahrheiten oder Bedingungen nicht anders seyn oder entstehen können als also, wie sie sind oder entstehen. Alle diese Umstände zusammen genommen machen also ebenfalls iedesmal einen determinirenden Grund derselben aus, und wenn er auch gantz oder zum Theil nur ein Existentialgrund §36, 79 seyn solte.

Wie der Satz vom determinirenden Grunde heissen muß. Aus beyden zugleich also läßt sich nunmehro der wahre Satz vom determinirenden Grunde bestimmen, welcher so heissen muß: alles, was nicht eine Grundthätigkeit der Freyheit ist, das hat, wenn es entstehet, einen determinirenden Grund, das ist, einen solchen, bey dessen Setzung es nicht unterbleiben, auch nicht anders seyn oder geschehen kan.


§84. Determination of the principle of the determining ground. By a ground we have understood all that by which something else is made actual or possible, and insofar as it is regarded as such, §34. Therefore, a determining ground is one by which that which is founded in it is made actual or possible in such a way that it cannot be otherwise given these circumstances, §23. It has also been shown that everything that comes into being presupposes a sufficient cause, that is, such that nothing is lacking necessary for causality, and that it must get its efficacy through the force of this, §31, and the sign of whether something has come into being accidentally, and thus once, is this, if its non-existence can be though, §33.

The fundamental activities of freedom need a merely sufficient cause. Now, if the thing coming into being whose ground one is seeking is a fundamental activity of freedom; then, by virtue of the concept of it §82, 83, one can seek for no more than a merely sufficient cause of the action.

However, all effects of basic activities have a determining cause. In all other cases, one can go even further. For if something is produced first of all as an effect §68 of an actione prima, then with the positing of its sufficient cause it can be neither omitted nor could happen otherwise. One would contradict oneself if one said that it could have been omitted and yet one posited in the sufficient cause a sufficient and unhindered activity to which the emergence of the effect is essentially connected. If, on the other hand, one were to say that it could have happened differently, since in the cause the reason is found only for the present, but not also for another condition, then the changed condition, if it arose, would have to arise without all sufficient cause, which is once again inconsistent, [150] §31.

All basic activities that are not activities of freedom also have a determining ground. Thus all effects §68 have not only a sufficient cause, but a determining cause. Likewise, it is also understood that even all basic activities, which are not basic activities of freedom, cannot be or arise in any other way than the way they are or arise, because of the inner essence of things, or because of the truths or conditions that are set apart from them. All these circumstances taken together therefore also once again constitute a determining ground for them, and even if it should be wholly or in part only an existential ground §36, 79 seyn.

What the principle of the determining ground must be called. From both at the same time, therefore, the true principle of the determining ground can be determined, which must be phrased: everything that is not a fundamental activity of freedom has, when it arises, a determining ground, that is, a ground that, when posited, what it posited be neither omitted nor happen otherwise.


Crusius (1747): Weg zur Gewißheit. [biblio]


Der erste und theoretische Theil.
Capitel X: Von der Gewißheit, und dem Vorwahrhalten (§§420-47)


[P. 754] “§421. […] Es entstehet also alle unsere Gewißheit aus der Erkenntniß der Falschheit des Gegentheils: Und indem wir etwas gewiß erkennen, so geben die Empfindungen den ursprünglichen Stoff der Erkenntniß §265, und also das Materiale derselben, ab, daher man sie auch das Principium materiale der Erkenntniß der Wahrheit nennen kan; der Satz aber, daß was sich nicht als wahr dencken lässet, falsch sey, machet das Kennzeichen der Gewißheit aus, und also ist derselbe, oder die Verknüpfung mit demselben, das Formale der Gewißheit, daher man ihn auch das Principium formale derselben nennen kan.”


“And in that which we cognize something, the sensations give the original material for cognition, […] and therefore the material of the cognition, thus one can call them the material principle of the cognition of truth; but the proposition, that what cannot be thought as true is false, constitutes the mark of certainty, and therefore is the same .. the “Formale” of certainty […].”


[Pp. 754-55] “§422. […] Daraus wird erhellen, daß die Gewißheit zweyerley sey, nemlich die demonstrative, welche daher entstehet, wenn sich das Gegentheil eines Satzes gar [755] nicht dencken lässet, welche entweder unmittelbar ist, wenn sich gar kein Gegensatz dencken lässet, oder mittelbar, wenn er sich zwar dem ersten Anblicke nach dencken, aber bey fortgesetztem Nachsinnen wiederum hinweg räumen lässet; und die moralische Geweißheit, wenn sich zwar das Gegentheil an sich betrachtet, dencken lässet, aber es lässet sich nur wegen der Cap. IX erklärten Gründe der Wahrscheinlichkeit nicht als wahr annehmen.”


“From this it will be seen that certainty is twofold, namely, demonstrative, which arises when the converse of a proposition cannot at all be thought, and which is either direct – if no contradiction can be thought – or indirect, if on first glance it can be thought, but then on reflection is cleared away; and moral certainty, if the opposite considered in itself can be thought, but is not accepted as true only because of the grounds of probability, as explained in chapter nine.”


[Pp. 777-78] “§437. Beweis, daß die Empfindungen ein existirendes Object haben. Nun ist zum andern zu bewisen, daß die Empfindungen auch ein existiren- [778] des Object haben, d.i. daß, wenn wir empfinden, auch ausserhalb der Empfindungs-Idee ein existirendes Ding vorhanden sey, von welchem in der Empfindungs-Idee etwas vorgestellet wird.

Von den innerlichen Empfindungen. Bey den innerlichen Empfindungen nöthiget uns unmittelbar ein so heftiger Zwang, daß, wenn wir uns einer Gedancke, oder eines Gemüthszustandes bewußt sind, dieselben wircklich in uns vorhanden sind, daß, wer darauf Acht hat, nicht weiter daran zweifeln kan. Sie existiren also alsdenn in uns, weil wir sie zu der Zeit als nicht existirend nicht dencken können.”

Von den äusserlichen Empfindungen wider die Idealisten. Was die äusserlichen Empfindungen anlanget, so haben wir dabey die Idealisten zu Gegnern, unter denen einige nur Geister, aber gar keine Materie glauben, andere aber auf die Bahn gebracht haben, es könne nur iedweder davon gewiß seyn, daß er selbst sey, nicht aber, ob es auch andere Leute gebe; wiewohl ich nicht dafür halte, daß wenigstens dieses letztere iemand iemals im Ernste geglaubet habe, sondern der Meinung bin, daß die Zweifel, welche dießfalls erreget worden, nur eine Ermunterung für die Philosophen haben seyn sollen, die Gründe der Gewißheit äusserlicher Objecte genau aufzusuchen."


§437. Proof that the sensations have an existing object. Now, secondly, it must be proved that the sensations also have an existing object, i.e., that when we feel, there is also an existing thing outside the sensation-idea, of which something is imagined in the sensation-idea.

On inner sensations. In the case of inner sensations, we are immediately compelled by such a strong compulsion that, when we are aware of a thought or a state of mind, they are veritably present in us, so that whoever pays attention to them cannot doubt them further. They therefore exist in us, because we cannot think of them as not existing at that time.

On external sensations, against the idealists. As far as external sensations are concerned, we have the idealists as opponents, among whom some believe only in spirits and no matter at all, but others have maintained that one can be sure only that he himself exists, but not whether there also are other people; although I do not think that anyone has ever seriously believed at least the latter, I am of the opinion that the doubts aroused in this case should encourage philosophers to seek out in detail the reasons for our certainty of external objects.”

Dampier, William [top]

Dampier (1702): Neue Reise um die Welt. Vol. 1. [biblio]


[Pp. 768, 773] “Ich habe angemercket, daß überall, wo an der Küste solche steile Felsen sind, die See überaus tieff ist, und man selten allda anckern kan: Im Gegentheil aber, wo das Land gegen das Meer zu abhanget, es sey hernach weiter einwerts so bergicht, als es wolle, so ist doch allda guter Grund zum anckern; und wird diese Regul, nach proportion der abhangenden oder steilen Küste, im Grunde gemeiniglich eintreffen. […]”

“Also ist genug, wenn ich schlechter Dinges sage, daß hohe Küsten selten ohne tieff Wasser, und im Gegentheil, niedrige Küsten und untieffe See fast stets bey einander sind.”


[P. 977] “Das Haupt bedecken die Hottantots nicht, hängen aber in ihre Haare zum Zierrath kleine Muscheln. Ihre Kleider bestehen aus Schaffellen, welche sie über die Schultern, als einen Mantel hängen, und die Wolle inwendig hinein kehren. Ausser diesem Mantel haben die Männer noch ein Stücke solchen Felles, als eine kleine Schürtze formen herunter hangen, die Weiber aber auch noch eines um die Lenden gebunden, welches wie ein kurtzer Rock biß an die Knie gehet. Ihre Beine sind, 2. biß 3. Finger dicke, mit Schaff-Därmen umwunden, manche biß zu den Waden, manche von unten auf biß an die Knie, daß man, wenn man sie von weitem siehet, dencken solte, sie hätten Stieffeln an. Diese [978] Därme wickeln sie um, wenn sie noch erst ausgenommen sind, da sie denn mit der Zeit gantz harte und steiff werden, denn sie nehmen sie nicht wieder ab, sie wolten sie denn essen, welches denn nur auf der Reise, und wenn sie sonst gar nichts haben, geschiehet, da es vor sie, wenn sie sie gleich zuweilen 6. 6. 10. biß 12. Monat also getragen haben, ein vortrefflich köstliches Essen ist, welches alles mir die Holländer erzehlet haben.”

d’Argens, Jean-Baptiste de Boyer, Marquis [top]

d’Argens (1756): Betrachtungen des Ocellus von Lukanien, über die Welt. [biblio]


[Pp. 131-45] “§3. Da nun eine iede Art von beseelten Wesen in einen gewissen Theil der Welt gesetz [132-133] worde; die Götter nämlich in den Himmel, die Menschen auf die Erde, und die Gei- [134-143] ster in die mittlere Gegend: so muß man auch zugeben, wenn man anders nach gewissen und richtigen Grundsätzen schliessen will, daß das Geschlecht der Menschen von Ewigkeit her da gewesen. Denn wir haben ia bewiesen nicht nur, daß die Theile der Welt [144-145] wirklich da seyn, und beständig mit ihr zugleich gewesen seyn; sondern auch, daß die in diesen Theilen befindlichen Wesen iederzeit in und mit diesen Theilen vorhanden gewesen seyn müssen.”


[Pp. 154-55] “Ehe ich noch den Schluß mit Betrachtung der Natur der Teufel mache, muß ich noch errinern, daß es zweyerley Teufel gebe, männlichen sowohl als weiblichen Geschlechtes. Man [155] nennt die Männer unter den Teufeln den Alp der Weiber (incubos) die Weiber unter den Teufeln aber den Alp der Männer (succubos). Es giebt noch heut zu Tage Völker, wie Ludewig von Vives schreibet, die sich daraus eine Ehre machen, daß sie ihren Ursprung von den Teufeln herleiten können, die entweder das Frauenzimmer unter der Gestalt eines Mannes beschlafen, oder unter einer weiblichen Gestalt mit den Männern Unzucht getrieben haben. So ein Ursprung scheint mir aber viel schändlicher zu seyn, als wenn man in der Reihe seiner Vorfahren Spitzbuben, Meuchelmörder und Strassenräuber antrift.”

Derham, William [top]

Derham (1741): Physico-Theologie. [biblio]


[Pp. 260n, 262n-63n] “Und verhält sich dieses so, nicht nur bey der künstlichen und gezwungenen, sondern auch bey natürlicher Verdünung und Zusammendrückung der Lufft, welches David Foedlichius [sic] bey dem bezeuget von den höchsten Spitzen der Carpathischen Gebürge nahe bey Resemarckt in Ungarn. Seine Erzehlung lauter also: […] [261-62] ‘Ich wollte im Jahr 1615 wie ich noch ein junger Mensch war, im Monat Julio versuchen, wie hoch diese Berge wären, und hatte zwey Schüler zu Gefehrten bey mir. Wie ich nun auf des ersten Felsens Spitze kam, und meinete, daß ich mit grosser Mühe bereits den höhesten Gipfel erstiegen hätte, da zeigete sich ein noch viel höherer Felsen, darauf viel grosse lose Steine lagen, deren einer, wenn einer von einem Wanders-Mann beweget wird, – etliche hundert – mit sich reisset, und das mit so abscheulichen Geprasselt, als wenn der gantze Berg einfallen und man darunter umkommen solte. Als ich diesen Berg überstiegen hatte, da kam ein anderer noch höherer a. bis ich endlich mit Lebens-Gefahr auf den höhesten Gipfel geklettert bin. Wenn ich von dem jähen Gebürge in die unten liegende Thäler sahe – konnte ich nichts ansichtig werden, als eine dunckele Nacht, oder etwas blaues, wie die tieffe Lufft am Himmel bey gutem Wetter, so daß es mir vorkam, wenn ich von dem Berge herab fiele, ich würde nicht auf die Erde, sondern in Himmel fallen. Denn durch die allzugrosse Jähigkeit vergehet einem das Gesicht, und fället alles schwächer und stumpfer in die Augen. Da ich aber auf den höhern Berg kam, war es als wenn ich in gantz dickem Nebel mich befände – Und als ich nicht weit von dem höhesten Gipfel war, und stille stand, so sahe ich und merckte, daß an den Orten, da ich vorhero vermeinet, mit Nebel umgeben zu seyn, dicke und weisse Wolcken sich bewegeten, über welche ich etliche Meilen hin und noch jenseit der Graffschafft Ezeputz sehen konte. Doch habe ich auch andere Wolcken die höher, andere die niedriger waren, bemercket, auch etliche, die in gleicher Weite von der Erde abstunden. Und aus diessen allen habe ich dreyerley Dinge abnehmen können: 1) [263] Daß ich zur selben Zeit, über den Anfang der mittlern Gegend der Lufft gekommen war. 2) Daß die Wolcken in unterschiedlicher Weite von der Erde entfernet sind. 3) Daß die Wolcken nicht 72. wie etliche vorgegeben, sondern nur eine halbe deutsche Meile von der Erde gehen. Wie ich auf die höhe die Spitze des Berges kam, fand ich da die Luft so stille und so subtil, daß ich nicht mercken konte daß ein Härchen sich bewegete, da ich etwas hinunter einen starcken Wind gefühlet hatte, daher ich geschlossen, daß der höheste Gipfel des Carpathischen Gebürges von unten an zu rechnen bey einer deutschen Meile hoch wäre, und biß an die höheste Gegend der Lufft, wo keine Winde hinkommen, reiche. Auf diesem Gipfel habe ich eine Büchse loß geschossen: das gab in der erste keinen grössern Schall von sich als wenn ich ein stückgen Holtz oder einen dünnen Stab zerbrochen hätte: aber eine Weile hernach entstund ein starckes und langes Gethöne, davon die untern Theile des Berges, Thäler und Wälder erfüllet worden. Da ich aber über den Schnee, der viel Jahr da gelegen, herunter stieg, und im Thal wieder eine Büchse loß brannte, da erhub sich ein grösseres und erschröcklicheres Krachen als wenn das gröste Stück loß ging, so fürchterlich, als wenn der gantze Berg über mich einfallen wolte, und währete dieser Schall bey einer halben viertel Stunde, biß er in die tiefeste Hölen hinein gedrungen, an welchen die von allen Seiten sich häuffende Lufft sich zurück schlagen. – Auf diesen hohen Bergen schneiet es meistentheils oder hagelt mitten im Sommer, wenn es in der untern oder in der Nachbarschafft liegenden Ebene regnet, wie ich dieses selber erfahren habe. Der Schnee, ob er mehr oder weniger Jahre alt ist, läst sich an der Farbe, oder an der härtern obern Schale [263] erkennen.’


[Ch. 3 (“Of the Sense of Hearing”), p. 131] “Neither doth this succeed only in forced Rarefactions and Condensations of the Air, but in such also as are natural; as is evident from David Frædlichius in Varenius, upon the highest Eminencies of Carpathus, near Kesmarckt in Hungary. The Story of Frædlichius is this,” [Latin text follows, as found in Varenius]


[Pp. 264n-65n] “Weil ich gedacht, daß man den Schall auch unter dem Wasser hören könne, so muß ich hierbey noch etwas curieuses und merckwürdiges anführen, welches noch mehr bekräfftigen wird, daß das Wasser fähig sey, die Eindrückungen vom Schalle anzunehmen. Nemliches können die Wassertäucher ganz unten auf dem Grunde des Mee- [265] res hören, wiewohl etwas undeutlich das Geräusche, welches oben gemacht wird: Diejenigen hingegen welche oben sind, können von den Täuchern nichts hören. Man hat hiervon eine Probe gemacht die aber beynahe gar unglücklich abgelauffen wäre. Ein Täucher bließ unten im Grunde des Meers mit einem Horne in seiner Täuchers Glocke (Compana Urinatoria) allein der Schall in der zusammen gedruckten Lufft war so starck und beschwerlich, daß er davon gantz betäubet ward; und so schweimlich wurde, daß er beynahe gar aus der Glocke herausgefallen und ertruncken wäre.”


[Ch. 3 (“Of the Sense of Hearing”), p. 132n] “Having mentioned the hearing of Sounds under Water, there is another Curiosity worth mentioning, that also farther proves Water to be susceptible of the Impressions of Sound, viz. Divers at the Bottom of the Sea, can hear the Noises made above, only confusedly. But, on the contrary, those above cannot hear the Divers below. Of which an Experiment was made, that had like to have been fatal: One of the Divers blew an Horn in his Diving-Bell, at the bottom of the Sea; the Sound whereof (in that compressed Air) was so very loud and irksome, that stunned the Diver, and made him so giddy, that he had like to have dropt out of his Bell, and to have been drowned.”


[Pp. 306-8] “Es ist solches die Circulation des Geblütes bey der Frucht im Mutterleibe, die so sehr unterschieden ist von der Circulation desselben nach der Geburt. Im Mutterleibe, da die Frucht noch mit der Mutter gleichsam nur ein Leib ist, und da sie noch keines eigenen Athemholens bedarff, überdiß auch nicht Gelegenheit noch Raum darzu hat, sind zwey(13) Wege und Zugänge, die bloß darzu die- [307] en, daß das Blut, ohne durch die Lunge zu kommen, dadurch paßiren kan. Sobald aber die Geburt zur Welt gebracht, und dadurch ein besonderes vollkommenes Wesen für sich geworden, und Athem holen anfängt, sobald verschliessen sich diese beyde passagen und Gänge wieder: der eine vergehet fast [308] ganz und aus dem andern wird nur ein Ligamentum, oder Band ausgenommen bey etlichen Amphibiis, die sowohl im Wasser als in der Luft leben, oder doch eine lange Weile unter dem Wasser sich aufhalten müssen: bey denselben bleiben diese Wege und Zugänge aller Vermuthung nach beständig offen.”

(note 13) “Weil der Herr Cheselden, ein gelehrter und sehr accurater Anatomicus in seinen Anmerckungen von der Circulirung des Geblütes durch das Hertz und durch die Brust bey der Frucht in Mutterleibe, gar viel besonders hat, so will ich dem Leser eine und andere von seinen Observationen mittheilen die er so gütig gewesen und mir selbst gewiesen hat. Das Blut, schreibt er, welches durch die aufsteigende hohle Ader ins Hertze getrieben wird, gebet aus dem rechten Ohrläplein desselben in das lincke und durch eine Passage, die man die Eyförmige Oefnung (foramen ovale) nennet, in der Scheidewand (septo) zwischen beyden, ohne daß es durch die rechte Hertzkammer gehet, wie nach der Geburt, […].”


[Ch. 7 (“Of Respiration”), p. 153-54] “But passing them by, I shall stop at one prodigious Work of Nature, and manifest Contrivance of the Almighty Creator, which although taken Notice of by others, yet cannot be easily passed by in the Subject I am upon; and that is the Circulation of the Blood in the Foetus in the Womb, so different from the Method thereof after it is Born. In the Womb, whilst it is as one Body with the Mother, and there is no Occasion, nor Place for Respiration, there are two Passages (n) on Purpose for the Transmission of the Blood without passing it through the [154] Lungs. But as soon as the Fetus is Born, and become thereby a perfectly distinct Being, and breathes for it self, then these two Passages are shut up; one nearly obiterated, the other becomes only a Ligament, except in some Creatures that are Amphibious, or are forced to lie long under Water, in whom these Passages propably remain open.”

[Note (n)] “Mr. Cheselden, an ingenious and most accurate Anatomist, having somewhar Particular in his Observations about the Circulation of the Blood through the Heart of the Foetus, I shall present the Reader with some of his Observations, which he favoured me with the Sight of The Blood (saith he) which is brought to the Heart by the ascending Cava, passes out of the Right Auricle into the Left, through a Passage called Foramen Ovale, in the Sceptum [common to them both] without passing through the Right Ventricle (as after the Birth) while the Blood from the descending Cava passeth through [154] the Right Auricle and Ventricle into the Pulmonary Artery, and thence into the Aorta through the Duct, betwixt that and the Pulmonary Artery, called Ductus Arteriosus, whilst a finall Portion of the Blood, thrown into the Pulmonary Artery passeth through the Lungs, no more than is sufficient to keep open the Pulmonary Vesels.”


[P. 475n] “Die Generatio Spontanea, oder die Meynung, daß ohne Saamen von sich selber Thiere wachsen, ist eine Lehre, die nunmehro überall so durchgängig verworffen wird, daß ich mir nicht die Mühe nehmen will, selbige zu widerlegen. Es ist so klar, daß alle Thiere von Vater und Mutter, ja auch selbst die Gewächse und Kräuter, aus Saamen gezeuget werden, daß ich mich oft sehr habe wundern müssen über die Unachtsamkeit und Vorurtheile der alten Philosophen, daß sie sich die Aristotelische, oder vielmehr die Aegyptische Lehre de generatione aequivoca so leichtlich aufbürden lassen; daß, da sie zum Exempel Fliegen, Frösche und Läuse, von beyerley Geschlechten, und folglich auch wie dieselben generirten, Eyer legen, etc. vor Augen sahen, daß sie sich doch gleichwohl einbilden können, daß einige von diesen Creaturen von sich selbst wachsen, und zwar auf eine so abentheurliche Art, aus den Wolcken, wie sie denn insonderheit von den Fröschen glaubten, daß solche mit dem Platzregen herunter fielen.”


[Ch. 15 (“Of the Generation of Animals”), p. 244n] “Spontaneous Generation, is a Doctrine so generally exploded, that I shall not undertake the Disproof of it. It is so evident, that all Animals, yea, Vegetables too, owe their Production to Parent-Animals and Vegetables; that I have often admir’d at the Sloath and Prejudices of the ancient Philosophers, in so easily taking upon Trust the Aristotelian, or rather, the Ægyptian Doctrine of Equivocal Generation; that when they faw Flies, Frogs and Lice, for Infiance, to be Male and Female, and accordingly to ingender, lay Eggs, &c. they could ever imagine any of these Creatures should be spontaneously produc’d, especially in so Romantick a Manner, as in the Clouds; as they particularly thought Frogs were, and that they dropp’d down in Showers of Rain.”

Descartes, René [top]

Descartes (1650a): Dissertatio de methodo. [biblio]


[Pp. 47-48] “Quod nullo modo videbitur mirum iis, qui scientes quam varii motus in automatis humana industria fabricatis edi possint; idque ope quarumdam rotu- [48] larum aliorumve instrumentorum, quae numero sunt paucissima, si conferantur cum multitudine fere infinita offium, musculorum, nervorum, arteriarum, venarum aliarumque partium organicarum, quae in corpore cujuslibet animalis reperiuntur; considerabunt humani corporis machinamentum tanquam automatum quoddam manibus Dei factum, quod infinities melius sit ordinatum, motusque in se admirabiliores habeat, quam ulla quae arte humana fabricari possint.”


[CSMK, 1: 139; Adam/Tannery 6: 55-56] “This will not seem at all strange to those who know how many kinds of automatons, or moving machines, the skill of man can construct with the use of very few parts, in comparison with the great multitude of bones, muscles, nerves arteries, veins and all the other parts that are in the body of any animal. For they will regard this body as a machine which, having been made by the hands of God, is incomparably better ordered than any machine that can be devised by man, and contains in itself movements more wonderful than those in any such machine.”


Descartes (1650b): Principia philosophiae. [biblio]


[Pp. 33-34] “Nam quantum ad duritiem, nihil aliud de illa sensus nobis indicat, quam partes durorum corporum resistere motui manuum nostrarum, cum in illas incurrunt. Sie enim quotiescunque manus nostrae versus aliquam partem [34] moventur, corpora omnia ibi existentia, recederent eadem celeritate, qua illae accedunt, nullam unquam duritiem sentiremus.”


[CSMK, 1: 224; Adam/Tannery 8: 42] “For as regards hardness, our sensation tells us no more than that the parts of a hard body resist the motion of our hands when they come into contact with them. If, whenever our hands moved in a given direction, all the bodies in that area were to move away at the same speed as that of our approaching hands, we should never have any sensation of hardness.”


Descartes: Correspondence. [biblio]


[Letter to Meyssonier (29 January 1640), AT, 3: 20] “Mais pour les espèces qui se conservent dans la mémoire, je n’imagine point qu’elles soient autre chose que comme les plis qui se conservent en ce papier, après qu’il a esté une fois plié; & ainsy je crois qu’elles sont principalement receues en toute la substance du cerveau, bien que je ne nye pas qu’elles ne puissent estre aussy en quelque façon en cete glande, sur tout en ceux qui ont l’esprit plus hebeté: car pour les esprits fort bons & fort subtils, je crois qu’ils la doibuent avoir toute libre a eux & fort mobile; comme nous voions aussy que dans les hommes elle est plus petite que dans les bestes, tout au rebours des autres parties du cerveau.”


[CSMK, 3: 143-44] “As for the impressions preserved in the memory, I imagine they are not unlike the folds which remain in this paper after it has once been folded; and so I think that they are received for the most part in the whole substance of the brain. But I do not deny that they can also be present in some fashion in this gland, especially in people whose minds are sluggish. In the case of very good and subtle minds, I think the gland must be free from outside influence and easy to move, just as we observe that the gland [144] is smaller in man than it is in animals, unlike the other parts of the brain.”


[Letter to Mersenne (11 June 1640), AT, 3: 84-95] “2. Il n’y a point de doute que les plis de la mémoire s’empeschent les uns les autres, & qu’on ne peut pas avoir une infinité de tels plis dans le cerveau; mais on ne laisse pas d’y en avoir plusseurs; & la mémoire intellectuelle a ses espèces a part, qui ne dépendent nulle- [85] ment de ces plis, dont je ne iuge pas que le nombre doiue estre fort grand.”


[CSMK, 3: 148] “2. There is no doubt that the folds of the memory get in each other’s way, and that there cannot be an infinite number of such folds in the brain; but there are still quite a number of them there. Moreover, the intellectual memory has its own separate impressions, which do not depend in any way on these folds. So I do not believe that the number of folds is necessarily very large.”

Deslandes, André François [top]

Deslandes (1757): “Beobachtungen vom Meerwasser und süßen Wasser.” [biblio]


[Pp. 492n-93n] “In den alten Aufsätzen der Akademie der Wissenschaften findet man verschiedene Versuche, das Meerwasser süße zu machen. Einige sind durch das Destilliren, andere, vermittelst des diese Erfahrungen vorgetragen, und die, so selbige untersucht haben, in dem Begriffe, von der Bitterkeit des Meerwassers unerfahren gewesen seyn, da doch hierinne das [493] Wesen der Operation besteht. Der gelehrte Graf von Marsigli ist der einzige, der in seiner physischen Geschichte vom Meerwasser diese Bitterkeit eingesehen, und zugleich erfahren hat, wie schwer es sey, das Meerwasser süße zu machen.”


[Pp. 493-95] ”5) Das Meer wasser mag so süße gemacht seyn, als es nur immer will; so ist es doch wegen des bittern und zähen Wesens unmöglich, davon zu trinken. Dieses sind die zween wesentlichen Fehler, welche man muß wegzuschaffen suchen. Ohne dieses wird man es niemals heilsam und trinkbar machen. […][494][…]

6) Nach verschiedenen Versuchen, die ich zu verschiedenen Zeiten unternommen habe, habe ich eine sehr simple Art erfunden, das Meerwasser süße zu machen. Man nimmt nämlich Jungferwachs, und macht daraus hohle Kugeln nach der Forme der gläsernen Lampen. Nach diesen füllet man diese Kugeln mit Meerwasser voll, welches ohngefähr in 18 Stunden durchläuft. Auf solche Art verliert das Wasser einen Theil von seiner Bitterkeit und alle sein Salz. Das Wachs ist aber so imprägnirt, daß man es reinigen muß, wenn man solches wider brauchen will. Auf den Schiffen kann dieses Geheimniß von keinem Nutzen seyn. […] Wenn die Seeleute […] auf eine wüste Insel kommen und keine Quelle oder Brunnen finden, so füllen sie einen großen Kessel mit Meerwasser, und setzen selbigen aufs Feuer. Wenn dieses Wasser zu sieden anfängt, so fangen sie den aufsteigenden Dampf mit Schwämmen auf, welche sie über den Kessel halten. Haben sich die Schwämme vollgezogen: so druckt man solche in einen andern reinen Kessel aus, end wenn er voll ist, so bring man ihn [495] aufs Feuer. Man nimmt wiederum Schwämme, hält sie über den andern Kessel, und läßt sie voll Wasser ziehen; dieses drückt man in den dritten, hernach in den vierten, und alsdenn in den fünften Kessel. Hierauf ist das Wasser vollkomen süße, und man kann solches ohne Furcht trinken.”

Diodorus Siculus [top]

Diodorus Siculus (1746): Bibliothecae historicae [biblio]


[Bk. 1, ch. 33, 5-12] ”[5] Now where the Nile in its course through Egypt divides into several streams it forms the region which is called from its shape the Delta. [6] The two sides of the Delta are described by the outermost branches, while its base is formed by the sea which receives the discharge from the several outlets of the river. [7] It empties into the sea in seven mouths, of which the first, beginning at the east, is called the Pelusiac, the second the Tanitic, then the Mendesian, Phatnitic, and Sebennytic, then the Bolbitine, and finally the Canopic, which is called by some the Heracleotic. [8] There are also other mouths, built by the hand of man, about which there is no special need to write. At each mouth is a walled city, which is divided into two parts by the river and provided on each side of the mouth with pontoon bridges and guard-houses at suitable points. From the Pelusiac mouth there is an artificial canal to the Arabian Gulf and the Red Sea. [9] The first to undertake the construction of this was Necho the son of Psammetichus, and after him Darius the Persian made progress with the work for p113 a time but finally left it unfinished;​[10] for he was informed by certain persons that if he dug through the neck of land he would be responsible for the submergence of Egypt, for they pointed out to him that the Red Sea was higher than Egypt.​[11] At a later time the second Ptolemy completed it and in the most suitable spot constructed an ingenious kind of a lock. This he opened, whenever he wished to pass through, and quickly closed again, a contrivance which usage proved to be highly successful. [12] The river which flows through this canal is named Ptolemy, after the builder of it, and has at its mouth the city called Arsinoë.” [Loeb Classical Library edition, 1933]


[Bk. 5, ch. 25, 1-5] “[1] Since we have explained the name by which the Gauls are known, we must go on to speak about their land. Gaul is inhabited by many tribes of different size; for the largest number some two hundred thousand men, and the smallest fifty thousand, one of the latter standing on terms of kinship and friendship with the Romans, a relationship which has endured from ancient times down to our own day. [2] And the land, lying as it does for the most part under the Bears, has a wintry climate and is exceedingly cold. For during the winter season on cloudy days snow falls deep in place of rain, and on clear days ice and heavy frost are everywhere and in such abundance that the rivers are frozen over and are bridged by their own waters; for not only can chance travellers, proceeding a few at a time, make their way carry them on the ice, but even armies with their tens of thousands, together with their beasts of burden and heavily laden wagons, cross upon it in safety to the other side. [3] And many large rivers flow through Gaul, and their streams cut this way and that through the level plain, some of them flowing from bottomless lakes and others having their sources and affluents in the mountains, and some of them empty into the ocean and others into our sea. The largest one of those which flow into our waters is the Rhone, which has its sources in the Alps and empties into the sea by five mouths. [4] But of the rivers which flow into the ocean the largest are thought to be the Danube and the Rhine, the latter of which the Caesar who has been called a god spanned with a bridge in our own day with astonishing skill, and leading his army across on foot he subdued the Gauls who lived beyond it. [5] There are also many other navigable rivers in Celtica, but it would be a long task to write about them. And almost all of them become frozen over by the cold and thus bridge their own streams, and since the natural smoothness of the ice makes the crossing slippery for those who pass over, they sprinkle chaff on it and thus have a crossing which is safe.” [Loeb Classical Library edition, 1933]

Diogenes Laertius [top]

Diogenes Laertius: Lives of the Philosophers. [biblio]


[Book 2: “Socrates,” paragraph 24] “He was a man of great independence and dignity of character. Pamphila in the seventh book of her Commentaries tells how Alcibiades once offered him a large site on which to build a house; but he replied, ‘Suppose, then, I wanted shoes and you offered me a whole hide to make a pair with, would it not be ridiculous in me to take it?’ [25] Often when he looked at the multitude of wares exposed for sale, he would say to himself, ‘How many things I can do without!’” (R. D. Hicks, transl.)


[Book 5: “Theophrastus,” paragraph 41] “It is said that his disciples asked him if he had any last message for them, to which he replied: ‘Nothing else but this, that many of the pleasures which life boasts are but in the seeming. 41. For when we are just beginning to live, lo! we die. Nothing then is so unprofitable as the love of glory. Farewell, and may you be happy. Either drop my doctrine, which involves a world of labour, or stand forth its worthy champions, for you will win great glory. Life holds more disappointment than advantage. But, as I can no longer discuss what we ought to do, do you go on with the inquiry into right conduct.’” (R. D. Hicks, transl.)

Eberhard, Johann Peter [top]

Eberhard (1753): Erste Gründe der Naturlehre. [biblio]


Einleitung (§§1-11)


[P. 1] “§1. Die Naturlehre ist eine Wissenschaft von denen Eigenschaften und Würkungen derer würklich vorhanden Körper.”


[P. 4] “§8. “Bei den Erfahrungen, lassen wir entweder die Körper in ihrem natürlichen Zustand und merken ihre Eigenschaften und Würkungen an: und dieses nennen wir Beobachtungen, oder im engern Verstande Erfahrungen (observatione). Oder wir setzten sie unter gewisse Umstände in welche sie vor sich nich würden gerathen sein: und dieses heissen Versuche (Experimenta).”


1. Capitel: Von der Ausdehnung (§§2-23)


[P. 11] “§8. Wir schliessen also sowohl a priori (§6) als durch die Erfahrung, daß alle Körper eine gewisse Figur besitzen. Da nun jede Figur eine Ausdehnung voraussetzt, so wird hierdurch das bestätigt, was wir oben §1 angenommen haben, daß jeder Körper ausgedehnt sey.”


[P. 15] “§13. Die leeren Räume die zwischen den körperlichen Theilen eines Körpers bei seiner Zusammensetzung bleiben können, wollen wir die Zwischenräume nennen. Es wird daher aus der Erfahrung zu bestimmen sein, ob würklich Zwischenräume vorhanden sind oder nicht.”


[P. 16] “§14. 2. Versuch. Man lasse sich von dem dichtesten Körper welchen wir haben, dem Golde nemlich dünne Blätchen schlagen, dergleichen die Buchbinder zum Vergülden brauchen. Man halte ein solches Blat gegen die Sonne, so wird man warnehmen, daß man durch dasselbe den Schein des Lichts beobachten kan.”


[Pp. 17-18] “§17. Da das Licht ein Körper ist, wie unten erwiesen werden soll, das Licht aber durch das Gold durchgehet (§14): so muß das Gold so beschaffen seyn, daß ein anderer Körper durch dasselbe sich hindurch bewegen kan. Dieses kan nicht durch die festen Theile desselben geschehen, denn diese sind undurchdringlich (§1, note 2). Es muß daher ausser denen festen Theilen im Golde noch etwas seyn, wodurch sich ein fremder Körper bewegen kan. Dieses kann keine andere Materie, weil alle Materie undurchdringlich ist. Es muß daher etwas sein, das nicht Körperlich ist. Das ist es muß ein leerer Raum sein. Die leeren Räume zwischen denen Körperlichen Theilen heissen die Zwischenräume (§13). Es müssen daher im Golde zischenräume sein. [18] Da nun das Gold der dichteste Körper ist welchen wir kennen: so hat der dichteste Körper Zwischenräume.”


2. Capitel: Von der Undurchdringlichkeit und Theilbarkeit (§§25-38)


[P. 26] “§24. 2. Erfahrung. Nun nehme ein Gefäs von beliebiger Grösse und Beschaffenheit, und fülle dasselbe mit Wasser oder Queksilber, so wird wenn es damit erfüllet ist, kein Wasser oder Queksilber mehr hinein gebracht werden können.”


[P. 31] “§30. Diese lezten körperlichen Theile, die nicht weiter getheilt werden können, pflegt man die Elemente des Körpers zu nennen.”


[Pp. 32-33] “§32. Wie erstaunend klein die ersten Elemente der Körper sein müssen, läß sich aus der ungemeinen Subtilität der besondern Elemente derselben zeigen. Ein Gran Gold kan so dünne geschlagen werden, daß es in einen Raum von 50 Quadratzolle ausgebreitet wird. […] [33] […] Man kan daher ein Gran Gold in 4 Millionen sichtbarer Theile auflösen die alle noch Gold sind, und folglich keine Elementartheile sein können. […] Ein Gran Karmin färbt zehn Pariser Maaß Wasser, […].”


[P. 33] “§33. 5. Versuch. Man thue einen wohlriechenden Liquor in ein Glaß mit einer engen und gekrümmeten Röhre, und setze dasselbe über das Feuer einer Lampe; so wird wenn der Liquor anfängt zu kochen, durch die Röhre ein starker Dampf hervordringen, der ein ziemlich grosses Zimmer mit guten Geruch anfullen kan, ohne daß sich das Gewicht des Liquors merklich vermindert.”


[P. 34] “§34. 6. Versuch. Diese Thiere haben alle eine ordentliche Struktur und ein Leben, folglich auch Werkzeuge der Bewegung und Empfindung. […] Weil aber die Werkzeuge ihrer Empfindung und Bewegung zusammengesetzte Maschinen sind, die wieder aus einer Menge anderer Theile bestehen, so kan man hieraus die Menge solcher Theile in einem einzigen Tropfen Wasser beurtheilen.”


8. Capitel: Von der magnetischen Materie (§§461-97)


[P. 473] “§473. Man pflegt dieses Ansichziehen und Fortstossen derer Pole, die Freundschaft und Feindschaft dererselben zu nennen. Diejenigen Pole welche einander ansichziehen heissen die Freundschaftlichen (amici), die sich fortstossen die Feindlichen (inimici). Es sind daher die gleichnahmigen Pole des Magnets freundlich, die ungleichnahmigen aber feindlich.”


[P. 474] “§475. 148. Versuch. Wenn man eine lange eiserne Nadel nimmt, die forne spiz, in der Mitte aber tief gemacht ist, so daß sie auf einer Spitze sich leicht bewegen läßt, und dieselbe mit dem Magneten auf eben die Weise streicht, wie den eisernen Stab im vorigen Versuch, so wird die Nadel Magnetisch, und kehrt sich von selbsten gegen Mitternacht. Doch findet man selten, daß sie völlig gegen Norden weiset. Sie pflegt mehrentheils nach einer Gegend zu zeigen, ein einige Grade von Mitternacht entfernet ist.

§476. 149. Versuch. Wenn man eine solche Nadel A B die mit dem Magneten ist bestrichen worden, vertical aufhengt und ihren Mittelpunkt C durch einen auf jeder Weite befindlichen eisernen und in einer messingenen Vertiefung bewegliche Stift, befestigt, so wird dieselbe nicht perpendikular hangen bleiben, sondern gegen den Horizont geneigt werden. Bring man sie aber in eine horizontalle Lage, so wird sie unter den Horizont heruntersteigen.”


[P. 477] “§481. 26. Erfahrung. Wenn sich das Eisen lange in einer vertikalen Stellung befindet, dergleichen z.E. die Feuerzangen und Feuerschauffeln derer Kamine im Sommer sind da sie nicht gebraucht werden, so findet man an demselben eine Magnetische Kraft. Dieses geschieht oft an denen Kirchthürmen, wo die perpendikular stehende Eisen nach einigen Jahren eine anziehende Kraft bekommen.”

Effen, Justus van [top]

Effen (1760): Auserlesene Philosophische, Moralische und Saytrische Schriften. [biblio]


Vol. 2, ch. 35: “Das unbillige Afterreden gegen das schöne Geschlecht” (pp. 282-90)

[Pp. 287-89] “Die vornehmste Person des Spiels war ein junger Herr, der so zu reden, in lauter Wolleben gewieget wurde, und in einen Zustand lebete, wo eine Lust der andern die Hand bot, die ihm keine Zeit lieffen, die geringste Betrachtung anzustellen. Folglich wurde man an ihm mehr gute und böse Neigungen, als Tugenden oder Laster gewahr. Er hatte einen Lakey von einer Art der Günstlinge, welche ihres Herrn Vertraute zu seyn pflegen, wiewohl man sie insgemein unter dem Titel abgefeimter Erzschelme kennet. Da der Cavalier, welcher allen Unordnungen, so die Mode ansehnlich macht, ergeben war, eines Tages ausgieng, gab er dem Lakey Befehl für Anschaffung einer feinen Nymphe zu sorgen, die sich aber auch der Mühe verlohnte. Der Vogel, welcher alle Gaben und Geschicklichkeiten seines Handwerks besaß, hatte mit einer Wittwe von gutem Stand Bekanntschaft, welche in der äuffersten Dürftigkeit lebte, und deren einziger Trost noch in einer Tochter von seltener Schönheit bestand. Der Bediente des Cavaliers hatte ihr von seines Herrns Großmuth und Artigkeit eine schmeichelhafte Abbildung zu machen gewußt, daß er sie dadurch gewonnen, die Unschuld dieses liebenswürdigen Kindes, welches kaum in das sechzehende Jahr getreten, diesem jungen Herrn aufzuopfern. Die arme Tochter, der ein ihrer Geburt anständiges Herz im Busen schlug, widersetzte sich dem abscheulichen Ansinnen ihrer Mutter aus aller Macht. Die- [288] -se aber umarmete sie und gab ihr mit Thränen zu verstehen: Liebstes Kind, sagte sie, die That, darzu ich dich reize, kömmt mir eben so abscheulich, als dir vor; allein kanst du es denn übers Herz bringen, daß du deine arme Mutter willst Hungers sterben sehen? Bey diesen Worten entsagte die Tochter allem Streit für ihre Unschuld, sie zitterte und mit Thränenvollen Augen sagte sie der Mutter, daß sie alles thun wolle, was sie für gut befände. Der Kuppler nahm sie an, brachte sie aufs heimlichste in seines Herrn Wohnung. Sobald der Cavalier ankam, gieng er ihm entgegen, und sagte ihm in gewöhnlichen Vertrauen: Sie ist so schön, als ein Engel, gnädiger Herr, allein das arme närrische Ding thut nichts, als daß sie weinet, allem Ansehen nach, ist sie noch in ihrer Unschuld, kommen Sie nur und trösten sie. Der Cavalier fande sie in der That, voller Weinen und Thränen, er fragte sie mit Verwunderung, was ihr fehlete, und ob sie nicht wüste aus was für Absicht man sie zu ihm gebracht hätte. Ich weiß es, sagte sie, indem sie ihm zu Fusse fiel, mehr als zu wohl: Meine eigne Mutter liefert mich ihren Begierden, damit sie vor sich und mich Brot haben möchte; wollte aber der Himmel, daß ich nur in dem Augenblick des Todes seyn könnte, das mit ich aus dem schrecklichen Unglück käme.

Dieser unversehene Zufall erweckte die Großmuth in dem Herzen dieses Cavaliers, welcher sie versicherte, er würde ihr, die Unschuld wider Willen zu rauben, nicht gedenken, daher sendete er sie zu einer seiner Anverwandtinnen, die Nacht daselbst zu bleiben. Morgens drauf ließ er die Mutter zu sich kommen, die er wegen der schimpflichen Verunehrung ihrer eignen [289] Tochter heftig ausschalt. Das arme Weib schlug die Augen nieder, und machte ihm von ihren elenden Umständen eine von Seufzen und Thränen unterbrochene Abbildung. Er fragte darauf, ob diese junge Schönheit etwa einen Liebhaber habe. Sie antwortete, es wäre allerdings andem, er wär ein rechtschaftener Mensch, iedoch er sey nicht im Stand, sie zu erhalten. Wohlan, verfeste der Cavalier, ich will sie gegen das Unglück, sich durch ein Laster aus dem Elend zu reissen, sicher stellen, man verheirathe sie. Er zahlte ihr zugleich zwo hundert Pistolen zur Kleidung, und noch funfzig für die arme Withe.

Aus dieser Begebenheit, die man mir für wahrhaftig erzehlt hat, siehet man, daß dieses liebenswürdige Weibsbild, welches nach ihrem guten Naturell, durch ihre ganze Lebenszeit sich als ein Muster der Tugend zeigen konnte, allem Vermuthen nach, ein Schandfleck ihres Geschlechts geworden wäre, wenn sie unter unvernünftig boshafte Hände gerathen seyn würde. Wir können auch hieraus schliessen, daß viel unzüchtige Weibspersonen viel klüger seyn würden, wenn die Mildigkeit, ihre Unschuld zu retten, nur den zwanzigsten Theil ihrer Bemühung anwenden wollte, als zu verführen. Dieses ist aber bei Erzehlung der Geschichte nicht mein einziger Endzweck. Ich wollte nur überhaupt den Geschmack zur Tugend in denen von allen Lüsten trunkenen Gemüthern erwecken. Es sage mir doch nur ein solcher glücklicher Abentheuerling, wenn er nur noch etwas von Leutseligkeit in dem Herzen hat, ob er von dem Besitz der vortreflichsten Schönheit eine so rührende Zufriedenheit erhalten kan, als sich unser Cavalier durch sein großmüthiges Verfahren erwor- [290] ben hat? Er muß zugleich die süsse Veränderung, so sich in dem Herz einer Mutter ereignet hat, empfunden haben, welche den einzigen Gegenstand aller ihrer zärtlichsten Liebe von dem Abgrund eines Unglücks errettet siehet, an dessen äussersten Rand sie denselben selbst geführet hatte: Er muß gerühret worden seyn, durch die lebhaftefte Zufriedenheit, welche in dem Herzen einer tugendhaften Tochter auf die tödliche Furcht erfolgt ist, gegen ein Laster, so sie unter einer Art der Tugend zu begehen im Begrif war; nicht weniger durch das unvermuthete Vergnügen eines rechtschaffenen Menschen, der von der Hand seiner Großmuth eine weise und liebenswürdige Ehegattin erhielte. Zu allen diesen zärtlich angenehmsten Empfindungen rechne man noch das unausfprechliche Vergnügen, daß man zu sich selbst fagen kan: Diese Leute haben mir die Glückseligkeit ihres Lebens zu danken; so wird man leicht gedenken, daß dasjenige, was in dem Gemüth dieses großmüthigen Cavaliers vorgegangen, von einer kurzen Seligkeit nicht unterschieden sey.”

Egede, Hans [top]

Egede (1763): Beschreibung und Natur-Geschicht von Grönland. [biblio]


[P. 68] “Ich habe an der westlichen Seite, weder Gehölze, noch Bäume, welche einige Aufmerksamkeit verdieneten, angetroffen. Unterdessen wachsen doch überall, und in Menge, an dem Gestade der Meerbusen, kleine Büsche von Birken, Erlen, und Weiden, woran sich die Colonien zur Feuerung vollkommen begnügen lassen können. Man trifft daselbst Birken an, welche zwey bis drey Klafftern hoch, und noch etwas dicker, als ein Menschenarm oder Schenkel, sind.”


[P. 155] “Sie haben kein anderes Getränck, als das klare Wasser; wodurch dasjenige wiederlegt wird, was einige Schriftsteller behauptet haben, daß nehmlich die Grönländer Fisch-Tran trinken sollen. Sie essen nicht einmahl den Speck, ausser nur sehr wenig, mit dem trocknen Fische, und denen Mooßbeeren (Kräckebär), geschweige, daß sie den Tran trinken sollten.”

Eisenmenger, Johann Andreas [top]

Eisenmenger (1711): Entdecktes Judentum. [biblio]


[Volume 2, pp. 578-79] “Der Talmud lehret daß auch den Frommen das betriegen erlaubet sey. Ja der Talmud lehret, in dem Tractat Megilla fol. 13. col. 2, daß auch den Frommen es erlaubet sey, jemand zu betriegen, dann daselbsten also gelesen wird: [Hebrew text] das ist, Wie: ist es dann den Gerechten erlaubt, mit Betrug zu wandeln, (das ist, umzugehen?) und er sprach zu ihre, ja, (dann es stehet 2. Sam. 22.27. geschrieben: Gegen dem Reinen bist du rein; und gegen dem Verkehrten bist du verkehrt.. […] Es ist den Gerechten erlaubet, betrieglich zu handeln, wie der Jacob gethan hat, und ist gleiches mit gleichem ver- [578] golten worden: gleich wie es die Schlange gemacht hat, also hat ihr Gott wider vergolten, wie (Psal. 18.27.) gesagt wird: Gegen den Reinen bist du rein und gegen den Verkehrten bist du verkehrt.

Ellis, Heinrich [top]

See: SnmR, vol. 1; see also: AHR, vols. 16 and 17.

Euler, Leonard [top]

Euler [anon.](1747): Rettung der Göttlichen Offenbahrung gegen die Einwürfe der Freygeister. [biblio]


[Pp. 41-43] “XLVIII. Man befindet sich aber jetzt, GOTT sey Danck, im Stande diese irrige Meynung, wenn wir auch darüber keine Offenbahrung hätten, gründlich zu wiederlegen. Es ist schon von dem grossen Astronomo Halley bemercket worden, daß der Mond anjetzo seinen Lauf um die Erde in einer kürtzeren Zeit verrichte, als vor alten Zeiten. Und wenn man die Beobachtungen der Sonne, welche zu den ältesten, mittleren und neuern Zeiten gemacht worden, genau untersuchet, so befindet man, daß die Jahre anjetzo etwas kürtzer sind, als vormals. Man ist auch im Stande zu bestimmen, um wie viel die Länge des Jahrs alle Jahrhunderte vermindert wird, und man kan darthun, daß diese Verminderung alle hundert Jahr etliche Secunden betrage. Es ist auch kein Zweifel, daß sich nicht eine gleiche Verminderung bey den übrigen Planeten in der Zeit, in welcher sie um die Sonne herumlauffen, befinden solte: und eben dieser Umstand äussert sich gantz deutlich in einem Cometen, welchen man schon etliche mal zu beobachten das Glück gehabt.”

[42] XLIX. Man kan diesen aus den Observationen gezogenen Schlüssen um so viel sicherer trauen, da dieselben den natürlichen Ursachen, welche wir deutlich erkennen vollkommen gemäß sind. Denn da sich die Erde und die übrigen Planeten in der subtilen und finen Himmels-Luft bewegen, so müssen dieselben daher in ihrer Bewegung einen geringen Wiederstand leiden. […] Wegen dieser Würckung werden nun die Creise der Planeten immer kleiner, und dahero auch nach den Gesetzen der Bewegung in einer kürtzeren Zeit durchlauffen, welches eben derjenige Umstand ist, so aus den Beobachtungen ist geschlossen worden.

L. Hieraus folget also gantz offenbar, daß die Erde immer näher zur Sonne kommen [43] müsse.”


Euler (1751): “Gedanken von der allmählichen Annäherung der Erde zur Sonne.” [biblio]


[P. 314] “[…], so habe ich doch schon angemerket, daß die Bewegung der Sonne (oder vielmehr der Erde) seit dieser Zeit merklich geschwinder geworden ist, so daß die Jahre itzo kürzer sind, als vordem. Die Ursache hiervon ist sehr natürlich. Denn wenn die Sonne in ihrer Bewegung auch nur ein klein wenig Widerstand leidet, (welches ohne Zweifel geschieht, weil der Raum, durch welchen sich die Planeten bewegen, nothwendig mit einer subtilen Materie, wenn es auch nur die Materie des Lichts wäre, angefüllet ist) so muß die Wirkung dieses Widerstands die Planeten allmählich näher und näher zur Sonne bringen; und weil ihre Laufkreise dadurch kleiner werden, so müssen die Zeiten ihres Umlaufs auch vermindert werden. Auf diese Art wird die Erde endlich in die Gegend der Venus, und endlich in die Gegend des Mercur kommen, wo sie nothwendig wird verbrennen müssen.”


[London Magazine, March 1751, p. 121] “[…] I have observed, that the motion of the sun (or of the earth) is sensibly accelerated since that time [the 15th century]; so that the years are shorter at present than formerly: The reason of which is very natural; for if the earth, in its motion, suffers some little resistance (which cannot be doubted, since the space thro’ which the planets move, is necessarily full of some subtile matter, were it no other than that of light) the effect of this resistance will gradually bring the planets nearer and nearer the sun; and as their orbits thereby become less, their periodical times will also be diminished. Thus in time the earth ought to come within the region of Venus, and in fine into that of Mercury, where it would necessarily be burnt.”


Euler (1773): Briefe an eine deutsche Prinzessin [biblio]


[Vol. 1, pp. 109-12 (“32nd Letter”)] “Jetzo will ich die allgemeine Erfahrung erklären, warum der Himmel bey Tage uns blau aussieht? Wenn man bloß nach dem sinnlichen Schein urtheilen sollte, so sollte man denken, es wäre über uns ein großes blau gemaltes Gewölbe; so wie uns [110] die Maler den Himmel an einer Decke vorstellen. […] Ich werde Ew. H. zeigen, daß die Ursache von dem Blauen des Himmels darinn liege, daß unsere Atmosphäre nicht vollkommen durchsichtig ist. […][111-12][…] Das Meerwasser, wenn es eine gewisse Tiefe hat, sieht grün aus; wenn man ein Glas damit anfüllt, so scheint es ganz klar. Die Ursache ist augenscheinlich dieselbe. Dieses Wasser ist mit einer Menge grünlicher Theilchen beschwert, die, wenn sie in geringer Anzahl sind, keine merkliche Wirkung hervor bringen; die aber in einem großen Raume, wie z. E. wenn man in die Tiefe sieht, wo vieler solcher grünlichter Strahlen sich vereinigen, eine dunkle Farbe geben. (den 27 Jul. 1760)”

Feuillée [top]

See: AHR, vol. 16.

Fontaine [top]

Fontaine (1736): Mémoires pour servir à l’histoire de Port-Royal. [biblio]

An appropriate German edition has not been located.


[Vol. 2, pp. 56-58] “‘Epictete, li dit-il, est un des hommes due monde qui ait mieux connu les devoirs de l’homme.’ […][57-58][…] ‘Voilà, Monfseur, dit M. Pascal à M. de Saci, les lumieres de ce grand esprit qui a si bien connu le devoir de l’homme. J’ose dire qu’il mériteroit d’être adoré, s’il avoit aussi bien connu son impuissance; puisqu’il falloit être Dieu pour apprendre l’un & l’autre aux hommes. Aussi comme il étoit terre & cendre, après avoir si bien compris ce qu’on doit faire, voici comme il se perd dans la présomption de ce que l’on peut.’”


[Pascal 1849, 276-77] “‘Epictetus,’ he began, ‘is one of those worldly philosophers who show the largest acquaintance with the duties of man.’ […][277][…] ‘These, Sir,’ said Pascal to M. de Saci, ‘are the precepts given by this illustrious genius, this eminent proficient in philosophy, for the discharge of man’s duties. I venture to say, he would have been worthy of our highest admiration had he been equally versed in human impotence; but it is the attribute of God only, to be the instructor of man in both these respects. A mere creature of the dust, – observe how, with so clear an apprehension of what we ought to do, he loses himself in speculating upon what we are capable of doing.’”


[Vol. 2, pp. 69-70] “‘Il me semble que la source des erreurs des Stoïciens d’une part & des Epicuriens de l’autre, est de n’avoir pas su que l’état de l’homme à présent, différe de celui de sa création: desorte que l’un remarquant quelques traces de sa premiere grandeur, & ignorant sa corruption, a traité la nature comme saine & sans besoin de réparateur, ce qui le mene au comble de l’orgueil; au lieu que l’autre éprouvant sa misere préfente, & ignorant sa premiere dignité, traite la nature comme nécessairement infirme & irréparable, ce qui le précipite dans le désespoir d’arriver à un veri- [70]table bien, & de là dans une extrême lâcheté. Ces deux états qu’il falloit connoître ensemble voir toute la verité, étant connus séparément, conduisent nécessairement à l’un de ces deux vices, à l’orgueil ou à la paresse, […] C’eft donc de ces lumieres imparfaites qu’il arrive que l’un connoissant l’impuissance, & non le devoir, il s’abbat dans la lâcheté; & que l’autre connoissant le devoir sans connoître son impuissance, il s’éleve dans son orgueil; d’où il semble que l’on formeroit en les alliant une morale parfaite.’”


[Pascal 1849, 290-91] “It appears to me, that the source of error among the Stoics on one side, and the Epicureans on the other, is their ignorance that the state of man, at present, differs from that in which he was created. Thus, the one of these sects seeing in him some traces of his original greatness, and unconscious of his corruption, has treated his nature as if it were a healthy one, and needed no repair; – all which tends to foster in him an overweening pride. The other, on the contrary, conscious of his present misery, and knowing nothing of his original excellence, treat man’s nature as irretrievably infirm, and incapable of improvement; and this plunges him into an utter laxity, and a despair of ever attaining to true happiness. Thus these two conditions of man, which ought to be taken in combination with each other in order to lead to truth, are viewed in disjunction, and unavoidably lead to one of these two evils, pride, or sensuality. […] From this imperfect measure of information, then, it arises, that the one sect, knowing only the impotence of man, and not his duties, fall into laxness; and the other, knowing his duties, but not his impotence, wrap them selves up in pride. Whence it would seem that if the two [291] were united, they would form a perfect moral system.”

Freye Urtheile und Nachrichten [top]

Joachim Friedrich Liscow and Barth. Joachim Zinck, eds. (1744-1759): Freye Urtheile und Nachrichten zum Aufnehmen der Wissenschaften und Historie überhaupt. 16 vols. [biblio]


Vol. 14, issue 77 (11 Oct 1757), pp. 613-16
Anon., “Nachrichten.” [biblio]


[Pp. 613-16] “Paris. Wir kündigen hier Tables et Cartes de la Géographie physique, par Mr. Buache an, die von allen bisherigen ganz und gar verschieden sind. Der Zweck des Verfassers gehet dahin, die besondere Struktur der Erdkugel kennen zu lehren, und eine neue, viel deutlichere, [614] lehrreichere und gelehrtere Methode, die Geographie zu studiren, vorzulegen, als alle bisherige gewesen sind. Er theilet den Erdboden nicht von den vier Welttheilen, sondern nach den großen Gebirgen ein, die ihn durchstreichen, und ansehnliche Höhen formiren, aus welchen die Flüsse entspringen, die sich in einerley Meer ergießen. Die methodische Kenntniß der Flüsse ist, wie jedermann zugestehet, zur Erlernung der Erdbeschreibung ungemein nützlich. Allein, die Kenntniß der Berge, aus welchen sie entspringen, und der Meere, in die sie sich ergießen, ist noch nützlicher, weil sie uns die Verbindung beyder und ihre wechselsweise Verhältniß gegen einander lehret. Dieses sind die wahren Principien der Erdbeschreibung. Es giebet auf dem Erdboden eine ununterbrochene Reihe hoher Gebirge und Gegenden, welche ihn in vier abhängige Flächen eintheilen, woraus die Flüsse entspringen, die sich in jedes Meer ergießen. […] Der Verfasser vermuthet, daß es unter dem südlichen Polar-Cirkel eine fünfte Art von [615] Landschaften gebe, welche zum Theil gegen ein anderes Eismeer geneigt sind. […] Man findet in jedem Welttheile außer Europa große Gebirge, die der Verfasser plateaux nennet, woraus alle übrigen Reiche [lies: Reihen] von Gebirgen entspringen, die unter dem Meere von einem vesten Lande zum andern fortgehen; und in der Gegend ihres Striches unter dem Wasser siehet man die meisten Inseln, als die Spitzen dieser Gebirge. […], so daß gegen das Ende von America und Africa ein großes Südland, als eine große [616] Insel, zwischen inne lieget.”

Gmelin, Johann Georg [top]

See: SnmR, vol. 5.

Göttingische Gelehrte Anzeigen [top]

GGA (1739-): Göttingische Zeitungen von gelehrten Sachen (1739-52), Göttingische Anzeigen von gelehrten Sachen (1753-1801), Göttingische Gelehrte Anzeigen (1802- ). [biblio]


1750, issue 97 (September 24), pp. 161-65
Anon., “Dresden und Leipzig.” (Review of Theobald/Lehmann 1750.) [biblio]


[P. 775] “Anstatt, daß Theobald bloß von den Schlakenwaldischen Zinnwerken gehandelt, erstreckt, der Hr. Lehmann seine Betrachtung auf alle giftige Dünste in den Gruben überhaupt. Er zeigt, daß der Arsenic von der Luft sich auflösen läßt, und verfliegt, und eben deswegen die schönsten Rohtgüldenerzte gar bald ihre Schönheit verlieren. Eben deswegen sind die Dünste am schädlichsten in Silberbergwerken, wo der Arsenic häuffig ist (und in Zinnbergwerken, da derselbe nach des Hrn. Marggravs Erfahrungen am stärksten herrscht) viel minder aber in Eisen, Kupfer und Bleywerken, als deren metallische Theilchen sich lieber auf die Oberfläche führen lassen, als daß sie in Gestalt von Dünsten verfliegen sollen.”


1756, Vol. 1, issue 20 (February 14), pp. 161-65
Anon., “Göttingen.” (Discussion of Hollmann.) [biblio]


[Pp. 161-64] “Den 7. Febr. war die gewöhnliche Versammlung der K. Gesellschaft der Wissenschaften, bey welcher der Herr Prof. Hollmann aus seinen im vorigen Jahre gemachten Meteorlogischen Anmerkungen der Gesellschaft einen Auszug vorlegte. […] [162] […] Weil unter den übrigen Veränderungen dieses Jahrs die Erdbeben die beträchtlichsten mit sind, und diese nicht allein von Jahren zu Jahren häuffiger seit einiger Zeit geworden, sondern auch in den beyden letztern Monathen dieses Jahrs so erstaunliche Verwüstungen in Europa angerichtet, unter welchen diejenige, so den 1. Nov. Lisbon und ganz Portugall, nebst andern Ländern, betroffen hat, whole die wichtigste ist; so stellte der Hr. Prof. über die Erdbeben einige besondere Betrachtungen an. Außer dem, was allen Erdbeben gemein, und daher nur in der Kürze mit berührt ward, finden sich bey diesen zween besonders merkwürdige Umstände. Die bisher eingelaufene Nachrichten bestättigen, daß man die Stöße, so Lisbon, und andere Orte in Portugall, zu Grunde gerichtet haben, fast zu derselben Zeit zu Madera, auf den Barbarischen Küsten, und an einigen Orten in den Niederlanden, empfunden habe. Das Erdbeben hat sich also auf 20. Gr. der Länge, und 23. bis 24. der Breite, erstrecket, und über eine Fläche der Erdkugel fast zu gleicher Zeit ausgebreitet, die nach einer gemäßigten Berechnung auf 79,200 teutsche gevierte Meilen beträgt: dergleichen man bey keinem Schriftseller, älterer und neuerer Zeiten, angemerket gefunden. […] [163] […]; so suchte der Hr. Prof. wahrscheinlich zu machen, daß diese ganz besondere Begebenheit nicht wohl anders könne erkläret werden, als wenn man annehme, daß alle diese Oerter mit unterirdischen Canälen, so voller Wasser wären, eine Gemeinschaft hätten, und ein Theil dieser Canäle über die Gewölber solcher Höhlen weglieffen, die an der Erschütterung Theil genommen. […] [164] […] Der Hr. Prof. hat schon vor verschiedenen Jahren, auch in den Schriften der Societät selbst, geäussert, wie er davor hielte, daß an solchen Orten, die mit diesem Uebel geplaget wären, sehr zuträglich seyn könte, wenn man verschiedene Schächte so tief in die Erde senkte, bis man damit in unterirdische Hölen käme. und den darin verschlossenene Dämpfen, einen freyen Ausgang verschaffen könte.”


1760, Vol. 2, issue 148 (December 11), pp. 1277-83
Anon., “Paris.” (Review of Guignes/Barthélemy 1760.)[biblio]


[Pp. 1279-80] “Die Abhandlung des Herrn de Guignes würde von sehr großer Wichtigkeit seyn, wenn sie nur eben so viel Gewißheit hätte, als die vorige. Er giebt zuvörderst eine Idee von der Chinesischen Sprache. Die geschriebene ist sehr rech, bestehet aber nicht aus Buchstaben und Sylben, nicht zus Zeichen der Töne, sondern aus Zeichen die die Idee selbst, wiewol willkührlich, ausdrücken: (z. E. wenn ich, wie [1280] in Chifer-Briefen wol geschiehet, ein Creuß (†), für einen König und einen Stern(*) für ein Volk setzte.) […] Er giebt zu, daß ihre Züge in so vielen Jahrhunderten sich merklich geändert haben müßen: allein er spürte den ältesten Zügen nach, und da fand er zu seiner großen Verwunderung eine Aehnlichkeit mit des Barthelemy Phönicischen Alphabet. Es schien, aus Aegypten sey vor undenklichen Jahren eine siegende Colonie nach China gekommen: die Land hatte schon seine eigene Einwohner und Sprache. Die letzte nahmen die Sieber mit an, allein ihre Characteristik, d.i. nicht ihr Alphabet, sondern Figuren die bey ihnen gantze Wörter ausdruckten, gaben sie dem barbarischen Volke des äussersten Orietns. Wir wollen seine Probem mittheilen. […] [1281] […] Das Chinesische Zeichen eines Hauses sieht dem ב der Hebräer, das von der Thür dem Daleth, und das vom Auge dem Ain der Phönicier gleich: (diese Nahmen aber Beth, Daleth, Ain, heißen im Hebr. Haus, Thür, Auge.)

Gråberg, J. M. [top]

Gråberg (1750): “Bericht von einer lebendigen Kröte.” [biblio]


[Pp. 285-87] “Im Jahr 1733. den 8. May, zu Mittage, befand ich Unterschriebener [Js. Canutius. P.L.], mich in der sogenannten Nybro Steingrube in Gothland, und im Kirchspiele Wamblingebo, der Gewohnheit nach, sowohl den Kronensteinen das Maaß zu geben, als auch Anstalt zu machen, daß zwey zu Burswik befindliche Fahrzeuge mit Steinen für das königl. Schloßgebäude zu Stockholm sollten geladen werden. […] [286] […] Nachdem dieses Steinstück abgesprengt war, nahm er wieder den Schlägel, und zerschlug es damit, da man denn in selbigem Augenblicke im dichten und festen Steine eine lebendige Kröte sitzen sahe. Wie aber der Stein und sein langgewesenes Gefängniß sehr mürbe war, so konnte man nicht genug davon sammlen, daß es die Spur seiner eingedruckten Gestalt gezeigt hätte, sondern es gieng vom Schlage und vom herausnehmen alles im Sande verlohren […] Ich nahm die Kröte in eine Schaufel, da sie sich nicht mehr bewegte, als ein Stein. Nachdem ich sie ein wenig betrachtete, fand ich die Farbe grauschwarz, etwas auf dem Rücken gesprenkelt, es schien auch wie ein gedrungener Graus vom Stein selbst überall auf ihr, wie die aufbehaltene Haut weiter bezeugt. Unter dem Bauche war sie etwas lichte, ihre Augen waren klein und rund, mit einem zarten Fell überzogen, worunter sie etwas leuchteten, an der Farbe vollkommen wie blasses Gold. Nachgehends nahm ich einen Stock, den der Steinbrecher, Heinrich Skogs, mir gab, und rührte die Kröte am Kopfe an, da sie die Augen [287] zusammen zog, als ob sie schliefe; so bald ich den Stock wegnahm, öffnete sie die Augen nach und nach, rührte aber weder Leib noch Füße im geringsten, welches ich verschiedene mal wiederholte Nachdem sahe ich, daß ihr Mund keine Oeffnung hatte, sondern mit einer gelbichten Haut überzogen war welches ich mit dem Stocke versuchte, aber den Mund nicht aufmachen konnte. Endlich drückte ich sie auf den Rücken, da denn klar Wasser hinten von ihr gieng, und sie davon so gleich Starb. Und wie ich überhäufter Geschäffte wegen nicht Zeit hatte, sie genauer zu betrachten, so nahm iich ein dunnes Stückchen Stein, legte sie darein, und verwahrte sie in der Steinbrecherkaue. Wie ich nachgehends von der Grube weggieng, fieng ich an über diese Sache mehr nachzudenken, und es reuete mich, daß ich ein Mörder eines Geschöpfes geworden war, das vielleicht unglaublich viele Jahrhundert in seinem Gefängnisse gelebt hatte.”

Gruner, Gottlieb Siegmund [top]

Gruner (1760): Die Eisgebirge des Schweizerlandes. [biblio]


[Vol. 1, p. 27] “Diese sämmtlichen Eisgebirge, […] machen in den Helvetischen Landen von Aufgang gegen Niedergang eine Kette, welche geraden Wegs gemessen bey 66 Stunden in der Länge beträgt, von den westlichen Gränzen des Wallislandes gegen Savoyen bis an die östlichen Gränzen des Bündenerlandes gegen das Tyrol reicht, und in einer zwar in etwas unterbrochnen Kette die ganze Breite der Schweiz durchstreichet. Von Mittag gegen Mitternacht aber machen sie verschiedene Arme, von denen die längsten in verschiedenen Krümmungen einen Teil der schweizerischen Lande bey 36 Stunden weit geraden Wegs durchlaufen.”


[Vol. 2, pp. 46-47] “Das Thal von da bis nach Gestinen, wird in der Schöllenen genrennt. Es ist sehr enge, auf beyden Seiten mit steilen und sehr hohen Felswänden umschlossen: und giebt in seiner Tiefe der Reuß den Fortlauf.

Den Grenzstock dieses Thals, rechter Hand wenn man von dem Gotthard hinuntersteigt, gegen Aufgang, macht der groffe Kilcherberg, deffen höhster Gipfel das Kloserli, sein mitternächtiger Theil aber der Nätschen genennt wird. Den Eingang in das Thal in der Schöllenen giebt ein Gewölb, welches durch diefen Berg eines Flintenschusses lang durchgegraben ist, und daher das Loch genennt wird. Dieses Feisengewölbe hat seinen Ausgang bey der Teufelsbruck.

Diese Brucke ist ein merkwürdiges Werk der Kunst, und führet durch ein einziges Gewölbe von einer steilen Felswand zu der andern. Unter diefer Brucke stürzt sich [47] die schon stark angewachfene Reuß über steile Felsen brühlend und schäumend hinunter, in einen tiefen finstern Schlund. Hr. Scheuchzer hat diefes seltsame Gebäu in Kupfer vorgestellt. Man weiß aber nicht woher dasselbe diesen greßlichen Namen bekommen hat: Es ist gläublich, die lieben Alten haben daffelbe für ein mehr als menschliches Werk angedehen, und es einer grössern Macht zugeschrieben. […] Diese Brucke ist über das Dorf Gestinen 420. über Altdorf 1460. und über das Meer nach Caßini Rechnung 3948 F. erhoben.”


[Vol. 3, pp. 91-92] “Ein andrer, und von allen Naturkündigern als richtig angenommener Satz ist weiter: daß die Berge in dem Wasser oder durch das Wasser entstanden, und aufgethürmt worden sind. Dieses beweist sich aus der ganzen Theorey unsrer Erdkugel; durch die von einander abweichende und gegen einander einlaufende Winkel der einander entgegen gesetzten Reihen von Bergen; durch ihre verschieden und so wunderlich aufgethürmte Gestalten; abgewaschene Seiten, und oben zugespitzte Firsten; die im grossen eben das sind, was die vorbeschriebene Eisthürme der Gletscher im kleinen; durch ihre Horizontalschichten; durch deren verschiedenen Stoff, der wechselsweise aus schwererm und leichterm Gemenge bestehet; und also durch eine wechselweise bald anhaltende bald ab- [92] nehmende Bewegung des Wassers in einer langen Zeit, also muß auf einander geschwemmt worden seyn: Und endlich erweist sich dieses durch die in diesen Schichten oft verschlossene einheimische und ausländische, fremde Körper aus allen dreyen Reichen der Natur.”


[Vol. 3, pp. 133] “Nicht nur aber kan bey gleich hohen Bergen ein verschiedener und zähmerer Erdstrich die Ursache davon seyn; indem da, wo ein Berg einzel stehet, die Luft um denselben herum viel gelinder ist, als da wo bereits viele andre mit Schnee bedeckt stehen; sondern hauptsächlich ist der Grund dieses Unterschieds, der Stoff aus welchem die Berge selbst zusammengesetzt sind. Die Anmerkung ist überhaupt richtig, daß der Stoff aller Eisberge aus puren Felsen bestehet, und nur auf diesen der Schnee beständig daurt; auf denen die aber aus Erde zusamengesetzt sind nicht. Auf allen den vorbeschriebenen Eisgebirgen schmilzt der Schnee in den Gegenden die mit fruchtbarer Erde bedeckt sind, oft zwar sehr spät; aber dennoch alle Jahre: indem niedrigere Berge, die aber aus purem Felse bestehen, mit beständigem Schnee bedeckt bleiben. Man bedarf nur einen davon im höhsten Sommer anzusehen, um dieser Wahrheit überzeugt zu werden.”


[Vol. 3, pp. 136] “Sind diese unterirdischen Winde etwas stärker und enger eingeschlossen, oder werden dieselben von andern unterirdischen Ursachen in noch heftigere Bewegung gebracht, so verursachen sie kleine Erdbeben, oder vielmehr Eisbeben, welche die ganze Gletscherdecke erschüttern, und in Bewegung bringen: welches nach der Aussage der Alpbewohner ebenfalls nicht selten geschieht; und zwar mit solcher Gewalt, daß Diejenigen die sich zufälliger Weise auf denselben befinden sich niedersetzen müssen, um nicht umgeschmissen zu werden. Durch diese Erschütterung und Bewegung entstehen sodenn ebenfalls, da wo die Eisdecke an schwächsten ist, oder da wo die Winde am meisten zusammengepreßt werden, Riße und Spälte.”


[Vol. 3, pp. 140-42] “Unter die fernern Zufälle der Gletscher gehören auch die Winde und das Gebläse, welches aus denselben heraus, und unter denselben hervorgetrieben wird. Daß in der Erde sich überall Höhlen befinden, und daß dieselben mit Dünsten und Luft angefüllt seyen, ist eine längst erwiesene Sache. Wenn diese Dünste und Luft keinen freyen Ausgang haben, und sich in starker Bewegung befinden, so erwecken sie, wie gedacht, entweder kleine Erdbeben, [141] oder brechen mit Zerborstung der Eisdecke hervor. Wenn sie sich aber nicht völlig eingeschlossen befinden, sondern einige Oefnung haben: so erwecken sie, wenn sie in Bewegung gebracht werden, einen Luftstrom, und brechen wiewol mit geringrer Macht in einem fortdaurenden Gebläse zu Tage aus. Die Bergbewohner sagen dennzumal: der Gletscher bläst aus. Rauhe und durchtringende Winde verspürt man auf den Gletschern zwar allezeit, aber dergleichen Gebläse sind etwas seltner: und sind soviel ich weis, auch noch von keinem Gletscherbeschreiber an gemerkt worden. Ich will also zur Nachricht ein Beyspiel hier beysetzen, welches mir mein ehrwürdiger Freund der gelehrte Hr. Walser aus, eigner Erfahrung mitgetheilt hat. Er reiste vor einigen Jahren aus dem unter Engadin in Bünden, über den wilden Skalettaberg auf Davos im Prittigäu. Er ware aber so unglücklich, daß Tags vorher ein grosses Bergwasser alle Brucken und Steigen weggeführt hatte: so daß er seinen Weg über einen rauhen Berg und über einen ungeheuren Gletscher, der aussert den frechsten Jägern vielleicht noch von niemand bestiegen worden, über steile Anhöhen mit grosser Gefahr zu nehmen gezwungen ware. Es ware in Mitte des Heumonats, und ein so schöner und heller Tag, daß kein Wölklin an dem Himmel zu sehen ware. Als er sich auf der obersten Höhe des Skalattabergs befande, vermeinte er es fienge an zu schneyen und sein Hut und Kleider waren [142] ganz von Schnee bedeckt. Als er besser hinauf kame sah er deutlich, daß dieser Schnee aus einem grossen unergründlich tiefen Spalte des Gletschers ausgetrieben wurde und als er näher hinzu kame bliese eine so grimmige Kälte als demselben heraus daß man in weniger Zeit in Mitte des Sommers daselbst hätte todfrieren können. Dieses Gebläse ist allezeit ein Vorbott des Regels und Ungewitters; indem durch die Bewegung im innwendigen der Erde die Dünste in die Luft ausgetrieben werden welche sodenn in Regen und Ungewitter wiedrum hinunterfallen.”


[Vol. 3, p. 208] “Vor ungefehr 30 Jahren wurde ein todter Knabenkörper unter dem Gletscher bey dem Grimsel hervorgespühlt, ohne daß man die geringste Nachricht hatte, daß seit langen Jahren Jemand daselbst verlohren gegangen wäre. Endlich versanne sich ein steinalter Mann, daß vor 80 Jahren ein solcher Knab von seiner Verwandschaft in dieser Gegend in einem Gletscherspalt versunken seye. Der Körper wurde hierauf auch in der That für diesen erkennt; er ware aber ungeacht seiner 80 jährigen Begräbniß unter dem Eise so frisch, als wenn er sein Leben erst ein paar Tage vorher verlohren hätte.”

Guignes, Joseph de [top]

Guignes, “Auszug aus einem Versuche, worin bewiesen wird, daß die Chineser eine ägyptische Colonie seyn.” [biblio]


[Pp. 644-45] “Herr Guignes Muthmasungen haben noch einen andern Grund. Nachdem er eine Schrift des Abts Barthelemy von den Buchstaben der Phönizier gelesen, fieng er an nachzudenken, auf welche Art die Buchstaben des Alphabets zuerst gemacht worden, und dies bewog ihn ein chinesisches Wörterbuch einzusehen, weil die Buchstabe dieser Sprache sehr alt seyn sollen. Bei Durchsehung dieses Wörterbuchs fand er mit groser Verwunderung eine Figur, die einem Buchstaben in des Barthelemy phönizischen Alphabete sehr ähnlich war. […] Seine Schrift ist also ein Versuch zu zeigen, daß die chinesischen Buchstaben [645] nichts anders seyn, als Monogrammen, oder Züge, welche aus dreien phönizischen Buchstaben bestehen; und daß bei derselben Aussprache phönizische und ägyptische Laute herauskommen. Es wird also nöthig seyn, daß wir statt einer Einleitung eine kleine Nachricht von des Barthelemy Schrift geben.”


[P. 650] “Hiebei bemerkte er nun, daß die mehresten morgenländischen Buchstaben eine etwas wirkliches bedeutende Benennung hätten. So bedeutet Beth ein Haus, Daleth eine Thüre, Ain ein Auge, Schin einen Zahn, und er nahm bald wahr, daß dasjenige Zeichen, dessen die Chineser sich bedienen, ein Haus zu erkennen zu geben, dasselbe mit dem hebräischen Beth wäre, daß das Zeichen der Thüre ein Daleth vorstellete, daß das phönische oder ägyptische Ain bei den Chinesern ein Auge zu erkenne gebe, und ein Zahn in der chinesischen Sprache durch einen mit Spitzen versehenen Kinbacken, welcher dem hebräischen, samaritanischen und phönizischen Schin sehr ähnlich ist, abgebildet werde.”

Hales, Stephen [top]

Hales (1747): “Beschreibung der nützlichen Maschine des Herrn Stephen Hales.” [biblio]

This is an anonymously written summary of Hales (1743).


[Pp. 28, 34] “Es ist eine Maschine, mit welcher man in einem verbaueten Orte die Luft verneuern kann, es geschehe nun, daß man entweder auf eine unvermerkte Art eine neue Luft hineinbringe, oder die alte herauspumpe, an deren statt sogleich die äußere hereinkommt. […] Es wird niemand an dem Nutzen dieser Erfindung zweifeln, als diejenigen, welche nicht wissen, wie schädlich die eingeschlossene und mit Dünsten beschwerte Luft ist. Sie können dieses ganz leicht in den Gewichtsversuchen (Statick) des Herrn Halles, und in dem obangeführten Werke finden. Sie werden darinnen sehen, daß die verschlossene Luft, welche nach und nach ihre Elasticität verlieret, zum Athemziehen nichts nütze sey; daß in 24 Stunden durch das Athemholen über ein Pfund Feuchtigeit von einem Menschen gehe, und daß die während 2 bis 3 Minuten eingeschluckte und ausgehauchte Luft davon so überladen sey, daß man Mühe haben würde, länger Luft zu schöpfen, daß in eben so langer Zeit ungefähr 39 Unzen Materie aus eines Menschen Körper dünsten; […].”


[P. 36] “Da Herr Hales vom Gebrauche seiner Maschine in den Minen redet, führet er dasjenige an, was man wegen der verschiedenen Arten der Ausdünstungen, die man in denselben antrifft, […]. […] Die dritte ist die allergefährlichste. Die Bergleute werden sie in den höhesten Grüften, und zwar in den Gängen, die von dem Hauptschachte abgesondert sind, gewahr. Sie sehen eine kugelrunde Materie, die an Größe, als ein großer Ball, und mit einem Häutlein umgeben ist; wenn letzteres ungefähr springet, läßt es seinen Dunst fahren, welcher dann alle Werkleute ersticket.”


[1743, pp. 20-21] “In Lowthorp’s Abridgment of the Philosophical Transactions, Vol . II. p. 375. [21] there is an account of four sorts of Damps observed by the Miners in Derbyshire: […] The third is the most noxious; the Miners say they see in the highest part of the Roof, in those Passages which branch out from the main Groove, a round thing of the Bigness of a Foot- ball, with a Film or Skin about it, which when broken by Accident, disperses it self, and suffocates all the Company.”


Hales (1748a): Statick der Gewächse. [biblio]


[P. 19] “Die neunte Erfahrung. Den 15. Julii machte ich zwey Rancken starck wachsenden Hopfen von ihrer Stange los, und schitte sie nahe an der Erde ab; sie waren an einem sehr verwachsenen und gantz schattigen Orte aufgekommen; dem einem nahm ich alle seine Blätter, und steckte beyde Reben in zwey kleine Bouteillen, die gewisses abgemessenes Wasser hielten. Derjenige Reben, der die Blätter behalten hatte, zog in 12 Tages-Stunden 4 Untzen, der andere aber nur ¾ Untze.


[Pp. 112-13] “Im Blasenstein ist mehr Luft als in einiger Substantz. […] Ich destillirte einen Blasenstein in der eisernen Retorte […] und durch das Feuer noch mehr als die Helfte vom Stein in elastische Luft ver- [113] wandelt. Diese Quantität Luft ist nun nach Proportion grösser als alle andre, die durch Feuer aus einiger andern animalischen, vegetabilischen oder mineralischen Substantz getrieben worden.”


Hales (1748b): Statick des Gebluts. [biblio]


[Pp. 192-93] “Erste Erfahrung. Von Qvantität der Luft, welche man aus dem Steine ziehen oder bringen kan. […] 2. Wir erkennen daraus, daß der Blasenstein und der Weinstein viel mehr Luft gegeben haben, als einige andere Substantz, sie mag in Pflantzen, theirischen Körpern oder Mineralien bestehen; und man muß überdiß wohl betrachten, daß die aus diesen beyden Substantzen ausgezogene Luft in [193] wenig Tagen verzehret war, und ihre Elasticität viel eher verlohr, als die Luft, die man aus einiger andern thierischen oder pflantzigten Substantz ziehet: welches dann unsere Meinung sehr wahrscheinlich machet, daß der Stein ein Tartarus sey, der in Thieren erzeuget worden.”

Halle, Johann Samuel [top]

Halle (1757): Die Naturgeschichte der Thiere in Sistematischer Ordnung. [biblio]


[P. 147] “Aus diesen Verschiedenheiten des menschlichen Geschlechts fliessen einige natürliche Folgerungen.

1) Alle Menschen des Erdbodens sind nur ein einziges Geschlecht, welches von der verschiednen Ausbreitung auf der Erdkugel, den Himmelsstrichen, dem Altertume ihres Besizes, den Sitten, der Narung, der bürgerlichen Verfassung eine grosse Veränderung in der Bildung, und in der Gestalt gelitten hat. Die Morenkinder werden weis, oder roth geboren, und sie werden nur erst in sieben Tagen völlig schwarz. Es ist die Schwärze der Moren also eine blosse Folge der heissen Luft; sie erfüllet das zellige Gewebe, und es ist die Oberhaut, so wie die rechte Haut an den Moren schwarz. Alle Menschen die in freier Luft leben, sind jederzeit brauner. Die äusserste Kälte troknet, so wie die grosse Hize, die Haut dergestalt aus, daß sie braun oder schwarz wird.

2. Der gemässigte Himmelsstrich vom vierzigsten bis zum funfzigsten Grade enthält die schönsten Leute, die man als das Mittel zwischen den äussersten Grenzen anzusehen hat. Man kan aus der Beschreibung wahrnehmen, daß alle Völker unter einerlei Erdgürtel gleiche Farbe, Länge und fast eben solche Sitten haben.”


[Pp. 229-30] “Die Verschiedenheiten. Es bringen trokne Länder geschlanke, muntre, schönhufige; feuchte, und fette Wiesen hingegen schwerköpfige mit dikken Leibern, mit schlechtem platten Hufe, schwerschenklige Pferde hervor. Die aus der Barbarei haben einen langen feinen Hals, und eine dünne Mähne. Die grösten sind 4 Fus und 8 Zoll hoch, und meist grau. Die Spanischen sind von langem dikken Halse, starker Mähne, etwas grossem Kopf, von stolzer Miene, breiter Brust, dikken Schultern, breitem, rundem Kreuze, gelenkig, voll Feuer gelehrig, und in allen Stellungen hochmütig. Sie wollen zart an der Hand geführet werden, und sie zeigen fast keine Müdigkeit ehe, bis sie stürzen; sie erholen sich aber leicht wieder, wenn man sie zum Athem kommen läst. Die Spanier verwerfen die schönsten Pferde, wenn sie keine Zeichnung vom Sterne an sich haben. Ihre schönsten, und elendsten sind allemal mit ihrem Stuttereizeichen am rechten Vorderschenkel gezeichnet. Die Spanischen werden allen in der Welt zum Kriege, zur Reitbahn, zum Prachte vorgezogen; besonders da sie freiere Schultern, als die Barbarn haben. 3. Die Englischen stammen von den arabischen, und barbarischen her; sie sind völlig, gros, von allerlei Farben, und Zeichnungen, gemeiniglich 4 Fus, 10 Z. hoch, geschikt zur Jagd, und zum Laufen; aber zum Reiten weniger annemlich, und von schlechtern Gelenken, da ihre Schultern mehrentheils gezwungen spielen. Gemeiniglich bedienet man sich der Englischen Pferde zu den Parforce-Jagden, weil sie ziemlich sicher laufen, und springen. Sie haben trokne Köpfe, eine gebogne Habichtsnase, kleine spize Ohren, und einen erhabnen Hals, nebst geschlanken Schenkeln. In der [230] Jugend hebt man ihnen etliche Gelenke vom Schwanze aus, damit der Rükken, wie es heist, desto dauerhafter werden möge. Man beschneidet ihnen auch die Mähne, um ihr Ansehn desto flüchtiger zu machen. 4. Die Dänischen sind von schöner, völligen Taille, so daß man sie zum Gespanne allen andern vorzieht; von dikkem Halse, und starken Schultern; zum Kriege und den Kutschen geschikt. Sie sind gelassen, gelehrig, unerschrokken; sie werden aber auch leicht wieder verzagt. Man mus sie aufmuntern; und sie sind geschikt, besonders zu Schulpferden.


[Pp. 230-31] “9. Der ärmste Araber hält sich Pferde, und diese Nation reitet am liebsten die Stutten, weil sie Hunger, und Durst besser vertragen können; sie lassen sie in Hausen grasen. [231] Die Türken kaufen denen Arabern die Hengste ab, indem sie keine Liebhaber von Stutten sind; und sie erhalten ihre schönste Rassen mit der grösten Sorgfalt. Man hält in Arabien die genauste Geschlechtsregister von seinen Pferden. Die erste Klasse enthält von den Arabischen Pferden die reinste Rasse, die edelsten Nachkommen aus einem alten Geschlechte, von beiden Linien. Ein ungemischt Geblüt, das seine Ahnen mit Ruhm fortpflanzt. In dieser Klasse des arabischen Pferdadels gilt die unansehnlichste Stutte 500 und mehr Thaler. Die 2te Klasse hat bereits unter ihren Stand geheirathet, und man schäzt sie daher schon geringer. Die 3te Klasse macht den Pöbel aus. Ein jeder weis das Haar, die Ahnen, den Zunamen, den Namen seines Pferdes, so gut als des Nachbars aufs genauste. Ein geborgter Beschäler hat die Ehre, daß der Sekretair des Emirs, nebst einigen Zeugen bei seinen Liebesgeschäften ernsthaft zugegen ist, und ein untersiegelt Instrument über die Ahnen von seiner, und der Stutte Seite verfertigt. Eben dieses geschicht, so bald die Stutte gefolet hat; man sezt den Tag auf, und beschreibt die Gestalt des Füllens, welches kraft dieser Diplomen gewis als kein schlechtes Bürgerpferd angesehen wird. Diese Briefe vertheuren die arabischen Pferde; denn man bekömt sie bei dem Kaufe zugleich mit. Die Araber schlagen übrigens ihre Pferde nicht, sie reden ihnen zu, und lassen sie nur den Schritt gehen; sobald sie ihnen aber auch einen leichten Stos mit dem Steigbügel geben, so gehen sie wie ein Hirsch durch, und sezen über Hügel und Graben. Indessen richtet man sie ab, daß sie im flüchtigsten Galoppe ganz kurz inne halten, und stehen bleiben, wenn der Reuter herabgefallen ist. Sie schütten ihnen den Tag über kein Futter vor, und sie waschen und puzen sie sorgfältig. Des Abends hänget man ihnen eine Sak von ungefähr einem halben Scheffel reiner Gerste über den Kopf; und sie fressen also nur die Nacht durch.”


[Pp. 235-36] “Das Alter. Ein Pferd hat in allem 40 Zähne, 24 Bakkenzähne, 4 Hundszähne, 12 Schneidezähne. Denen Stutzen fehlen die Hundszähne ganz und gar, oder sie haben doch kürzere. Die vordren und Hundszähne deuten das Alter allein an Vierzehn Tage nach der Geburt brechen die 12 Vorderzähne heraus; sie sind rund, kurz, und nicht besonders veste. Von 2½ Jahren fallen die 4 Vordersten mittleren, 2 oben, und 2 unten zuerst aus. Ein Jar darauf verlieren die Füllen 4 andre, neben den vorigen, die sich weider ersezt [236] haben, und nachgewachsen sind. […] Nach 6 Jahren füllet sich ihre Vertiefung allmälich aus, und es verschwindet das Maal nach und nach; und oder es verkleinert sich doch. Nach 8 Jaren findet man dieses Loch ganz ausgefüllt. Dieses ist der lezte Beweis des achtjärigen Alters.”


[P. 370] “Denn zum Tödten hat es [das Nasenhorn] ein geschikter Gewehr an der Zunge empfangen, mit der es denen Thieren das blutende Fleisch bis auf die Knochen weglekt.”


[Pp. 512-13] “Der Zibet ist also laut der Beschreibung ein schmieriger Saft, welcher von dem Blute vermittelst vieler Reihen von Drüsen abgeschieden wird, und keine Absicht, das Thier zu ernähren, sondern das Recht hat, ein Auswurf zu heissen, den die Menschen angenehm finden, und der dem Thiere zur Last fällt, wenn seine Ausdünstung gehemt, oder wenn die Materie selbst zurück gehalten wird. […] Man samlet denselben tâglich mit einem silbernen oder Hornlöffel zu einem [513] Drachma schwer an Gewichte. […] Wenn man merkt, daß das Thier unruhig wird, und sich an den Wünden und allerhand Körpern reibt, so ist dieses die rechte Zeit dazu, indem es sonst diese flüssige Materie überall anstreicht.”


[Pp. 515-16] “Im Herbst ist ihr Fleisch, welches an einigen Orten gegessen wird, am fettesten. Man weis, daß sie ausser allerhand Feldfrüchten, Weintrauben, u. [516] s.w. auch junge Ferkel und Hüner anfallen, und verzehren, und einen Vorrat zu den warmen Wintertagen in here Hölen zusammentragen. […] Auf diese Art bringen sie längere Zeit als ein Viertheil vom Jare ohne Narung zu; und die Jäger, welche nicht wissen, daß die fetten Thiere lange schlafen und ohne Narung bleiben können, behaupten, daß er durch die beschriebene Rize (Saugloch) sein Fett, wozu doch keine Oefungen da sind, in sich ziehe und davon genährt werde.”


[P. 522] “Die wilde Katze […] bewohnet die dichten Wälder, die holen Eichen, und das Schilf. Wenn sie Beute machen will, so leget sie sich auf die Aeste der Bäume nieder, und lauret daselbst so lange, bis sie etwas gewahr wird, welches ihrer Aufmerksamkeit werth ist. Ein Sprung, der ihr allemahl geräth, versichert sie den Augenblick; und auf diese Weise bemächtigt sie sich der Hasen, der jungen Rehe, […]."

“Die Tigerkaze […] flieget denen Thieren wütend ins Gesicht, und gräbt ihnen, indem sie sich an ihrem Halse vest hält, mit den Klauen die Augen aus, und zerreist ihnen die Haut. Was von der Beute übrig bleibt, wird auf der Stelle in die Erde vergraben. Die Indianer fürchen sich unter den wilden Thieren für kein einziges so sehr, als für diese Tiegerkaze.”


[Pp. 543-44] “Der Bär ist nicht behende genung, seine Sicherheit in der Flucht zu suchen, er sezt sich bald auf die Hintertazen nieder, und schlägt mit den Vorderfüssen so gefährlich um sich, daß er sich auch der grösten Thiere erwehren kan; und dieses sezet er so lange, unter einem beständigen Brummen fort, bis er [544] seinen Feind ergreift, und denselben mit solcher Vertraulichkeit zwischen die beiden Vordertazen einschliest, daß derselbe endlich unter dieser Umarmung den Geist ausblasen mus.”


[P. 545] “Die Bären leben under sich gesellig, man trift Heerden von einigen 80 bei einander an. Man macht ihn in Polen zam; er lernt vermittelst der Prügel nach der Musik tanzen, sich überwerfen, und wie ein Mensch auf den Hinterbeinen gehen; wiewohl derselbe niemals das tükkische Nature völlig ablegt.”


[Pp. 546-47] “Die Gestalt gehet in einigen Stücken von den unsrigen ab. [547] Er hat einen Kopf, der ehe einem Hundskopfe, als dem Kopf von einem Bären gleich sieht; und brummt nicht eigentlich. sondern seine Stimme ist eine Art von heiserem Bellen. Das Haar ist lang, weis, und so weich als Wolle, und das Fleisch hat noch einen ziemlichen Geschmak. Man findet einige darunter welche 6 Schu hoch und 14 lang sind. Die Schnauze, das Maul und die Füsse sind schwarz. Sie sind hurtig zu Fusse, und von längrem Halse, als unsre gemeine Bären. Sie tragen eine solche Liebe zu ihren Jungen, daß sie sich viel lieber auf der Stelle todt schlagen lassen, ehe sie sich entschliessen, sollten, dieselben im Stiche zu lassen. Man wird sie auf den Eisschollen gewahr, wenn sie eine lange Strekke von der Küste, von einem Eisgebirge zum andren fortschwimmen, um die todten Wallfische, Meerkälber, u.s.w. zu suchen, von deren Fleische sie leben. Zuweilen treibt sie der Wind auf einer solchen schwimmenden Brükke von Eisschollen, sogar bis nach Norwegen herüber.”


[Pp. 561-63] “17. Die Schoosaffgen, oder die Sangouinchen. kleinste, zärtlichste Art. […] b. Das kleinste Sangouinchen. mit weissen Muffohren. […] Das Gesichte ist ein Modell zu ei- [562] nem alten Weibe. […] [563] […] Das Zäpfchen im Halse, welches den Thieren versagt ist, ist an den Affen, dem menschlichen ganz gleich; und der Schedel wie am Menschen rund, und an den Seiten flach. Sie besizen nach Proportion ein grosses Gehirn, und es wiegt drittehalb Unzen und mehr. Die Mäuslein am Zungenbeine, an der Zunge, dem Luftröhrenkopfe, diese Maschinen einer begliederten Stimme, sind den menschlichen ohne Unterscheid ganz gleich, und doch schwazen die Affen nie unter sich.”

Halley, Edmond [top]

Halley (1757): “Von dem Kreislaufe der wässerichten Dünste und dem Ursprunge der Quellen.” [biblio]


[Pp. 257-58] “Wenn nun die Dünste so durch die Wärme erhoben sind: so wollen wir zuerst setzen, die ganze Oberfläche unsrer Erdkugel wäre bis auf eine große Tiefe nichts als Wasser, oder vielmehr der ganze Körper der Erde wäre Wasser, und die Sonne hätte ihre tägliche Bewegung um diese Kugel herum. Hieraus würde folgen, daß die Luft an sich selbst eine gewisse Menge von wasserichten Dünsten verschlingen, und sie wie im Wasser aufgelöste Salze in sich aufbehalten würde: daß, indem die Sonne die Luft erwärmte, und den Tag über häufiges Dünste aus dem Wasser zoge, die Luft davon eine viel größere Menge halten würde, als das warme Wasser mehr aufgelöste Salze enthalten möchte. Diese Dünste aber würden die Nacht über, wenn die Sonne abwesend, alle auf eine ähnliche Art mit der Niederschlagung der Salze in flüssigen Dingen, die kalt werden, in Thau niederfallen: und man muß nicht gedenken, daß in diesem Falle eine andre Verschiedenheit des Wetters seyn würde, als die alle Jahre zu ihren gewissen Zeiten wiederkäme und ähnlich seyn würde, indem die verschiednen Mischungen der irdischen salzichten, ungleichartigen Dünste gänzlich fortgeführt wären; welche eben deswegen weil sie alsbald verzehrt und durch die Winde weggeführt werden, die Ursache der verschiednen Jahrszeiten, die wir wahrnehmen, zu seyn scheinen. In diesem Falle würden die Gegenden der Luft allenthalben auf einerley Höhe mit der Menge von Wasser, welche sie enthalten würde, gleich erfüllt seyn, und man würde nur allein auf die verschiednen Grade der Wärme, die aus der Nähe oder Ent- [258] fernung der Sonne entstehen würde, Achtung zu geben haben. Es würde ein ewiger Ostwind um die Kugel herum herrschen, der sich allezeit gegen eben dieselbe Seite nach Osten in eben dem Maaße neigen würde als die Breite sich von der Gleichungslinie entfernt, wie man es zwischen den Wendekreisen beobachtet. Zweytens, wollen wir setzen, diese Gewässer waren von großen Erdstrichen mit hohen Ketten von Bergen durchschnitten: dergleichen Gebirge sind die pyrenäischen Berge, die Alpen, das appenninische, und das carpathische Gebirge in Europa; der Taurus, der Caucasus, der Imaus und viele andre in Asien; der Atlas, die Mondgebirge nebst andern unbekannten Ketten von Bergen in Afrika, von denen der Nil, Niger und Zaire ihren Ursprung nehmen; und in Amerika die andesischen und apallatischen Gebirge. Ein jedes von diesen Gebirgen übersteigt um vieles die gewöhnliche Höhe, wozu sich die wasserichten Dünste von sich selbst erheben: und auf ihrer Spitze ist die Luft so kalt und so verdünnt, daß sie nur einen geringen Theil von denen Dünsten, welche durch die Winde dahin geführt werden, in sich behält. Also werden diese Dünste, welche sich in Menge von dem Meere erheben und durch die Winde über die niedern Erdstriche bis an diese Ketten von Bergen fortgeführt werden, daselbft durch den Zug der Luft gezwungen, mit ihr zu der Spitze dieser Berge zu steigen: wo das Wasser bald niederfällt und sich in die Rißen der Felsen zieht. Ein Theil von diesen Dünsten, der in die Höhlen der Gebirge geht, sammlet sich das selbst, wie in einem Kolben, in den Behältnissen oder Becken von Steinen, die er daselbst findet. Wenn diese Becken einmal voll sind: so läuft aller Ueberfluß von dem Wasser, das dahin kommt, gegen den niedrigsten Ort ab, macht sich durch die Seiten der Berge einen Durchgang und erzeugt besondre Quellen.”


[P. 261] “Dieß Lehrgebäude von den Quellen ist keine bloß angenommene Meinung: sondern gründet sich auf die Erfahrung, welche Hr. Halley zu St. Helena bekommen hat; wo in einer Nacht, und zwar nur auf der Spitze der Berge, die mehr als zwey hundert Ruthen über dem Meere erhoben waren, eine so beträchtliche Verdickung oder vielmer Niederstürzung der Dünste geschahe, daß sie ihn hinderten, seine Beobachtungen am Himmel fortzusetzen. Denn bey einem sehr heitern Wetter fiel der Thau so häufig, daß in jeder halben Viertelstunde seine Gläser mit kleinen Tropfen bedeckt waren: so daß er genöthigt ward, sie oft abzuwischen, und nicht schreiben konnte; so naß war sein Papier.”


[1694, pp. 471-72] “Now this Theory of Springs is not a bare Hypothesis but founded on Experience, which it was my luck to gain in my abode at Saint Helena, where in the Night time, on the tops of the Hills about 800 yards above the Sea, there was so strange a condenfetion, or rather precipitation of the Vapours, that it was a great Impediment to my Celestial Observations; [472] for in the clear Sky the Dew would fall so fast as to cover, each half quarter of an hour,my Glasses with little drops, so that I was necessitated to wipe them so often, and my Paper on which I wrote my Observations would immediately be so wet with the Dew, that it would not bear Ink: by which it may be supposed how fast the Water gathers in those mighty high Ridges I but now named.”

Hamburgische Magazin [top]

[ v1v2v3v4v6v9v10v12v17v18v19v21v23 ]

HMag (1747-63): Abraham Gotthelf Kästner and Johann August Unzer, eds., Das Hamburgische Magazin oder gesammlete Schriften zum Unterricht und Vergnügen aus der Naturforschung und den angenehmen Wissenschaften überhaupt. 26 vols. Hamburg / Leipzig: Georg Christian Grund and Adam Heinrich Holle. [biblio]


Vol. 1, issue 1 (1747)
Pierre Louis Moreau de Maupertuis, Die Naturlehre der Venus. [biblio]


[P. 46] “Wollten wir all diese Inseln durchreisen, so würden wir vielleicht Einwohner finden, die uns ziemlich in Verwirrung setzen, und bey denen wir gleichviel Schwierigkeit finden würden, ihnen den Namen von Menschen zu geben und zu versagen. Die Einwohner der Wälder von Borneo, davon einige Reisende reden, sind den Menschen vollkommen ähnlich. Haben sie wohl deswegen weniger Vernunft, weil sie Affenschwänze nach sich schleppen? Die Menschlichkeit, die nicht aufs Weiße und Schwarze ankömmt, sollte die wohl auf etliche Wirbelknochen mehr oder weniger ankommen?” [Maupertuis 1747]


Vol. 2, issue 2 (1748)
René-Antoine Ferchault de Reaumur, “Anmerkungen über die ausgegrabenen Muschel-Schalen einiger Gegenden von Touraine.”
See: Reaumur.


Vol. 2, issue 3 (1748)
(anon.), “Nachricht von einer Sammlung physikalischer Briefe des Marchese Maffei.” [biblio]


[Pp. 285-86] “Es können sich an dem Boden des Zimmers viel schwefelichte und salpetrichte [286] Dünste, so in dieser Gegen häufig zu finden sind, gesammlet haben. Die Veränderung der luft kann verursacht haben, daß sie sich an einander gerieben, oder in eine Art von Gährung gerathen. Die Feuchtigkeit der Luft, die aus dem zugleich fallenden Regen erhellt, könnte in ihnen eben die Wirkung gehabt haben, so sie in den Kalk hat, und sie haben sich also, wo sie am dichtesten gewesen, entzündet. Die Entzündung hat sich durch die hin und her zerstreuten Dünste weiter fortgepflanzt, und ist endlich an einem Striche solcher Dünste in die Höhe gegangen. Dieses bringt den Herrn Maffei auf die Gedanken, daß der Donner und Blitz überhaupt so entstehen könnten.”


Vol. 3, issue 1 (1748)
John Woodward, “Einige Gedanken und Erfahrungen das Wachsthum der Pflanzen betreffend.”
See: Woodward.


Vol. 3, issue 6 (1748)
(anon.), “Beschreibung des Steinbruchs by Mastricht.” [biblio]


[Pp. 681-82] “Wenn dieser Steinbruch, der fast durch den ganzen Felsen hin und wieder getrieben ist, von brennenden Lichtern überall erleuchtet wird, giebt er ein ungemein angenehmes Ansehen. Denn es befinden sich in ihm lange horizontale Gänge, die auf unzähligen viereckigten Pfeilern stehen, welche fast überall mehr als 20, manchmall auch noch mehr Fuß Höhe haben: Alle sind so geschickt und ordenltich zusammengesetzet, [682] daß man sich eher vorstellen sollte, ses sey ein unterirdischer Pallast, […]

Dieser Steinbruch giebt den Anwohnern eine sichere Zuflucht bey feindlichen Durchzügen; sie widden alle Wege darinnen, und schaffen so wohl ihr Vieh und ihre Pferde, als ihre Sachen, und alles was sie erhalten wollen, hinein, bis sie von der Gefahr frey sind: denn der Raum darinne ist so groß, daß 40,000 Menschen sicher ihre Zuflucht hinein nehmen können.


Vol. 4, issue 1 (1749)
Abraham Gotthelf Kaestner, “Nachricht von den Bemühungen der Engländer, wegen einer nordwestlichen Durchfahrt bey der Hudson’s-Bay.”
See: Kästner.


Vol. 4, issue 1 (1749)
Matthias Bel, “Beschreibung zwoer Höhlen von wunderbarer Beschaffenheit.”
See: Bel.


Vol. 4, issue 5 (1749)
Urban Friedrich Benedict Brückmann, “Nachricht von der Beschaffenheit des bey Jena gelegenen Fürstenbrunnens, in einem Sendschreiben an Herrn. D. Friedrich Börner.”
See: Brückmann.


Vol. 6, issues 1 and 3 (1750)
Charles-Marie de LaCondamine, “Nachricht von einer Reise in das Innerste von Südamerica.”
See: LaCondamine.


Vol. 6, issues 2 (1750)
C. G. Schober, “Physikalische Nachricht, von den Pohlnischen Salzgruben Wieliczka und Bochnia.”
See: Schober.


Vol. 9, issue 6 (1752)
Johann Gottlob Krüger, “Schreiben an den Herrn Professor Kästnern, von unverweslichen Körpern.”
See: Krüger.


Vol. 10, issue 3 (1753)
(anon.), “Ueber einige besondere Nachrichten von dem Rhone.” [biblio]


[Pp. 263-64] “Der Rhone gleicht nicht nun dem Pactolus, er hat auch einige Aehnlichkeit mit dem Euripus. Er hat, wie jener, eine Art von Ebbe und Fluth, die aber keine gewisse Zeit hält. Es geschieht dieses durch wiederholten Anwachs des Wassers plötzlich, und vornehmlich im Sommer, wodurch seine Ober- [264] fläche ein bis zween Fuß erhöhet wird. Das Wasser fällt darauf wieder so geschwind, als es zuvor stieg. Diese Ebbe und Fluth heiß in der Sprache des Landes Séches. es ereignet sich diese Abwechslung zu wiederholtenmalen an einem Tage. Diese Naturbegebenheit bemerket man vornehmlich in dem Rhone bey Genf und in der See auf 6 bis 7 Meilen von unserer Stadt, aber sie wird immer unmerklicher, je weiter man sich von dem Aflusse der See in den Rhone entfernet. Fie Fischer halten den Anwachs des Wassers für ein Zeichen einer bevorstehenden Veränderung im Wetter. Sie wollen behaupten, daß er Wind oder Regen bedeutet. Man bemerket ihn besonders des Sommers, wenn das Wasser am größten ist. Er ereignet sich auch bisweilen des Winters, aber nicht so merklich.”


Vol. 12, issue 1 (1753)
Jean Bouillet, “Anmerkungen vom Steinöl.”
See: Bouillet.


Vol. 12, issue 3 (1753)
(anon.), “Gründe für das Inoculiren der Blattern.” [biblio]


[P. 349] “Nach einer sehr mäßigen Schätzung stirbt, von sieben Person, die die natürlichen Blattern haben, eine, und also haben, binnen zwanzig Jahren, 280000 Personen die Blattern gehabt, und 40000 sind daran gestorben. Jetzo setze man nun voraus, daß von zwey hunderten, die inoculiret werden, einer sterbe, obgleich, nach den vorigen Zeugnissen, dieses nur dem fünfhundersten widerfährt; so folget, wenn die Inoculation an abbesagten 280000 Personen geschehen wäre, daß, anstatt 40000 in zwanzig Jahren, nur 1400; und statt 2000 in jedem Jahre, nur siebenzig würden gestorben seyn. Man hätte also jährlich das Leben von 1930, und binnen zwanzig Jahren, nur in einer einzigen Stadt, das Leben von 36800 Menschen gerettet.”


[P. 350] “Hieraus erhellet, daß, vor der Inoculation, von 11 Weißen, einer, und von 8 Schwarzen, einer das Leben hat einbüßen müssen; dahingegen durch diese Operation von 20 Schwarzen 19, und von 82 Weiß 81, mit dem Leben davon gekommen sind. […] [351] […] Der Unterschied in den Proportionen zwischen den Weißen und Schwarzen, hat mich gar nicht in Verwunderung gesetzet. Denn obgleich an den natürlichen Blattern ein Drittheil mehr von den einen, als von den andern gestorben ist, und obgleich nach der Inoculation, viermal mehr Schwarze, als Weiße, darauf gegangen sind; soe erkläret sich doch dieses ganz natürlich von sich selbst. Muß man denn nicht auch etwas für seine Farbe bezahlen?”


Vol. 17, issue 1 (1756)
Charles-Marie de LaCondamine, “Abhandlung von der Einpfropfung der Pocken.”
See: LaCondamine.


Vol. 17, issue 3 (1756)
Johann Roederer, “Anatomische Beweise und medicinische Beobachtungen von erstickten Leuten.”
See: Roederer.


Vol. 17, issue 5 (1756)
Thomas Whiston, “Von Kröten, die in verschlossenen Steinen gefunden worden.”
See: Whiston.


Vol. 18, issue 3 (1757)
(anon.), “Von lebenden Thieren, die man im Mittel der härtesten Steine gefunden, ohne daß sich ein Weg zeigte, wie sie hinein gekommen.” [biblio]


[Pp. 264-65] “Das erste Begebenheit dieser Art meldte Don Antonio de Ulloa, einer der spanischen Herren, die mit den französischen Mathematikverständigen nach dem Aequator reisten, und Mitgl. der königl, Gesellsch. zu London. Er sahe zu Madrit zweene Würmer, die des Königs von Spanien Bildhauer mitten in einem Stücke Marmor gefunden hatten.

Die zweyte berichtete Herr Prime, Bildhauer der Akademie zu Rouen, der zu Ecretteville eine [265] kleine Kröte mitten in einem sehr harten Steine sahe, der vier Fuß in der Länge und zween in der Dicke hatte, und von einigen Steinmeßen war von einander gehauen worden.

Misson meldet in seiner italiänischen Reise, daß man einen lebendigen Krebs mitten in einem Stücke Marmor unweit Tyvoli gefunden.

Herr Peysonnel, königlicher Arzt zu Guadeloupe ließ einen Brunnen unweit seines Hauses graben, und die Arbeitsleute funden lebende Frösche in den versteinerten Schichten. Damit er auf keine Art betrogen würde, stieg er selbst in den Brunnen hinunter, und bohrete in den Felsen, da er denn grüne Frösche heraufbrachte, die lebendig, und in aller Absicht andern ähnlich waren. Nachdem Herr Le Cat diese und andere ähnliche Begebenheiten erzähler hat untersuchet er die Möglichkeit und Art, wie solche Erscheinungen entstehen können.”


[Gentleman’s Magazine, June 1756, pp. 279-80] “The first fact of this kind was communicated by Don Antonio de Ulloa, one of the Spanish gentlemen who accompanied the French academicians in their late voyage to the Equator, and fellow of the Royal Society of London. He saw at Madrid two worms found by the King of Spain’s statuary in the midts of a block of marble.

The second fact was communicated by M. le Prince, statuary to the academy at Rhoan, who saw at Ecretteville a small toad lodged in the centre ofa very hard stone four feet in length, and two feet thick, which he had employed some masons to saw asunder.

Misson, in his voyage to Italy, speaks of a living cray-fish found int he midst of a piece of marble near Tivoli.

M. Peysonnel, the king’s physician at Guadeloupe, having caused a well to be sunk near his house, the workmen found living frogs in the petrified Strata. [280] And this gentleman, to avoid being imposed upon, went down into the wel himself, and bored into the rock, from whence he brought up green frogs alive, and in all respects like the common ones. Having recited these, and some others of the like facts, M. le Cat inquires into the possiblity and the means of thse phaenomena.”


Vol. 18, issue 5 (1757)
André François Deslandes, “Beobachtungen vom Meerwasser und süßen Wasser.”
See: Deslandes.


Vol. 19, issue 4 (1757)
La Mothe, “Versuch einer Erklärung der Ursache der Farbe.”
See: LaMothe.


Vol. 21, issue 4 (1758)
Charles-Marie de LaCondamine, “Bemerkungen von der Geschwindigkeit der Pferde.”
See: LaCondamine.


Vol. 23, issues 2 and 4 (1759)
Anonymous, “Abhandlung von der Anzahl der Menschen, in den alten und neuern Zeiten.” [biblio]


[P. 341] “Unter den natürlichen Ursachen, die in spätern Zeiten beygetragen haben, die Anzahl der Einwohner in Europa und den westlichen Theilen von Asien zu verringern, sind die Pocken und die Lues venerea nicht die geringsten. Diese erstere Krankheit ist, dem Ansehen nach, mit dem Mahomet fast zu gleicher Zeit in der Welt erschienen; indem der erste, der derselben erwähnet, einer Namens Aaron ist, ein Priester und Arzt zu Alexandrien in Aegypten, der um das Jahr 622 lebte; es wurden auch die Pocken den griechischen Aerzten in Europa allererst nach dem Jahre 640 bekannt.”

Hannoverisches Magazin [top]

HanMag (1763-90): A. C. von Wüllen, ed., Hannoverisches Magazin, worin kleine Abhandlungen, einzelne Gedanken, Nachrichten, Vorschläge und Erfahrungen […], gesamlet und aufbewahret sind. 28 vols. Hannover. [biblio]


Vol. 1, issues 52-54 (1763)
Abraham Hyacinthe Anquetil-Duperron, “Nachricht von der Reise, die Hr. Anquetil du Perron nach Indien gethan hat, in der Absicht, die Werke, die man dem Zoroaster zuschreibt, ausfindig zu machen und zu übersetzen.”
See: Anquetil-Duperron.

Hanway, Jonas [top]

Hanway (1754): Zuverläßige Beschreibung seiner Reisen. [biblio]


[Vol. 2, p. 306] “Bey Wiederdurchsehung des Feldzuges des Schach Nadirs nach Indien, dessen umständliche Erzählung den merkwürdigsten Theil dieser Geschichte ausmachet, wird man mir die Neigung, eine Vergleichung zwischen diesem Unternehmen, und des berühmten macedonischen Helden seinem anzustellen, zu Gute halten, worauf ich natürlicher Weise gebracht werde. Es erhellet augenscheinlich, daß diese Verheerer der morgenländischen Welt, Alexander und Nadir, von einerley herrschenden Leidenschaft, einer uneingeschränkten Begierde nach Eroberungen, angetrieben worden. Alexander hatte in der That die stärkste Begierde nach Ruhm und Ehre. Nadir verband mit seinem Vergnügen an kriegerischen Thaten einen unersättlichen Durst, Reichthümer zu sammeln.”


[Vol. 2, pp. 339n-40n] “Die verschiedenen Berichte, welche wir von diesem außerordentlichen Raube gehabt haben, fallen größtentheils ins Wundersame, und einige Schriftsteller haben mehr ihre Einbildungskraft, als ihre Beurtheilungskraft arbeiten lassen. Die allerwahrscheinlichste Nachricht schätzet diese Reichthümer auf siebenzig Millionen Pfund Sterlinge. Ich habe in Persien wegen dieser Sache niemals auf den rechten Grund [340] kommen können. Die Perser reden bloß von großen Haufen Schätzen, und tausend Kameelen und Maulthieren, die mit Gold und Silber und kostbaren Steinen beladen gewesen. Frazers Nachricht, welche ich annehme, setzet sie auf siebenzig Croren, welches die höchste Rechnung zu seyn scheint, welche die Natur der Dinge zuläßt. Dieses ist so viel als sieben und achtzig Millionen und fünfmal hundert tausend Pfund Sterlinge. Von dieser Summe werden sieben Millionen und fünfmal hundert tausend Pfund im Golde und Silber gerechnet.”

Happel, E.G. [top]

Happel (1683-91): Gröste Denkwürdigkeitender Welt. [biblio]


[The following text is reprinted in Happel, Mundus mirabilis tripartitus oder Wünderbare Welt (1687, 233-35).]

[Vol. 1, pp. 91-93] “Der verwunderungswürdige Taucher. Zu mehrer Erläuterung der gefährlichen Charybdis dienet der Augenschein und würkliche Besichtigung eines wundersamen Tauchers. Zu Zeiten Friderici, Königs in Sizilien, war in dieser Insul einer, genannt Niclas, welcher wegen seiner Fertigkeit im Schwimmen Pesce-Cola oder Clas der Fisch, genennet wurde; dieser hatte sich von Jugend der im Meer geübet, und seine Nahrung von den gesambleten Corallen und Oestern, welche er aus dem Grunde herauff holete, gesucht; Er war des Wassers dermaßen gewohnet, daß er manchmal 5 Tage darin bliebe und sich von rohen Fischen erhielte; er schwamme gewöhnlich aus Sicilien nach Calabrien, und dienete vor einen schwimmenden Brieffträger. […] [92-93] […] Man fragte ihn, ob er wol noch einmal Lusten hätte, sich hinein zu wagen, darauff antwortete er ohngescheuhet mit Nein; Als man aber einen großen Beutel voll Dukaten, sambt einer daran hangenden kostbaren Schale, in den Strudel warff, da ließ er sich den Geitz und die Begierde zum Golde noch einmahl, wiewohl zu seinem äussersten Verderben, blenden, dann er sprang zwar hinein, kam aber nimmer wieder zum Vorschein, ohne Zweifel ist er von den gewaltigen Strömen in den Abgrund gezogen oder von den großen Fischen erhaschet, oder gar an den Felsen zu Tode gestossen worden: Denn sey nun, wie ihm wolle; Der Könige hat es bereuet, daß er ihn den andern Versuch hat thun lassen, welcher diese Geschicht durch seinen Secretarium auffzeichnen, und in dem königlichen Archivo beylegen und verwahren lassen, von wannen sie dem hochgerühmten Kirchero mitgeteilet worden, der sie in seiner Unterirdischen Welt pag. 98. tom. I. anführet.”

Hasselquist, Friedrich [top]

Hasselquist (1754): “Beschreibung einer eigenen Krankheit zu Aleppo, von Smirna gesandt.” [biblio]


[P. 139] “Alle, die in Aleppo geboren werden, und alle, die von andern Orten dahin kommen, werden von einer Krankheit angegriffen, mit der es sich folgendermaßen verhält. An einigen Stellen des Leibes, manchmal an einer, manchmal an mehrern, oft an 10 bis 12, bekommen sie einen Ausschlag, der roth, etwas erhoben, aber wenig, ohne Hitze und ohne Schmertzen ist, so daß der Kranke kaum weiß, daß er ihn hat. Er zeigt sich an keinen Blasen oder Beulen. Es dauert einige Zeit manchmal mehr, manchmal weniger, und schält sich zuletzt trocken ab, ohne vorhergegangenes merkliches Schwären. Wenn diese Blattern (eschara) so abgefallen sind, lassen sie eine tiefe Schmarre nach sich, und das ist es, was die Leute in der Levante das aleppische Zeichen nennen, welches alle tragen, die sich einige Zeit in dieser Stadt aufgehalten haben.”


Hasselquist (1762): Reise nach Palästina. [biblio]


[P. 34] “Opobalsamum, oder Balsam von Mecka, den man in Europa so selten unverfälscht erhält, und niemals ganz rein in unsre schwedischen Apotheken kömmt, wollte ich gerne an einem Orte sehen, wo man ihn gut haben kann. Diese Medicin findet man selbst im türkischen Reiche so selten unverfälscht. Denn er Strauch, wovon er genommen wird, ist selbst in Arabien nicht häufig, und die jährliche Ausbeute beträgt nicht viel mehr, als was an den kaiserlichen Hof und die vornehmsten türkischen Herren geliefert.”


[P. 66] “Ich ritte den 15 May [1750] aus, die alexandrinischen Gärten zu besehen, welche die ersten Gegenden waren, die ich nach meiner Ankunft besuchte. Ich ritte dießmal auf eine Art, deren ich mich vorher niemals bedient hatte. Icht hatte nämlich einen Esel mit einem arabischen Sattel, der bloß aus einem Küssen bestand, worauf ich sitzen konnte. Auf beyden Seiten des Esels giengen zwey Araber beym Kopfe, und hinten ein dritter, die dazu dienten, mir fortzuhelfen. Das Thier war in seiner Art eines der besten, lebhaft und gut bey Leibe. Ich vermißte hier den Vortheil, den ich vor zwey Wochen in Natolien hatte, wo ich zu Pferde reiten konnte. Der Türken hoher Meynung von sich selbst, und ihrer Verachtung der Christen, Juden und Mohren wird in Aegypten aufs strengste nachgelebt, wovon dieses ein Beweis, daß sie keinem von diesen Nationen jemals erlauben, ein Pferd zu reiten, welches sie für eine zu edle Creatur ansehen, daß es so verächtliche Menschen tragen sollte: es muß bloß einem Muselmanne dienen.”


[P. 76] “[1750 June] Taschenspieler findet man allerwärts in Aegypten. Es sind Bauern vom Lande, welche nach Kairo kommen, sich Geld mit ihrer Kunst zu verdienen. Ich sah den 24sten einen der ziemlich geschwind war, und unsern europäischen fast gleich kam. Aber die ägyptischen können etwas, das die europäischen nicht im Stande sind nachzumachen, nämlich den Schlangen das Gift zu nehmen. Sie nehmen die giftigsten Vipern in ihre bloßen Hände, spielen mit ihnen, stecken sie in ihren Busen, und machen allerhand Künste mit den Schlangen, welches ich oft gesehen habe. Der Künstler, den ich heute sah, hatte nur eine kleine Viper, ich habe aber sonst von der Art bey ihnen gesehen, die drey bis vier Fuß lang, und die allerschlimmesten sind. Ich untersuchte, ob sie etwa den Schlangen die Giftzähne genommen, allein ich war ein Augenzeuge, daß sie es nicht gethan hatten. Es ist also gewiß, daß man noch heutiges Tages solche Leute in Aegypten findet, welche die Alten Psylli nannten. Was für Kunstgriffe sie aber anwenden, kann man nicht so leicht ausmachen.”


[P. 79] “Am 3ten Julius. Nun war es die rechte Zeit, allerhand Arten Schlangen, welche man in Aegypten findet, zu fangen, weil die starke Hitze diese Ungeziefer hervorlockte. Ich machte desfalls Anstalt, von allen Arten, die Aegypten nährt, zu erhalten, und ich bekam auf einmal vier verschiedene Gattungen, welche ich beschrieb, und in aqua vitae aufhob. Es warn Vipera vulgaris, Cerastos alpini, Jaculus, Anguis marinus. Sie wurden mir von einer Frauensperson gebracht, welche mich mit dem französischen Consul, Herrn Lironcourt, und fast die ganze französische Nation in Verwunderung setzte, als wir sahen, wie sie die giftigste und gefährlichste Kreatur mit bloßen Händen anfassete, ohne daß sie ihr den geringsten Schaden zufügete. Wie sie sie in die Flasche legte, worinn sie sollten aufbehalten werden, so gieng sie so mit ihnen um, als unser Frauenzimmer mit ihren Schnürbändern. Die andern machten ihr keine Schwierigkeit, allein die Nattern (Viperae officinales) wollten sich nicht in diese Herberge bequemen. Sie schlupfeten heraus, ehe die Flasche zugedeckt werden konnte. Sie sprangen der Frauensperson über die Hände und bloßen Armen, und sie ließ nicht die geringste Furcht bey einem Vorfalle spüren, der unsern stärksten Frauenzimmern Ohnmachten würde verursachet haben.”


[P. 80] “Es ist eine Sache, welche die Untersuchung aller Naturforscher verdient, und alle Reisende sollten sorgfältig darauf achten, ob nicht etwa ein ungefährer Zufall ihnen hierinn Licht geben könnte, die alten Marsi und Psylli, die aus Africa waren, und täglich Proben ihrer Kunst in Rom ablegen, können uns von dem Alter dieses Kunstgriffs der Africaner belehren: es ist ein sehr merkwürdiger Umstand, daß eine Sache über zweytausend Jahre hat können verborgen bleiben, und nur von gewissen Personen beybehalten werden, da man doch sonst sieht, daß in der Zeit so viele Geheimnisse entdeckt worden.”


[P. 84] “Wer sich nicht auf diese Art von den Arabern will bewirthen lassen, der wird übel von ihnen aufgenommen werden. Ihre Art, Fremde zu bewirthen, ist wohlgemeynt, und ich zweifele, ob man eine größere Bereitwilligkeit, Offenherzigkeit und Gastfreyheit finden kann, als bey ihnen.”


[P. 85] “Der Scheik kam selbst mit seinem jüngsten Sohne aus dem Lager. Sie ritten beyde auf prächtigen Pferden, und sie begleiteten uns bis an die Pyramiden. Hier erfuhr ich, wie groß der Unterschied zwischen einer lebendigen und todten Idee sey, wenn man eine Sache mit eigenen oder anderer Augen sieht. Ich hatte aller Reisebeschreiber Nachrichten von den ägyptischen Pyramiden gelesen. Ich hatte Abrisse davon gesehen, und hatte Erzählungen von Augenzeugen gehört. Noch mehr, ich hatte sie selbst von weitem und in der Nähe gesehen, seitdem ich nach Aegypten gekommen war. Allein bey alle dem wußte ich nichts von der äußern Gestalt dieser Pyramiden, bis ich hieher kam, vielweniger von ihrer innern Einrichtun, bis ich selbst hineingieng.”


[Pp. 106] “Die Gastfreyheit ist die vornehmste Tugend, welche den Aegyptiern und Arabern von den Tugenden ihrer Vorältern übrig geblieben sind. Es war bey ihnen ein großer Fehler eines Hausvaters, einen Fremden weggehen zu lassen, ohne ihm etwas darzubiethen. Wer hungrig ist, und sie essen sieht, der kann sich sicher niedersetzen, und mit ihnen essen, ohne daß er befürchten darf, es möchte übel aufgenomen werden. Eine Freyheit, die sie sowohl bey ihres gleichen, als bey Fremden, sich wieder erlauben.”


[Pp. 118-20] “Bey meinem Aufenthalte zu Altkairo, wagte ich einen Schritt, den wohl wenige Reisende vor mir gethan haben; und ich will auch keinem rathen, meinem Beyspiele zu folgen, vielleicht möchte es nicht allen so glücken, als mir. Ich gieng den 15ten in eine türkische Moschee. Nach den Gesetzen der Türken hat ein Christ, der in dieses ihr Heiligthum sich wagt, nur eins zwischen zwey Uebeln zu wählen. Entweder er muß die mahometanische Religion annehmen, oder sich lebendig verbrennen lassen. Das dritte, sich mit einer erstaunenden Summe Geldes zu lösen, hat schwerlich in diesem Falle Statt, ob es schon bey allen andern, selbst bey den gröbsten Criminalverbrechen gilt; ausgenommen, wenn einer sich mit ihrem Frauenzimmer vertraulich einläßt, welches Verbrechen eben so unaussöhnlich ist, als wenn man ihre Kirchen besieht. Ich gieng in die Moschee, welche nahe an dem Nilsmeter steht. Ich wählte eine Zeit, da niemand von den anwohnenden Türken darinnen war, und ich gieng mit dem Herrn Legrand, einem französischen Materialisten, und einem guten ehrlichen Janitschar, der mir ergeben war, hinein, nachdem ich den Thürhüter reichlich bezahlt hatte. Ein solches Unternehmen kann gut und schlimm ablaufen, und ein Reisender muß die größte Vorsicht dabey gebrauchen, um so viel mehr, [119] da die einzige Frucht dieser Gefahr darinnen besteht, daß man sagen kann, man habe ein solches Gebäude gesehen; denn Merkwürdigkeiten sucht man vergeblich darinnen. Alle Moscheen sind fast auf einerley Art erbauet. Sie bestehen aus vier Gallerien, die einen viereckigten Platz, der ohne Dach, unter freyem Himmel ist, einschließen. Die Gallerien sind bedeckt und von Säulen unterstützt, welche die größte Pracht der Moschee ausmachen, weil sie von Marmor, Porphyr oder Granit sind. In einer derselben, nämlich in derjenigen, welche nach Mecca sieht, ist in der Mitte ein Gewölbe in der Mauer ausgehauen, worinnen der Koran liegt, und gerade, gegen über zwischen zwoen Säulen, ist ein etwas über den Boden erhabene kleine Emporkirche, von welcher ihre Gesetzerfahrne dem Volke ein Stück des Korans, oder sonst etwas, das zu ihrer Erbauung in Lehr und Leben gereichen kann, vorlesen. Bey einer andern Gallerie ist der Aufgang zu dem Thurme der Moschee, von welchem die Stunden des Gebeths sechsmal in vier und zwanzig Stunden abgerufen werden; nämlich bey dem Aufgange der Sonne, um 12 und 3 Uhr, bey dem Untergange der Sonne, halb acht Uhr Abends, und um Mitternacht. Die Thürme, wenn sie gut gebauet sind, machen den größten äußerlichen Pracht einer Moschee, und tragen etwas zum Glanze der Städte bey, wenn dieses anders etwas Mögliches bey einem Volke ist, das die Baukunst verachtet, und im Verheeren eine größere Ehre sucht, als im Bauen. Ihre Thürme sind cylindrisch, mit einem oder mehrern Altanen, zu denen man durch vier Pforten, gegen die vier Himmelsstriche, gelangt. Die Grotte, worinnen sich unser Heiland und seine Mutter, Maria, verborgen gehalten, als sie nach Aegypten flohen, wird von den Christen sehr hoch geschätzt. Die Kopten [120] haben eine ziemlich gute Kirche darüber erbauet, und die Grotte selbst dienet ihnen zur Kapelle.”


[Pp. 567-68] “Alle, welche bisher von dem Opobalsamo geschrieben haben, sind von seiner Geschichte schlecht unterrichtet gewesen. Alle wissen es, daß er von Mecca kommt, und vielleicht glauben alle, daß er aus der Gegend dieser Stadt geholet werde. […] Ich habe mich während meines Aufenthalts in Aegypten bemühet, mich davon durch einsichtsvolle Leute, die in Mecca gewesen, belehren zu lassen; […]. [568] […] Alle haben mir von dem Orte, wo der Balsam wächst, eine ganz andere Beschreibung gegeben, als ich bey den Schriftstellern gefunden. Sie haben mir versichert, daß um die Stadt Mecca, der Balsambaum eben so unbekannt sey, als in Aegypten und der Türkey, und das kein einziger Tropfen Balsam so wenig bey Mecca, als in einigen Meilen umher, gebauet werde. Der Ort, woher der Balsam komme, sey einige Tagesreisen von der Stadt Mecca, tief ins steinigte Arabien hinein. Der Baum wachse daselbst in bergichten Gegenden, und werden von einigen arabischen Familien, als ein kostbarer Schatz, eigenthümlich besessen. Die Araber führen den Balsam gegen die Zeit nach Mecca zum Verkaufe, wenn die Karavanen aus Aegypten und der Türkey sich daselbst aufhalten, von welchen er nach Damas und Kairo gebracht wird, von da er über die ganze Türkey und so weit er reichen will, verführet wird, welches aber von dem unverfälschten, der in geringer Quantität von Mecca kommt, nicht sehr glaublich ist. Der türkische Kaiser hat kein Recht, sich den besten vorzubehalten. Die Araber sind ein freyes Volk, die ihre Waaren verkaufen an wen sie wollen, jedoch hat ein angesehener Mann in Mecca, entweder der vornehme Scheik, oder ein anderer, den Auftrag, jährlich eine gewisse Quantität Balsam für den türkischen Kaiser aufzukaufen; und solchergestalt kann er wohl versichert seyn, unverfälschten zu erhalten.”


[Pp. 570-71] “Die Abyssinier reisen jährlich nach Kairo, um ihre Landeswaaren, Sclaven, Gold, Elephanten, Gewürze, Affen, Papageyen u.a.m. zu verkaufen. Sie müssen abscheuliche Wüsteneyen durchziehen, und die Witterung kann ihnen auf dieser Reise eben so hinderlich seyn, als einem Seemanne auf dem Meere, so daß sie nicht leicht gewiß bestimmen können, wie lange sie auf der Reise zubringen werden, und solchergestalt kann es sich zutragen, daß die Lebensmittel ihnen abgehen, wenn die Reise langwierig wird. Dieses betraf die abyssinische Karavane wirklich im Jahre 1750. deren Vorrath aufgieng, da ihr noch eine Reise von zwey Monathen bevorstand. Die Noth ersinnt Lebensmittel, woran man sonst nicht gedacht hat, und so gieng es auch hier. Sie mußten nachsuchen, ob sich unter ihren Kaufmannswaaren etwas fände, womit sie in dieser äußersten Noth ihr Leben erhalten könnten, und sie fanden nichts, das dazu dienlicher gewesen wäre, als Gummi arabicum, wovon sie eine ansehnliche Menge bey sich hatten. Es diente also während einer Zeit von zwey Monaten mehr als tausend Personen zur Nahrung.

Das Gummi arabicum ist gallertartig, (gelatinosum), und hat ohne Zweifel nährende Theile genug in sich. Allein hier entsteht die Frage: Ob dieses Essen dem armen Volke nicht eine außerordentliche Verstopfung zugezogen? Aller Wahrscheinlich- [571] keit nach, hat es diese Wirkung gehabt, wovon ich doch keine Nachricht eingezogen. Allein das weiß ich, daß die Karavana glücklich zu Kairo ankam, ohne viele Leute durch Hunger oder Krankheit veloren zu haben.”


[P. 575] “Mumiae vero nostra mineralis usus est, ut perhibetur, traumaticus. Si experientia respondet narrationi Aegyptiorum, summum quidem hoc erit vulnerarium, hucusque a mortalibus detectum. Faciunt vero unguentum ex Mumia minerali pulverisata eum ol. olivarum, rumpunt crus gallinae & ligando unguentum applicant, si vera sit mumia intra trium horarum spatium crus callo obducitur & sanatur, & hic quidem est modus examinandi dictam Mumiam, quod si hoc non edat specimen, vix ullius aestimatur. Hominis vero os fractum intra XXIV horarum spatium sanum & integrum fieri debere eodem remedio contendunt.”


[P. 585] “Sie stoßen die Galle vom Bäre zu Pulver, und vermischen sie mit Kaffee. Dieses geben sie den Pferden, als das kräftigtse Mittel diese Plage zu dämpfen, womit die arabischen Pferde sehr beschwert sind. Die Bärengalle ist selten bey den Arabern. Sie kaufen sie theuer ein, wenn sie welche antreffen, und verwahren sie zu diesem Gebrauch als einen kostbaren Schatz. Man kann desfalls einem Araber kein angenehmeres Geschenke machen, als mit einem Stücke aufrichtiger Bärengalle, welche sie genau kennen, und sich nicht leicht hintergehen lassen.”


[Pp. 595-96] “5) Die Mutter, oder die Wärterinn [596] des Kindes, läßt es sich sehr angelegen seyn, die Arme und Beine desselben zu beugen. Sie beugen z.B. den linken Fuß zurück über das Kreuz (regio Ischiatrica), nehmen hierauf den rechten Arm zurück über den Rücken, längst den Rippen, daß Arme und Füße solchergestalt beynahe an einander reichen. Gleichermaßen machen sie es auch auf der andern Seite. Um es desto leichter bewerkstelligen zu können, so schmieren sie die Gelenke vorher mit Baumöl. Sie thun es so oft sie das Kind aus den Windeln nehmen. Ich habe von Frauenspersonen gehört, daß nichts besser sey ein schreyendes Kind zum Schweigen zu bringen, als wenn man auf diese Art die Glieder beuget, und daß das Kind aus eigenem Triebe diese Pflege gleichsam fordere. Sollte dieses wohl nicht das mehreste zu der Geschmeidigkeit der Glieder bey den Morgenländern beytragen, worinnen die Europäer ihnen unmöglich gleichkommen können.”

Helvétius, Claude Adrien [top]

Helvétius (1760): Discurs über den Geist des Menschen. [biblio]


[P. 4] “Man wird mir vielleicht einwenden, Gott habe, ohne Ungerechtigkeit, unschuldige Geschöpfe dem Schmerze und dem Tode nicht unterwerfen können, und daß man die Thiere nur als bloße Maschinen betrachten müßte: allein, ich werde darauf antworten, daß, da die Schrift und die Kirche nirgends gesaget hat, die Thiere waren bloße Maschinen, uns die Bewegungsgründe, warum Gott sich also gegen die Thiere betragt, gar wohl unbekannt bleiben, und wir glauben können, daß diese Bewegungsgründe gerecht seyn müssen; ohne daß wir nöthig haben zu dem spashaften Ausdrucke des Pater Malebranche unsere Zuflucht zu nehmen: welcher, als man wider ihn behauptete, die Thiere wären dem Gefühle des Schmerzens unterworfen, scherzend zur Antwort gab: sie werden wahrscheinlicher Weise von dem verbotenen Heu gefressen haben.”


[Pp. 182-83] “Der Verfasser erzählet, um die Vortrefflichkeit der Taufe zu beweisen: ‘Es wäre vor dem in dem armenischen Reiche ein König gewesen, welcher vielen Haß gegen die Christen bezeiget hätte; er habe dieserwegen die Religion auf die grausamste Weise verfolget. Er hätte verdienet, daß ihn Gott sogleich gestraft hätte: allein Gott, der un- [183] endlich gütig ist, der dem heiligen Paulus das Herz öffnete, und ihn zu der Zeit bekehrete, als er die Gläubigen verfolgete, öffnete diesem Könige auch sein Herz, damit er die heilige Religion erkennen möchte. Da trug es sich denn zu, als der König [von Armenia] in seinem Palaste eine Rathsversammlung mit den Mandarinen hielte, um über die Mittel Ueberlegungen anzustellen, durch welche die christliche Religion völlig aus dem Königreiche geschaffet werden könnte, der König und die Mandarinen sogleich in Schweine verwandelt wurden. Alles Volk lief bey dem Geschrey der Schweine herbey, ohne zu wissen, was die Ursache einer so außerordentlichen Sache seyn könne. Zu dieser Zeit war auch ein Christ daselbst, mit Namen Gregorius, welcher den Tag vorher auf die Folter gespannet worden war, und ebenfalls bey dem Lärmen zugelaufen kam, auch dein Könige seine Grausamkeit gegen die Religion vorhielt. Bey der Rede, welche Gregorius hielt, stunden die Schweine stille; sie grunzten nicht, sondern hoben ihre Rüssel vielmehr in die Höhe, dem Gregorius zuzuhören, welcher alle Schweine in diesen Ausdrücken fragte: Habet ihr euch von nun an zu bessern entschlossen? Auf diese Frage neigten alle Schweine ihre Köpfe und schryen, Uhn, Uhn, Uhn; als wenn sie hätten ja sagen wollen. Gregorius fuhr dann weiter fort zu reden: wenn ihr Willens seyd euch zu bessern, wenn ihr eure Sünden bereuet, und ihr getauft seyn wollet, um die Religion desto vollkommener zu beobachten, so wird Gott mit seiner Erbarmung auf euch herabblicken; wenn ihr aber nicht wollet, so werdet ihr in dieser und in jener Welt unglücklich seyn und bleiben. All Schweine nickten mit dem Kopfe, bezeigeten ihre Ehrerbiethung, und schryen Uhn, Uhn, Uhn; als wollten sie sagen, daß es ihr Wille so sey. Als Gregorius die Schweine so demüthig sahe, nahm er Weihwasser und taufte alle Schweine. Und sogleich trug sich ein großes Wunder zu; denn, so wie er jedes Schwein taufte, so verwandelte sich dasselbe in eine Person die Schöner, als vorher war.’”

Henry, William [top]

Henry (1756): “Schreiben an den Lord Cadogan, über die Kupferquellen in der Gegend von Wicklow in Irrland.” [biblio]


[P. 233] “Das Wasser, das aus den Gräbern fließt, ergießet sich in den Fluß Arklow bey Newbridge, und ist von so beizender Natur, daß selbst die Fische in diesem großen Strome von da bis in die See nicht leben können.”


[1752, 503] “The water, that runs from these mines, enters the river Arklow on New Bridge; and is of so corrosive a nature, that no fish can live in this large river from hence to the sea.”

Herodot [top]

Herodot (1612): Historia. [biblio]


[Buch 2, Cap. 2, p. 72] “Welche mich nun diß vom Lande Egypten berichtet, denselben gläube ichs, daß es mit oberzehltem sich also verhalte. Denn ichs befinde, daß sich Egyptenlandt in die länge erstrecket, Und werden auff den Bergen Purpurschnecken gesehen, und entspringet auch auß denselben Bergen saltzerig Wasser, durch welches die Pyramides, so allda stehen, verderbet werden. Und ist der Egyptische Berg sandig, welcher uber der Stadt Memphi ligt. So ist auch der Erdbode deß Egyptenlandes, nach der Landtschafft Arabiae, welche an das Egyptische Gebirge stösset, nicht gleich weder Africae noch Syriae (denn die Gegend in Arabia, so am Meer ligt, bewohnen die Syrier) sonder es ist schwartz und brüchig daher, daß auß AEthiopia daselbst hin, von dem Fluß der Koth von Schleim getrieben wirdt. Aber in Africa haben wir gesehen, daß die Erde etwas rotfarbig ist. In Arabia aber und in Syria ist das Erdreich leimechtig und steinigt.”


[2.12] “Thus I give credit to those from whom I received this account of Egypt, and am myself, moreover, strongly of the same opinion, since I remarked that the country projects into the sea further than the neighbouring shores, and I observed that there were shells upon the hills, and that salt exuded from the soil to such an extent as even to injure the pyramids; and I noticed also that there is but a single hill in all Egypt where sand is found, namely, the hill above Memphis; and further, I found the country to bear no resemblance either to its borderland Arabia, or to Libya - nay, nor even to Syria, which forms the seaboard of Arabia; but whereas the soil of Libya is, we know, sandy and of a reddish hue, and that of Arabia and Syria inclines to stone and clay, Egypt has a soil that is black and crumbly, as being alluvial and formed of the deposits brought down by the river from Ethiopia.” [George Rawlinson, transl.]


[Buch 2, Cap. 28, p. 115] “Ob nun wol dieser Labyrinth so groß ist, so ist doch vielmehr zuverwundern der See, welcher Maeris genannt wirdt, und an welchen der Labyrinth gebauwet ist worden. Denn der Umbkreiß dieses Sees ist neuntzig Meilen, das ist, sechtzig Schaeni, Und also groß ist auch Egyptenlande am Meer. Der See erstreckt sich in die länge gegen Mitternacht, und gegen Mittag, ist tieff, und da er am tieffesten, ist er fünfftzig Schritt tieff. Das er aber mit Menschen Händen gemacht und außgraben worden, das ist offenbar. Denn in der Mitte dieses Sees stehen zween Pyramides, welche beyde auß dem Wasser stehen fünfftzig Schritt, Und was unten im Wasser stehet, ist eben so groß. Auch sitzet uber beyden auff einem Stul ein Bildt, auß Steinen gemacht, Unnd ist also die länge dieser Pyramidum hundert Schritt. Nun machen hundert ziemliche Schritt ein Stadium, so sechs Ptethra helt. Denn ein Schritt helt sechs Schuh, und vier Ellen, ein Schuh aber helt vier Hände, und eine Elle helt sechs Hände.

Das Wasser dieses Sees entspringet nicht daselbst, denn allda ist ein sehr trucken Erdstreich, sondern es läufft in den See auß dem Nilo, durch einen Graben. Und fleußt sechs Monat lang in den See, darnach läufft es widerumb sechs Monat uber auß demselbigen in den Fluß Nilum.”


[Buch 2, Cap. 31, p. 118] “Das XXXI. Cap. Vom Könige Neco und dem Graben, welchen er gefertiget hat, in welchem viel tausent Arbeyter sind umbkommen. Psammetichus hatte einen Sohn, welcher darnach in Egyptenlande das Regiment verwaltet. Dieser hat den Graben erstlich zumachen angefangen, welcher zu dem Meer Erythraeo fleußt. Aber Darius der Perser, hat denselbigen Graben darnach weiter graben lassen, und ist sein länge so groß, daß man vier tage daran zuschiffen hat. Dieser Grabe ist so breyt gewesen, daß auff demselbigen zwei grosse Schiff neben einander gehen mögen. In diesen Graben läufft das Wasser auß dem Nilo, ein wenig uber der Stadt Bubasti, gegen der Arabischen Stadt Patumon, Und fleußt darnach dasselbige in das rote Meer. Und anfänglich ist in dem Egyptischen Felde gegraben worden.

Uber diesem Felde ligt gegen der Stadt Memphi ein Berg, in welchem Steine gebrochen werden.

Der Grabe aber unten an diesem Berge her, von Abendt, erstrecket sich weit, und läufft gegen Morgen. Darnach läufft er von diesem Berge in ein Thal gegen Mittag und dem Sudwindt in den Arabischen Strom. Wenn man den nechsten Weg gehen wil, von dem mitternächtigen Meer zu dem roten Meer, welches auch das mittagische Meer geheissen wirdt, von dem Berge Casio, welcher Egyptenlandt von Syrien underscheidet, so sind es biß zu dem Arabischen Strom, fünff und zwantzig Meilen, Und diß ist zwar der nechste Weg. Der Grabe aber ist umb soviel desto länger, weil er viel Krümme hat. Als nun dieser Grabe zur Zeit deß Königes Neci gemacht worden, sind in solcher Arbeyt hundert und zwantzig tausent Egyptier umbkommen.

Necos aber hatte mitten in der Arbeyt zugraben auffgehört, weil ihm eine Weissagung zukommen, daß er solches dem Barbaro zu gute bereytete.

Nun heissen die Egyptier alle die jenigen, welche mit der Sprache mit ihnen nicht uberein kommen, Barbaros, das ist ungelehrt und wildt.”


[2.158] “Psammetichus left a son called Necos, who succeeded him upon the throne. This prince was the first to attempt the construction of the canal to the Red Sea – a work completed afterwards by Darius the Persian – the length of which is four days’ journey, and the width such as to admit of two triremes being rowed along it abreast. The water is derived from the Nile, which the canal leaves a little above the city of Bubastis, near Patumus, the Arabian town, being continued thence until it joins the Red Sea. At first it is carried along the Arabian side of the Egyptian plain, as far as the chain of hills opposite Memphis, whereby the plain is bounded, and in which lie the great stone quarries; here it skirts the base of the hills running in a direction from west to east, after which it turns and enters a narrow pass, trending southwards from this point until it enters the Arabian Gulf. From the northern sea to that which is called the southern or Erythraean, the shortest and quickest passage, which is from Mount Casius, the boundary between Egypt and Syria, to the Gulf of Arabia, is a distance of exactly one thousand furlongs. But the way by the canal is very much longer on account of the crookedness of its course. A hundred and twenty thousand of the Egyptians, employed upon the work in the reign of Necos, lost their lives in making the excavation. He at length desisted from his undertaking, in consequence of an oracle which warned him ‘that he was labouring for the barbarian’. The Egyptians call by the name of barbarians all such as speak a language different from their own.” [George Rawlinson, transl.]


[Buch 3, Cap. 18] “Von diesem Tisch der Sonne wird folgendes erzählt. Vor dem Tore der Stadt soll eine Wiese liegen, die voll gebratenen Fleisches aller Tierarten ist. Nachts legen die Bürger, die gerade die Regierung führen, in aller Heimlichkeit das Fleisch auf die Wiese, und Tags kommt dann, wer da will, und i t. Das Volk glaubt, da  das Fleisch aus der Erde wächst. So lautet die Sage von diesem sogenannten Tisch der Sonne.”


[3.18] “Now the table of the Sun according to the accounts given of it may be thus described: It is a meadow in the skirts of their city full of the boiled flesh of all manner of beasts, which the magistrates are careful to store with meat every night, and where whoever likes may come and eat during the day. The people of the land say that the earth itself brings forth the food. Such is the description which is given of this table.” [George Rawlinson, transl.]

Heyn, Johann [top]

Heyn (1742): Versuch einer Betrachtung über die Cometen. [biblio]


[Gottsched’s (unpaginated) preface, (10), (15)] “Die Sündfluth des Ogyges ist nicht nur bey allen alten Poeten, sondern auch bey den ältesten Geschichtschreibern berühmt. Ist sie gleich keine allgemeine Sündfluth gewesen, so muß sie doch einen grossen Strich Landes, ja vielleicht den größten Theil von Europa betroffen haben. […] Wenigstens hat Halley dafür gehalten, dieser [Comet von 1680] sey schon vorhin allemal fünf hundert und fünf und siebenzig Jahre zurückgerechnet, mehr als einmal gesehen worden; wie ich [Gottsched] auch in meiner Physik aus Whistons neuer Erdbeschreibung angeführet habe.”


[Pp. 211-12] “§150. Weil im Talmud auch Wahrheiten anzutreffen: so muß man es mit ihm halten, wie es Virgilius mit den Schriften des Ennius gemacht hat. Er suchte sich das Beste aus. Mich dünkt, wenn die Talmudisten von einer scharfsinnigen physicalischen Sache, dergleichen Dinge sonst über ihren Horizont sind, eben so beschreiben, als man sie durch Schlüsse entdeckt hat: so kan man ihnen glauben. Ich habe vermuthet, daß von der Sündflut Nachrichten vorhanden seyn mögten. §146. Ich habe gesucht, und gefunden. Im Tractat, Rosch Haschschana treffe ich p.m. 11. folgendes [212] an: Durch hitzige Dinge haben die Menschen der ersten Welt gesündiget, und durch hitzige Dinge sind sie gestraft worden. Durch hitzige Laster haben sie gesündiget, daher sind sie durch das heisse Wasser der Sündflut getötet worden.”


[P. 241] “§160. Da ich den Cometen als die Ursach der allgemeinen Sündflut also gedenke vorgestellet zu haben, daß Leute von Verstand sich bey dieser Lehre völlig beruhigen können; so schliesse mit der Anmerkung, daß man diesen Boten, unter andern Absichten, für einen Diener der göttlichen Gerechtigkeit halten müsse. Er hat das allgemeine Gericht einmal an der Erden und ihren /Einwohnern ausgeübet. Er ist im Stande dergleichen ferner zu thun. Er wird es auch zu seiner Zeit verrichten, wie ich bald zeigen werde.”

Hume, David [top]

[ Vermischte Schriften (v1)(v4) • Naturliche Geschichte der ReligionGeschichte von Großbritannien ]

Vermischte Schriften, vol. 1

Hume (1754b): “Von der Ueppigkeit.” [biblio]


[Pp. 36, 40] “Jemehr diese feinen Künste in Aufnahme komme, desto geselliger werden die Menschen; und es ist auch unmöglich, daß sie alsdenn, wenn sie durch Wissenschaft bereichert und zum Umgange fähig gemacht sind, sich zur Einsamkeit bequemen, oder auf die entfernte Art mit ihren Mitbürgern leben sollten, die unwissenden und barbarischen Nationen eigen ist. […] Die Wissenschaft in den Regierungskünsten wirkt natürlicher Weise Gelindigkeit und Mäßiggung; indem sie die Menschen die Vorzüge menschlicher Grundsätze vor der Strenge und Härtigkeit lehret, wodurch die Unterthanen zu Empörungen angetrieben werden, und wodurch alle Wiederkehr zur Unterwürfigkeit benommen wird; indem den Rebellen alle Hoffnung der Begnadigung abgeschnitten ist.”


[1752, pp. 27, 30]“The more these refined arts advance, the more sociable men become; not is it possible, that, when enrich’d with science, and possest of a fund of conversation, they shou’d be contented to remain in solitude, or live with their fellow citizens in that distant manner, which is peculiar to ignorant and barbarous nations. […] Knowledge in the arts of government naturally begets mildness and moderation, by instructing men in the advantages of humane maxims above rigour and severity, which drive subjects into rebellion, and render the return to submission impracticable, by cutting off all hopes of a pardon.”


[Pp. 43, 45] “Aber es würde sehr leicht zu beweisen seyn, daß dieser Schriftseller sich in der Ursache der Unordnungen des römischen Staats geirret, und daß sie das der Ueppigkeit und den Künsten beygemessen haben, was in der That seinen Grund in einer übeleinigerichteten Regierungsform, und in einer unbeschränkten Ausdehnung der Eroberungen hatte. […] Wenn wir die Sache in ihr gehöriges Licht setzen, so werden wir finden, daß die Ueppigeit und die Künste die Freyheit vielmehr befördern, und daß sie die natürliche Wirkung haben, daß sie eine freye Regierung erhalten, wo nicht gar hervorbringen.”


[1752, pp. 33, 34]“It would be easy to prove, that these writers mistook the cause of the disorders in the Roman state, and ascribed to luxury and the arts, what really proceeded from an ill-modelled government, and the unlimited extent of conquests. […] If we consider the matter in a proper light, we shall find, that a progress in the arts is rather favourable to liberty, and has a natural tendency to preserve, if not produce a free government.”


Hume (1754c): “Von dem Gelde.” [biblio]


[P. 70] “Es ist gleichfalls offenbar, daß die Preise, nicht so wohl von der Menge des Geldes und der Waaren überhaupt genommen, abhangen, sondern vielmehr von denen Waaren, die zu Markt gebracht werden, und von dem Gelde, welches in einem Staate circulirt. Wird das Geld in Kisten eingeschlossen, so ist es, in Absicht auf die Waaren, eben so als wenn es gar nicht da wäre; werden die Waaren in Magazinen aufgespart, so sind sie auch gleichsam vernichtet. Weil das Geld und die Waaren in diesem Falle nie zusammenkommen, so können sie keinen Einfluß auf einander haben. Wenn wir durch Muthmaßungen den Preis des Getraides bestimmen wollen, so muß das Korn, so der Landmann zu seinem und seiner Familie Unterhalt gebraucht, niemals mitgerechnet werden. Bloß der Uberschuß, der mit dem Bedürfniß verglichen wird, kann den Werth bestimmen.”


[1752, p. 53] “‘Tis also evident, that the prices do not so much depend on the absolute quantity of commodities and that of money, which are in a nation; as on that of the commodities, which come or may come to market, and of the money, which circulates. If the coin be lockt up in chests, ‘tis the same thing with regard to prices, as if it were annihilated: If the commodities be hoarded in granaries, a like effect follows. As the money and commodities, in these cases, never meet, they cannot affect each other. Were we, at any time, to form conjectures concerning the prices of provisions, the corn, which the farmer must reserve for the maintenance of himself and family, ought never to enter into the estimation. ‘Tis only the overplus, compar’d to the demand, that determines the value.”


[Pp. 75-76] “Hier können wir also die Unrichtigkeit der Anmerkung einsehen, die man oft bey den Geschicht schreibern antrifft, und selbst im gemeinen Leben oft höret: daß ein besondrer Staat, der fruchtbar, volkreich, und wohl angebauet ist, schwach seyn könne, bloß weil es demselben am Gelde fehlet. Es erhellet, daß der Mangel des Geldes einem Staate an und für sich selbst nicht schädlich oder nachtheilig seyn könne: denn Menschen und Waaren sind die wahre Stärke eines Staats. Hier leidet das Gemeinewesen, wegen der einfältigen Lebensart, durch welche das Gold und Silber in wenigen Händen eingeschloßen wird, und die allgemeine Zerstreuung und Circulation dieser Metalle verhindert wird. […][76][…] Es giebt nur zwo wichtige Umstände dabey, nämlich die allmälige Vermehrung, und die völlige Verdauung und Circulation derselben durch den ganzen Staatskörper. Der Einfluß dieser beyden Umstände ist hier erklärt und gezeiget worden.”


[1752, pp. 158-59] “Here then we may learn the fallacy of the remark, often to be met with in historians, and even in common conversation, that any particular state is weak, tho’ fertile, populous, and well cultivated, merely because it wants money. It appears, that the want of money can never injure any state within itself: For men and commodities are the real strength of any community. ‘Tis the simple manner of living which here hurts the public, by confining the gold and silver to few hands, and preventing its universal diffusion and circulation. […][159][…] There are only two circumstances of any importance, viz. their gradual encrease, and their thorough concoction and circulation thro’ the state; and the influence of both these circumstances has been here explained.”


Hume (1754d): “Vom öffentlichen Credit.” [biblio]


[Pp. 163-64] “Es giebt ein gewisses Wort, das hier in aller Munde ist, und das, wie ich finde, auch auswärts bekannt geworden, und von fremden Schrift stellern angenommen, und häufig gebraucht wird; dieses Wort heißt Circulation: Fragt man nach [164] der Ursache eines Dinges, so wird dieses Wort als der Grund desselben angegeben; und ob ich gleich bekenne, daß ich die Bedeutung desselben in der gegenwärtigen Materie schon von meinen Schuljahren gesucht und nachgeforscht habe, so habe ich sie doch nie entdecken können.”


[1752, pp. 126-27]“There is a word, which is here in the mouth, of every body, and which, I find, has also got abroad, and is much employ’d by foreign writers, [127] in imitation of the English; and that is Circulation. This word serves as an account of every thing; and tho’ I confess, that I have sought for its meaning in the present subject, ever since I was a school-boy, I have never yet been able to discover it.”


Hume (1754e): “Von der Menge der Menschen bey den alten Nationen.” [biblio]


[Pp. 277-78] “Ich will es gern glauben, daß das Heer des Xerxes ausnehmend zahlreich gewesen; beydes wegen der Größe seines Reiches, als auch wegen der thörichten Gewohnheit der östlichen Nationen, ihre Läger mit einer überflüßigen Menge zu beschweren. Aber wird wohl irgend ein vernünftiger Mensch die wunderbaren Erzählungen des Herodotus als glaubwürdig anführen? Ich gestehe es, das, was Lysias hierüber saget, ist sehr vernünftig. Wäre, saget er, das Heer des Xerxes nicht so zahlreich gewesen, so würde er nie eine Brücke über den Hellespont geschlagen ha- [278] ben: es würde viel leichter gewesen seyn, wenn er die Leute über eine so kurze Ueberfahrt mit seinen zahlreichen Schiffen hätte übersetzen lassen.”


[1752, pp. 214-15] “That Xerxes’s army was extremely numerous, I can readily believe; both from the great extent of [215] his empire, and from the foolish practice of the Eastern-nations, of encumbering their camp with a superfluous multitude: But will any reasonable man cite Herodotus’s wonderful narrations as an authority? There is something very rational, I own, in Lysias’s argument upon this subject. Had not Xerxes’s army been incredibly numerous, says he, he had never made a bridge over the Hellespont: It had been much easier to have transported his men over so short a passage, with the numerous shipping he was master of.”


[Pp. 314-17] “Es ist eine Anmerkung des Abts du Bos, daß Italien itzund wärmer ist, als es in alten Zeiten gewesen. ‘Die römischen Jahrbücher melden,’ [315] sagt er, ‘daß im Jahre 480 nach Erbauung der Stadt Rom ein so strenger Winter eingefallen, daß die Bäume davon erfroren sind. Die Tiber gefror in Rom, und die Erde war vierzig Tage hindurch mit Schnee bedeckt. Wenn Juvenal ein abergläubisches Weib beschreiben will, so stellet er sie vor, als wenn sie das Eis der Tiber zerbräche, damit sie sich abwaschen könne.

‘Hybernum, fracta glacie, descendet in amnem, Ter matutino Tyberi mergetur.'

Er redet von dem Gefrieren dieses Flusses, als von einer ganz gemeinen Begebenheit. Viele Stellen des Horaz stellen die Straßen von Rom mit Schnee und Eis bedeckt vor. Wir hätten hierinn mehr Gewißheit haben können, wenn den Alten der Gebrauch der Thermometer bekannt gewesen wäre; aber ihre Schriftsteller geben uns, ohne daran zu gedenken, Nachrichten, die zureichend sind, uns zu überführen, daß die Winter itzund in Rom viel gemäßigter sind, als sie vormals gewesen. Itzund gefriert die Tiber zu Rom eben so wenig, als der Nil zu Cairo. Die Römer halten den Winter schon für sehr strenge, wenn der Schnee zween Tage liegt, und wenn man einige wenige kleine Eiszapfen an einem Brunnen hängen sieht, der gegen Norden gelegen ist.

[316] Die Anmerkung dieses sinnreichen Critikus erstreckt sich vieleicht auch über andere europäische Himmelsgegenden. Wer kann das gelinde Clima von Frankreich in des Diodorus Siculus Beschreibung von dem Clima des alten Galliens entdecken? ‘Da es unter einer nördlichen Himmels gegend liegt,’ saget er, ‘so ist es ausnehmend kalt darinn. Bey trübem Wetter fällt anstatt des Regens eine Menge von Schnee herunter, und bey hellem Wetter ist der Frost so strenge, daß die Flüsse von ihren Fluchen Brücken bekommen, über welche nicht allein einzelne Reisende, sondern auch ganze Armeen mit ihrem Troß und beladenen Wagen gehen können. Und es sind verschiedene Flüsse in Gallien, als die Rhone, der Rhein, etc. die fast alle zugefroren sind; und man hat die Gewohnheit, um das Fallen zu verhindern, Spreu und Stroh über das Eis zu legen, an den Oertern, wo die Landstraße darüber geht.’

Der nördliche Theil von Sevennes, saget Strabo, trägt keine Feigen und Oliven; und der Wein, der da gepflanzet wird, kömmt nicht zur Reife.

Ovid behauptet ausdrücklich, und mit allem Ernst der Prose, daß zu seiner Zeit der Pontus Euxinus alle Winter zugefroren; und er berufet [317] sich namentlich auf das Zeugniß der römischen Statthalter. Dieß geschieht itzund niemals in der Gegend von Tomi, wohin Ovid verbannet war. Alle Klagen dieses Dichters scheinen eine so strenge Witterung zu bezeichnen, als itzund kaum in Petersburg oder Stockholm empfunden wird.

Tournefort, der aus der Provence gebürtig ist, und eben diese Länder durchreiset hat, merket an, daß es die schönste Himmelsgegend von der Welt sey; und er vorsichert, daß nichts, als die Schwermuth des Ovids, demselben einen so traurigen Begriff von diesem Lande habe beybringen können. Aber die Nachricht des Poeten ist viel zu umständlich, als daß man sie so auslegen könne.


[1752, pp. 243-46] “Tis an an observation of L’Abbe du Bos [Vol. 2, sect. 16.], that Italy is warmer at present than it was in antient times. ‘The annals of Rome tell us,’ says he, ‘that in the year 480. ab U.C. the winter was so severe that it destroy’d the trees. The Tyber froze in Rome, and the ground was cover’d with [244] snow for forty days. When Juvenal [Sat. 6.] describes a superstitious woman, he represents her as breaking the ice of the Tyber, that she might perform her ablutions.

Hybernum fracta glacie descendet in amnem, Ter matutino Tyberi mergetur.’

He speaks of that river’s freezing as a common event. Many passages of Horace suppose the streets of Rome full of snow and ice. We shou’d have more certainty with regard to this point, had the antients known the use of thermometers: But their writers, without intending it, give us information, sufficient to convince us, that the winters are now much more temperate at Rome than formerly. At present, the Tyber no more freezes at Rome than the Nile at Cairo. The Romans esteem the winter very rigorous, if the snow lyes two days, and if one sees for eight and forty hours a few small icicles hang from a fountain that has a North exposition.’

The observation of this ingenious critic may be extended to other European climates. Who cou’d discover the mild climate of France in Diodorus Siculus’s [Lib. 4.] description of that of Gaul: ‘As it is a Northern climate,’ says he, ‘it is infested with cold to an extreme degree. In cloudy weather, instead of rain, there fall great snows; and in clear weather it there freezes so excessive hard, [245] that the rivers acquire bridges of their own substance, over which, not only single travellers may pass, but large armies, accompany’d with all their baggage and loaded waggons. And there being many rivers in Gaul, the Rhone, the Rhine, &c. almost all of them are froze over; and ‘tis usual, in order to prevent falling, to cover the ice with chaff and straw, at the places where the road passes.'

North of the Cevennes, says Strabo [Lib. 4], Gaul produces not figs and olives: And the vines,which have been planted, bear not grapes, that will ripen.

Ovid positively maintains, with all the serious affirmation of prose, that the Euxine sea froze every winter in his time; and he appeals to Roman governors, whom he names, for the truth of his assertion.[Trist. lib. 3. eleg. 9. De Ponto, lib. 4, eleg. 7, 9, 10.] This never happens at present in the latitude of Tomi, whither Ovid was banish’d. All the complaints of the same poet seem to mark a rigour of the seasons, which is scarce experienc’d at present in Petersburgh or Stockholm.

Tournefort, a Provencal, who had travel’d into the same countries, observes that there is not a finer climate in the world: And he asserts that nothing but Ovid’s melancholy cou’d have gi- [246] ven him such dismal ideas of it. But the facts, mention’d by that poet, are too circumstantiate to bear any such interpretation.”

Vermischte Schriften, vol. 4

Hume (1756c): “Ob die britannische Regierung mehr zu einer unumschränkten Monarchie, oder zu einer Republic ausschlage?” [biblio]

This essay is found in Moralische und politische Versuche (1756), pp. 84-93, which is the last of a four volume translation of Hume’s writings that Kant owned: Vermischte Schriften (1754-56). Hume’s original text was first published in 1741, quoted here from the 1753 edition.


[Pp. 88-89] “Ein Mensch [Note: “On ne monte jamais si haut que quand on ne sçait pas ou on va, sagte Kromwell zu dem Präsidenten von Bellievre. / De Retz, Memoirs.”], der eine angemaßte Gewalt besitzt, kann seinen Ansprüchen keine Gränzen setzen; seine Angänger haben die Freyheit, alles von seiner Gunst zu hoffen; seine Feinde reizen seinen Ehrgeiz, und seine Furcht zu- [89] gleich, durch ihre Hitze, womit sie sich ihm widersetzen: Und wenn die Regierung in eine Gährung feräth, so versammeln sich natürlicherweise alle böse Feuchtigkeitden des Staates bey ihm."


[1753, pp. 74-75] “A [Note: “On ne monte jamais si haut que quand on ne sçait pas ou on va, said Cromwell to the president de Bellievre. / De Retz’s Memoirs”] man possess’d of usurp’d power, can set no bounds to his pretensions: His partizans have liberty to hope for every thing in his favour: His enemies provoke his ambition, along with his fears, by the violence of their opposition: And the government being thrown into a ferment, [75] every corrupted humour in the state naturally gathers to him.”


Hume (1756d): “Von dem Aberglauben, und der Enthusiasterey.” [biblio]

This essay is found in Moralische und politische Versuche (1756), pp. 128-37, which is the last of a four volume translation of Hume’s writings that Kant owned: Vermischte Schriften (1754-56). Hume’s original text was first published in 1742, quoted here from the 1753 edition.


[Pp. 132-33, 135] “Auf der andern Seite kann man bemerken, daß alle Schwärmer von dem geistlichen Joche frey gewesen sind, und eine große Unabhängig- [133] keit in ihrer Andacht mit einer Verachtung aller Formalitäten und Ueberlieferungen, die auf Angesehen gegründet sind, bewiesen haben. Die Quacker sind die allergrößesten, und zugleich die allerunschuldigsten Schwärmer, die jemals bekannt gewesen sind, und sind vielleicht die einzige Secte, welche niemals Priester unter sich aufgenommen hat. Die Independenten kommen unter allen englischen Sectirern den Quackern, sowohl in der Schwärmerey, als auch in ihrer Freyheit von den priesterlichen Banden, am nächsten. […][134-35][…] Auf der andern Seite sind unsere Sectirer, die vormals die gefährlichsten Schwärmer waren, itzo die größten Freydenker geworden: und die Quacker sind vielleicht die einzige ordentliche Gesellschaft der Deisten in der Welt; die Literari, oder die Schüler des Confucius in China ausgenommen.”


[1753, pp. 110, 112] “On the other hand, it may be observ’d, that all enthusiasts have been free from the yoke of ecclesiastics, and have exprest great independence in their devotion; with a contempt of forms, ceremonies, and traditions. The quakers are the most egregious, tho’, at the same time the most innocent, enthusiasts that have been yet known; and are, perhaps, the only sect, who have never admitted priests amongst them. The independents, of all the English sectaries, approach nearest to the quakers in fanaticism, and in their freedom from rpiestly bondage.[…] On the other Hand, our sectaries, who were formerly such dangerous bigots, are now become our greatest free-thinkers; and the quakers seem to approach nearly the only regular body of deists in the universe, the literati or the disciples of Confucius in China.”


Hume (1756e): “Von dem Ursprunge und Fortgange der Künste und Wissenschaften.” [biblio]

This essay is found in Moralische und politische Versuche (1756), pp. 189-234, which is the last of a four volume translation of Hume’s writings that Kant owned: Vermischte Schriften (1754-56). Hume’s original text was first published in 1742, quoted here from the 1753 edition.


[Pp. 202-] Die zweyte Anmerkung, die ich hierüber machen will, ist diese: Nichts ist dem Ursprunge der guten Sitten und der Gelehrsamkeit zuträglicher, als eine Anzahl benachbarter unabhängiger Staaten, die die Handlung und die Policey zusamen verbunden hat. Die Nacheiferung, die gemeiniglich unter diesen benachbaren Staaten entsteht, ist eine offenbare Quelle der Verbesserung: aber das, worauf ich mich vornhemlich berufen wollte, ist der Einhalt, den solche begränzte Länder der Gewalt und der Herrschaft machen.

Weitläuftige Herrschaften, worinn eine einzige Person eine große Gewalt hat, werden bald despotisch; aber kleine verändern sich gemeiniglich in gemeine Wesen.

[204][…] Aber die Theilungen in kleine Staaten sind, der Gelehrsamkeit vortheilhaft, weil sie den Fortgang der Gewalt und der Herrschaft hemmen. […]

[205][…] Griechenland war ein Haufen von kleinen Gebiethen, welche bald Republiken wurden; und da sie durch ihre nahe Nachbarschaft, und das Band einer Sprache und eines Interesse vereiniget waren, traten sie in die genaueste Gemeinschaft der Handlung und Gelehrsamkeit zusammen. Hier kam ein glückliches Clima, ein fruchtbarer Boden, und die wohlklingendste und nachdrücklichste Sprache zusammen; daß alle Umstände unter diesem Volke, dem Ursprunge der Künste und Wissenschaften aufzuhelfen schienen. Eine jede Stadt brachte ihre verschiedenen Künstler und Philosophen hervor, welche den übrigen der benachbarten Republiken den Vorzug nicht einräumen wollten: ihre Streitigkeiten und Zänkereyen schärfeten den Verstand der Menschen. Es wurden viele verschiedene Gegenstände der Urtheilskraft vorgeleget, indem ein jeder den Vorzug vor den übrigen forderte: und weil die Wissenschaften nicht durch den Zwang der Gewalt niedergedrücket wurden; so waren sie im Stande, so merkwürdige Sprossen zu treiben, die noch itzo Vorwürfe unserer Bewunderung sind. Nach dem sich die römische christliche oder katholische Kirche über die gesittete Welt ausgebreitet [206] und sich aller Gelehrsamkeit der Zeiten bemächtiget hatte, indem sie an sich selbst nur ein großer Staat, und unter einem Haupte vereiniget war; verschwand sogleich diese Verschiedenheit der Secten, und die aristotelische Philosophie wurde allein in allen Schulen aufgenommen, zu dem äußersten Verderben aller Wissenschaften. Aber nachdem die Menschen endlich dieses Joch abgeworfen haben, hat die Sache beynahe ihre erste Gestalt wieder angenommen, und Europa ist gegenwärtig eine Copey im Großen von dem, was Griechenland vordem als ein Original im Kleinen war. […]

[207][…] In China scheint man ziemlich viel Höflichkeit und Wissenschaft zu besitzen; und man sollte natürlicherweise glauben, daß sie, nach Verlauf so vieler Jahrhunderte, zu einer größern und vollendetern Vollkommenheit reif werden müssen, als sie itzo ist. Aber China ist ein großes Reich, redet eine Sprache, wird durch ein Gesetz regieret, und hat einerley Sitten. Das Ansehen eines Lehrers, wie Confucius war, wurde leicht von einem Winkel des Reiches zu dem andern fortgepflanzet. Niemand hatte das Herz, dem Strome der Meynung des Volkes zu widerstehen. Und die Nachkommen waren nicht kühn genug, das zu bestreiten, was ihre Väter überall angenommen hatten. Dieses scheint ein sehr natürlicher Grund zu seyn, warum die Wissenschaften in diesem mächtigen Reiche einen so langsamen Fortgang gemachet haben.

[208] Wenn wir die Gestalt des Erdbodens betrachten: so finden wir, daß Europa von allen vier Welttheilen am meisten mit Seeen, Flüssen und Bergen durchbrochen ist; und Griechenland von allen Ländern in Europa am meisten. Daher waren diese Länder von der Natur in verschiedene Gebiethe getheilet. Und daher entstan- [209] den die Wissenschaften in Griechenland: und Europa ist bisher die beständigste Wohnung derselben gewesen.”


[1753, pp. 169, 171-74] “[169] The next observation, which I shall make on this head, is, That nothing is more favourable to the rise of politeness and learning, than a number of neighbouring and independent states, connected together by commerce and policy. The emulation, which naturally arises among those neighbouring states, is an obvious source of improvement: But what I would chiefly insist on is the stop, which such limited territories give both to power and to authority.

Extended governments, where a single person has great influence, soon become absolute; but small ones change naturally into commonwealths. […]

[171] But the divisions into small states are favourable to learning, by stopping the progress of authority as well as that of power. […]

Greece was a cluster of little principalities, which soon became republics; and being united both by their near neighbourhood, and by the ties of the same language and interest, they entered into the closest intercourse of commerce and learning. There concurred a happy climate, a soil not unfertile, and a most harmonious and comprehensive language; so that every circumstance among that people seemed to favour the rise of the arts and sciences. Each city produced its several artists and philosophers, who refused to yield the preference to those of the [172] neighbouring republics: Their contention and debates sharpened the wits of men: A variety of objects was presented to the judgment, while each challenged the preference to the rest: and the sciences, not being dwarfed by the restraint of authority, were enabled to make such considerable shoots, as are, even at this time, the objects of our admiration. After the Roman christian, or catholic church had spread itself over the civilized world, and had engrossed all the learning of the times; being really one large state within itself, and united under one head; this variety of sects immediately disappeared, and the Peripatetic philosophy was alone admitted into all the schools, to the utter depravation of every kind of learning. But mankind, having at length thrown off this yoke, affairs are now returned nearly to the same situation as before, and Europe is at present a copy at large, of what Greece was formerly a pattern in miniature. […]

[173] […] In China, there seems to be a pretty considerable stock of politeness and science, which, in the course of so many centuries, might naturally be expected to ripen into something more perfect and finished, than what has yet arisen from them. But China s one vast empire, speaking one language, governed by one law, and sympathizing in the same manners. The authority of any teacher, such as Confucius, was propagated easily from one corner of the empire to the other. None had courage to resist the torrent of popular opinion. And posterity was not bold enough to dispute what had been universally received by their ancestors. This seems to be one natural reason, why the sciences have made so slow a progress in that mighty empire.

[174] If we consider the face of the globe, Europe, of all the four parts of the world, is the most broken by seas, rivers, and mountains; and Greece of all countries of Europe. Hence these regions were naturally divided into several distinct governments. And hence the sciences arose in Greece; and Europe has been hitherto the most constant habitation of them.” (1753, 169, 171-74)


Hume (1756f): “Der Epikureer.” [biblio]

This essay is found in Moralische und politische Versuche (1756), pp. 235-47, which is the last of a four volume translation of Hume’s writings that Kant owned: Vermischte Schriften (1754-56). Hume’s original text was first published in 1742 in the second volume of Essays, moral and political, quoted here from the 1753 edition.


[Pp. 236-37] “Aber unter allen fruchtlosen Versuchen der Kunst ist keiner so lächerlich, als der, den strenge Weltweisen gewaget haben, eine künstliche Glückseligkeit hervorzubringen, und uns durch Regeln der Vernunft, und durch Nachdenken vergnügt zu machen. Warum machte keiner von ihnen Anspruch auf die Belohnung, welche Xerxes allen denen versprach, die ein neues Vergnügen erfinden konnten? Wenn sie nicht, vielleicht, so manches Vergnügen für sich selbst erfanden, daß sie Reichthümer verachteten, und keines solchen Vergnügens bedurften, das die Belohnung dieses Monarchen ihnen schaffen konnte. Ich bin in der That geneigt, zu glauben, daß sie dem persischen Hofe nicht gern dadurch ein [237] neues Vergnügen machen wollten, daß sie es so neu, ungewöhnlich, und lächerlich vorstelleten. Ihre Speculationen könnten, auf die Theorie eingeschränkt, und in den Schulen von Griechenland ernsthaft vorgetragen, in ihren unwissenden Schülern Verwunderung erwecken; aber der Versuch, solche Grundsätze in Ausübung zu bringen, würde bald ihre Thorheit verrathen.”


[1753, p. 199] “But of all the fruitless attempts of art, no one is so ridiculous, as that which the severe philosophers have undertaken, the producing an artificial happiness, and making us be pleas’d by rules of reason, and by reflection. Why did none of them claim the reward, which Xerxes promis’d to him, who could invent a new pleasure. Unless, perhaps, they invented so many pleasures for their own use, that they despis’d riches, and stood in no need of any enjoyments, which the rewards of that monarch could procure them. I am apt, indeed, to think, that they were not willing to furnish the Persian court with a new pleasure, by presenting it with so new and unusual an object of ridicule. Their speculations, when confin’d to theory, and gravely deliver’d in the schools of Greece, might excite admiration in their ignorant pupils: But the attempting to reduce such principles to practice would soon betray their absurdity.”


Hume (1756g): “Der Zweifler.” [biblio]

This essay is found in Moralische und politische Versuche (1756), pp. 268-300, the fourth of a four-volume translation of Hume’s writings that Kant owned: Vermischte Schriften (1754-56). Hume’s original text was first published in 1742 in the second volume of Essays, moral and political, quoted here from the 1753 edition.


[Pp. 274-75] “Eben diese Anmerkung können wir weiter treiben, und schließen: daß so gar, wenn die Seele allein wirket, und indem sie sich geneigt fühle, zu tadeln, oder zu loben, einen Gegenstand für ungestalt und häßlich, einen andern für schön und liebenswürdig erkläret: Ich sage, daß in eben diesem Falle, diese Eigenschaften nicht wirklich in den Gegenständen vorhanden sind, sondern bloß auf die Empfindungen derjenigen Seele ankommen, die tadelt, oder lobet. Ich gestehe, daß es schwer seyn wird, diesen Satz zu beweisen, und wenn man ihn bewiesen hat, ihn den nachläßigen Denkern begreiflich zu machen, weil die Natur in den Empfindungen der Seele einförmiger ist, als in den meisten Empfindungen des Leibes, und eine nähere Aehnlichkeit in den inwendigen, als auswärtigen Theilen der Menschen hervorbringt. Es befindet sich in dem Geschmacke der Seele etwas, das den Regeln gleich könnmt; und Kunstrichter können weit wahrscheinlicher ver nünfteln und streiten, als Köche. Diese Materie würde eine besondere Untersuchung erfordern [275] Zugleich können wir bemerken, daß diese Einförmigkeit unter den Menschen nichts schadet, sondern daß es eine beträchtliche Verschiedenheit unter den Empfindungen der Schönheit, und der Würde giebt, und daß Erziehung, Gewohnheit, Vorurtheil, Eigensinn, und Gemüthsart unsern Geschmack in dieser Art sehr verändert. Ihr werdet niemals jemand überzeugen, der nicht an die italienische Musik gewöhnet ist, daß der schottische Klang nicht besser sey. Ihr habet keinen einzigen Grund, außer eurem eigenen Geschmack, den ihr zu eurem Vortheile anwenden könntet, und eurem Gegner wird sein eigener Geschmack allemal ein noch stärkerer Beweis des Gegentheils zu seyn scheinen. Wenn ihr weise seyd, so wird ein jeder von euch zugeben, daß der andere Recht haben könne; und da ihr viele andere Exempel von dieser Verschiedenheit des Geschmackes habet, so werdet ihr beyde bekennen, daß Schönheit und Würde schlechterdings von einer relativischen Natur sind, und in einer angenehmen Empfindung bestehen, die von einem Gegenstande in einer gewissen Seele, nach der besondern Structur und Beschaffenheit dieser Seele, hervorgebracht wird.”


[1753, pp. 231-32] “We may push the same observation further, and may conclude, that even when the mind operates alone, and feeling the sentiments of blame or approbation, pronounces one object deform’d and odious, another beautiful and amiable; I say, that, even in this case, these qualities are not really in the objects, but belong entirely to the sentiments of that mind which blames or praises. I grant, that it will be more difficult to make this proposition evident, and as it were, palpable, to negligent thinkers, because nature is more uniform in the sentiments of the mind than in most feelings of the body, and produces a nearer resemblance in the inward than in the outward part of human kind. There is something approaching to principles in mental taste; and critics can reason and dispute more plausibly than cooks or perfumers. We may observe, however, that this uniformity among human kind, hinders not, but that there is a considerable diversity in the sentiments of beauty and worth, and that education, custom, prejudice, caprice, and humour, frequently vary our taste of this kind. You will never convince a man, who is not accustom’d to Italian music, and has not an ear to follow its intricacies, that a Scotch tune is not preferable. You have not even any single argument, beyond your own taste, which you can employ in your behalf: And to your antagonist, his particular taste will always appear a more convincing argument to the contrary. If you be wise, each of you will allow, that the other may be in the right; and having many other instances of this diversity of taste, you will both confess, that beauty and worth are merely of a relative nature, and consist in an agreeable sentiment, produc’d by an object in a particular mind, according to the peculiar structure and constitution of that mind.”


[Pp. 278-79] “Aber eine kleine Ueberlegung reichet zu, sie zu unterscheiden. Ein Mensch mag vollkommen alle Zirkel und Ellipsen des copernicanischen Systems verstehen, und alle unregelmäßige Spiralen des ptolomäischen; deswegen wird er noch nicht sehen, daß das erstere schöner ist als das letzte. Euklides hat sehr vollkommen die Eigenschaft eines Zirkels erkläret, aber in keinem einzigen Satze ein Wort von ihrer Schönheit gesaget. Die Ursache ist klar. Die Schönheit ist keine Eigenschaft eines Zirkels: Sie liegt in keinem Theile der Linie, deren Theile alle gleich weit von einem Puncte entfernet sind. Es ist bloß die Wirkung, welche diese Figur auf die Seele machet, deren besondere Beschaffenheit oder Structur sie solcher Empfindungen fähig machet. Vergebens werden ihr sie im Zirkel, entweder [279] durch eure Sinnen, oder durch mathematische Vernunftschlüsse, in allen Eigenschaften dieser Figur suchen.

Derjenige Mathematikus, welcher kein anderes Vergnügen hatte, indem er den Virgil las, als daß er die Reise des Aeneas nach der Landkarte untersuchte, konnte vollkommen den Sinn eines jeden lateinischen Wortes verstehen, das dieser göttliche Dichter gebrauchet hat, und folglich einen deutlichen Beriff von der ganzen Erzählung haben. Er konnte so gar einen deutlichern Begriff davon haben, als die, die die Geographie des Gedichtes nicht so sehr untersuchet hatten. Er wußte also alles in dem Gedichte; aber die Schönheiten verstand er nicht, weil eigentlich zu reden, diese Schönheiten nicht in dem Gedichte liegen, sondern in der Empfindung, oder dem Geschmacke des Lesers. Und wo ein Mensch eine solche Empfindlichkeit der Seele, diese Empfindung zu fühlen, nicht hat, so kann er das Schöne nicht verstehen, wenn er auch alle Wissenschaft, und Erkenntniß eines Engels hätte.”


[1753, pp. 234-35] “But a little reflection suffices to distinguish them. A man may know exactly all the circles and ellipses of the Copernican system, and all the irregular spirals of the Ptolomaic, without perceiving that the former is more beautiful than the latter. Euclid has fully explain’d every quality of the circle, but has not, in any proposition, said a word of its beauty. The reason is evident. Beauty is not a quality of the circle. It lies not in any part of the line, whose parts are all equally [235] distant from a common center. It is only the effect, which that figure operates upon the mind, whose particular fabric or structure renders it susceptible of such sentiments. In vain would you look for it in the circle, or seek it, either by your senses, or by mathematical reasonings, in all the properties of that figure.

The mathematician, who took no other pleasure in reading Virgil, but that of examining Eneas’s voyage by the map, might perfectly understand the meaning of every Latin word, imploy’d by that divine author; and consequently, might have a distinct idea of the whole narration. He would even have a more distinct idea of it, than they could attain who had not study’d so exactly the geography of the poem. He knew, therefore, every thing in the poem: But he was ignorant of its beauty; because the beauty, properly speaking, lies not in the poem, but in the sentiment or taste of the reader. And where a man has no such delicacy of temper, as to make him feel this sentiment, he must be ignorant of the beauty, tho’ possess’d of the science and understanding of an angel.”


[Pp. 285-86] “Derjenige, der ohne Vorurtheile den Lauf der menschlichen Handlungen betrachtet, wird finden, daß die Menschen fast gänzlich durch ihre Gemüthsbeschaffenheit und Temperament geleitet werden, und daß allgemeine Grundregeln eine kleine Gewalt haben, nur in so fern, als sie unsern Geschmack, oder unsere Empfindung rühren. Wenn ein Mensch eine lebendige Empfindung der Ehre und Tugend mit mäßigen Leidenschaften hat, so wird seine Aufführung allezeit den Regeln der Moral gemäß seyn; oder wenn er ja einmal gegen sie verstößt, so wird seine Wiederkehr leicht und bald geschehen; aber wenn hingegen jemand mit einer so verkehrten Verfassung der Seele gebohren ist, mit einer so harten und unempfindlichen Gemüthsart, kein Vergnügen an der Tugend und an der Menschlichkeit, keine Liebe gegen seine Nebengeschöpfe, keine Begierde nach Ehre und Beyfall zu haben; so muß man von einem solchen sagen, daß er gänzlich unheilbar sey, und auch in der Philosophie ist kein Mittel für ihn. Er erndtet keine Befriedigung, als nur von niederträchtigen und sinnlichen Gegenständen, oder von der Befriedigung böser Leidenschaften ein; er fühlet keine Gewissensbisse, seine lasterhaften [286] Neigungen zu beherrschen: er hat selbst nicht die Empfindung, oder den Geschmack, der erfordere wird, wenn er einen bessern Charakter verlangen soll; ich meines Ortes weis nicht, wie ich mich gegen einen solchen verhalten, oder durch was für Gründe ich mich bemühen sollte, ihn zu bekehren. Wollte ich ihm von der innern Zufriedenheit vorreden, die aus löblichen und gütigen Handlungen entsteht, von den feinern Vergnügen einer uneigennützigen Liebe und Freundschaft, von der dauerhaften Freude eines guten Namens und eines gesetzten Charakters; so könnte er mir immer antworten: daß diese vielleicht ein Vergnügen für solche Leute seyn möchten, die fähig wären, es zu empfinden; er für seinen Theil wäre von einer ganz unterschiedenen Art, und Gemüthsverfassung. Ich muß es wiederholen, meine Philosophie hat in diesem Falle kein Mittel, und ich kann nichts anders thun, als den unglück seligen Zustand dieser Person bedauren. Aber alsdann frage ich: ob eine jede andere Philosophie ein Mittel angeben kann; oder ob es möglich ist, durch ein jedes andere System alle Menschen tugendhaft zu machen, so verkehrt auch ihre natürliche Art und Beschaffenheit der Seelen seyn mag? Die Erfahrung wird uns bald von dem Gegentheile überführen; und ich will so kühn seyn, zu behaupten, daß vielleicht der größte Nußen, der aus der Philosophie entsteht, indirecte entstehe.”


[1753, pp. 240-41] “Whoever considers, without prejudice, the course of human actions, will find, that mankind are almost entirely guided by constitution and temper, and that general maxims have little influence, but so far as they affect our taste or sentiment. If a man have a lively sense of honour and virtue, with moderate passions, his conduct will always be conformable to the rules of morality; or if he depart from them, his return will be easy and expeditious. On the other hand, where one is born of so perverse a frame of mind, of so callous and insensible a disposition, as to have no relish for virtue and humanity, no sympathy with his fellow-creatures, no desire of esteem and applause; such a one must be allowed entirely incurable, nor is there any remedy in philosophy. He reaps no satisfaction but from low and sensual objects, or from the indulgence of malignant passions: He feels no remorse to control his vicious inclinations: He has not even that sense or taste, which is requisite to make him desire a better character: For my part, I know not how I should address myself to such a one, or by what arguments I should [241] endeavour to reform him. Should I tell him of the inward satisfaction which results from laudable and humane actions, the delicate pleasure of disinterested love and friendship, the lasting enjoyments of a good name and an established character, he might still reply, that these were, perhaps, pleasures to such as were susceptible of them; but that, for his part, he finds himself of a quite different turn and disposition. I must repeat it; my philosophy affords no remedy in such a case, nor could I do any thing but lament this person’s unhappy condition. But then I ask, If any other philosophy can afford a remedy; or if it be possible, by any system, to render all mankind virtuous, however perverse may be their natural frame of mind? Experience will soon convince us of the contrary; and I will venture to affirm, that, perhaps, the chief benefit, which results from philosophy, arises in an indirect manner, and proceeds more from its secret, insensible influence, than from its immediate application.”


[P. 291] “Ein anderer Fehler dieser Betrachtungen, die die Philosophie uns darbiethet, ist, daß sie gemeinglich unsere lasterhaften Leidenschaften nicht vermindern noch vertilgen können, ohne zugleich diejenigen zu vertilgen und zu schwächen, die tugendhaft sind, und ohne die Seele gänzlich gleichgültig und unthätig zu machen. Sie sind größtentheils allgemein, und lassen sich auf alle unsere Affecten anwenden. Vergebens hoffen wir ihre Wirkung allein auf eine Seite zu richten. Wenn wir durch unaufhörliches Studiren und Nachsinnen sie uns sehr vertraulich und gegenwärtig gemachet haben, so werden sie durchaus wirken, and über die ganze Seele eine allgemeine Unempfindlichkeit ausbreiten. Wenn wir die Nerven zerstören, so vertilgen wir das Gefühl des Vergnügens, zugleich mit dem Gefühle des Schmerzens.”


[1753, p. 245] “Another defect of those refin’d reflections, which philosophy presents to us, is, that commonly they cannot diminish or extinguish our vicious passions, without diminishing or extinguishing such as are virtuous, and rendering the mind totally indifferent and inactive. They are, for the most part, general, and are applicable to all our affections. In vain do we hope to direct their influence only to one side. If by incessant study and meditation we have render’d them very intimate and present to us, they will operate throughout, and spread an universal insensibility over the mind. When we destroy the nerves, we extinguish the sense of pleasure, along with that of pain.”


Hume (1756g): “Von Nationalcharakteren.” [biblio]

This essay is found in Moralische und politische Versuche (1756), pp. 324-51, which is the last of a four volume translation of Hume’s writings that Kant owned: Vermischte Schriften (1754-56). Hume’s original text was first published in 1748 as an addition to the second volume of Essays, moral and political, quoted here from the 1753 edition.


[Pp. 335-36] “Dennoch behaupte ich, daß alle Nationalcharaktere, wo sie nicht auf gewissen moralischen Ursachen beruhen, von dergleichen Zufällen herzuleiten sind, und daß physikalische Ursachen keine merkliche Wirkung auf das menschliche Gemüth haben. […]

Wenn wir durch die ganze Welt gehen, und alle Jahrbücher der Geschichte nachschlagen; so werden wir allenthalben Spuren von dieses Sympathie, oder Seuche der Sitten, aber keine einzige von dem Einflusse des Luft und der Himmelsgegend finden.

Zweytens: In kleinen Herrschaften, die sehr nahe an einander stoßen, hat das Volk einen verschiedenen Charakter, und ist oft eben so leicht aus seinen Sitten zu unterscheiden, als die entlegensten Nationen. Athen und Theben lagen nur eine kurze Tagereise von einander; obgleich die Athenienser eben so merkwürdig wegen ihrer Geschicklichkeit und Munterkeit, als die Thebaner wegen ihrer Dummheit, Grobheit [336] und Gleichgültigkeit waren.”


[1753, pp. 285-86] “I assert, then, that all national characters, where they depend not on fixt moral causes, proceed from such accidents as these, and that physical causes have no discernible operation on the human mind.

If we run over the whole globe, or revolve all the annals of history, we shall discover every-where signs of this sympathy or contagion of manners, none of the influence of air or climate. […] [286] […]

Secondly. In small governments, which are contiguous, the people have notwithstanding a different character, and are often as distinguishable in their manners as the most distant nations. Athens and Thebes were but a short day’s journey from each other; tho’ the Athenians were as remarkable for ingenuity, politeness, and gaiety, as the Thebans for dulnels, rusticity, and a phlegmatic temper.”


[The following passage appears as a note near the end of the essay, at the close of the broken paragraph at the top of p. 341 – but that note was omitted in the German edition. What follows comes from the 1753 4th edition (p. 291). Kant clearly had access to this passage, but his source has not been determined.]

[1753, p. 291] “I am apt to suspect the negroes, and in general all the other species of men (for there are four or five different kinds) to be naturally inferior to the whites. There never was a civilz’d nation of any other complexion than white, nor even any individual eminent either in action or speculation. No ingenious manufactures amongst them, no arts, no sciences. On the other hand the most rude and barbarous of the whites, such as the antient Germans, the present Tartars, have still something eminent about them, in their valour, form of government, or some other particular. Such a uniform and constant difference could not happen, in so many countries and ages, if nature had not made an original distinction betwixt these breeds of men. Not to mention our colonies, there are Negroe slaves disperst all over Europe, of which none ever discover’d any symptom of ingenuity; tho’ low people, without education, will start up amongst us, and distinguish themselves in every profession. In Jamaica indeed, they talk of one negro, as a man of parts and learning; but ’tis likely he is admir’d for very slender accomplishments, like a parrot, who speaks a few words plainly.”


Hume (1759): Die natürliche Geschichte der Religion [biblio]


[Pp. 14, 16, 17] “Es scheint gewiß zu seyn, daß nach dem natürlichen Wachsthum menschlicher Erkenntniß, das unwissende Geschlecht sich erst einige kriechende und gemeine Begriffe von höheren Wesen habe machen müssen, ehe es seine Denkungskräft bis zu dem vollkommenen Wesen anstrengte, welches über die ganze Bildung der Naturordnung verbreitet. […] Die Ursachen der Gegenstände, die uns ganz bekannt sind, erregen niemals unsre Aufmerksamkeit oder Neubegierde; und so ausserordentlich oder bewundernswürdig solche Gegenstände auch an sich selbst seyn mögen, so werden sie doch von der unwissenden und rohen Menge, ohne viel Untersuchung und Nachdenken übergangen. […] Aber ein barbarisches, dürftiges Thier (als der Mensch bey dem ersten Ursprung der Gesellschaft ist, das von so mannigfaltigen Mängeln und Leidenschaften gedruckt wird, hat nicht Muße die regelmäßige Gestalt der Natur zu bewundern, oder über die Ursach solcher Gegenstände Untersuchungen anzustellen, woran er sich von Kindheit auf, nach und nach gewöhnt hat. Je regelmäßiger gegentheils und einförmiger, das ist, je vollkommener sich ihm die Natur zeigt, desto mehr ist er derselben gewohnt, und desto weniger auch geneigt darüber zu forschen und nachzugrübeln. Ein Monstrum erweckt seine Neubegierde, und wird für ein Wunder gehalten. Es beunruhigt ihn durch seine Neuheit, und bringt ihn alsobald [18] zum Zittern, zum Opfern und zum Beten. Aber ein Thier, das nach allen seinen Sinnen und Gliedern vollständig ist, ist für ihn ein sehr gewöhnlicher Anblick, und bringt keinen gottesdienstlichen Gedanken oder Neigung bey ihm hervor.”


[1757, pp. 5-7] “It seems certain, that, according to the natural progress of human thought, the ignorant multitude must first entertain some groveling and familiar notion of superior powers, before they stretch their conception to that perfect Being, who bestowed order on the whole frame of nature. […] The causes of such objects, as are quite familiar to us, never strike our attention or curiosity; and however extraordinary or surprising these objects in themselves, they are passed over, by the raw and ignorant multitude, without much examination or enquiry. […] But a barbarous, necessitous animal (such as a man is on the first origin of society), pressed by such numerous wants and passions, has no leisure to admire the regular face of nature, or make enquiries concerning the cause of those objects, to which from his infancy he has been gradually accustomed. On the contrary, the more regular and uniform, that is, the more perfect nature appears, the more is he familiarized to it, and the less inclined to scrutinize and examine it. A monstrous birth excites his curiosity, and is deemed a prodigy. It alarms him from its novelty; and immediately sets him a trembling, and sacrificing, and praying. But an animal, compleat in all its limbs and organs, is to him an ordinary spectacle, and produces no religious opinion or affection.”


[Pp. 24, 25] “Wären die Menschen durch die Betrachtung der Werke der Natur auf den Begriff von einer unsichtbaren und verständigen Kraft geleitet worden, so konnten sie fast unmöglich anders als die Vorstellung von einem einzigen Wesen bey sich unterhalten, welches dieser unermeßlichen Maschine Daseyn und Ordnung verliehen, und alle ihre Theile nach einem regelmäßigen Plan und verbundenem System zusammengefügt habe. […] Wenn wir aber auf der andern Seite die Werke der Natur verlassen, und den Spuren einer unsichtbaren Gewalt in den mannigfaltigen und wider einander laufenden Begebenheiten des menschlichen Lebens nachforschen, so werden wir nothwendig zur Vielgötterey, und zur Erkenntniß verschiedener eingeschränkten und unvollkommenen Gottheiten verleitet. Stürme und Ungewitter verderben, was von der Sonne erzeugt wird.”


[1757, pp. 10, 11] “Were men led into the apprehension of invisible, intelligent power by a contemplation of the works of nature, they could never possibly entertain any conception but of one single being, who bestowed existence and order on this vast machine, and adjusted all its parts, according to one regular plan or connected system. […] On the other hand, if, leaving the works of nature, we trace the footsteps of invisible power in the various and contrary events of human life, we are necessarily led into polytheism and to the acknowledgment of several limited and imperfect deities. Storms and tempests ruin what is nourished by the sun. The sun destroys what is fostered by the moisture of dews and rains.”


[P. 27] “Wir können also schliessen, daß die ersten Begriffe der Religion, bey allen Völkern welche die Vielgötterey oder den Götzendienst angenommen haben, nicht aus der Betrachtung der Werke der Natur, sondern aus dem Interesse der Begebenheiten des Lebens, und aus den unaufhörlichen Empfindungen der Hofnung und Furcht entstanden sey, welche in der menschlichen Seele beständig arbeiten.”


[1757, pp. 12-13] “We may conclude, therefore, that, in all nations, which have embraced polytheism or idolatry, the first ideas of religion arose not from a contemplation of the works of nature, [13] but from a concern with regard to the events of life, and from the incessant hopes and fears, which actuate the human mind.”


[P. 44] “Es kam auch solchen Vielgöttern oder Abgöttern nie in die Gedanken, diesen unvollkommenen Wesen den Bau und Ursprung der Welt zuzuschreiben.” [excerpt]


[1757, p. 29] “To ascribe the origin and fabric of the universe to these imperfect beings never enters into the imagination of any polytheist or idolater.”


[P. 86] “Die Religionskriege und Verfolgungen der Egyptischen Abgötter sind zwar eine Ausnahme von dieser Regel; es werden aber von den alten Schriftstellern gar besondere und merkwürdige Ursachen davon angegeben. Verschiedene Gattungen der Thiere waren die Gottheiten der verschiedenen Sekten der Egypter; und da diese Gottheiten im beständigen Kriege mit einander waren, so zogen sie ihre Anbeter mit in den Streit hinein. Die Anbeter der Hunde konnten mit den Verehrern der Katzen und Wölfe nicht lange in Frieden leben. Wo aber diese Ursach nicht statt hatte, da ware der Egyptische Aberglaube nicht so unverträglich, als man sich geminiglich einbildet; denn wir sehen aus dem Herodotus; daß Amasis zur Wiederaufbauung des Tempels zu Delphi einen sehre reichen Beytrag that.


[1757, pp. 60-61] “The religious wars and persecutions of the Egyptian idolaters are indeed an exception to this rule; but are accounted for by ancient authors from reasons singular and remarkable. Different species of animals were the deities of the different sects among the Egyptians; and the deities being in continual war, engaged their votaries in the same contention. The worshippers of dogs could not long remain in peace with the adorers of [61] cats or wolves. But where that reason took not place, the Egyptian superstition was not so incompatible as is commonly imagined; since we learn from Herodotus, that very large contributions were given by Amasis towards rebuilding the temple of Delphi.”


[P. 90] “Wo die Gottheit als unendlich über den Menschen erhaben vorgestellt wird, da ist dieser Glaube, der zwar ganz und gar richtig ist, im Stande, das menschliche Gemüth in die niedrigste Unterwerfung und Niederträchtigkeit zu versenken, und die Mönchtugenden der Kasteyung, der büssenden Züchtigung, der Demuth und des geduldigen Leidens, als die einzigen Eigenschaften vorzustellen, die ihr angenehm sind, wenn er mit abergläubigen Schrecken verknüpft ist. Wo man sich aber die Götter nur etwas höher als die Menschen gedenkt, und so, daß viele derselben, von diesem neidrigern Rang höher hinauf gestiegen sind, so können wir leichter zu ihnen beten, ja auch ohne Entheiligung, denselben nachzueifern trachten. Daraus entstehen Thätigkeit, Feuer, Herzhaftigkeit, Grosmuth, Liebe zur Freyheit und alle die Tugenden, die ein Volk vergrössern.”


[1757, p. 65] “Where the deity is represented as infinitely superior to mankind, this belief, tho’ altogether just, is apt, when joined with superstitious terrors, to sink the human mind into the lowest submission and abasement, and to represent the monkish virtues of mortification, penancy, humility, and passive suffering, as the only qualities, which are acceptable to him. But where the gods are conceived to be only a little superior to mankind, and to have been, many of them, advanced from that inferior rank, we are more at our ease in our addresses to them, and may even, without profaneness, aspire sometimes to a rivalship and emulation of them. Hence activity, spirit, courage, magnanimity, love of liberty, and all the virtues which aggrandize a people.”


[P. 125] “§13. Die ursprüngliche Religion der Menschen entsteht hauptsächlich von einer ängstlichen Furcht wegen der künftigen Begebenheiten; und was für Begriffe sich die Menschen wohl natürlicher Weise von unsichtbaren und unbekannten Kräften machen können, wenn sie von kleinen Besorgnissen einiger Art gequält werden, das kann man sich leicht vorstellen.”


[1757, p. 94] “The primary religion of mankind arises chiefly from an anxious fear of future events; and what ideas will naturally be entertained of invisible, unknown powers, while men lie under dismal apprehensions of any kind, may easily be conceived.”


[P. 126] “Bey sehr barbarischen und unwissenden Nationen, als die Afrikaner und Indianer, ja auch die Japoneser sind, welche sich von Macht und Erkenntniß keine ausgebreitete Begriffe machen können, kann ein Wesen göttlich verehret werden,d as sie selbst für boshaft und abscheulich halten; ob sie sich schone vielleicht in Acht nehmen mögen, dieses Urtheil öffentlich, oder in seinem Tempel, von ihm zu fällen, wo [127] sie glauben könnten, daß er ihre Vorwürfe höre.”


[1757, pp. 95-96] “In very barbarous and ignorant nations, such as the Africans and Indians, nay even the Japonese, who can form no extensive ideas of power and knowledge, worship may be paid to a being, whom they confess to be wicked and de- [96] testable; tho’ they may be cautious, perhaps, of pronouncing this judgment of him in public, or in his temple, where he may be supposed to hear their reproaches.”


[P. 128] “So wie aber die Menschen den Begriff von ihrer Gottheit weiter erhöhen; so ist es oft nur ihre Vorstellung von seiner Macht und seinem Verstande, nicht aber von seiner Güte, die vergrössert wird. Im Gegentheil nehmen ihre Schrecken nach dem Maasse zu, als sie ihren Glauben von seiner Wissenschaft und Gewalt mehr ausbreiten; indem sie alsdann glauben, daß sie kein geheimer Ort vor seinem forschenden Blick vergergen kann, ja daß auch das innerste ihres Herzens offen vor ihm liegt. […] Und also kann man sicher behaupten, daß manche National-Religionen, nach der Vorstellung ihrer gewöhnlichsten Verehrer, wirklich eine Art von Teufelanbetung sind; und je höher die Gottheit an Macht und Erkenntniß erhoben wird, desto tiefer wird sie oft gewöhnlich an Güte und Wohlwollen herabgesetzt; was ihr auch sonst ihre erstaunte Anbeter für Lobesherhebungen ertheilen mögen.”


[1757, pp. 97, 98] “But as men farther exalt their idea of their divinity; it is their notion of his power and knowledge only, not of his goodness, which is improved. On the contrary, in proportion to the supposed extent of his science and authority, their terrors naturally augment; while they believe, that no secrecy can conceal them from his scrutiny, and that even the inmost recesses of their breast lie open before him. […] Thus it may safely be affirmed, that popular religions are really, in the conception of their more vulgar votaries, a species of daemonism; and the higher the deity is exalted in power and knowledge, the lower of course is he depressed in goodness and benevolence; whatever epithets of praise may be bestowed on him by his amazed adorers.”


Hume (1762-63): Geschichte von Großbritannien [biblio]


[Vol. 2, pp. 65-66] “Die nächste Action wider Spanien war für die Nation rühmlicher, wiewohl nicht so einträglich. Blake, der erfahren hatte, daß eine spanische Flotte von sechzehen Schiffen, weit reicher, als die vorige, ihre Zuflucht zu den canarischen Inseln genommen hätte, seegelte so gleich dahin ab. Er fand sie in der Bay von St. Crux, in furchtbarster Position. Die Bay war von einem starken Castel gedecket, welches außer den Kanonen, [66] womit es bepflanzet war, auch an seinen sieben Seiten, sieben Forts hatte, die alle durch eine Communicationslinie zusammen stießen, welche mit Musquetiers bemannet war. Der spanische Admiral, Don Diego Diagues, ließ alle kleine Schiffe dicht ans Ufer anlegen, und stellte die größern Kriegschiffe weiter vor vor Anker, mit den Seiten nach der See hingewandt.

Blake wurde durch diesen Anblick mehr angefeuret, als abgeschrecket. Der Wind begünstigte seinen Muth, blies gerade in die Bay, und brachte ihn im Augenblick unter seine dicksten Feinde. Nach einer Gegenwehr von vier Stunden wichen die Spanier der englischen Tapferkeit, und verließen ihre Schiffe, welche in Brand gesteckt wurden, und mit allen ihren Schätzen verbrannten. Itzt hatten die Engländer die größte Gefahr noch vor sich. Sie lagen unter dem Feuer der Castele und aller Forte, welche sie in kurzer Zeit müßten in Stücken geschossen haben. Allein, auf einmal veränderte sich der Wind, und brachte sie aus der Bay zurück; wo sie die Spanier in Erstaunen über die glückliche Verwegenheit ihrer kühnen Sieger hinterließen.”


[Bk. 7, ch. 61, para. 48-49] “The next action against the Spaniards was more honorable, though less profitable to the nation. Blake having heard that a Spanish fleet of sixteen ships, much richer than the former, had taken shelter in the Canaries, immediately made sail towards them: he found them in the bay of Santa Cruz, disposed in a formidable posture: the bay was secured with a strong castle, well provided with cannon, besides seven forts in several parts of it, all united by a line of communication, manned with musketeers. Don Diego Diaques, the Spanish admiral, ordered all his smaller vessels to moor close to the shore, and posted the larger galleons farther off at anchor, with their broadsides to the sea.

Blake was rather animated than daunted with this appearance: the wind seconded his courage; and, blowing full into the bay, in a moment brought him among the thickest of his enemies. After a resistance of four hours, the Spaniards yielded to English valor, and abandoned their ships, which were set on fire, and consumed with all their treasure. The greatest danger still remained to the English: they lay under the fire of the castles and all the forts, which must in a little time have torn them in pieces: but the wind, suddenly shifting, carried them out of the bay, where they left the Spaniards in astonishment at the happy temerity of their audacious victors.”


[Vol. 2, p. 66] “Dieses war die letzte und größte That des tapfern Blake. Er wurde von einer Wassersucht und dem Scorbut angegriffen, und eilte zu Hause, damit er in seinem Vaterlande, das er so zärtlich liebte, und welches er durch seine Tapferkeit so sehr empor gebracht hatte, sterben möchte. Als er dem Lande im Gesichte war, gab er seinen Geist auf. Nie wurde ein Mann, der einer Partey so eifrig ergeben war, so sehr verehret und hochgeachtet, selbst von den Gegenparteyen. Seinen Grundsätzen nach war er ein hartnäckiger Republikaner; und so sehr er auch zu Würden befördert und geliebkostet wurde, glaubte man doch, daß die vorigen Usurpationen ihm nicht angenehm waren. Wir sind noch immer schuldig, für unser Land zu fechten, die Regierung falle, in welche Hände sie wolle, sagte er zu seinen Seeleuten. Er war uneigennützig, edelmüthig, freygebig; nur nach wahrer Ehre begierig, nur seinen offenbaren Feinden furchtbar: seine Irrthümer waren die gemeinen Irrthümer mit vielen andern; seine Tugenden waren ihm allein eigen. Der Protector ließ ein prächtiges Leichenbegängniß auf öffentliche Kosten für ihn veranstalten: aber die Thränen seiner Landsleute waren die rühmlichste Lobrede seines Andenkens.”


[Bk. 7, ch. 61, para. 50] “This was the last and greatest action of the gallant Blake. He was consumed with a dropsy and scurvy, and hastened home, that he might yield up his breath in his native country, which he had so much adorned by his valor: as he came within sight of land, he expired. Never man so zealous for a faction was so much respected and esteemed even by the opposite factions. He was by principle an inflexible republican; and the late usurpations, amidst all the trust and caresses which he received from the ruling powers, were thought to be very little grateful to him. It is still our duty, he said to the seamen, to fight for our country, into what hands soever the government may fall. Disinterested, generous, liberal; ambitious only of true glory, dreadful only to his avowed enemies; he forms one of the most perfect characters of the age, and the least stained with those errors and violences which were then so predominant. The protector ordered him a pompous funeral at the public charge; but the tears of his countrymen were the most honourable panegyric on his memory.”

Hutcheson, Francis [top]

Hutcheson (1756): Sittenlehre der Vernunft. [biblio]


[Pp. 381-82] “Die materiale und formale Güte. Einer Handlung wird eine materiale Güte zugeschrieben, wenn sie, an sich selbst, das Beste des Systems befördert, in soweit wir davon zu urtheilen im Stande sind; oder, wenn sie zu dem Vortheil eines Theiles, welcher neben dem Vortheil des Systems bestehen kan, gereicht; die Neigungen der handelnden Person mogen seyn, wie sie wollen. Wenn die Handlung aus guten Neigungen, in einem richtigen Verhältnis, herfliesset; so wird ihr eine formale Güte zugeschrieben. Ein tugendhafter Mann, welcher überlegt, welche von verschiedenen vorhabenden Handlungen er wählen soll, betrachtet und vergleicht die materalische Güte derselben, und alsdenn wird sein Entschlus durch sein moralisches Gefühl festgesetzt, welches ohne Ausnahme dasjenige vorzieht und empfiehlt, was zu der Glückseligkeit und Tugend des menschlichen Geschlechts gereichen kan. Allein, bey der Beurtheilung seiner ehemaligen Handlungen, betrachtet er vornehmlich die Neigungen, aus welchen sie herkamen, ohne Absicht auf ihre Wirkungen. Handlungen, welchen eine materiale Güte [382] beygelegt wird, können von Bewegungsgründen, die gar nichts Tugendhaftes in sich haben, herkommen. Und Handlungen, welche wirklich tugendhaft sind, oder denen eine formale Güte zugeschrieben wird, können durch einen Zufall am Ende einen allgemeinen Vortheil nach sich ziehn.”


[1755, pp. 252-53] ”Goodness material, and formal. An action is called materially good when in fact it tends to the intereft of the system, as far as we can judge of its tendency; or to the good of some part consistent with that of the system, whatever were the affections of the agent. An action is formally good, when it flowed from good affeclions in a just proportion. A good man deliberating which of several actions proposed he shall chuse, regards and compares the material goodness of them, and then is determined by his moral sense invariably preferring that which appears most conducive to the happiness and virtue of mankind. But in judging of his past actions he con- [253] siders chiefly the affections they flowed from abstracting from their effects. And actions materially good may flow from motives void of all virtue. And actions truly virtuous or formally good may by accident, in the event, turn to the publick detriment.”


Hutcheson (1762): Untersuchung unsrer Begriffe von Schönheit und Tugend in zwo Abhandlungen. “Zweite Abhandlung. Eine Untersuchung des moralischen Guten und Uebels.” [biblio]


[Pp. 111-12] “Diese Beschreibungen scheinen eine allgemein angenommene Verschiedenheit des moralischen und natürlichen Guten und Uebels zu enthalten. [112] Alle Leute, die von dem moralischen Guten sprechen, bekennen, daß es Beyfall und Wohlgewogenheit gegen diejenigen hervorbringe, die es besitzen, das hingegen das natürliche Gute nicht thut. In dieser Materie müssen die Menschen ihr eignes Herz fragen.


[1729, p. 105] ”These Descriptions seem to contain an universally acknowledg’d Difference of Moral Good and Evil, from Natural. All Men who speak of moral Good, acknowledge that it procures Approbation and Good-will toward those we apprehend possess’d of it; whereas natural Good does not. In this matter Men must consult their own Breasts.


[Pp. 115-16] “Unsre Absicht ist, in den folgenden Abschnitten diese Materie zu untersuchen; und vielleicht werden die angegebene Gründe beweisen.

I. Daß manche Handlungen für die Menschen unmittelbar gut sind, oder daß wir durch Hülfe eines höhern Gefühls, das wir das moralische [116] nennen, die Handlungen andrer billigen, und sie uns als ihren Vorzug und Vollkommenheit vorstellen, und dadurch bewogen werden, die Handlenden Personen zu lieben; so wie wir eine gleiche Empfindung haben, wenn wir über einige von unsern Handlungen, ohne einige natürliche Vortheile von ihnen zu erwarten, nachdenken.

II. Vielleicht erhellet auch alsdenn, daß die Neigung, Begierde oder Absicht, welche den Handlungen, die aus ihr fließen, Hochachtung erwirbt, nicht gerade die Absicht und Begierde ist, dieses angenehme Selbstlob, oder den Beyfall unsers eigenen Herzens zu erhalten; vielweniger die künftigen Belohnungen aus den Sanctionen der Gesetze, oder ein ander natürliches Gute, das die Folge der tugendhaften Handlungen seyn mag, sondern ein ganz verschiedner Grundtrieb zu handeln, der nicht Selbstliebe, oder eine Begierde nach dem Glücke einzelner Personen ist.”


[1729, pp. 108-9] “The Design of the following Sections is to inquire into this matter; and perhaps the Reasons to be offered may prove,

[109] I. ‘That some Actions have to Men an immediate Goodness; or, that by a superior Sense, which I call a Moral one, we approve the Actions of others, and perceive them to be their Perfection and Dignity, and are determin’d to love the Agent; a like Perception we have in reflecting on such Actions of our own, without any View of natural Advantage from them.’

II. It may perhaps also appear, ‘That the Affection, Desire, or Intention, which gains Approbation to the Actions flowing from it, is not an Intention to obtain even this sensible Pleasure; much less the future Rewards from Sanctions of Laws, or any other natural Good, which may be the Consequence of the virtuous Acton; but an intirely different Principle of Action from Self-Love or Desire of private Good.’”


[Pp. 122-26] “III. Moralische entspringen nicht aus den Vortheil. Verschiedne spitzfindige Erklärer der Selbstliebe mögen uns sagen, ‘daß wir Charaktere billigen oder mißbilligen, nachdem wir uns vorstellen, daß wir von ihnen wären unterstützet oder beleidiget worden, wenn wir zu ihren Zeiten gelebt hätten.’ Allein, wie leicht ist die Antwort! Wenn wir keine Empfindung des moralischen Guten bey der Leutseligkeit, Gütigkeit und Treue hätten, warum sollte uns die Eigenliebe, und unser Gefühl des natürlichen Guten nicht verbinden, allezeit auf die Seite des Siegers zu treten, und warum sollten wir aus diesem Grunde nicht den glücklichen Tyrannen oder Verräther lieben und bewundern. […]

[124][…] Man setzte, es sey ein großer Schade durch einen bloßen Zufall, ohne einigen Vorsatz oder Nachläßigkeit derjenigen Person geschehen, die von ohngefähr Schuld daran ist: so konnte uns diese Handlung eben so nachtheilig gewesen seyn, als eine vorsehliche Grausamkeit oder Bosheit; aber wer wird sagen, daß er von beyderley Handlungen einerley Begriffe oder einerley Gesinnungen von den handelnden Personen hätte? So kann auch eine träge und schläfrige Einfalt, die einen reichen Mann mit seinem Vermögen, andern zur Beute aussetzt, fur diejenigen, die mit ihm umgehen, eben so vortheilhaft seyn, als die klügste Großmuth, und doch haben wir weit edlere Gesinnungen gegen einen Mann von der letztern [125] Denkungsart, als von der erstern. Woher kommt nun dieser Unterschied? […]

[126][…] IV. Selbstliebe ist nicht der Grund des Beyfalls. Verschiedene Moralisten, welche lieber die Selbstliebe in tausend Gestalten verkleiden, denn einen andern Grund des Beyfalls als den Vortheil zugestehen wollen, sagen: ‘Was einem Theil ohne Schaden des andern nutzt, nutzt dem Ganzen, und dann wird ein kleiner Theil davon sich auch auf jedes Individuum erstrecken; diejenigen Handlungen, die zum Besten des Ganzen abzielen, wenn sie nur durchgehends ausgeübet werden, würden auch das Glück eines jeden Individui aufs Beste sicher stellen, und wir können folglich solche Handlungen, in der Meynung, daß sie zuletzt zu unserm eignen Vortheile abzielen, billigen.’”


[1729, pp. 115-17] “III. Moral ideas not from Interest. Some refin’d Explainers of Self-Love may tell us, ‘That we approve or condemn Characters, according as we apprehend we should have been supported, or injur’d by them, had we liv’d in their Days.’ But how obvious is the Answer, if we only observe, that had we no Sense of moral Good in Humanity, Mercy, Faithfulness, why should not Self-Love, and our Sense of natural Good engage us always to the victorious Side, and make us admire and love the successful Tyrant, or Traitor? […]

[116][…] Suppose any great Destruction occasion’d by mere Accident, without any Design, or Negligence of the Person who casually was the Author of it: This Action might have been as disadvantageous to us as design’d Cruelty, or Malice; but who will say he has the same Idea of both Actions, or Sentiments of the Agents? Thus also an easy, indolent Simplicity, which exposes a Man of Wealth as a Prey to others, may be as advantageous a Disposition as the most prudent Generosity, to those he converses with; and yet our Sentiments of this latter Temper are far nobler than of the former. ‘Whence then this Difference?’ […][117][…]

IV. Self-Love not the Ground of Approbation. Some Moralists, who will rather twist Self-Love into a thousand Shapes, than allow any other Principle of Approbation than Interest, may tell us, ‘That whatever profits one Part without detriment to another, profits the Whole, and then some small Share will redound to each Individual; that those Actions which tend to the Good of the Whole, if universally perform’d, would most effectually secure to each Individual his own Happiness; and that consequently, we may approve such Actions from the Opinion of their tending ultimately to our own Advantage.’”


[Pp. 127-28, 131] “V. Unser moralisches Gefühl kann nicht bestochen werden. Dieses moralische Gefühl hat bey unsern Handlungen so wohl als bey den Handlungen andrer, [128] dieses mit unserm andern Sinnen gemein, daß unser Verlangen nach der Tugend, allein nicht die Empfindung ihrer Schönheit durch den Eigennutz kann überwogen werden: das doch gewiß seyn müßte, wenn unsre Hochachtung gegen dieselbe sich allein auf die Absicht eines Vortheils gründete. Wir wollen dieses bey unsern eignen Handlungen so wohl, als bey den Handlungen andrer näher in Erwägung ziehen. […][129-131][…] Bey unserm Gefühl des moralischen Guten und Bösen ist unser eigner Vortheil von keiner größern Wichtigkeit, als der Vortheil oder Verlust einer dritten Person, um zu machen, daß eine Handlung gut oder böse scheinet. Dieses Gefühl kann also durch den Vortheil nicht überwogen werden. Was für ein lächerlicher Versuch würde es seyn, durch Belohnungen oder Drohungen jemanden zu verbinden, eine Meynung von einer Handlung anzuhemen, die seinen moralischen Begriffen entgegen wäre? Vorstellung können wir durch dies Mittel zuwege bringen, und dieses ist auch alles.”


[1729, pp. 119, 122-23] “V. Our Moral Sense cannot be brib’d. This moral Sense, either of our own Actions, or of those of others, has this in common with our other Senses, that however our Desire of Virtue may be counter-balanc’d by Interest, our Sentiment or Perception of its Beauty cannot; as it certainly might be, if the only Ground of our Approbation were Views of Advantage. Let us consider this both as to our own Actions and those of others. […][120-122][…] In our Sense of moral Good or Evil, our own private Advantage or Loss [123] is of no more moment, than the Advantage or Loss of a third Person, to make an Action appear Good or Evil. This Sense therefore cannot be over-balanc’d by Interest. How ridiculous an attempt wou’d it be, to engage a Man by Rewards or Threatenings into a good Opinion of an Action, which was contrary to his moral Notions? We may procur Dissimulation by such means, and that is all.”


[Pp. 141-42] “II. Uneigennützige Handlungen. Wenn mann nun beweisen kann, daß keine von diesen Meynungen, die wir als tugendhaft billigen, entweder Selbstliebe, oder ein Verlangen eines Privatnutzens seyn; weit alle Tugend in solchen Neigungen, oder Handlungen, die aus derselben folgen, bestehet; ‘so muß naturlicher Weise folgen, daß die Tugend aus einer andern Neigung, als der Selbstliebe, oder dem Verlangen eines Privatvortheils entspringet. Und daß, wenn auch Eigennutz zu der natürlichen Handlung ermuntert, wie sie nur [142] in so ferne billigen, weil wir voraus setzen, daß sie aus uneigennützigen Absichten geflossen seyn.’”


[1729, p. 133] “II. Affections disinterested. Now if it can be made appear, that none of these Affections which we approve as virtuous, are either Self-love, or Desire of private Interest; since all Virtue is either some such Affections, or Actions consequent upon them; it must necessarily follow, ‘That Virtue springs from some other Affection than Self-Love, or desire of private Advantage. And where Self-Interest excites to the same Action, the Approbation is given only to the disinterested Principle.’”

Iamblichus [top]

Iamblichus (1821): The Mysteries of the Egyptians. [biblio]


[Bk. 8, ch. 1, p. 299] "Chap. I. Leaving, therefore, these particulars you wish in the next place that I would unfold to you ‘What the Egyptians conceive the first cause to be; whether intellect, or above intellect; whether alone, or suhsisting with some other or others; whether incorporeal, or corporeal; and whether it is the same with the Demiurgus, or is prior to the Demiurgus? Likewise, whether all things are from one principle, or from many principles; whether they have a knowledge of matter, or of primary corporeal qualities; and whether they admit matter to be unbegotten, or to be generated?’”


[Bk. 8, ch. 2, pp. 302-2] “Chap. II. Prior to truly existing beings and total principles [or principles that rank as wholes], there is one God, prior to [that deity who is generally believed, to be] the first God and king, immoveable, and abiding in the solitude of his own unity. For neither is the intelligible connected with him, nor any thing else; but he is established as the paradigm of the God who is the father of himself, is self begotten, is father alone, and is truly good. For he is something even greater and prior to this, is the fountain of all things, and the root of the first intelligible forms. But from this one deity, the God who is sufficient to himself, unfolds himself into light. For this divinity, also, is the principle and God of Gods, a monad from the one, prior to essence, and the principle of essence. For from him entity and essence are derived; and hence, also, he is denominated the principle of intelligibles. These, therefore, are the most ancient principles of all things, which Hermes [302] arranges prior to the etherial, empyrean, and celestial Gods. He likewise delivered to us the history of the empyrean Gods in one hundred books; of the etherial in an equal number; and of the celestial in a thousand books.”

Juan, Jorge, and Antonio de Ulloa [top]

See: AHR, vol. 9.

Kästner, Abraham Gotthelf [top]

Kästner (1749): “Nachricht von den Bemühungen der Engländer, wegen einer nordwestlich Durchfahrt bey der Hudsons-Bay.” [biblio]

[Pp. 20-21] “Die Griechen müssen von der Fluth und Ebbe, die unordentliche Bewegung des Euripus ausgenommen, gar nichts gewußt haben, weil des großen Alexanders Armee bey der Ebbe der See an der Mündung des Indus so erstaunte, und solche als ein Wunderwerk ansahe: [21] Auch den Römern war diese Naturbegebenheit bis zu des africanischen Scipio Zeiten unbekannt gewesen: dieses beweist, daß die Ebbe und Fluth in Seen innerhalb des Landes nicht empfindlich sind sonst hätten solche den Griechen und Römern nicht können verborgen bleiben.”


Kästner (1758): Anfangsgründe der Arithmetik, Geometrie, ebenen und sphärischen Trigonometrie und Perspectiv [biblio]


[Vorrede] “Ich wollte also, daß die Lehrer der Logik, die von der Conversion so viel Regeln geben, uns an diesem Exempel den Nutzen ihrer hochgepriesenen Kunst zeigten; Sie würden mir und vielleicht einigen andern Leuten dadurch den Wahn benehmen, als seyen diese Regeln, wie der grösste Theil ihrer übri- [(xi)] gen Weisheit, vollig unbrauchbar, weil man dadurch nichts findet, das nicht ein natürlicher Verstand, den die Geometrie geübt hat, ohne sie heraus brächte.”


[Pp. 1-3] “1. “Was einer Vermehrung oder Verminderung fähig ist, heißt eine Grösse. Diese Eigenschaft also unterscheidet Dinge, bey denen man sonst nichts unterschiedenes betrachtet, z.E. eine Menge Ducaten von einer andern, die alle einerley Gepräge und Gewichte haben.”

2. Wie groß ein Ding sey, entdeckt uns entweder die unmittelbare Vorstellung, die wir von dem Dinge selbst haben, oder die Vergleichung mit einer andern bekannten Grösse. Wer eine Meile gereiset ist, hat einen Begriff von der Länge des Weges, den man so nennt, durch die Empfindung erhal- [2] ten; und wenn er tausend Meilen nennen höret, so stellt er sich diesen Weg tausendmahl an einander gesetzt vor.

3. Die Weite zweener Oerter von einem dritten mit einander zu vergleichen, pflegt man jede durch Meilen auszudrücken. Die Meile ist hier ein Maaß, eine Grösse, die man als bekannt ansieht, und untersucht, wie viel mahl sie in jeder der andern Grössen enthalten ist. Dieses Verfahren heißt messen. Zuweilen muß man auch angeben, was für Stücken des Maasses in dem gemessenen enthalten sind.”

4. […] Die Mathematik enthält eigentlich solche Lehren, vermittelst derer die Grössen durch Schlüsse verglichen werden; obgleich zu ihrer Anwendung auf sinnliche Grössen, auch unmittelbahre Messungen erfodert werden. Läßt sich die Weite des Mondes von der Erde angeben, so muß solches ohne Zweifel durch Schlüsse [3] geschehen, deren Vordersätze zum Theil, aber gewiß nicht alle, Empfindungen seyn können.”


[P. 3] “7. Man kann die Grösse blos als eine Menge von Theilen; als ein ganzes (Totum) betrachten; oder man kann zugleich auf die Verbindung, und Ordnung dieser Theile sehen; welche ein gewisses zusammgesetztes Ding (compositum) ausmachet. In jener Betrachtung gehöret sie für die Arithmetik, in dieser für die Geometrie.”


[Pp. 8-9] “18. Wenig menschliche Verrichtungen sind, von denen nicht ein Theil auf mathematischen Gründen beruhete. Pflug und Wagen, alle Werkzeuge der handwerker und Künstler sind Machinen, von deren Beschaffenheit und Gebrauche die mathematische Kenntniß richtiger urtheilen lehret. Von allen solchen Verrichtungen ist insgemein ein Theil physische, der andere mathematisch. Die Zeichenkunst und Perspectiv sind das mathematische der Mahlerkunst, die Eigenschaften der Farben, die Wirkungen ihrer Mischung, ihre Dauerhaftigkeit, u.d.g. das physische. Daß Künstler und Handwerker keine Kenntniß von der Mathematik haben, das beweiset nicht, daß die Mathematik ihnen unnütze sey. [9] Man kan Lehren brauchen, die man gelernt hat, ohne ihre Gründe zu wissen, ohne einmahl zu wissen, daß sie in eine Wissenschaft gehören.”


[Pp. 13-14] “26. Sie fangen von Erklärungen an; das ist, sie zeigen deutlich und genau an, in was für einer Bedeutung sie die ihnen eigenen Wörter brauchen, und gehen nie von dieser Bedeutung ab. Ihre Erklärungen enthalten weder mehr noch weniger Merkmahle als die Sache, von der die Rede ist, zu erkennen zulänglich sind. Zuweilen bestehen diese Merkmahle in der Art, wie die Sache entstehen kann, woraus man denn ihre Möglichkeit einsieht, und solche Erklärungen besonders Sacherklärungen nennt (definitiones reales vel geneticae). Die andern heissen Worterklärungen (nominales) und man nimmt nicht an, daß die erklärten Sachen möglich sind, ohne es erwiesen zu haben; eine Regel, die gewisse Vernunftlehrer nicht prahlerisch für ihre neue Erfindung ausgeben würden, wenn sie wüßten, daß Euklides dieselbe aufs sorgfältigste beobachtet hat. [14]

27. Aus den Erklärungen fliessen Grundsäzte (axiomata) deren Wahrheit man einsieht, sobald man sie versteht. Der 8. Abs. enthält ein Exempel davon. Man kann aber hievon, und von allen Sätzen der mathematischen Methode Exempel von ganz andern Gegenständen als mathematischen hernehmen. Es würde zu weitläufig werden, dergleichen hier überall einzurücken. Die Grundsätze werden von allen Menschen gebraucht, und oft ohne daß sie daran denken, aber nur auf einzelne Gegensstände angewandt; daher man sie auch gemeine Begriffe (notiones communes) nennt. Oft gibt ihnen nur ihr allgemeiner Ausdruck ein geheimnißvolles Ansehen.

28. Sie sind von zweyerley Art. Wenn sie blos Wahrheiten behaupten, so kann man ihnen diesen Nahmen in einem engern Verstande lassen. Wenn sie fodern, daß man eine Sache verrichten könne, ohne die Art, wie es geschehen soll, zu zeigen, weil solche vielleicht zu offenbahr in die Augen fällt, als daß sie dürfte gezeiget werden; so nennt man sie Heischesätze, Foderungen; (postulata). Sie nehmen also eine Sache als möglich an, ohne die Möglichkeit umständlich darzuthun.”


[Pp. 14-15] “29. Die Sätze, deren Richtigkeit nicht unmittelbar in die Augen fällt, sondern gewiesen werden muß, behaupten entweder blos, daß etwas so sey oder nicht sey; oder sie verlangen etwas zu bewerkstelligen. Jenese sind Lehrsätze; (theoremata) [15] dieses Aufgaben (problemata) denen man die Auflösung (solutio) die Art, wie das verlangte bewerkstelliget wird, beyfüget. […]”


[Pp. 17-18] “34. Ausser der Geometrie, ist noch eines und das andere bey der mathematischen Methode zu beobachten. In der Arithmetik hat man Zeichen für die Zahlen ausgedacht; deren Beschaffenheit und Einrichtung man durch willkührliche Sätze (hypotheses) erkläret, weil sich eben die Dinge mit ganz andern Zeichen hätten andeuten lassen. […] Die kunstwörter in den Wissenschaften sind Zeichen der Begriffe, wie die Ziffern in der Arithmetik. Aber das Verfahren der Arithmetik, mit sehr wenig Zeichen, sehr viel Begriffe, verständlich und bequem auszudrücken, wird nicht überall bey den Kunstwörtern nachgeahmt. Besonders pflegen einige Philosophen auch dadurch [18] den grossen Unterschied zwischen ihrer philosophischen und der mathematischen Methode anzuzeigen; daß sie mit vielen Zeichen wenige Begriffe, und oft gar keine, ausdrücken.

35. In der angewandten Mathematik gehören zu den Grundsätzen, auch mit Erfahrungen, Beobachtungen und Versuche; durch eine aufmerksame Betrachtung der himmlischen Bewegungen sind die Astronomen zu einer Kenntniß derselben gelanget, welche die Schranken des menschlichen Verstandes fast zu übersteigen scheinet, ob ihnen gleich die Ursachen dieser Bewegungen noch jetzo nicht mit unstreitiger Gewißheit bekannt sind. Dieses grosse und unläugbare Beyspiel zeigt, daß sich der nutzen der mathematischen Methode auch auf Gegenstände in der wirklichen Welt, von denen unsere Begriffe nicht willkührlich sind, anwenden lasse. Der Freyherr von Wolf hat es den Aerzten zur Nachahmung vorgestellt, […]. Sie haben nähmlich den menschlichen Körper so aufmerksam und sorgfältig betrachtet, als die Astronomen den Himmel.”


[Pp. 18-19] “36. Man hat sich in der Astronomie eines Mittels zu Erforschung der Wahrheit bedienet, das dem ersten Ansehen nach verführerisch scheinet. Man [19] nimmt Hypothesen an, oder man setzt zum voraus, es gehe mit einer gewissen Begebenheit auf die und die Art zu. Läßt sich nun alles, was bey der Begebenheit und den damit verbundenen vorkommt, aufs genaueste aus der Hypothese herleiten, so erhält dieselbe dadurch immer mehr und mehr Wahrscheinlichkeit, und kann durch eine vollkommene Uebereinstimmung aller Begebenheiten mit ihr, zu einer Gewißheit erhoben werden. Diese Vergleichung mit den Begebenheiten ist also die Prüfung, bey der eine falsche Hypothese nicht lange bestehen, wenigstens nicht verführen kann, weil man sie nicht länger beybehalten wird, als sie der Wahrheit gleichgültig ist.”


[P. 20] “37. Man kann bey dem Vortrage der schon erfundenen Wahrheiten etwas anders verfahren, als bey der Erforschung solcher, die noch unbekannt sind. Dorten ist es genug, jeden Satz überzeugend darzuthun, ob gleich aus seinem Beweise eben nicht erhellet, wie sein erster Erfinder auf ihn gekommen ist: Hier muß man den Weg zeigen, auf welchem man zu dem gesuchten gelangen kann. Jene Lahrart pflegt man die synthetische, diese die analytische zu nennen. Aus beyden läßt sich eine vermischte zusammensetzen, welche zum Vortrage der Anfangsgründe der Wissenschaften am bequemsten ist.”


[Pp. 22-23] “7. Erkl. Eine Zahl zu wiederhohlten mahlen zu sich selbst addiren, heißt sie multipliciren. Was herauskömmt, heißt das Product oder Factotum; die Zahl, welche multipliciret wird, d.i. die man etliche mahl zu sich addiret, und die Zahl mit der multipliciret wird, d.i. die, welche anzeiget, wie vielmahl jene addiret wird, heissen gemeinschaftlich, Factoren.

[A figure of three rows of four asterisks each, with A and B in the top corners, and C and D in the bottom corners.]

Wenn die Zahl die in der Quer-Reihe oder Zeile AB stehet, so viel mahl hingesetzt wird als die Zahl anzeiget, die in der lothrechten Reihe AC stehet, anzeiget, so entstehet das Product ACDB.

8. Zus. Die Zahl AB ist in dem Producte so vielmahl enthalten, als die Einheit in der Zahl AC. Denn für jede Einheit der Zahl AC, wird die Zahl AB einmahl hingesetzt.

9. Zus. So viel Einheiten AC hat, so viel Zeilen wie AB kommen unter einander. Die erste Einheit von AB, die zunächst bey A stehet, gibt also eine lothrechte Reihe von A nach C, welche so viel Einheiten enthält als AC; die zweyte Einheit von AB, mit den unter ihr stehenden, gibt eben dergleichen lothrechte Reihe, und so jede Einheit von AB ferner. Also kommen so viel lothrechte Reihen, jede der Zahl AC gleich, so viel AB Einheiten hat, und das Product enthält also AC so vielmahl als die Einheit in AB enthalten ist.”


[Pp. 47-48] “62. Lehrs. Wenn man den Nenner eines Bruches mir einer ganzen Zahl multipliciret, den Zähler aber ungeändert läßt, so wird der Bruch so viel kleiner, so viel Einheiten die ganze Zahl hat. […]

63. Lehrs. Wenn eines Bruches Zähler mit einer ganzen Zahl mulitpliciret wird, der Nenner aber ungeändert bleibt, so wird der Bruch so vielmahl grösser, so viel Einheiten die Zahl hat. […]

64. Zus. Einen Bruch mit einer ganzen Zahl zu multipliciren, darf man nur die Zahl in den Zähler des Bruches multipliciren (62) und ihn mit einer ganzen Zahl zu dividiren, darf man nur die Zahl in seinem Nenner multipliciren (63). [48]

65. Lehrs. Wenn eines Bruches Zähler und Nenner zugleich mit einer ganzen Zahl multipliciret werden, so bleibt die Grösse des Bruchs ungeändert. […]

66. Lehrs. Wenn der Zähler eines Bruches mit einer ganzen Zahl dividiret wird, der Nenner aber ungeändert bleibet, so ist der Bruch mit dieser Zahl dividiret, oder so vielmahl kleiner geworden. Wenn aber der Nenner, mit einer ganzen Zahl, bey ungeänderten Zähler dividiret wird, so ist der Bruch mit dieser Zahl multiplicirt, oder so vielmahl grösser geworden. […]

67. Lehrs. Wenn Zähler und Nenner eines Bruches zugleich durch eine ganze Zahl dividirt werden, so bleibt die Grösse des Bruches unverändert, […].”

Keyßler, Johann Georg [top]

Keyßler (1751): Neueste Reise durch Teutschland, Böhmen, Ungarn, die Schweitz, Italien, und Lothringen [biblio]


[Vol. 1 (8th letter), p. 50] “Valisnieri hat in einem Jahre 1725, von Meiland an den florentinischen Medicum, Gaston Joseph Georgi, abgelassenen Schreiben, welches den zu Padua im 1726sten Jahre in Quart heraus gegebenen Werken des Valisnieri einverleibet ist, behauptet, daß dieser Stein, welchen die Portugiesen Cobra de Cavelos nennen, nichts anders sey, als ein Stück Ochsenbein, welches die listigen Indianer auf glüenden Kohlen brennen, schaben und also zurichten, daß viele Europäer sich weis machen lassen, als sey es ein Stein von einer Schlange.”


[Vol. 1 (10th letter), p. 64] “Auf der Insul Maltha, Candia und in Macedonien giebt es keine giftige Schlangen. Die Eyländer Gozo, Ivizza und Irland leiden gar keine giftige Thiere. Auf denn herzoglichen würtembergischen Jadghause Einsiedel, so eine Stunde von Tübingen liegt, sind niemals Ratzen, und sterben solche Thiere, wenn sie dahin gebracht werden, ohne daß ein Heiliger hiezu etwas beyträgt.”


[Vol. 1 (36th letter), p. 291] “Kröpfichte Leute in Mayland. Es ist kaum zu glauben, wie viele verwachsene Zwärge und Leute mit ungeheuren Kröpfen in Mayland angetrofen werden. An einer alten Frau bemerkte ich dergleichen drey von solcher Größe, daß sie mit dem Kopfe nicht auf die Erde sehen konnte, und dieser der kleineste unter solchen vier Kugeln war. Etliche urtheilen, es komme dieses Uebel von dem Schneewasser, welches sich in den Gebirgen mit den andern Quellen oder Bächen vereiniget, und hernach nothwendig mit getrunken wird. Mit itztgedachter Muthmaßung aber scheint dieses zu streiten, daß man in der Schweiz sich des Schneewassers bedienet, um die Kröpfe zu vertreiben. Andere schreiben ihren Ursprung dem Tuffsteine zu, welchen die Wasser in den Gebirgen häufig führen, und glaubet man, daß dessen kleine Theilchen sich in den engen Gängen des Halses stopfen, coaguliren und nach und nach dergleichen unanständige Wirkung hervor bringen, die sich auch öfters auf die Nachkommen fortpflanzet, wie man denn Erbkröpfe findet, und Kinder, die noch kein Wasser getrunken haben, aber von kröpfichten Aeltern kommen, damit behaftet sind.”


[Vol. 1 (48th letter), p. 452] “Veränderung der Witterung. Ich weis nicht, ob diese Umstände alle zusammen genommen, nicht denjenigen Unterschied der Witterung hervorgebracht haben, welchen einige in Ansehung der gelinden Winter in diesem Lande beobachtet haben. Aus etlichen Stellen des Horatii siehet man, daß damals des Winters die Strassen in Rom voll Schnee und Eis gewesen; und die sechste Satyra Juvenalis beweist, daß es eine gewöhnliche Sache gewesen, die Tyber zu solcher Zeit gefroren zu sehen. Heute zu Tage muß es ein harter Winter seyn, wenn der Schnee zweene Tage in Rom liegen soll, und die Tyber gefrieret niemals.”


[Vol. 2 (60th letter), p. 747] “Die Milch der Europäischen Weiber wird, wenn diese nach Batavia kommen, so gesalzen, daß die Kinder sie nicht nehmen wollen, und die Europäer gezwungen sind, ihre Kinder durch Negresses oder Mohrinnen säugen zu lassen.”


[Vol. 2 (60th letter), p. 839] “Lago d’Aganano. Wenn man aus der pausilypischen Grotte gekommen, wendet man sich in einem angenehmen Wege zwischen Weingärten rechter Hand nach dem Lago d’Agnano, der beynahe rund ist und eine Italienische Meile im Umfange hat. […]

Schwitzbäder von S. Germano. An besagtem See liegen i Sodatorii di S. Germano, die aus etlichen von Steinen aufgeführten Gewölbern, worin die aus der Erde steigende Hitze und Schwefeldünste leicht schwitzen machen, bestehen.”


[Vol. 2 (60th letter), p. 840] “Grotta del Cane. Kaum hundert Schritte von diesen nützlichen Schwitzgewölbern, findet siche eine kleine ohne Menschenhände gemachte Höhle, die unter dem Namen Grotta del Cane bekannt ist, weil man insgemein einen Hund erwählet, um daran die Proben der wunderwürdigen Wirkung dieser Höhle zu machen. Sie ist ungefähr zwölf Fuß lang, fünfe breit, sechse hoch und vom See Agnano zwanzig Schritte entfernet. […] Ehe man an den Lago d’Agnano kommt, findet sich am Wege die Wohnung eines Mannes, der allezeit etliche Hunde unterhält, um den Fremden für ein Trankgeld von vier bis sechs Cartini die Wirkungen dieser Grotte sehen zu lassen. Die Hunde kommen nicht gern daran, und suchen, so viel möglich, zu entlaufen, wenn sie merken, daß man die gewöhnlichen Proben mit ihnen machen will.

Der Herr derselben geht mit einem dieser Hunde in besagte Höhle, hält ihn mit Gewalt gegen den Boden, da dann nach anderthalb oder zwo Minuten ein gewaltiges Zucken und convulsiones sich bey dem Thiere einfinden, welche etwan anderthalb Minuten anhalten, bis endlich der Hund als todt und ganz unbeweglich liegend bleibt. Der Mann ist zwar bey dieser Verrichtung halb knieend, hält aber den Kopf, so viel möglich, in die Höhe, damit die untern Dünste ihm keinen Schaden zufügen. Nachdem der Hund zwo bis drey Minuten lang als todt gelegen, wirft man ihn in den nächstgelegenen See, da er dann nach dem Verlaufe einer halben Minute einige Lebenszeichen wieder von sich zu geben anfängt; beynahe eine Minute lang bleibt er etwas taumlich und fällt von einer Seite zur andern, hernach aber erholet er sich auf einmal völlig, und springt seinem Herrn mit vielen Freuden und Liebkosungen wieder an den Leib. Läßt man den Hund oder jede andere Creatur gar zu lange in dem Gange oder Keller liegen, so bleibt sie todt, und hilft die Eintauchung in den See nichts mehr zur Wiederherstellung ihrer Gesundheit.”


[Vol. 2 (60th letter), p. 859] “Il Monte Nuovo. Wie dieser Berg im Jahre 1538 auf einmal entstanden. Gleich gegenüber dem Monte Barbaro auf der Abendseite liegt il Monte nuovo, der erst im Jahre 1538 in der Nacht zwischen dem 19. und 20. September ganz unvermuthet entstanden ist. Das unterirdische Feuer machte sich bey einem entstandenen Erdbeben, welches vielen Schaden in der Nachbarschaft verursachte, eine große Oeffnung in dasiger Erde, und war eine solche Menge von Steinen, Asche, Harz und Sand in die Höhe, daß innerhalb vier und zwanzig Stunden der itzige Berg, der vierhundert Ruthen in seiner Perpendicularhöhe und drey italienische Meilen im Umfange hat, daraus wurde.”


[Vol. 2 (78th Letter), pp. 1192-93] “Bach Jeffero. Rechter Hand des [Czirnizer] Sees, wenn man von Planina kommt, beym Dorfe Jeffer (welches Wort im Sclavonischen überhaupt einen Fluß bedeutet) ist der See am tiefsten, und den noch läuft er allhier am baldesten ab, den Bach ausgenommen, welcher aus acht kleinen Wassern, die in den See fließen, entsteht, seinen Hauptursprung aber aus einem Felsen an dem ostlichen Theile des Sees hat. Sein Namen ist auch Jeffero, und verliehrt er sich, nach dem er die Länge des Sees durchstrichen, durch zween Ausgänge, welche horizontal mit dem See in die Felsen gehen. Der kleinere heißt Mala Karlouza und der größere Velka Karlouza. Dieser letztere Abfluß oder Arm des Baches kömmt nicht weit von dem Orte, wo er sich verlohren, auf der Seite gegen St. Cantianus wieder zum Vorscheine, und nach einer [1193] Entfernung von einer halben Vierthelmeile verschlupft er sich abermals in einen Felsen oder Berg bey St. Cantianus. In diesem läuft er einen guten Musketenschuß weit zwischen lauter Felsen und Grotten, bis er auf der andern Seite des Berges wieder heraus ans Tageslicht bricht, jedoch nur um eines starken Musketenschusses weit sich wieder sehen zu lassen, weil er bald aufs neue in eine hohe und weitläuftige Grotte fällt. Bis hieher kann man ihm in Kähnen folgen, weiter aber nicht, weil er sich in engere Gänge ergießt. Besagter Bach hilft eigentlich nichts zum Ab- oder Anlaufe des Sees, weil er seine gewöhnliche Menge und Maaße Wassers stets behält. Unter dem Berge, woraus er in den Cirknizersee fließt, muß ein reiches Behältniß von Fischen seyn, weil sie häufig und von ansehnlicher Größe mit herauskommen. Es ist aber verbothen, in diesem Bache zu fischen. Die Gruben Narte und Piauze verseigen oder vertrocknen niemals, sondern bleiben eine Art von Pfützen, in welchen man wegen der Brut, die sich meistens darinnen befindet, gleichfalls nicht fischen darf.”


[Vol. 2 (96th letter), pp. 1457-58] “Was in London mit einem Löwen pssiret ist. Man hat sonst bey verschiedenen Gelegenheiten wahrgenommen, daß die wildesten Thiere öfters Liebkosungen gegen das weibliche Geschlecht gebrauchen, welche vielleicht gar weit gehen würden, wann man ihnen ihren Willen lassen wollte. Unter der Regierung des König Karls des zweyten trug es sich zu, daß in dem Towr zu London ein Löwe aus seinem Behäuse entkommen zu der Zeit, da eine Weibsperson den Platz des Löwengarten rein machte. Dieses wilde Thier lief zwar nach ihr und ereilete sie, fügte ihr aber kein Leid zu, sondern suchte vielmehr ihr seine Freundschaft zu erkennen zu geben, wobey er sie stets mit der einen Tatze umfasset hiele. Es verstrichen viele Stunden, da man kein Mittel, dieser unglücklichen Gefangenen zu helfen, auszufinden vermochte. Beym Schießen war zu befürchten, daß man die Weibsperson zugleich mit treffen möchte, oder daß der Löwe, wann er nicht alsbald todt darnieder fiele, vorher gegen seine Gefangene Wuth und Rache ausüben möchte. Wollte man ihm mit Gift vom Leben helfen, so war gleichfalls zu bedenken, daß die Schmerzen, welche er vor seinem Tode davon empfinden müßte, ihn zur Furie bewegen würden. Währenden solches zweifelhaften Rathschlagens schien der Löwe schläfrig zu werden, daher man für rathsam fand, dem Mägdchen etliche Stricke hinunter zu werfen, damit sie solche um ihren Leib befestigen und die oben stehenden Leute sie dadurch aus ihrer Gefahr erlösen könnten. Als man bald darauf den Löwen mit Schlaf überfallen zu seyn glaubte, oder er vielleicht auch wirklich im Schlafe war, zog man auf einmal und mit Gewalt vermittlest der Stricke die Gefangene in die Höhe, worüber aber auch der Löwe aufsprang, und sie in Stücke zerriß. Nachdem das Unglück geschehen, fügte es sich, daß ein Medicus vorbey gieng und fragte: [1458] warum man dem Löwen nicht Opium vorgeworfen oder in seiner Speise beygebracht habe? Der Rath wäre vielleicht gut gewesen, für dieses mal kam er zu spät.”

Klein, Jacob Theodor [top]

Klein (1756): “Natürliche Historie des Caffeebaums” [biblio]


[P. 425] “Jedennoch ist der Caffebaum, Cafier, einer der ansehnlichsten unter den schönsten Bäumen, und gehöret, der schneeweißen und wohlriechenden Blüte, auch der Frucht wegen, zum Jasmingeschlecht; niemand darf mehr daran zweifeln, nachdem durch die Fürsorge des vortrefflichen Herren Witsen, Bürgermeisters zu Amsterdam und obersten Bewindhabern der ostindischen Compagnie, der ehemals in Batavien regierende Herr van Hoorn nicht allein auf Java, sondern nachgehends auf Ceylan die reichsten Plantagen angeleget, und von denen ersten erzielten Bäumen zweene an gelobten Herrn Bürgermeister Witsen übersendet hat, deren einer glücklich angekommen, und im amsterdammer botanischen Garten zum Stammbaume aller europäischen Caffebäume geworden; [...].”

Köhler, J. C. [top]

Köhler (1762): “Kurze Beschreibung der von der Großbritannischen Seemacht in America ohnlängst eroberten Inseln Grenada, St. Vincent und St. Lucia.” [biblio]


[Cols. 825, 848] “Ihre ältesten einwohner waren die Caraiben, ein americanisches Volk vom festen Lande, dessen seltsamer Character am Ende dieser Abhandlung, wenn ich von allen dreyen Inseln werde geredet haben, meinen Lesern ein Vergnügenmachen soll. […] Ihre Gemüthsbeschaffenheit ist nachdenkenden, tiefsinnig und traurig. Sie zwingen sich aber gar gerne munter zu seyn. Sie sind stolz, und wollen weder Wilde noch Cannibalen oder Meuschenfresser heissen, ob sie gleich von der alten Gewohnheit nicht abgehen, ihre gefangenen Feinde auf das grausamste mit langwierigen Martern zu schlachten, und bis auf den letzten Knochen zu verzehren. Sonst sind sie sanftmüthig, wohlthätig und im höchtsten Grade gastfrey. Sie lachen über den Geitz der Europäer, […].

Korte, Jonas [top]

Korte (1743): Reise nach dem weiland Gelobten. [biblio]


[P. 371] “Naturalien auf dem Berge Carmel. Von dieser Quelle stiegen wir aus dem Thal den Berg hinauf, davon erzehlte der Pater, daß auf diesem Berge zu Eliä Zeiten ein Garten gewesen, da der Prophet einst den Gärtner um einige Früchte von Melonen angesprochen, dieser aber habe gesagt, er habe nichts als Steine in seinem Garten, worauf Elias gesagt: Sinds Steine, so sollen es auch Steine bleiben, wie Du gesagt hast. Und darauf wären alle Früchte von Melonen, Pfersichen u.s.f. zu Steinen worden. Nun ist es wahr, es finden sich Steine in der Grösse einer Melone, von aussen sind sie weiß, einige aber bräulincht, sie lassen sich zerschlagen, und springen als ein Feuerstein, und in der Mitte ist eine Holung, die ein Ansehen eiines Ertzes hat, welches denn der Kern und das Inwendige der Melone seyn soll.”

Krüger, Johann Gottlob [top]

Krüger (1746): Gedancken vom Caffee, Thee, Toback und Schnupftoback. [biblio]


[P. 7] “§6. Wir haben es dem Amsterdamischen Burgermeister Witsen zu verdancken, daß wir gegenwärtig so wohl in Indien als Europa Caffee-Bäume haben, denn dieser hat frische Früchte von Caffee-Bäumen aus Arabien nach Indien und hernach auch in den botanischen Garten zu Amsterdam bringen, und fortpflanzen lassen, die man nunmehro an vielen Orten in Europa antrift.

§7. Gegenwärtig haben wir drey Arten von Caffee in Europa. Wir bekommen Caffee-Bohnen aus Arabien, welches ihr rechtes Vaterland ist, und dieses werden Lavantische Caffee-Bohnen genennt.”

Krüger (1752): “Schreiben an den Herrn Professor Kästnern, von unverweslichen Körpern.” [biblio]


[Pp. 587, 590] “Die Unverweslichkeit der Körper in dem bremischen Gewölbe schreibt man den Ausdünstungen des Bleyes zu, welches ehemals darinnen geschmolzen worden: hier ist dergleichen, so viel man weiß, nie geschehen. Ja es werden nicht selten die Körper auf dem Kirchhofe unverweset aus der Erde gegraben. Macht also diese Erde die Körper unverweslich? […] [588-590] […] Das so genannte Bleygewölbe in Bremen soll verschiedene an sich unverwesliche Körper aufbehalten, wie auch unweit Hemlstädt zu großen Barensleben in einem adelichen Gewölbe ein Herr von Weltheim von langen Jahren, ja von Saeculis her unvermodert angegeben wird, ob wohl bey diesen ihr Todtenberäthe in die Verwesung gegangen.”


[Pp. 589-90] “Es sind diese Cryptae Kyonienses die unterirdischen Gänge und Gewölber zu Kyow in Reußen am Dnieper, oder vormaligen Borysthene gelegen. Sie sollen nach dem Πατριχω oder der Lebensbeschreibung derer in solchen Höhlen ruhenden heiligen Väter schon im 1000 Jahre nach Christi Geburt zu graben angefangen, und nachher immer erweitert seyn. Siehe die 14. u. f. S. im angeführten Buche [by Pastor Schumann of Warberg]. Die Urheber derselben werden von der 24. Seite an erzählet, welche dem ersten Anfange nach ungewiß, und deren Gebrauch erstlich zur Verbergung vor den Verfolgungen der Heiden angegeben, und hernach zu besondern Gottesdiensten gewiedmet, und dabey die Namen Hilariens, Antonii, und Theodosi, als Erweiterer solcher unterirdischen Gänge benennet werden. Nach Beschreibung der Beschaffenheit des Erdreichs, worinn solche gegraben worden, und nach Erzählung der Lage und Anlage derselben und dergleichen mehr, werden von der 76. Seite an zwey Gewölbe, oder sehr lange unterirdische gewölbte Gänge und Capellen angegeben, davon das eine dem Antonio, das andere dem Theodoso als Urhebern oder heiligen Beschützern zugeschrieben wird, worinn nach der 80. u. f. Seite viele, theils ganz unverwesliche Körper, theils deren Gerippe und [590] Hirnschale, woraus ein gewisses heiliges Oel quellen soll, doch auch viele ganz verweste Körper befindlich seyn sollen. Man trifft von pag. 90. die Untersuchung der Frage an von den Ursachen ihrer Unverweslichkeit sowohl, als der Ausquellung eines Oels aus ihren Knochen und Hirnschädeln. Der Aberglaube der griechischen Religionsverwandten eignet solche dem Verdienste der daselbst ruhenden Heiligen zu, welche sie doch größtentheils nicht kennen, und von deren Heiligkeit nicht versichert sind. Nach vielen Einwürfen wird solche Unverweslichkeit natürlichen Ursachen, wie billig, als der etwa geschehenen Balsamirung, der Luft und Beschaffenheit des Erdreichs, und dessen Ausdünstungen, und so ferner, zugeschrieben.”

Labat, Jean-Baptiste [top]

See: AHR, vols. 3, 17.

LaCondamine, Charles-Marie de [top]

LaCondamine (1750): “Nachricht von einer Reise in das Innerste von Südamerica.” [biblio]


[P. 32] “Unterhalb Borja, und 4 bis 500 Meilen weiter hinab am Strome, ist ein Stein, ein schlechter [= schlichter, einfacher] Kiesel, so rar als ein Demant. Die Wilden in diesen Gegenden wissen nicht, was ein Stein ist, und haben gar keinen Begriff davon. Man sieht mit Vergnügen, wenn einige nach Borja kommen, und zum erstenmale einen Stein sehen, wie sie durch allerley Zeichen ihre Verwunderung zu erkennen geben, und mit welcher Begierde sie solche aufheben, nicht anders als ob es eine Kostbarkeit wäre, wie sie aber bald hernach dieselben mit Verachtung wiederum von sich werfen, wenn sie sehen, daß sie so gemein sind.”


[Pp. 34-35] “Die Haupteigenschaft ihrer Gemüthsart ist die Unempfindlichkeit. Ich überlasse es andern, zu beurtheilen, ob man dieselbe mit dem Namen Mangel an Leidenschaften beehren, oder mit dem Worte Dummheit beschimpfen soll. Ohne Zweifel rühret sie von den wenigen Begriffen her, deren Anzahl sich nicht viel weiter erstrecket, als die Nothdurft des Lebens erfodert. Sie sind im höchsten Grade gefräßig, wenn sie Ueberfluß haben; mäßig, wenn sie die Noth darzu treibet, und zwar dergestalt mäßig, daß sie alles missen können, ohne das mindeste, wie es scheint, zu verlangen; im höchsten Grade kleinmüthig und verzagt, ausgenommen, wenn sie betrunken sind; Feinde von aller Arbeit, und zur Ehrbegierde und Dankbarkeit unempfindlich; bloß auf dasjenige bedacht, was gegenwärtig ist, so daß sie von keinen andern Bewegungsgründen etwas wissen; ohne allen Kummer wegen des Zukünftigen; zur Vorsichtigkeit und zum Nachsinnen ganz unfähig; sie überlassen sich, wenn sie nichts daran hindert, einer kindischen Freude, welche sie durch Springen und unmäßiges [35] Lachen, ohne Ursachen und Absichten, zu erkennen geben: und solchergestalt bringen sie ihr Leben hin ohne zu denken, und werden als Kinder alt, weil sie die Mangel der Kindheit niemals ablegen.” [→SnmR, vol. 2 (1751)]


[Pp. 46-47] “Die Omaguas bedienen sich zwoer Gattungen von Pflanzen sehr stark. Eine von diesen Pflanzen [47] nennen die Spanier Floripendo, deren Blume die Gestalt einer umgekehrten Glocke hat, und von dieser hat der Pater Feuillee eine Beschreibung gegeben. Die andere wird in der Sprache der Omaguas Curupa genennt, und von dieser habe ich den Saamen mitgebracht. Beyde haben eine Kraft abzuführen. Diese Völker machen sich durch diese Kräuter eine Trunkenheit, die 24 Stunden dauert, in welcher Zeit ihre Einbildungskraft sehr wunderliche Vorstellungen hat. Sie machen auch ein Pulver aus dem Curupa, und bedienen sich dessen als eines Schnupftabacks, doch mit mehrern Umständen als wir. Sie nehmen ein Schilfrohr, das als eine Gabel, oder in der Figur eines Y, gewachsen ist, und stecken beyde Enden in die Nasenlöcher; alsdenn blasen sie sehr stark, und gebährden sich dabey so, daß ein Europäer, der alles nach seinen Gebräuchen beurtheilet, sich des Lachens nicht enthalten kann.”


[P. 234] “In dem Umfange dieser großen Insel, welche der Marannon, der Orinoque und der Rio negro machen, in diesem neuen Mesopotamien, hat man lange Zeit den angeblichen Goldsee Parima und die in der Einbildung bestehende Stadt Manoa del Dorado gesucht. Diese Untersuchung hat einer großen Menge Menschen das Leben gekostet, und unter andern dem berühmten Seefahrer Walther Raleigh, einem der größten Geister in England, dessen traurige Geschichte zur Genüge bekannt ist.”


LaCondamine (1756): “Abhandlung von der Einpfropfung der Pocken.” [biblio]


[P. 16] “Das Einpfropfen der Pocken durch einen kleinen Schnitt, oder Stich, ist vor undenklichen Zeiten in Circaßien, Georgien, und in den Ländern am caspischen Meere ausgeübet worden. In Europa ist es unbekannt, und doch indessen im Brauche gewesen, ja so gar sehr nahe bey uns, in der Provinz Wallis in England.”


[Pp. 22-23] “Inzwischen gab man vor, es wäre von neun und vierzigen immer einer gestorben; und da dieses Unglück etliche vornehme Personen betroffen hatte: so er- [23] hielt dadurch das Geschrey derer, die dawider eingenommen waren, einigen Nachdruck. Die Obrigkeit legete sich darein, die Partheylichkeit mischete sich in die Sache: die Operation wurde nicht mehr zugelassen, als nur mit solchen Einschränkungen, welche einem Verbothe ähnlich waren.”


[Pp. 26-27] “Bald darauf kam von dem berühmten Herrn Hecquet [sc. Philippe Hecquet (1661-1737)], einem geschworenen Feinde aller Neuigkeiten in der Arzneygelahrtheit, doch ohne seinen Namen, eine Dissertation heraus, worinne keine Mäßigung ist, als nur der Titel: Raison de doute contre l’inoculation. Man weiß, wie weit dieser sonst zu verehrende Mann seine Hartnäckigkeit trieb, wenn er einmal wider etwas eingenommen [27] war. […] Seine Beschwerden wider die neue Methode, ins Kurze gebracht, sind: Ihr Alter ist nicht recht erwiesen: die Operation ist in der That falsch, sie ist ungerecht, ohne Kunst und alle Regeln: sie führet die Materie der Pocken nicht ab: sie hat ein doppeltes Kennzeichen der Verdammung: sie streitet wider die Absichten des Schöpfers: sie behütet nicht vor den natürlichen Pocken: sie ist den Gesetzen zuwider: sie ist vielmehr einer Zauberey, als irgends einer Sache in der Arzneygelahrtheit ähnlich.”


[Pp. 32-33] “Wenn man alle bisher angeführte Nachrichten zusammen nimmt, so findet man, daß unter sechs tausend drey hundert und neunzigen, denen in England die Pocken eingepfropfet worden sind, nur auf ihrer siebenzehn einiger Verdacht fällt, daß sie an den gemachten Pocken gestorben sind. Das ist einer gegen drey hundert sechs und siebenzig. […] [33] […] Der Doctor Kirkpatrik hat unlängst (1754) in London eine neue Analysin, oder vollständige Abhandlung, von dem Einpfropfen der Pocken herausgegeben, die Se. Maj. dem Könige von Großbritannien dediciret ist, und darin er alles, was in England für und wider diese Sache ist geschrieben worden, durchgeht, seine Gedanken darüber saget, und alle Einwürfe beantwortet. Ich habe bereits manche von seinen Anmerkungen angeführet.”


[P. 34] “Die künstlichen Pocken sind vermuthlich in Sina älter, als sonst wo. [Anmerkung des Uebersetzers:] Auch in Deutschland hat man 1755 angefangen, diese Methode einzuführen. Denn es ist aus öffentlichen Zeitungen bekannt, daß in Bremen, und da herum, zuerst die Pocken, mit Genehmhaltung der Obrigkeit, vielen Kindern mit allem Glücke sind eingepfropfet worden.”


[P. 41] “Seit dreißig Jahren, da man ein wachsames Auge auf die Folgen der Einpfopfung gehabt, und die Wahrheit der angefochtenen Wahrnehmungen geprüfet hat, ist kein ausgemachtes Beyspiel zu finden gewesen, daß eine Person, der die Pocken durch Einpropfung gemacht worden, solche noch einmal bekommen habe.”


[P. 71] “War es das Wohl der Menschheit, welches die Einpfropfung der Pocken in Circassien und Georgien eingeführet hat? Wir erröthen für diesen Leuten, weil sie wie wir Menschen sind, wenn wir an den elenden Bewegungsgrund denken, der sie zur Erfindung dieser heilsamen Operation gebracht hat. Sie sind solche einer schändlichen Gewinnsucht schuldig, dem Verlangen, die Schönheit ihrer Töchter zu erhalten, um dieselben theurer zu verkaufen, und in Persien und der Türkey anzubringen.”


LaCondamine (1758): “Bemerkungen von der Geschwindigkeit der Pferde, by dem römischen Pferderennen.” [biblio]


[Pp. 442-43] “Geschwindigkeit beträgt mehr als 54 Fuß in einer Secunde, und verhält sich zur Geschwindigkeit der barbarischen Pferde zu Rom wie 3:2. Auch muß man bemerken, daß diese letztern nur eine Meile, die englischen aber vier Meilen nach einander laufen, und noch einen Reuter tragen. […] Man versichert, ein berühmtes englisches Rennpferd, Namens Sterling, habe verschiedene male die Meile in einer Minute zurück geleget, welches 82½ Fuß jede Secunde betrüge; hätte es aber auch diese Geschwindigkeit nicht eine ganze Minute lang behalten: so ist es doch genug, wenn es sie nur einige Secunden lang gehabt hat, um ohne poetische Vergrößerung sagen zu können, ein solches Pferd laufe schneller, als der Wind, weil der heftigste Wind selten so weit in gleicher Zeit kömmt. Ein Wind, dessen Geschwindigkeit in einer Secunde 85 Fuß betrüge, würde ein Schiff, das nur den dritten Theil dieser Geschwindigkeit annähme, in einer Stunde sechs Seemeilen forttreiben, und das ist die größte Geschwindigkeit, die man auf dem Meere kennt.”

Lafitau, Joseph-François [top]

See: AHR, vol. 17.

La Mothe [top]

La Mothe (1757): “Versuch einer Erklärung der Ursache der Farbe, bey den Schwarzen überhaupt, und bey den weißen oder buntfleckigen Negern insonderheit.” [biblio]


[Pp. 376-79] “Erster Abschnitt. Alterthum der Negern auf dem Erdboden. Der erste Mensch war weiß. Die schwarzen Menschen sind vielleicht seit eben so langer Zeit auf dem Erdboden, als die Weißen. Da vom ersten Menschen [377] an fast sechs tausend Jahre verflossen sind, so wissen wir nicht, ob er vielmehr weiß, oder schwarz, gewesen. Die heilige Geschichte giebt uns hierinn ganz und gar keinen Aufschluß. Wir haben aber Ursache zu glauben, daß er weiß gewesen. Unsere Gründe sind folgende. Erstlich trifft man Negern fast nirgends als in denen zwischen beyden Sonnenwendern (Tropici) gelegenen Ländern an, da Adam hingegen vier hundert Meilen weiter nach Norden hin, vom Sonnenwendekreise des Krebses (Tropicus cancri) entfernt, erschaffen worden, und gelebt hat. Zum andern, wird man sehr selten, oder vielmehr fast niemals, bemerken, daß die Negern, wann sie in eine andere Landesgegend gekommen, eine hellere Farbe annehmen: da doch die weißen Menschen, je näher sie dem heißen Erdstriche (Zona torrida) kommen, eine mehr dunkle and braune Farbe bekommen. Bloß nach dieser Bemerkung könnte man bereits mit Gewißheit behaupten, daß die Weißen nicht von [378] den Schwarzen entsprungen; sondern, daß die Schwarzen von den Weiß haben entstehen, und in denen auf einander folgenden Jahrhunderten diejenige dunkle Farbe annehmen müssen, die sie von uns unterscheidet. Zum dritten, ist die Anzahl der Schwarzen weit geringer, als der Weißen. Die Länder, darinn die Schwarzen wohne, sind uns fast alle bekannt: sie enthalten ohngefahr zwo Millionen Quadratmeilen; diejenigen hingegen, die von Weißen bewohnt werden, mehr als acht Millionen. Und da die erstern voller großen Wüste- [379] neyen, und völlig unfruchtbarer Felder sind, so kann man behaupten, daß sich die Zahl der Negern zu den Weißen, aufs höchste, wie 1 zu 12, verhalte.”

Le Gentil de la Barbinais [top]

See: AHR, vol. 12.

Leibniz, Gottfried Wilhelm [top]

Leibniz (1695): “Systeme nouveau de la nature.” [biblio]


[Pp. 197-98] “Mais il restoit encore la plus grande question, de ce que ces ames ou ces formes deviennent par la mort de l’animal, ou par la destruction de l’individu de la substance organisée. Et c’est ce qui embarasse le plus; d’autant qu’il paroit peu raisonnable que les ames restent inutilement dans un caos de matiere confuse. Cela m’a fait juger enfin qu’il n’y avoit qu’un seul parti raisonnable à prendre; & c’est celui de la conservation non seulement de l’ame, mais encore de l’animal mesme, & de sa machine organique; quoi que la destruction des parties grossiers l’ait réduit à une petitesse qui n’échape pas moins à nos sens que celle où il estoit avant que de [298] naitre. Aussi n’y a-t-il persone qui puisse bien marquer le veritable temps de la mort, laquelle peut passer long-temps pour une simple suspension des actions notables, & dans le fonds n’est jamais autre chose dans les simples animaux: témoin les Ressuscitations des mouches noyées & puis ensevelies sous de la craye pulverisée, & plusieurs exemples semblables qui font assez connoitre qu’il y auroit bien d’autres ressuscitations, & de bien plus loin, si les hommes estoient en estat de remetre la machine.”


[Ariew/Garber, 140-41] “But the greatest question still remained: what becomes of these souls or forms at the death of the animal or at the destruction of the individual organized substance? This question is most perplexing, since it hardly seems reasonable that souls should remain uselessly in a chaos of confused matter. This made me judge that there is only one reasonable view to take – namely, the conservation not only of the soul, but also of the animal itself and its organic machine, even though the destruction of its larger parts reduces it to a smallness which escapes our senses, just as it was before its birth. Moreoever, no one can specify the true time of death, which for a long time may pass for a simple suspenstion of noticeable actions, and is basically never anything else in simple animals – witness the resuscitations of drowned flies buried under pulverized chalk, and several other similar examples which are sufficient to show that there would be many other resuscitations, and greater ones, if men were in a position to restore the machine.”


Leibniz (1740): Des Freyherrn von Leibnitz kleinere Philosophische Schriften. [biblio]


[Monadology: p. 1] “§1. Die Monaden, wovon wir hier reden werden, sind nichts anders als einfache Substanzen, woraus die zusammengesezten Dinge bestehen. Unter dem Wort, einfach, begreifet man dasjenige, welches keine Theile hat.”


[Monadology: p. 6] “§9. Es muß aber auch ein Unterscheid seyn, dadurch eine jedwede Monade von einer andern sich absondern ließ. Denn es giebt niemahls in der Natur zwey Dinge, deren eines vollkommen so beschaffen wär, wie das andere; und wobey es nicht möglich seyn solte, einen innerlichen Unterscheid, oder einen solchen, welcher sich auf einen innerlichen Vorzug oder auf eine innerliche Herrschaft gründete, ausfündig zu machen.”


[Monadology: pp. 9-10] “§17. Man verlangt auser dem keinesweges zu läugnen, daß die Perception und was von ihr abhänget, auf mechanische Weise, das ist, durch die Figuren und durch die Bewegungen, nicht könne erkläret werden. Setzet den Fall, es wär eine Machine zu finden, aus deren Struktur gewisse Gedanken, Empfindungen, Perceptionen erwüchsen; so wird man eben diese denkende Machine sich gleichwolen vorstellen können, als wäre sie auf eben die Art und nach einerley, darinnen beobachteter Gleichheit in das Grose gebracht worden; dergestalt, daß man nun in dieselbe, wie in eine Mühle, zu gehen vermögend wäre. Gesezt nun, daß dem also seyn möchte, so wird man bey ihrer innerlichen Besichtigung nichts als gewisse Stücke, deren eines an das andere stöset; niemahls aber etwas antreffen, woraus man eine Em- [10] pfindung erklären könte. Dannenhero muß man die Perception in der einfachen Substanz, und keinesweges in dem Zusammengesezten oder in der machine suchen. Man wird auch in den einfachen Substanzen nichts als dieses, nemlich die Empfindungen und ihre Veränderungen antreffen. Und hierinnen alleine müssen überhaupt die innerlichen Actionen der Monaden bestehen.”


[Monadology: pp. 24-25] “§57. Daß er nun alle erschaffene Dinge nach einem iedweden, und ein iedwedes nach allen andern eingerichtet und verfasset hat; solches verursachet, daß einer ieden einfachen Substanz gewisse Verhältnisse zukommen, durch welche alle die anderen Substanzen ausgedrucket und abgebildetn werden: und daß sie [25] folglich ein beständiger lebendiger Spiegel des ganzen grosen Weltbegäudes sey.”


[Fourth Letter to Clarke: p. 153] “4. Es sind nicht zwey individua welche nicht solten können von einander unterschieden werden. Einer von Adel, der von einem schönen Verstande und mein guter Freund war, unterredete sich einsmahlen mit mir in Gegenwart Ihro Königlichen Hoheit der Prinzessin Sophia, in dem Garten zu Herrenhausen, über dieser Materie; und glaubte, daß er gar wohl zwey Blätter finden wolte, die einander durchgehends gleich wären. Ihro Hoheit, die Prinzessin veranlassete ihn dergleichen zu suchen: er ging aber lange Zeit dieserwegen vergebens im Garten herum. Wenn man zween Trophfen Wasser oder Milch durch das Vergröserungsglas betrachtet; so wird man unter ihnen einen Unterschied antreffen. Dieses ist ein Beweisthum wider die Atomos; welche nicht weniger als der leere Raum durch die Hauptgründe der wahren Metaphysik sind bestritten worden.”


Leibniz (1749): Protogaea [biblio]


[Pp. 70-71] “§18. Figuren von allerhand Fischen auf dem Schifer. Woher sie kommen. Alles dieses wird deutlicher werden, durch eine Untersuchung, eines denkwürdigen Werks der Natur, da man auf dem Schifer erzene Figuren der Fische antrift. Nämlich in Eisleben, einer sächischen Stadt im mannsfeldischen nahe bey Osterode wird ein schwarzer blätterichter Stein gegraben, den man billig (wiewohl in andern als gemeine Verstande) Schiftum nehnet; andere geben ihm den halb lateinischen Namen Ardesia. In demselbe sieht man häufige Figuren der Fische, genau und niedlich gezeichnet, als hätte der Künstler in den schwarzen Stein eine spaltige erzene Materie gegraben. […] [71] […] Ich habe selbst einen eingegrabenen Aesch, einen Pertschen, und einen Weisfisch in Händen gehabt. Kurz vorher wurde ein grosser Hecht, mit gekrümmten Leib, und offenen Maul ausgegraben, als wenn er so gefangen, und durch gorgonische Gewalt erstarrt wäre. Man hat auch allerhand Meer-Fische angetroffen, als Rochen, Heringe, Lampreten, und diese letzte bisweilen mit getheilten Heringen. […] Denn man erkennt so gleich die Art des Fisches auf den ersten Anblick; das Thier weicht nie von der Symmetrie ab, und hat allemal seine Größe.”


[Pp. 123] “§47. Auch im Lüneburgischen und anderwärts liegen unter dem Thon ganze abgebrochne Bäume. Es ist merkwürdig, daß die meisten auf einerley Art liegen, so daß die Wurzel zwischen Mitternacht und Abend, die Gipfel zwischen Morgen und Mittag sind. Eben dieses hat Boot, von seinem Vaterlande Brug bemerket, wo in einigen Gegenden zehn bis zwanzig Ellen tief ganze Wälder mit Erde verschüttet gefunden worden. Man erkennt ganz deutlich die Arten der Bäume, und kann an der Reihe der Blätter die Jahre erkennen, die Stämme und Blätter braucht man statt der Kohlen. Die Gipfel der Bäume sehen gegen Morgen. Ein gleiches sagt man von Gröningen und Friesland.”

Leipziger Magazin [top]

LMag (1753-1767): Allgemeines Magazin der Natur, Kunst und Wissenschaften. 12 vols. Leipzig: Gleditsch. [biblio]


Vol. 1 (1753)
Johann Jakob Scheuchzer, “Abhandlung von dem Heimwehe.”
See: Scheuchzer.


Vol. 4 (1754)
Johann Gustav Wahlbom, “Von den Hochzeiten der Pflanzen.”
See: Wahlbom.


Vol. 7 (1756)
Carl Linné, “Rede von der bewohnbaren Erde.”
See: Linné.


Vol. 8 (1756)
Wilhelm Henry, “Schreiben an den Lord Cadogan, über die Kupferquellen in der Gegend von Wicklow in Irrland.”
See: Henry.


Vol. 8 (1756)
Johann Bond, “Schreiben an Peter Thompson […] welches verschiedene Versuche und Bemerkungen über die Kupferquellen zu Wicklow in Irrland enthält.”
See: Bond.


Vol. 9 (1757)
Edmond Halley, “Von dem Kreislaufe der wässerichten Dünste und dem Ursprunge der Quellen.”
See: Halley.

Lémery, Nicholas [top]

Lémery, Nicholas (1748): “Physische und chymische Erklärung der unterirdischen Feuer, der Erdbeben, Stürme, des Blitzes und Donners” (1700). [biblio]


[P. 418] “Man nimmt Eisenfeile und zu Pulver geriebenen Schwefel, zu gleichen Theilen, mischet es unter einander und macht mit Wasser einen Teig daraus; darauf lässet man es 2 bis 3 Stunden in der Digestion, doch ohne Feuer, stehen. Es entstehet darinn eine Gehrung und ein Aufblehen mit großer Wärme. Diese Gehrung macht, daß der Teig an vielen Orten aufspaltet: und zu den Ritzen gehen Dünste hinaus, die bloß heiß sind, wenn die Materie nur in mittelmäßiger Menge da ist; sie entzünden sich aber, wenn die Materie, daraus sie getrieben werden, eine große Masse, etwan von dreyßig oder vierzig Pfunden ist.”

Linné, Carl [top]

Linné (1749): “Anmerkung über die Thiere, von denen in Norwegen gesaget wird, daß sie aus den Wolken kommen.” [biblio]


[Pp. 77-78] “Das allermerkwürdigste bey diesen Thieren ist ihre Flucht; denn zu gewissen Zeiten, und öfters zwischen zehn und zwanzig Jahren, fliehen sie schaarweise in solcher Menge fort, daß man sich darüber erstaunen muß; da sie denn eine nach den andern truppweise bey tausenden so mannigfaltig ziehen, daß ihr Pfad ein paar Finger tief, ein oder zwey Viertel breit, auch zu beyden Seiten, auf etliche Ellen von einander, andere dergleichen Pfade sind, die alle schnurgerade vor sich hingehen. Unter Weges fressen sie das Gras [78] und die Wurzeln auf, die hervorragen; und wie mir gesagt worden, werfen sie öfters unter Weges, und tragen ein junges im Maule, und das andere auf dem Rücken. Ihr Weg gehet von den Gebirgen: wo sie aber entstehen, weiß ich nicht; doch gehen sie bey uns nach der See (Sinum Bothnicum) hinunter, wiewol die selten so weit kommen, sondern zerstreuet werden, und größtentheils unter Weges vergehen und sterben.”


Linné (1756): “Rede von der bewohnbaren Erde.” [biblio]


[Pp. 40-41, 48-49] “Mit einem Worte, ich glaube nicht sehr zu irren, wenn ich sage, daß alles trockene Land in der Kindheit der Welt unter Wasser gestanden habe, und von dem ungeheuren Ocean bedeckt worden sey, außer einer einzigen Insel in dieser unermeßlichen Fluth, auf welcher alle Thiere bequem gewohnt haben, und alle Pflanzen lustig gewachsen sind.

Denn daß von jedem Geschlechte nur ein einziger Mensch geschaffen worden sey, hat uns sowohl die heil. Schrift, als die gesunde Vernunft schon vorher gelehrt.

Aus des Moses Geschichte sehen wir zugleich, daß dem Adam das Paradies angewiesen worden ist, damit er daselbst wohnen sollte, und damit ihm daselbst die Thiere sowohl zum Nutzen, als zum Verngügen dienen möchten.

Sind nun all Thiere in dem Paradiese gewesen; welches schon daraus erhellet, daß ihnen Adam Namen gegeben hat: so haben sich gewiß auch alle Insekten in dem Paradiese aufgehalten. Heiraus aber folgt, daß auch allen Arten von Pflanzen in diesem höchst angenehmen Garten ein Platz angewiesen worden sey. Denn fast jedes Land nährt ein besonderes Insekt, und die meisten Insekte fressen nur von gewissen Pflanzen. […][41][…]

Wäre von Erschaffung der Welt an das trockene Land so groß gewesen, und hätte der Erdtheil unserer Kugel einen so großen Umfang gehabt, wie heute zu Tage: so würde Adam schwerlich, ja vielmehr unmöglich, alle Thiere haben finden können; denn diese würden sich aus einem ihnen natürlichen Triebe so gleich hin und her zerstreuet habe. […] [42-48] […]

Nunmehro muß ich noch zeigen, auf was für Art in einem kleinen stücke Land alle Pflanzen einen ihnen gemäßen Boden, und alle Thiere eine solche Gegend, wie sie verlangen, haben finden können.

[49] Wenn man sich vorstellt, daß das Paradies unter dem Aequator gelegen habe: so kann man sich zugleich vorstellen, wie dieses habe geschehen können. Man darf nur annehemen, daß ein hoher Berg seine lustigen Gefilde gezieret habe.

Denn je höher ein Berg seine Spitze in die mittlere Gegend der Luft erhebt, desto größerer Kälte ist er ausgesetzt.

Der Berg Ararat in Armenien behält auf seiner Spitze eben sowohl ewigen Schnee auf, als unter dem Nordpole die lappländischen Berge. […]”

Locke, John [top]

Locke (1733). Gründlicher Beweiss dass die Christliche Religion, so wie Sie uns in der Heil Schrift vorgestellet wird, hochst billig Vernünftig und Raisonable. [biblio]


[P. ??] [German text]


“This concealment of himself will seem strange, in one who was come to bring Light into the World, and was to suffer Death for the Testimony of the Truth. This reservedness will be thought to look, as if he had a mind to conceal himself, and not to be known to the world for the Messiah, nor to be believed on as such. But we shall be of another mind, and conclude this proceeding of his according to Divine Wisdom, and suited to a fuller Manifestation and Evidence of his being the Messiah; When we consider, that he was to fill out the time foretold of his Ministry; And after a Life illustrious in Miracles and Good Works, attended with Humility, Meekness, Patience, and Sufferings, and every way conformable to the Prophecies of him, should be lead as a sheep to the slaughter, and with all quiet and submission be [62] brought to the Cross, though there were no guilt, nor fault found in him. This could not have been, if as soon as he appeared in public, and began to Preach, he had presently professed himself to have been the Messiah; the King that owned that Kingdom he published to be at hand. For the Sanhedrim would then have laid hold on it, to have got him into their Power, and thereby have taken away his Life; at least they would have disturbed his Ministry, and hindered the Work he was about.” (1695, 61-62)


Locke (1757). Versuch vom menschlichen Verstande. [biblio]


[Buch 2, Hauptstuck 17, §4, pp. 207-8] “[…] denke ich, sagen zu können, daß wir geneigt sind zu glauben, daß der Raum an sich wirklich unendlich sey; auf welche Meynung uns der Begriff selber von dem Raume, oder der Ausbreitung natürlicherweise führet. Denn wir mogen den Raum entweder als die Ausdehnung des Körpers, oder als ein für sich bestehendes Ding, ohne eine dichte Materie, die ihn einnimmt, betrachten (denn von einem solchen leeren Raume haben wir nicht nur einen Begriff, sondern ich denke auch, aus der Bewegung der Körper das nothwendige Daseyn desselben dargethan zu haben): so ist es nicht möglich, daß die Seele iemals ein Ende davon sollte finden, oder voraus setzen, oder irgendwo bey ihrem Fortgehen in diesem Raume aufgehalten werden können, so weit sie auch ihre Gedanken erstrecket. Weit gefehlet, daß die Schranken eines Körpers, wenn es auch diamantene Mauren wären, die Seele aufhalten sollten, wenn sie in dem Raume, oder in der Ausdehnung weiter fortgeht, so erleichtern und erweitern sie vielmehr solchen Fortgang. Denn, soweit als sich ein solcher Körper erstrecket, in so weit kann auch keiner an einer Ausdehnung zweifeln. Und wenn wir an die äußersten Enden der Körper gekommen sind: was ist wohl daselbst, das die Seele aufhalten, und sie überführen kann, daß sie am Ende des Raumes wäre, da sie doch noch kein Ende siehet; ja da sie überzeuget ist, daß der Körper sich dahin bewegen kann? Ist es zu der Bewegung eines Körpers nöthig, daß sich hier zwischen den andern Körpern ein leerer Raum finden muß, so klein er auch immer seyn mag; und ist es möglich, daß ein Körper sich in oder durch solchen leeren Raum bewegen kann; ja ist es einem Theilchen der Materie unmöglich, sich irgend wohin, als nur in einen leeren Raum ju bewegen: so ist es auch allezeit sonnenklar, und ganz unstreitig , daß es einem Körper eben so möglich sey , sich in einem leeren Raum über den äußersten Gränzen der Körper so wohl bewegen zu können, als in einem unter den [208] Körpern zerstreueten Raume. Der Begriff von einem lautern leeren Kaume ist vollkommen eben derselbige; er mag nun innerhalb, oder über den Gränzen der Körper seyn . Er ist nicht seiner Natur nach, sondern in Ansehung der Große unterschieden: und es ist nichts vorhanden, das den Körper verhindern könnte, daß er sich nicht darein bewegete.”


“[…] I suppose I may say, that we are apt to think that space in itself is actually boundless, to which imagination the idea of space or expansion of itself naturally leads us. For, it being considered by us, either as the extension of body, or as existing by itself, without any solid matter taking it up, (for of such a void space we have not only the idea, but I have proved, as I think, from the motion of body, its necessary existence), it is impossible the mind should be ever able to find or suppose any end of it, or be stopped anywhere in its progress in this space, how far soever it extends its thoughts. Any bounds made with body, even adamantine walls, are so far from putting a stop to the mind in its further progress in space and extension that it rather facilitates and enlarges it. For so far as that body reaches, so far no one can doubt of extension; and when we are come to the utmost extremity of body, what is there that can there put a stop, and satisfy the mind that it is at the end of space, when it perceives that it is not; nay, when it is satisfied that body itself can move into it? For, if it be necessary for the motion of body, that there should be an empty space, though ever so little, here amongst bodies; and if it be possible for body to move in or through that empty space; nay, it is impossible for any particle of matter to move but into an empty space; the same possibility of a body's moving into a void space, beyond the utmost bounds of body, as well as into a void space interspersed amongst bodies, will always remain clear and evident: the idea of empty pure space, whether within or beyond the confines of all bodies, being exactly the same, differing not in nature, though in bulk; and there being nothing to hinder body from moving into it.”


[Buch 2, Hauptstuck 27, §14, p. 345] “Wir wollen setzen: ein Christe wäre ein Platoniker oder ein Pythagoräer; er stünde, weil GOTT am siebenden Tage seine Schöpfungswerke vollendet, in den Gedanken, daß seine Seele seit der Zeit immer existiret hatte, und bildete sich ein, sie hätte verschiedene menschliche Körper durchwandert; wie mir denn einer einsmal vorgekommen ist, welcher sich beredete, seine Seele ware des Sokrates Seele gewesen: wer würde sagen, da sich derselbe keiner Thaten oder Gedanken des Sokrates bewußt ist, daß er eben dieselbe Person mit dem Sokrates seyn könnte? Mit was für Grunde aber er sich dieses beredete, will ich nicht ausmachen. Das weiß ich, daß er in der Bedienung, welche er bekleidete, und die eben nicht die schlechteste war, für einen sehr vernünftigen Mann gehalten wurde; und seine Schriften haben es auch gezeiget, daß es ihm an Verstände und an Gelehrsamkeit nicht gemangelt.”


“Suppose a Christian Platonist or a Pythagorean should, upon God’s having ended all his works of creation the seventh day, think his soul hath existed ever since; and should imagine it has revolved in several human bodies; as I once met with one, who was persuaded his had been the soul of Socrates (how reasonably I will not dispute; this I know, that in the post he filled, which was no inconsiderable one, he passed for a very rational man, and the press has shown that he wanted not parts or learning;) would any one say, that he, being not conscious of any of Socrates’s actions or thoughts, could be the same person with Socrates?”

Lukrez [top]

Lukrez, De rerum natura [biblio]


[Bk. 2, lines 1075-1102] “Huc accedit, ut in summa res ulla sit una,
Unica quae gignatur, et unica, solaque crescat,
Quin cujasque sint saecli permultaque eodem
Sint genere, imprimis animalibus, indice mente.
Invenies sic montivagum genus esse ferarum,
Sic hominum genitam prolem, sic denique mutas
Squamigerum pecudes, et corpora cuncta volantum.
Quapropter caelum simili ratione fatendum’st,
Terramque, et solem, lunam, mare, cetera, quae sunt,
Non esse unica, sed numero magis innumerali,
Quandoquidem vitae depactus terminus alte
Tam manet his, et tam nativo corpore constant,
Quam genus omne, quod his generatim rebus abundat.

Quae bene cognita si teneas natura videtur
Libera continuo dominis privata superbis,
Ipsa sua per se sponte omnia Dijs agere expers.
Nam pro sancta Deûm tranquilla pectora pace,
Quae placidum degunt aevum, vitamque serenam,
Quis regere immensi summam, quis habere profundi
Endu manu validas potis est moderanter habenas?
Quis pariter caelos omneis convertere? et omneis
Ignibus aetheriis terras suffire feraceis?
Omnibus inque locis esse omni tempore praesto?
Nubibus ut tenebras faciat, caelique serena
Concutiat sonitu? tum fulmina mittat, et aedis
Saepe suas disturbet, et in deserta recedens
Saeviat exercens telum, quod saepe nocenteis
Praeterit, exanimatque indignos, inque merenteis?”


[Munro translation (1920, 54)] “Moreover in the sum of all there is no one thing which is begotten single in its kind and grows up single and sole of its kind; but a thing always belongs to some class and there are many other things in the same kind. First in the case of living things, most noble Memmius, you will find that in this sort has been begotten the mountain-ranging race of wild beasts, in this sort the breed of men, in this sort too the mute shoals of scaly creatures and all bodies of fowls. Wherefore on a like principle you must admit that earth and sun moon sea and all things else that are, are not single in their kind, but rather in number past numbering; since the deep-set boundary-mark of life just as much awaits these and they are just as much of a body that had birth, as any class of things which here on earth abounds in samples of its kind.

If you well apprehend and keep in mind these things, nature free at once and rid of her haughty lords is seen to do all things spontaneously of herself without the meddling of the gods. For I appeal to the holy breasts of the gods who in tranquil peace pass a calm time and an unruffled existence, who can rule the sum , who hold in his hand with controlling force the strong reins, of the immeasurable deep? who can at once make all the different heavens to roll and warm with ethereal fires all the fruitful earths, or be present in all places at all times, to bring darkness with clouds and shake with noise the heaven’s serene expanse, to hurl lightnings and often throw down his own temples, and withdrawing into the deserts there to spend his rage in practising his bolt which often passes the guilty by and strikes dead the innocent and unoffending?”


[Bk. 5, lines 782-803] “Terra dedit circum colleis: camposque per omneis
Florida fulserunt viridanti prata colore:
Arboribusque datum est variis exinde per auras
Crescendi magnum emmissis certamen habenis.
Ut pluma atque pili primûm, fetaeque creantur
Quadrupedum in membris, et corpore pennipotentum:
Sic nova tum tellus herbas virgultaque primûm
Sustulit: inde loci mortalia saecla creavit
Multa modis multis varia ratione coorta.
Nam neque de coelo cecidisse animalia possunt,
Nec terrestria de falsis exisse lacunis.
Linquitur ut merito maternum nomen adepta
Terra sit, e terra quoniam sunt cuncta creata.
Multaque nunc etiam existunt animalia terris,
Imbribus, et calido solis concreta vapore.
Quo minus est mirum, si tum sunt plura coorta,
Et majora, nova tellure, atque aethere adulta.
Principio, genus alituum, variaeque volucres
Ova relinquebant exclusae tempore verno:
Folliculos ut nunc teretes aestate cicadae
Linquunt, sponte sua victum, vitamque petentes.
Tum tibi terra dedit primum mortalia saecla.”


[Munro translation (1920, 135)] “In the beginning the earth gave forth all kinds of herbage and verdant sheen about the hills and over all the plains; the flowery meadows glittered with the bright green hue, and next in order to the different trees was given a strong and emulous desire of growing up into the air with full unbridled powers. As feathers and hairs and bristles are first born on the limbs of fourfooted beasts and the body of the strong of wing, thus the new earth then first put forth grass and bushes, and next gave birth to the races of mortal creatures springing up many in number in many ways after divers fashions. For no living creatures can have dropped from heaven nor can those belonging to the land have come out of the salt pools. It follows that with good reason the earth has gotten the name of mother, since all things have been produced out of the earth. And many living creatures even now spring out of the earth taking form by rains and the heat of the sun. It is therefore the less strange if at that time they sprang up more in number and larger in size, having come to maturity in the freshness of earth and ether. First of all the race of fowls and the various birds would leave their eggs, hatched in the springtime, just as now in summer the cicades leave spontaneously their gossamer coats in quest of a living and life. Then you must know did the earth first give forth races of mortal men.”

Lulofs, Johann [top]

[ Pt. 1Pt. 2 ]

Lulofs (1755): Einleitung zu der mathematischen und physikalischen Kenntniß der Erdkugel [biblio]


[§33, pp. 51-52] “§33 […] Das Gefälle der Seine, ist nach Picard einen Fuß, in der Länge von sechs tausend. Es kömt hier auf keine Druckfehler an, wie sich Herr Kühn aus Liebe zu seiner Voraussetzung einbildet; wenn er die Werke der Akademie, als die sie als die ihrigen angenommen hat, angesehen hätte, so würde er keinen Druckfehler zu Hülfe genommen haben, weil daselbst die Zahlen eins und sechstausend mit Worten ausgedruckt sind, doch wir werden in der Folge ausführlicher von dem Gefälle der Flüsse handeln, das angeführte wird zulänglich seyn zu zeigen, wie falsch die Voraussetzung ist. Folgendes nimmt Herr Kühn an, der kürzeste Weg eines Flusses, verhalte sich zu den gekrümmten wie 2 zu 3, welches man bey den meisten Flüssen falsch finden wird, als bey der Rhone, bey der Loire, dem Flusse von Torneo, dem Amazonen-Flusse, welchen ich vor andern der Vorzug gebe, weil die Mitglieder der französischen Akademie, nicht weit von diesen Flüssen ihre Messungen und [52] Wahrnehmungen vollbracht haben.”


[§46, pp. 70-71] “§46. Nach diesen haben die Araber auch Mühe angewand, die Grösse der Erde zu messen, doch wie sich ihre Bestimmung gegen die heutigen Massen verhält, würde sehr schwer anzuzeigen seyn; ob ich wohl bishieher keine Gelegenheit gahabt habe die [71] arabischen Schriftsteller selbst anzusehen, will ich doch das häuptsächlichste mit Snellius zum Dienst meiner Landsleute vorstellen, der es aus dem Abelfedeas, einen arabischen Erdbeschreiber, der im Jahr 1322 nach Christo gelebet hat, gezogen, aus welchen auch Ricciolus das seinige entlehnt hat: Almamom oder Maimon, grosser Calif von Babilonien, der um das Jahr 827 nach Christi Geburth, über die Araber geherrscht, rufte viele Mathematickverständige und Geographen zusammen, und befahl ihnen, man sollte untersuchen, wie viel Meilen in einem Grade des Mittagskreises begriffen wäre, hierzu wurden die weit ausgestreckten Felder von Zinsar (welches Snellius für Mesopotamien hält) erwählet, und man fand, daß jeder Grad 56 Meilen begriff, doch durch wiederholte Messungen fand man 56⅔ Meilen.”


[§137, p. 151] “§137. […] Kircher giebt eine merkwürdige Nachricht von einer Insel, die im Jahre 1631 nahe bey den Azoren oder flämischen Inseln von neuen aus der See durch die Wuth unterirrdischer Feuer entstanden ist. […] Ein anderes merkwürdiges Beyspiel haben wir an der Insel, die im Jahre 1707 bey Sant-Erini oder Santorin durch die Wuth unterirrdischer Feuer entstand. Sie zeigte sich erstlich den 23 May, wie wohl die erhebenden Ursachen, nach aller Wahrscheinlichkeit schon einige Zeit müssen gearbeitet haben, weil die See daselbst vor diesem mehr als 80 Faden tief gewesen.”


[§170, p. 180] “§170. Das Carpathische Gebürge welches Ungarn und Polen von einander sondert, wird mit für einen Ast der Alpen gehalten. Es ist eine reihe hoher Berge die bey Presburg anfangen, Polen von Schlesien, Ungarn, Siebenbürgen, Moldau and der Wallachey absondern, und sich an dem schwarzen Meer endigen. Vorzeiten waren sie die Gränzpfeile zwischen den Sarmaten und dem römischen Reiche. Dieses Gebürge hat an verschiedenen Stellen verschiedene Benennungen, sein vornehmster Theil aber heist Carpathus, oder Krapac, bey den Hungarn Tarczal. David Frölichs Beobachtungen auf dem carpatischen Gebürge, das er 1615 bestiegen hat, sind sehr merkwürdig, man findet sie beym Henninius und andern mehr.”


[§208, p. 203] “§208. Wie es tiefer in die Berge hinein aussieht, kann man nicht anders erkennen, als daß man die Höhlen untersuchet, welche Natur oder Kunst in die Berge gemacht haben. Wir wollen vornehmlich die natürlichen betrachten, und nur die vornehmsten und berühmtesten kürzlich anführen, weil ihre Menge so groß ist, daß man unmöglich ein gehöriges Verzeichniß derselben geben kann. In Frankreich ist die berühmte Grotte von Grenoble, Grotte de notre Dame de la Balme, genannt, die sich beym Eingange wie ein hohes Gewölbe eröfnet, und einen grossen See in sich enthält, der wohl eine Meile breit scheinet, wenn man den alten Nachrichten nachgehen will; doch Dieulamant, hat diese Höhle selbst untersucht, und einen Bericht davon an die Königliche Akademie der Wissenschaften zu Paris gesandt. Er fand daß der Eingang 4 bis 5 Toisen breit, und 5 bis 8 Toisen hoch war, unten an diesen Eingange zeigt sich ein Flüßchen, das sich in die Rhone ergießt; diese Höhle theilet sich nachgehends in zweene besondere Gänge oder zwo Höhlen; in der rechten Hand befinden sich viele Eistroppen, die gleichsam durch den Felsen hintröpfeln, an der linken Hand sieht man sich Wasser niederziehen, das zum Theil das Bächlein ausmacht, dieses Wasser fällt in ein natürliches Behältniß, unter den verschiedene kleinere sind, und das überlaufende Wasser, macht einige Wasserfälle. Im Innersten der Höhle befindet sich eine Art einer Oefnung, die in den Felsen aus gehöhlt ist, und an dem untersten Theile das Wasser erscheinet, das den erwähnten Bach meistens ausmacht; und dieses hat man vor alters für eine grosse See angesehen, da es höchstens 1 Fuß tief ist.”


[§210, p. 204] “§210. Die dritte merkwürdige Höhle in Frankreich ist bey Meaux; aus ihr strömet ein helles und sehr kaltes Wasser; sie befindet sich in einem sehr hohen Felsen, den man vor diesem für ganz dichte ohne Höhlung hielte, und der auch kein Wasser von sich gab; aber 1618 oder 1619 sprengte man Stücke mit Pulver von ihn, um die Steine zum Baue eines benachbarten Klosters davon zu gebrauchen; als dieser Felsen solchergestalt zerbrochen war, kam erstlich eine Menge Wasser heraus, das sogleich ein Bächlein ausmachte, welches ohne Aufhören Wasser führte, und man fand die Höhle allerley gebildeter Steine, und sehr viel versteinerte Früchte, als Birn, Aepfel, Trauben, a.”


[§211, p. 204] “§211. Eine Menge von Höhlen findet man in den Schweizerbergen die Scheuchzer beschrieben hat. Man sieht auch an einem gewissen Orte die Sonne durch den Berg Fischorn scheinen. Im Pilatusberge im Canton Lucern, ist eine Hohle deren Eingang 16 Fuß hoch und 9 Fuß breit ist, wenn man aber 10 Schritte tief in sie hinein ist, findet man sie wohl 20 Fuß breit und 14 Fuß hoch, nachgehends wird sie wieder enger, und läuft, über 300 Schritte fort.”


[§212, p. 205] “§212. In Italien ist die bekannte Hundehöhle Grotta del Cane, vier Meilen von Neapolis nach Pozzuolo zu. Sie hat ihren Nahmen daher, weil ein Hund den man hineinwirft, oder nahe über dem Grunde einige Zeit lang hält, sogleich stirbt, wo man ihn nicht damit wieder zu rechte bringet, daß man ihn in den benachbarten See von Agnana tauchet. Höher über dem Grunde betrift diese Gefahr kein Thier weil die giftigen und tödtlichen Theilen allzustark beladen sind, als da  sie sich weit sollten erheben können.”


[§214, pp. 206-7] “§214. Um nicht einen allzu grossen Sprung zu thun, müssen wir einige merkwürdige Höhlen erwähnen, die in den Inseln der mittelländischen See gefunden werden, und darunter die Höhle von Antiparus, (einer der Inseln des Archipelagus,) den Vorzug verdient, die der berühmte reisende und kräuterkenner Tournefort beschrieben hat. […] Diese Vorstellungen sind alle aus Marmor, der einen durchsichtigen Krystalle ähnlich ist, und man sieht in vielen Gestalten wie Bluhmenkohl. Sie entstehen nach Tourneforts Gedanken nicht von abtröpfelnden Wasser, das sich in Stein verändert, sondern von einem innerlichen Wachsthume. Besondere Umstände von der Grotte gehe ich vorbey, wel man sich aus Torneforts Abbildung einen viel bessern Begriff machen kann.

§215. Man könnte hieher auch den Labyrinth oder Irrgarten auf andia rechnen, wenn Tourneforts Meynung gegründet ist, daß dieser unterirrdische Gang nicht durch Menschen, sondern von der Natur gemacht ist, wie mir auch sehr wahrscheinlich vorkömmt. Diese Höhle befindet sich an der Südseite des Berges Ida, man geht durch eine Oefnung in sie, die sieben oder acht Schritte weit, aber so niedrig ist, daß man kaum aufgerichtet durchgehen kann, alsdenn kömmt man erstlich in einen Keller der sich nach und nach senket, und daraus in diesen unterirrdischen Weg der mit vielen Bogen und Krümmungen fortläuft, und viele Seitenwege hat; der vornehmste Weg aber, der 1200 Schritte lang ist, gehet bis an das Ende dieses Ganges, und bringet den Reisenden in zweene grosse und schöne Säle. Der Gang selbst ist 7 bis 8 Furß hoch, wird aber an einigen Stellen so neidrich daß man auf Händen und Füssen durchkriechen muß. Des vornehmsten Weges Breite ist so groß, daß [207] zwo bis drey Personen fast neben einander durchgehen können, die Wände sind mit Felsen bekleidet und lothrecht. Tournefort fand hier einen neuen Grund daß wenigstens einige Steine wachsen, wie er sonst behauptet hatte; denn die Nahmen derer die diesen unterirrdischen Gang besucht habe, erheben sich nur an einigen Stellen eine Linie, anderswo wohl drey Linien aus dem Felsen da sie anfangs eingeschnitten und ausgehöhlet waren, also müssen diese Höhlungen durch ein würkliches Wachsen des Steines seyn erfüllet worden, und dieses desto mehr weil der Felsen graulicht ist, diese hervorragende Steine aber aus einer weissen Materie bestehen.”


[§219, p. 208] “§219. In Irrland in der Baroney Burren, ist die Höhle Kilcorny welche Carl Lucas beschrieben hat. Ihre Oefnung ist drey Fuß weit, die Höhle selbst 4 bis 5 Yards breit, und an manchen Oertern 6, anderswo 12 ja 14 Fuß hoch.”


[§220, p. 209] “§220. In Deutschland befinden sich verschiedene merkwürdige Höhlen, worunter man zuerst die Baumannshöhle in dem Herzogthum Braunschweig rechnen muß, welche genauer bekannt geworden ist, seit dem der Herr von der Hardt eine schöne Beschreibung und verschiedne Abbildungen davon mitgetheilet hat. Sie ist gleichsam in 6 besondere Höhlen vertheilet, die durch geraume Gänge mit einander Gemeinschaft haben, und in jeden findet man viele Naturspiele welche durch das tropfenweise niederfallende Wasser sind gebildet worden. Zum Exempel in der ersten Höhle siehet man bey einem Wasserbehältnisse eine kniende Weibsperson, etwas weiter einen angenhemen Brunnen, ferner einen Altar. In der zweyten zeigen sich drey Mönche mit ihren Kappen nebst einer Orgel. In der dritten findet man eine grössere Orgel mit vielen Pfeiffen versehen, wie auch einen Taufstein, der allezeit mit hellen Wasser gefüllet ist. In der vierten zeiget sich, wie eine steinerne Tafel mit Speilen wohl versehen, auch eine Menge Schalen, die gegen einander geschlagen, ein klingendes Geläute geben, am Engde der fünften Höhle findet man eine steinerne Seule, die wenn man daran schlägt ein Geläute wie eine Glocke giebt, dergleichen Seule auch in der vierten Höhle gefunden wird.”


[§221, pp. 209-10] “§221. In Crain ist eine berühmte Höhle, welche die adelbergische genannt wird. Vavasor hat sie beschrieben wie er sie selbst befunden, er ist darinnen mit einer angezündeten Fackel zwo Meilen weit fortgegangen, niemand aber ist noch an ihr Ende gekommen. Das Inwendige ist geraum genug um ganze Dörffer zu enthal- [210] ten, man findet darinnen solche Erhöhungen und Tieffen, daß wenn man einen Stein hinein wirkt, der Schall davon nicht eher als nach zwey Vater Unser lang gehöret wird, man findet auch unter ander Naturspielen eine steinerne Brücke, unter welcher ein sehr tiefes Wasser durchtäuft.”


[§222, p. 210] “§222. An dem Carpathischen Gebürge, welches Ungarn von Polen scheidet, sind zwo merkwürdige Höhlen, die Mathias Bel beschrieben hat. Die eine befindet sich bey dem Dorfe Zelicze nordwärts eines der carpathischen Berge, und hat die wunderbare Beschaffenheit, daß wenn ausser dieser Höhle eine strenge Kälte herrschet, in ihr eine warme Luft empfunden wird, so bald aber die Sonne eine große Hitze verursacht, wird alles kalt und von innen mit einer dicken Eisrinde überzogen; Der Grund selbst wird mit Eise bedeckt und an den obersten Gewölbe hangen Stücken Eis wie grosse Fässer. Wie weit sich diese Höhle erstrecket, kann man nicht ausmachen, weil sie schief niedergehet, und für diejenigen, die sie untersuchen wollen wegen der glatten Eisrinde zu schlüpfrig wird, weiter hinunter zu gehen, daß sie sich aber sehr weit erstrecken muß, macht der Schall sehr wahrscheinlich, der wie mit einem donnernden Getöße gehöret, und von der Höhle wiederum zurücke geworffen wird, wenn man ein wohl geladenes Feuerrohr in ihr löset. So bald das Wetter etwas kühler ist, fänget das Eis an zu schmelzen und ganze Ströme davon fließen nieder, wenn es aber wieder wärmer wird, fängt es überall in dieser Höhle stärker zu frieren an. Den Ursachen dieser Veränderungen nachzuforschen, ist hier der Ort nicht. Bels Muthmaßungen sind scharfsinnig ausgedacht, ob sie wahr sind, will ich nicht untersuchen, wenn sie richtig wären, gäben sie einen neuen Beweiß für derjenigen Gedanken, die sich vorstellen, das Eis entstehe aus Vermischung einiger Theilchen, die man aus Mangel eines besseren Wortes Eismachende nennet.”


[§226, pp. 214-15] “[…] auch will ich den nicht gänzlich von Fabeln gereinigten Zug, den man den herumirrenden Aeneas thun läst, nicht erwähnen, da er von den Cyklopen vertrieben, und durch den Brand des Aetna, nach Virgils Erzehlung erschreckt, Sicilien verlassen hat, welches nach einiger Geschichtkundigen Gedanken ohngefehr 1184 vor Christi Geburth geschehen ist. […]

Im Jahre 1650 brante er an der nordlichen und östlichen Seite, und warf eine so grosse Menge Feuer aus, daß ganze feurige Ströme von ihm herab flossen, welche die da herumgelegenen Plätze überschwemmten und umkehrten, und daß diese Verwüstungen nicht neu sind, erhellet aufs deutlichste daraus, weil die Einwohner von Catanea, in der Tiefe von hundert Palmen, oder 68 Fuß Straßen, mit Marmor gepflastert, und viele andere Denkmale des Alterthums finden, woraus erhellet, daß daselbst vor diesem prächtige Städte und Gebäude müssen gestanden haben. [215] Im Jahre 1669 hat er grausam gewütet wovon die Niederländer eine umständliche Beschreibung in den übersetzten philosophischen Transactionen lesen können, deswegen ich hier nur kürzlich anzeigen will, daß er den 11ten März 1669 zu erst Feuer auszuwerfen anfieng, 10 Meilen von Catanea. […] Das Feuer hat in dem obern Brande ohngefähr 14 Städtgen und Dörfer verderbt, davon einige ansehnlich waren, und einige drey bis vier tausend Einwohner hatte, wovon man gegenwärtig keine Ueberbleibsel mehr findet. […] Man bemerkt auch, über dieses, daß der Aetna zu derselbigen Zeit durch ein heftiges Erdbeben drey grosse Risse bekommen hat, woraus die Flammen mit grausamen Getöse, über 100 Ruthen in die Höhe stiegen, und zugleich eine grosse Menge Steine heraus führten, deren einige zu dreyhundert bis vierhundert Pfund wogen, und einige Meilen davon niederfielen, dabey befanden sich feurige Funken und Asche, in solcher Menge, daß die Luft dadurch, wie durch einen dicken Rauch verfinstert wurde, wie man beym Kircher, Becmann, und andern sehen kann. Auch wurd die Insel Sicilien, durch Erdbeben erschüttert ward, sondern auch der Berg Aetna einen solchen feurigen Dampf auswarf, daß bey 6000 Menschen, die sich wegen der Ueberschweummung der See auf den Gipfel dieses Berges begeben hatten, dadurch hingerichtet, erstickt, oder durch die herausfliegenden Stein- und Schwefel-klumpen todt geschlagen wurden. Ueberhaupt kann man wegen des Brandes dieses Berges bemerken, daß man durchgängig einiges unterirrdisches Getöse zuvor höret, und bisweilen heftige Erdbeben, als Vorbothen der ausbrechenden Wuth empfindet.”


[§227, pp. 215-17] “§227. Dem Berge Aetna gegen über, befindet sich in Italien nicht weit von Neapolis der feuerspeyende Berg Vesuvius, der von einige[n] Mevulus, Vesbius, Lesbius, [216] und Vesevus und gegenwärtig Monte di Somma genannt wird. Er scheint schon in alten Zeiten wegen seiner Wuth berühmt gewesen zu seyn, welches vielleicht die Ursache gewesen ist, warum die alten Römer ihm göttliche Ehre erwiesen haben, […].

[…] Es ist merkwürdig, daß dieser Berg an der Ostseite sehr fruchtbar, und mit Weinstöcken bedeckt ist, welche sich an Pappelbäumen hinaufziehen und vortrefliche Weine in Ueberflusse liefern, davon kommen die berühmten greco, malatesta und Lacrima Christi, welche durch die ganze Welt, wegen ihrer Stärke und ihres angenehmen Geschmacks berühmt sind.

Der Brand dieses Berges, unter dem Vespasianus, war merkwürdig (und mir ist nicht bekannt, daß man ältere Nachrichten mit einigen Umständen versehen davon findet) damals war seine Wuth so heftig, daß die Asche nicht allein nach Rom, sondern selbst über das mittelländische Meer, über Egypten zerstreuet ward. Die Vögel wurden in der Luft erstickt und fielen nieder, die Fische starben [217] wegen der Hitze und Unreinigkeit des Wassers. Es würde uns zu lange aufhalten, wenn wir erzehlen wollten, wie oft er gebrannt hat, und wenn wir alle Verwüstungen, die er gestiftet hat, umständlich beschreiben wollten, derohalben will ich nur einige von den neuesten Entzündungen berühren, weil man davon die sichersten und umständlichsten Nachrichten hat, wiewohl noch verschiedene andere in diesem Jahr hundert vorgefallen sind, von denen man so genaue und zuverlässige Nachrichten nicht bekommen kann. Dieses aber ist merkwürdig, daß nach dem heftigen Brande zu Trajans Zeit, wodurch der ältere Plinius umgekommen ist, die Wuth dieses Berges, bis an das Jahr 1131 geringer geworden ist, da die Bewohner der benachbarten Oerter schon auf die Gedanken gebracht waren, daß die Materie, welche vor disem dem Feuer zur Nahrung gedient hatte, nun gänzlich verzehrt wäre.”


[§227, p. 219] “Eben dieser Naturforscher [Cyrillus] bezeuget auch, daß man Nachricht empfangen habe, wie Aetna zu derselbigen Zeit gewaltig viel Rauch und Feuer mit einem heftigen Krachen ausgeworffen habe, wie auch, daß der feuerspeyende Berg Strongylus, ungemein gepoltert und Flammen ausgetrieben habe, so daß das beständige Getöse, die zu Zeiten ausbrechende Flammen, und das erschreckliche Krachen den Einwohnern des westlichen Ufers Calabrien, wie eine Seeschlacht zwo auf einander feuernden Flotten erschienen habe.”


[§228, p. 220] “§228. Nicht ferne von Pozzuolo und also nicht weit von Neapolis hat man den Berg Solfatara eigentlich Solforata, vor diesem Phlegra, Colles Phlegraei, Levocii Montes, Leucogaei Montes, Forum et olla Vulcani genannt, Misson der diesen Berg oder Hügel in der Nähe gesehen hat, bezeuget, daß alles daselbst voll Schwefel, Alaun und unterirdische Höhlen ist, woraus so viel Rauch und Flammen mit Getöse und Gestank hervorbrachen, als man zu dieser Zeit an Vesuvius sahe, […].”


[§234, pp. 226-27] “§234. […] Weil ich oben (§144) die canarische und die Salzinseln sonst die Inseln des grünen Vorgebürges genannt, unter diejenigen gezehlt habe, die zu Africa gehören, so muß ich hier bemerken, daß Kircher und andere, den Pik von Teneriffa unter die brennenden Berge rechnen, und dieses ist nicht ohne Ursache. Denn im Jahre 1720 im December hat er gebrannt, und Herr Edens sahe im Jahre 1715 den 14 August, verschiedne grose Felsenstücken, die in einem Brande von den Berge abgeworffen waren, und einen Strahl von Feuer, der sich hinunterwärts senkte; aus verschiedenen Stellen des Berges gieng Rauch aus, ein Erdklumpen, der oben aus der Höhle des Berges genommen war, brannte als man ihn mit der Flamme einer Kerze anzündete, wie Schwefel. Vier oder fünf Stunden von diesem Berge befinden sich noch andere die Malpeses genannt werden, und vor diesem gebrannt haben. Als Frezier bey den Inseln des grünen Vorgebürges im Jahre 1712, im Hornung vorbey fuhr, sahe er des Nachts ein Feuer, als es Tag geworden war, zeigte sich ein hohes Land, aus dessen Gipfel Rauch hervor kam; Sie urtheilten aus der Lage, daß es die Insel Brava wäre, doch der Rauch machte sie zweifelnd, ob es nicht die Feuerinsel wäre; dieser Berg, welcher gleichsam im Mittelpunkte der Feuerinsel gefunden wird, brennt allezeit und wirft Flammen aus, die man sehr weit in der See bey Nachte sehn kann, bey Tage über sieht man nichts [227] als Rauch. Bisweilen wirft er ganze Klippen auf eine unglaubliche Höhe aus, und das Getöse, das sie bey ihrem Niederfallen auf die Insel machen, kann man 8 oder 9 Meilen weit hören, wie Roberts der sich einige Zeit daselbst aufgehalten hat, bezeiget, bisweilen wirft er ?Ströme von Schwefel aus, und zu andern Zeiten eine Menge Asche. Es ist merkwürdig, daß diese Insel gar keinen Berg, und also auch keinen der Feuer auswarf hatte, als sie zuerst entdeckt wurde, sondern dieser Beg ist erstlich nach und nach angewachsen, seitdem das Feuer herausgekommen ist, und wächst noch täglich an.”


[§251, p. 237] “§251. Die Ursache dieses besondern Umstandes ist nicht leicht durch einzelne Untersuchungen zu finden. Der berühmte Kircher stund in den Gedanken, die mittelländische See habe durch unterirdische Höhlen mit dem rothen Meer Gemeinschaft, welches jetzo durchgehends der arabische Meerbusen genennet wird. Er gründet sich auf eine Erzählung des Abulbassen, welcher von den Wundern Aegyptens geschrieben hat, und in diesem Werke erzählet ein Bassa von Sues, welche am Ufer des rothen Meeres leigt, habe in dieser See ein Delphin gefangen, welcher Fisch eine küpferne Blatte an den Fischohren veste gemachet gehabt habe, worauf mit arabischer Schrift folgendes gestanden: Amed Abdalla, Bassa von Sues, hat mir das Leben nebst dieser Zierrath im 720ten Jahre der Hegira geschenket, (welches Jahr beynahe mit dem 1342 der christlichen Jahrrechnung übereinstimmet). Hierauf habe er den Delphin in das rothe Mer setzen lassen, welcher aber noch dasselbige Jahr in der mittelländischen See, unweit Damiata, sey wieder gefangen worden, wie man aus der Blatte gesehen habe, die er noch an sich hatte. Weil es nun nicht wahrscheinlich ist, daß dieser Fisch rund um ganz Africa sollte geschwommen, und durch die Straße von Gibraltar gegangen seyn, so glaubet Kircher, es sey sehr wahrscheinlich, wenn diese Geschicht nicht erdichtet ist, daß das rothe Meer mit dem mittelländischen durch unterirdische Höhlen Gemeinschaft habe, durch welche dieses Meer sich von dem überflüßigen Wasser entladen kann.”


[§252, pp. 237-38] “§252. Wenn man die Beobachtungen des Grafen Marsigli in Betrachtung zieht, so verschwindet ein Theil dieser Schwierigkeit, denn er bezeuget, daß in der Enge des thracischen Bosphorus, das untere Wasser nordwärts in das schwarze Meer getrieben wird, da indessen das obere allezeit aus demselben südwärts fließt, auch hat er das untere 10 Gran schwerer als das obere befunden: er bemerkete diesen Unterschied der Bewegung vornehmlich durch Niederlassen eines Senkbleies, welches, wenn es ungefähr 5 bis 6 Fuß tief gehalten wurde, sich allezeit nach dem Mare de Marmora neigete, wenn es aber niedriger gieng, wurde es nach der entgegen gesetzten Seite, das ist, nach dem schwarzen Meere getrieben. Rajus hält diese Beobachtung nicht für zulänglich, weil ein Fehler darbey vorgegangen seyn könnte, doch diese Ausflucht ist noch viel weniger zulänglich, wenn nicht gehörige Gründe dieser Vermuthung beygebracht werden können: er saget zwar in der Folge, nachdem er einige Beweisthümer vorgetragen hat, welche Dr. Smith beybringt, diesen untern Strom darzuthun, er könne nicht begreifen, wie Wasser in [238] einen Meerbusen und zu einerley Zeit vorwärts und rückwärts laufen könne; eben diese Schwierigkeit hat nachgehends Herr Buffon vorgetragen, und ich gestehe, daß ich von diesen gegen einander streitenden Bewegungen des Wassers keine Ursachen anzugeben weiß, doch alle aufmerksame Kenner der Natur werden täglich solche Erscheinungen gewahr, die sie nicht in Zweifel ziehen, und gleichwohl nicht gründlich erklären können. Ich gestehe dem Herrn Rajus gerne zu, daß es zu wünschen wäre, man möchte noch mehr Wahrnehmungen hiervon anstellen, um diese bisher noch unbegreifliche Erscheinung zu kennen und zu erklären, doch finde ich nicht zulänglichen Grund an Marsiglis und Smiths Nachrichten zu zweifeln. Will man nun zum Voraus setzen, daß die Wahrnehmungen mit gehöriger Sorgfalt sind angestellet worden, so wird man keine Ursache mehr haben, sich über die große Menge Wassers, die täglich in das mittelländische Meer kömmt, zu verwundern, weil alles dieses Wasser durch den untern Strom wieder abfließen kann. Betrachtet man über dieses mit Aufmerksamkeit die neue Seecharte von der Engeder Straße von Gibraltar, die im Jahre 1726 nach der Zeichnung des geschickten Seemannes, Capitain Heinrich Lynslager, ist herausgegeben worden, so sieht man, daß der Strom zwar aus der Nordsee mitten durch die Straße in die mittelländische See läuft, daß aber auch ein anderer Strom von Osten nach Westen daselbst gefunden wird, der längst den Küsten von Spanien und der Barbarey schon an der einen Seite, an dem Castelle von Fangerole und an der andern Seite bey der Bay von Tetuan zu merken ist, und dieser Strom, durch welchen das Wasser abläuft, streicht allezeit beynahe mit den Küsten gleichlaufend. Zum Exempel südwärts von Ceuta, läuft er fort nach Nordosten, an der Ostseite von Ceuta nach Norden, oder ein wenig westlicher und nordwärts eben dieses Platzes läuft er nach Westen, oder zwischen Westen und Nordwesten. Etwas der gleichen hat man auch bey Gibraltar bemerket. So erwähnet Marsigli, daß nach dem Berichte der besten und erfahrensten Seeleute, ein Strom von Westen nach Osten geht, welcher an der Straße von Gibraltar anfängt, und längst den africanischen Küsten, bis nach Candia hinstreicht, daß aber auch ein anderer Strom ist, der von Osten nach Westen geht, da anfängt wo der vorige aufhöret, und nachdem er längst den europäischen Küsten hingegangen ist, sich in der Straße von Gibraltar endiget.”


[§253, pp. 238-39] “§253. Wenn die Meynung und Berechnung des Hrn. Halley statt findet, so haben wir alle diese Mittel nicht nöthig, um die mittelländische See von ihrem dem Scheine nach überflüßigen Wasser zu entledigen. Er rechnet, daß aus der mittelländischen See in einem Sommertage 5280 Millionen Tonnen Wassers, in Dünsten aufsteigen, wozu noch nicht einmal alle das Wasser gerechnet ist, das durch die Winde weggeführet [239] wird. Um sehr viel einzuräumen, setzet er zum Voraus, ieder der neun Flüsse, welche wir oben genennet haben, bringe 10 mal so viel Wasser hinein, als die Themse. Nun verliert die Themse jeden Tag 20300000 Tonnen Wassers, daher jeder von diesen Flüssen 203 Millionen Tonnen des Tages, und alle neune 1827 Millionen Tonnen des Tages, welches nur ein wenig mehr als ⅓ von demjenigen ist, was nach seiner Rechnung in 12 Stunden, aus der mittelländischen See in Dünsten aufsteigt. Also würde die mittelländische See, wenn sie keinen andern Zufluß von Wasser hätte, als aus den Flüssen, in kurzer Zeit austrocknen, wenn nicht Thau, Regen, Schnee, und endlich der atlantsche Ocean einen beständigen Zufluß von Wasser brächten, und also die übrigen zwey Drittheile wiedergäben. Die Schwierigkeiten, welche der scharfsinnige Herr Rajns gegen dieses Berechnung des Herrn Halley vorbringt, sind von wenig Gewichte, daher wir uns damit jetzo nicht aufhalten wollen, da er in den Hauptstücken mit ihm übereinstimmet.”


[§255, pp. 239-40] “§255. Von den sonderbaren Merkwürdigkeiten der Ostsee, was die Bewegung ihres Wassers betrifft, will ich in der Folge handeln, hier ist nur dieses davon zu bemerken, daß sich in diese See, nicht nur eine Menge kleiner und großer Flüsse ergießen, sondern auch daß die Nordsee beständig durch die drey erwähnten Meerengen Wasser [240] hinein bringt.


[§257, p. 240] “§257. Der Ostsee folget billig das rothe Meer, oder der arabische Meerbusen, welcher unter die langlichten Meerbusen von der ersten Größe muß gerechnet werden. Er wird auch das Meer von Mecca genannt, und ist zwischen Arabien und Africa eingeschlossen. Dieser Meerbusen hat durch die Straße Babel-Mandel, Gemeinschaft mit der indianischen See, und ist sowohl wegen seines mannichfaltigen rothen Sandes, als wegen seiner häufigen Klippen und kleinen Inseln merkwürdig. Vornehmlich ist diese See wegen der häufigen Korallen berühmt, die hier gleichsam in ganzen Büschen wachsen, wovon man unter vielen andern Schriftstellern Kirchenern) [Mund. Subterr. Tom. 2, p. 178. sqq.], Bekmanno) [Hist. orbis Terr. p. 31 & p. 340. Edit. Francos. 1692] und Marsiglip) [Histor. Physique de la Mer. P. 4 p. 116 & suiv.] nachsehen kann. Die türkischen Kaiser, und die Beherrscher von Aegypten, haben bisweilen in willens gehabt, die kleine Landenge, die sich zwischen dem mittelländischen und rothen Meere befindet, zu durchgraben und solchergestalt aus der mittelländischen See in die indianische zu kommen, oder wenigstens aus dem rothen Meere einen Graben in den Nil zu führen, um durch diesen Weg das rothe Meer mit dem [241] mittelländischen zu vereinigen. Man erzählet aber, die Arbeit habe allezeit müssen unterbrochen werden, weil, wie man vorgiebt, das indianische oder rothe Meer höher ist, als das innere von Aegypten, und folglich als die mittelländische See, weswegen man befürchtete, die niedrigen Länder, die an dieser See liegen, und vornehmlich Aegypten, würden dadurch überschwemmet werden. Ich sollte aber viel eher mit dem Vareniusq) [Geogr. Gener. Cap. 13. Prop. 5. siehe auch Ricciolius Geogr. Reform. L. 1. Cap. 16. Fabricius la Theolog. de l’Eau. L. 2. C. 7.] glauben, die Sache sey nicht sowohl aus dieser Ursache unterblieben, weil die Gesetze des Gleichgewichts des Wassers schwerlich einen solchen Unterschied dulden würden, sondern man habe sich vielmehr durch die Länge, welche hätte müssen durchgraben werden, nebst der steinigten Beschaffenheit des Grundes, und die dazu erforderlichen Kosten abschrecken lassen. […]. Indessen ist es gewiß genug, daß schon vor sehr alten Zeiten ein Graben gewesen ist, der sich von dem östlichsten Arme des Nils in das rothe Meer erstrecket hat. Dieses hat der de l’Isler) [Hist. de l’Acad. 1702. p. 109. seq.] aus den Schriften des Herodotus, Diodorus Siculus, Strabo und dem arabischen Schriftsteller Elmazim, wahrscheinlich gemachtet, denn Herodotuss) [Lib II. p. 67. Edit. Steph. / Historien II 158] bezeuget, daß Necus, der Sohn des Psamniticus, zuerst in Aegypten einen Graben bis ins rothe Meer zu machen angefangen, ob demselbigen[!] gleich Darius nachgehends tiefer gemachet hat.”


[§264, pp. 244-45] “§264 […]Doch Kircherd) [Mund. Subterr. Tom. 1. p. 83 seq.] bringt aus dem persianischen Schriftsteller Paradia noch andere Beweise bey, die nicht gänzlich ohne Wahrscheinlichkeit sind; denn man hat wahrgenommen, daß bey gewaltigen Stürmen der Ostwinde auf der caspischen See, in der schwarzen See große und ungewöhnliche Wellen verspüret werden, gegentheils wenn die Westwinde gewaltig auf das Schwarze Meer blasen, sieht man dergleichen Unruhen in dem caspischen, woraus man vermuthen sollte, daß diese beyden Seen durch unterirdische Höhlen mit einander Gemeinschaft haben. Diese Vermuthung bestätiget Paradia durch eine andere Beobachtung. Man findet nämlich an den Ufern des schwarzen Meeres dergleichen Auswürfe als eine gewisse Art fron Seegrase, Schlangen und Bäume, die nicht dem Euxinus sondern der caspischen See allein eigen [245] sind, und also durch unterirdische Wasserleitungen aus einer in die andere müssen gekommen seyn. Diese Beweise, sage ich, sind nicht gänzlich ohne Wahrscheinlichkeit; doch diejenigen, die Kircher an angeführter Stelle beybringt, um darzuthun daß das caspische Meer durch unterirdische Höhlen mit dem persianischen Meerbusen Gemeinschaft hat, sind weniger gegründet, und deswegen will ich mich damit nicht aufhalten. Wichtigere Beweise findet man bey dem Philippus Aprilis, einem Jesuitene) [S. Act. Erud. Lips. A 1694. mens. Febr. p. 63], der unter anderem bezeugt, daß zweene schreckliche Wirbel unweit Kilan in der caspischen See sind, die das Wasser mit großer Gewalt in sich ziehen, und daß jährlich viel Weidenblätter in dem persianischen Meerbusen um den Herbst herum treiben, welche Bäume in den südlichen Theile von Persien unbekannt sind, aber um die Ufer des caspischen See bey Kilan sehr häufig wachsen; doch ich gestehe gern, daß dieses alles noch nicht genug ist, hiervon etwas sicheres veste zu stellen. Indessen verdienet das Zeugniß des Herrn de l´Islef) [Memoir. de l’Acad. 1720. p. 495.] einige Aufmerksamkeit, nach dessen Berichte Czaar Peter der erste, während seines Aufenthalts zu Paris, ihm die Ehre angethan hat, zu berichten, daß man irrig vorgäbe, als befände sich ein an sich ziehender Wirbel oder Maalstrom in der caspischen See; […]. Der Czaar Peter der erste hat eine merkwürdige Karte von dieser See verfertigen lassen, woraus man sehen kann, wie sehr sich andere in ihrer Gestalt und Größe geirret haben.[g) S. die Schriften der pariser Acad. 1721. 320 S. wo man diese Charte und ihre Vergleichung mit andern findet. Siehe auch les Voyages au Nord. Tom. 7. p. 303. &suiv.]”


[§272, pp. 248-49] “§272. Wenigen und beynahe den Wassertaugern allein ist vergönnet, die wahre Gestalt dieser weitläuftigen Sammelplätze genauer zu betrachten, und selbst diese sehen nur einen kleinen Theil auf einmal; sonsten weiß man auch durch die Auswerfung des Senkbleyes, daß die See durchgehends vom Ufer nach der Mitte zu nach und nach tiefer und tiefer wird, und daß überhaupt ihr Boden in vielerley Absichten mit dem Lande, das über die See erhaben ist, übereinstimmet, so, daß ihre größte Tiefe einige Gleichheit mit der Höhe der höchsten Berge zu haben scheint, und die größte Tiefe eine holländische Meile nicht übertreffen soll, wenn keine Zugwirbel oder andere Verhinderungen sind, welche das Senkbley wegführen. Dieses hat der Herr Graf Marsigli sehr scharfsinnig dargethan und vorgestellet, er hat den Berg Canigou zum Exempel genommen, der 1.400 Toisen oder 8.400 Fuß nach seiner Bestimmung hoch ist, ([…]) welcher Berg nicht weit von dem mittelländischen Meere abgelegen ist, und er bestimmet die Tiefe des mittelländischen Meeres auch auf soviel Fuß, wo es nämlich um die französischen Küsten am tiefsten ist. […] Dampier überhaupt wahrgenommen, daß überall, wo hohe Küsten sind, die See eine große Tiefe hat, und man da sehr selten ankern kann, und daß an den Plätzen, wo das Land etwas von dem Ufer hinauf läuft, bequemer Platz zu ankern ist, ob wohl mitten im Lande oder weiter von der See große Höhen gefunden werden, welches er mit einer Menge von Beyspielen gewiesen hat. […] Wenn die Erzählung von dem sicilianischen Taucher Nicholas Pescecola, die Kircher mittheilet, nicht erdichtet ist, so wird man von der Unebenheit des Bodens der See noch mehr überzeuget werden. Dieser Pescecola gieng auf Befehl des Königs Friedrichs von Sicilien, die Beschaffenheit der Charybdis zu untersuchen, wozu er durch ein großes Geschenk gereizet wurde. Er fand auf dem Grunde der See nicht allein einen schnellströmenden Fluß, der aus dem untersten Grunde dieses Wirbels herkam, sondern auch eine Menge von Klippen, womit die [249] sicilianische Straße besetzet ist, wo das Wasser so tief ist, daß Pescecola wie durch eine dicke Finsterniß bedecket ward. Kircher bezeuget, diese Nachricht sey ihm aus den königlichen Archiven durch den Secretair, welcher selbige verwahret, mitgetheilet worden.”


[§275, pp. 250-51] “§275. Wir wollen lieber mit den vornehmsten heutigen Naturkündigern annehmen, daß der allweise Schöpfer im Anfange eine erforderliche Menge Salz in das Seewasser gemenget hat, vielleicht hat das Wasser, als es von dem Trockenen abgesondert wurde, eine erforderliche Menge Salz aufgelöset und mit sich genommen, über dieses werden wir in der Folge sehen, daß viele Brunnen und Flüsse aus der See durch Durchsäugung herkommen; hierdurch würde zwar die See beständig etwas von ihrem Salze verlieren, aber Gottes Vorsicht hat auch hier die nöthige Vorsorge gebrauchet, denn es bringen nicht allein viele Flüsse wiederum einiges Salz in die See, sondern es ist auch nicht unwahrscheinlich, daß an vielen Stellen unten auf dem Grunde ganze Salzklippen und Salzberge gefunden werden, die nach und nach zergehen, und also der See das verlorne Salz wieder ersetzen. Man betrachte nur die Insel Ormuz in der Mindung des persischen Meerbusens, welche ganz oder beynahe ganz aus Salze besteht. Nun kann das Seewasser nur eine gewisse Menge Salzes nach des Marsigli und anderer Wahrnehmungen auflösen, also geht nur immer von den Salzklippen so viel ab, als zu Unterhaltung der erforderlichen Salzigkeit nothwendig ist. Hieraus würde man folgern können, daß der [251] Gedanke des Herrn Halley nicht viel Grund hat, wenn er annimmt, die Salzigkeit des Meeres müsse von Zeit zu Zeit größer werden, weil die Flüsse beständig Wasser zuführen, das mit ein wenig Salze vermenget ist, welches sie von den Gegenden wo sie durchfließen, mit sich führen, und woraus man nach seinen Gedanken das vergangene und noch zu erwardente das Alter der Welt bestimmen könnte. Die See aber verliet gewiß etwas von ihrem Salze, wenn sie, wie wir schon gesaget haben, durch Durchsäugung Brunnen und Flüssen durch unterirdische Gänge Wasser verschaffet. Die vornehmsten Gründe, auf welche Herr Halley seine Schlüsse stützet, sind die großen Seen, die Salzwasser haben, als die caspische, das todte Meer, das Meer Titicaca und Peru u.s.f. worein nach seinen Gedanken das Salz durch die Flüsse gebracht wird, die sich dahinein ergießen; aber könnten nicht auf ihrem Boden Salzklumpen seyn, die nach und nach schmelzeten? Sollte nicht der allweise Schöpfer die Wasser dieser Seen vom Anfange haben salzigt machen können?”


[§276, p. 251] “§276. Wenn man des Marsigli Beobachtungen zum Grunde setzt, so befinden sich in hundert Pfund Seewasser vierhundert und zwey Drachmen und dreysig Krane Salz; wiewohl man durch Uebertreiben oder Destiliren nur dreyhundert und fünf und zwanzig Drachmen daraus erhalten kann; es scheint aber als seyen diese Versuche mit Wasser von der Oberfläche des mittelländischen Meeres angestellet; denn Marsigli bezeuget, daß das Salz 1/32 von dem Wasser der Oberfläche und 1/29 von dem Wasser bey dem Boden ausmachet, nun verhalten sich 402 Drachmen und 30 Krane zu 100 Pfund wie ungefähr 1 zu 32.”


[§277, pp. 251-52] “§277. Außer der Salzigkeit findet man bey dem Seewasser eine Art von Bitterkeit die sicherlich ihren Ursprung von einer Art Judenpech hat. Denn Marsigli bezeuget, daß man diese Materie auf dem thracischen Bosphorus an verschiedenen Oertern treiben sieht, welches man auch in Ostinden, wo der graue Ambra angetroffen wird, in großen Ueberflusse findet. Er glaubet, dieser Geschmack entstehe aus einer Art von Steinkolen, die er für einen geronnenen harzigten Saft ansieht, und um dieses zu beweisen vermengte er 40 Kranen flüchtigen Geist von Steinkolen in zwo Pinten durch Kunst gemachtes Seewasser, [252] wodurch das Wasser gleich so einen bittern Geschmack bekam, als das natürliche Seewasser auf der Küste von Provence; er hat aber 50 Kranen von diesem Geiste nöthig an das künstliche Seewasser so bitter zu machen, als das natürliche aus einer ansehnlichen Tiefe ist.”


[§278, pp. 252-53] “§278 […] Bäckt man Brodt von Mehle daß mit Seewasser vermenget ist so kann man dasselbige so lange es noch frisch ist, ohne Ekel essen, ob es wohl ein wenig salzigt schmecket, aber wenn es einen Tag oder etwas mehr alt ist, bekömmt es eine ekelhafte Bitterkeit. […] Doch die Wahrnehmungen des Herrn d’Archery beweisen, daß durch die letzte Art das Seewasser nicht trinkbar zu machen ist, weil es sich selbst nicht einmal von allem seinem Salze, geschweige denn von seine Bitterkeit wohl verschlossen war: denn derselbige nahm eine ledige Weinflasche, die mit einem Korkstöpsel wohl verschlossen war, den man fest hinein geschlagen hatte, er verklebete über dieses den Kork mit Wachs und Pech, und band, zu noch mehrerer Versicherung, Pergament fest dar- [253] über, so daß es unmöglich schiene, daß Wasser in die Flasche sollte dringen können. Diese Flasche ließ er 130 Faden tief in die See sinken und zog sie so gleich wiederum herauf, da er sie dem mit Wasser gefüllet fand, welches am Geschmacke zwar ¾ weniger salzigt war, als das gewöhnliche Seewasser. Also hat diese gewaltsame Durchsäugung durch Kork, Wachs, Pech und Pergament das Wasser nicht von allen seinen Salztheilen befreyen können, viel weniger wird solches die Durchsäugung durch Wachs alleine verrichten.”


[§279, pp. 253] “§279 Der berühmte Leibniz (s) steht in den Gedanken, man könne das Seewasser nicht nur durch Uebertreiben, sondern auch durch Durchsäugen süße machen. Was die Durchsäugung betrifft, so ließ der Graf Marsigli (t) das Wasser durch 15 verschiedene Töpfe von einerley Größe mit Sande und Gartenerde gefüllet, laufen, so, daß es aus dem ersten Topfe durch eine Röhre am Topfe in dem Boden, in den zweyten u. s. w. lief, bis es von dem 15 in ein darzugeschicktes Gefäße aufgefangen ward. Hier geschahe eben das, als wäre es durch eine mit Sande oder Gartenerde-gefüllte Röhre von 75 Zoll hoch gelaufen, wodurch es so viel von seinem Salze verloren hatte, daß es nach des Marsigli Gedanken davon völlig befreyet wäre worden, wenn die Röhre noch einmal so lang gewesen wäre.”

[Note (s)] “In Act. Erud. Lips. A. 1682. p. 386 seq.”

[Note (t)] “l. c. p. 32 seqq.”


[§324, p. 279] “§324 […] Ferner ist der chaldicische Strudel bey Euböa, oder Negroponte, welcher wegen des erdichteten Todes des Aristoteles, so berüchtiget ist, vor diesem sehr berühmt gewesen, weil er auch zu gewissen Zeiten das Wasser einschlürfet, und dasselbe zu gewissen Zeiten wieder ausspeyet.”


[§325, p. 280] “§325 […] In dem atlantischen Meere auf den Küsten von America hat man einen starken Strom von Cap Augustin in Brasilien nach den Antillen des mexicanischen Seebusens, das ist von Süden nach Norden, oder von Südost nach Nordwesten; doch fand der Herr Anson auf seiner Reise um die Erde auf den Küsten von Brasilien in 16 Graden Süder Breite, einen Strom, der nach Süden gieng, den Küsten folgete, und sich südlicher als der Fluß de la Plata erstreckete; er lief in vier und zwanzig Stunden dreysßig Meilen, ja man befand, daß er einst vierzig Meilen in so vieler Zeiter hinter sich geleget hatte.”


[§329, p. 282] “§329. Von allen Bewegungen der See ist überhaupt anzumerken, daß dieselben meistens auf der Oberfläche und auf einen kleinen Abstand hinunter von der Oberfläche bemerket werden. Dieses erhellet aus den Berichten, welche Boyle von Seefahrern und Wassertauchern bekommen hat, von denen wir nur ein oder zwey kleine Exempel anführen wollen. Diejenigen, welche in Ostindien die Perlen fischen, machen sich kein Bedenken daraus, sich in die See hinunter zu lassen, wenn es so heftig stürmet, daß ein Schiff kaum auslaufen darf; weil sie durch die Erfahrung wohl versichert sind, daß unten gegen den Grund das Wasser genugsam ruhig ist. Erfahrne Seeleute haben auch versichert, daß die Bewegung der See beym allerheftigsten Sturme in vier Faden Tiefe von keiner Beträchtlichkeit sey. Ein Wassertaucher, welcher vermittelst einer dazu gemachten Glocke einige Stunden unter dem Wasser bleiben konnte, versicherte Boylen, daß in 15 Faden Tiefe keine Bewegung gespüret wird, ob gleich heftige Sturmwinde das Wasser auf der Oberfläche gewaltig bewegen. Jedoch wird bey etwas lange anhaltendem Sturme das Wasser an dem Grunde ein wenig unruhig, gleichsam dicker und trüber. Aber ich darf mich nicht unterstehen, zu behaupten, daß eben dieses bey den allgemeinen Strömen Platz findet, insonderheit bey der Ebbe und Fluth, wo der ganze Körper des Wassers scheint beweget zu werden, obgleich die Oberfläche wohl am meisten in der Bewegung ist.”


[§332, pp. 287-88] “§332 […] Der Jordan ergießt sich, wie ich eben gemeldet habe, in diese See, ohne daraus wieder zum Vorscheine zu kommen, daher einige nicht unrichtig gemeynet haben, daß diese See durch unterirdische Gänge mit andern Seen Gemeinschaft habe. Aber nach der Ausrechung des Herrn Buffon giebt der Jordan täglich 6,000,000 Tonnen Wasser, und weil das todte Meer 72 Meilen lang und 18 breit ist, so dämpfen, [288] nach den Regeln des Halley (§263 [correct: §253]) täglich 9,000,000 Tonnen Wasser aus, und also würde es nicht nöthig seyn zu unterirdischen Gängen seine Zuflucht zu nehmen, weil man auf diese Weise einen Weg gefunden hat, wodurch auch das Wasser kleinerer Flüsse, welche von den Gebirgen in Palästina herab kommen, wieder fortgehen kann.”


[§346, p. 297] “§346 […] Mariotte glaubet, daß das Regen- und Schneewasser durch die kleinen hohlen Gänge, welche es antrifft, in die Erde dränge; und diese kleinen hohlen Gänge würden angetroffen, wenn man einen Brunnen oder eine tiefe Grube gräbt, welche sogleich, wenn man auf den sogenannten Quell kömmt, von dem Wasser, welches aus diesen Gängen heraus tröpfelt und zuweilen herausbrudelt, angefüllet werden. Das Regenwasser hingegen, welches auf die Berge und Hügel niederfällt, nachdem es durch die Oberfläche der Erde, und vornehmlich wenn sie locker und mit kleinen Kieselsteinen vermischet ist, durchgedrungen, trifft oftmals kleine Bänke und aneinander liegende Felsen an, längst welchen es abläuft, weil es keinen Durchgang findet, bis daß es, wenn es auf den Boden oder zum wenigsten auf eine ziemliche Strecke von der Spitze gekommen ist, sich als ein Brunnen zeiget. Diese Meynung wird wahrscheinlich gemachet.”


[§347, p. 299] “§347 […] Diese und dergleichen Beobachtungen haben den Herrn de la Hire belehret daß das Regenwasser, wenn es auf solches Erdreich fällt, das mit Kräutern und bäumen besetzet ist, nicht tiefer als zween Fuß hineindränge, es wäre denn, daß das Erdreich kiesicht oder mit kleinen Steinchen vermischet wäre.”


[§349, pp. 300-1] “§349. Eine noch andere Schwierigkeit, welche mir sehr wichtig zu seyn scheint, bringt der Herr Sédileau wider die Meynung des Mariotte an. Er meynet, Mariotte habe auf oben gemeldete Weise ganz und gar nicht bewiesen, daß das Schnee- und Regenwasser hinreichend wäre, die Brunnen und Flüsse zu unterhalten, weil vornehmlich die Breite von 50 Meilen, welche er der Gegend giebt, die der Seine Wasser zuführe, sehr willkührlich genommen wäre. […] [301] […] Inzwischen glaubet Herr Sédileau […] daß in England und Schottland noch nicht halb so viel Wasser in der Gestalt des Schnees und Regens aus der Luft falle, als erfordert wird, den Lauf aller der Flüsse, welche sich auf dieser Insel befinden, zu unterhalten.”


[§353, p. 303] “§353. Der scharfsinnige Halley konnte aus den bereits gemeldeten und anderen Ursachen sich mit der Meynung dererjenigen, welche den Ursprung der Brunnen dem Regen- und Schneewasser zuschreiben, nicht befriedigen, und stellete sich daher die Sache auf eine ganz andere Art vor. Er befindet durch eine Ausrechnung, welche auf Versuche gegründet ist, daß aus der See wohl dreymal mehr Dünste aufsteigen, als erfordert werden, den Flüssen Wasser zu verschaffen, welche Rechnung ich hier nicht mittheile, weil dieses Werkchen des Herrn Halley in das Holländische übersetzet ist. Ferner zeiget er, daß über den ganzen Erdboden Ketten von Bergen ausgebreitet sind, weswegen die Dünste, welche aus der See aufsteigen, eines Theils durch die Winde über das flache Land bis auf diese Gebirge gebracht werden, wo der Strom der Luft sie gegen diese Hindernisse antreibt. Die Kälte aber welche daselbst herrschet, sie verdicket und in Wasser verwandelt. Dieses Wasser rinnet gleich durch die Steinklüfte, und dringt nebst einer Anzahl von Dünsten in die Hölen der Berge, als in ein Destillirgefäße; so viel nun mehr Wasser, als diese Hölen oder Becken einnehmen können, hinein kommt, läuft längst den niedrigsten Oertern und längst den Seiten des Gebirges nieder und machet einzelne Brunnen aus.”


[§355, pp. 305-6] “§355. Weil nun der Regen, der Schnee, und die Verdickung der Dünste nicht die allgemeinen und einzigen Ursachen der Quellen sind; so haben andere, wiewohl nicht auf [306] einem und eben demselbigen Wege, ihre Zuflucht zu der See genommen. Cartesius stellete sich die Sache auf diese Weise vor: Er setzet daß unter der Erde, vornehmlich unter den Gebirgen, eine Menge von Hölen wären, welche vermittelst unterirdischer Gänge mit der See Gemeinschaft hätten, und durch diese Gänge mit Seewasser angefüllet würden, dieß Wasser möchte nun erst durch den Sand und andere erdichte Materie durchseigen oder nicht. Dieses Wasser wird, nachdem es in den unterirdischen Hölen versammlet ist, durch die unterirdische Wärme in Dünste erhoben, daß es also durch die Zwischenräume und Oeffnungen der Gewölbe, mit welchen die Wasserbehältnisse bedecket sind, dringt, und sehr hoch steigt, bis daß die Dünste, nachdem sie ihre Wärme verloren, wiederum in Wassertropfen zusammenfließen. Diese Tropfen können nun nicht wieder durch die Oeffnungen, wodurch die Dünste aufgestiegen sind, zurückkehren, weil diese zu klein sind; sie sacken sich dieserwegen nieder, bis daß sie eine kleine Ader antreffen, in welcher sich versammlen.”


[§357, p. 308] “§357. Varenius, Derham, und andere nehmen zwar an, die Brunnen bekämen ihr Wasser allein aus der See: Aber die Weise, auf welche das Seewasser bis auf die höchsten Gipfel der Berge steigt, ist von der Cartesischen weit unterschieden. Sie stellen sich nämlich vor, als wenn das Wasser auf eine solche Weise sich in die Spitzen der Berge zöge, wie es in einem langen Stücke Brodt thut, welches mit seinem einem Ende ins Wasser gesetzet wird, und über dem Wasser hervorraget, oder endlich in den Haarröhrchen, davon die Versuch viel zu bekannt sind, als daß wir uns hier damit aufhalten sollten.”


[§358, p. 311] “§358 […] So meldet auch Labat, auf der Vogelinsel befänden sich keine Brunnen noch Flüsse von süßem Wasser; man brauche aber nur mit der Hand oder mit einem Stabe eine Grube von 10 bis 12 Zoll tief zu machen, so finde man gutes und trinkbares Wasser, welches aber nach Ablauf einer Viertheilstunde nach und nach salzig werde.”


[§362, pp. 314-15] “§362. Die Brunnen, die nicht unaufhörlich Wasser geben, lassen sich wiederum in verschiedene Arten theilen; einige beobachten keine gesetzten Zeiten, dergleichen diejenigen sind, die ihren Ursprung vom Regen und Schneewasser haben, andere geben zu gesetzten Zeiten Wasser, und sind auch zu gesetzten Zeiten trocken, oder mit weniger Wasser versehen; diese Zeiten sind bey einigen länger, bey einigen kürzer, wie wir mit einigen Beyspielen bestätigen wollen. Man findet dergleichen Brunnen schon bey dem ältern Plinius, wie auch bey dem jüngern erwähnet, beyde melden, gleich beym Lago di Como oder Comer See (Lacus Larius) befinde sich ein Brunnen, der zu gesetzten Zeiten Wasser gebe, und zwar berichtet der letzte, der Brunnen nehme des Tages dreymal zu und ab, und Scheuchzer berichtet, es befinde sich noch ein solcher Brunnen daselbst, fünf Meilen von Como. In diese letzte Art gehöret auch der Brunnen im Bisthume Paderborn, der sich in 24 Stunden zweymal verliert, und allemal nach Ablauf sechs Stunden mit großem Getöse wieder kömmt, welcher in den Transactionen, die le Clerk holländisch übersetztet hat, beschrieben wird […] [315] […] Andere Brunnen dieser Art beschreibt Gassendus, niemand aber hat mehr Beyspiele davon gegeben, als Scheuchzer, und man findet solche fast alle in der Schweiz. So ist bey Aigle (Aquilea) im Canton Bern, ein Brunnen, Lo Tare genannt, am Fuße eines Berges, der um das siebente Jahr einige Wochen lang überflüßig Wasser giebt. Der Engstler Brunnen, auch unter dem Gebiete des Cantons Bern, fließt nur von der Mitte des Mayes bis in die Mitte des Augusts, und diese Zeit über des Morgens um acht, und des Abends um vier Uhr, wiewohl auch hier einige Unordnungen bemerket werden.”


[§363, p. 316] “Das Wasser des Pfefferbades in Deutschland kömmt jährlich um den 3 May zum Vorscheine, und höret um den 14. Sept. auf. Es ist nicht nur mit Schwefel, sondern auch mit ein wenig Golde und einem Theile Salpeter vermenget, wie Varenius und Kircherus melden.”


[§364, pp. 316-17] “§364 […] Ich will keine Exempel ferner aus dem Varenius beybringen, weil man sich auf solche sehr wenig verlassen darf. Man könnte unter diese Brunnen mit Rechte den von Montmerveille, im Palatinate von Cracau in Polen zählen, welcher sich nach dem Lauf des Mondes zu richten scheint: In der Mitte dieses Berges Montmerveille an der Südseite findet man nach des Herrn Denys Berichte [l) Beym Astruc. l. c. p. 416. et suiv.], einen großen Brunnen, dessen Wasser sehr helle ist, und mit starkem Getöße aus dem Grunde zum Vorschein kommt. Je mehr sich der Mond der Opposition mit der Sonne nähert, desto stärker fließt das Wasser, so daß es, wenn der Mond [317] voll ist, über die Ufer des Behältnisses, innerhalb dessen es sonst eingeschlossen ist, fließt, wenn sich aber der Mond der Conjunction nähert, verändert sich das Wasser von Zeit zu Zeit. Es gefriert nicht, und fängt Feuer, wenn man ihm eine brennende Kerze nähert.”


[§365, p. 318] “§365 […] Einige Brunnen haben Salzwasser, es sey daß das Salz mit dem Wasser selbst vermenget ist, oder daß man nur den Salzgeist darinnen findet, dergleichen findet man viere zu Halle in Sachsen, zu Lüneburg, zu East-Chenok in Sommersetshire, zu Butterby, anderthalbe Stunde von Durham mitten im Flusse Weare, zu Nantwich in Cheshire, zu Droitwich in Worcestershire, und an mehr Oertern in Großbrittannien. Scheuchzer hat ihrer sechs beschrieben, die nur in der Schweiz gefunden werden. Andere sind süßer wie Zucker, dergleichen ein Brunnen zu Toledo ind Spanien gefunden wird, dessen Wasser um den Grund säuerlich, auf der Oberfläche sehr süß ist.”


[§365, pp. 318-19] “Feuillee fand zu Guancabalica siebenzig Meilen von Lima in Peru [319] einen Brunnen der warm Wasser von sich giebt, das unweit des Brunnens sich über die umliegende Länder ausbreitet und zu Steine wird. Die meisten Häuser daselbst sind aus diesen Steinen gebauet, und um solchen die gehörige Größe und Gestalt zu geben, füllet man nur die Formen, welche die verlangte Weite und Höhe haben, mit solchem Wasser, das wenig Tage darauf zu Steine wird; man verfertigt so gar Bilder daraus, die sehr feine Züge haben, so daß nichts.”


[§365, p. 319] “§365 […] Tollius erwähnet einen Brunen, den man in Hungarn, tief in einer Kupfergrube findet, dessen Wasser innerhalb sechs oder sieben Wochen das Eisen in Kupfer verwandelt, wiewohl solches keine eigentliche Verwandlung kann genannt werden, weil das Wasser die Eisentheilchen auflöset, und statt ihrer Kupfertheilchen fallen läßt, wie Tollius selbst meldet.”


[§368, p. 321] “Und solche heisse Brunnen findet man nicht allein in diesem unsern Welttheile, sondern auch in Asien, (vornehmlich in Japan, wo einige Bäder so heiß sind, daß sie zur Zeit der Verfolgung der Christen zu Martern gedienet haben, wie man in der Hedendaagsche Historie van all Volken sehen kann) in africa und in America.”


[§369, p. 322] “Das warme Brunnenwasser erkaltet viel langsamer als gemeines kochendes Wasser. Man betrachte das warme Brunnenwasser zu Aachen, welches wenigstens zwölf Stunden stehen muß, ehe es zu brauchen ist, daß man sich darinnen baden kann, und selbst im Kaisersbade sind wohl 15 bis 18 St. dazu nöthig.”


[§374, pp. 324-25] “§374. Ehe wir die heissen Brunnen verlassen, und uns zu den Flüssen wenden, müssen wir noch etwas von den Brunnen sagen, die Feier fangen. Hierunter verdichtet der Brunnen des dodonäischen Jupiter die erste Stelle, wenn man den Plinius trauen dürfte, da solcher ausgeblasene Kerzen soll angezündet haben. In Polen im Palatinate von Cracau, findet man einen Brunnen, den ich oben erwähnet habe, dessen Wasser bey Annäherung einer brennenden Fackel wie Brantewein Feuer. In Dauphine vier Stunden von Grenoble, ist ein Ort, den man vor diesem für einen feuerfangenden Brunnen gehalten hat, […] In Italien ist eine Quelle, Porrecta Nova, die man durch einen Löwenrachen geleitet hat; wenn man nun eine brennende Kerze daran hält, so entzündet sich das Wasser, und die Flam- [325] me ergreift die Oberfläche; dieses erfolget nicht wo das Wasser still steht, sondern wo es in Bewegung ist und Dampf von sich giebt, wie Laurenti wahrgenommen hat.(a) In Engelland bey Broseley in Shropshire, ward 1711 eine Quelle entdecket, die man mit einem eisernen Deckel, darinnen eine Oeffnung ist, zugedecket hat. Wenn man an diese Oeffnung eine brennende Kerze bringt, so entzündet sich das Wasser sogleicht, und fasset eine Flamme wie Brantewein, welche aber ausgeht, wenn man den Deckel aufhebt. […] Man sieht leicht, daß die Eigenschaften dieser Brunnen vornehmlich auf entzündbare Dämpfe ankommen, dergleichen pechartige, schwefelichte, u.s.w. sind, die aus dem Grunde aufsteigen, und durch das Wasser gehen. Dieses erhellet vornehmlich an den Brunnen von Porrecta Nova, und Broseley; denn wenn die Kerze etwas weiter vom Löwenrachen abgehalten wird, wird man keine Flamme gewahr, ob man bleich das Wasser beynahe berühret, zu einem Bewise daß mit dem Wasser verbrennliche Dämpfe vereiniget gewesen, aber plötzlich in die Luft verflogen sind; dieses Wasser in kleine Behältnisse geleitet, sich darinnen zu waschen; wenn nun hier und dar Bläschen daraus aufsteigen, und eine brennende Fackel denselben nahe gehalten wird, erfolget sogleich eine Flamme, steigen aber keine Bläschen auf, so zeitet sich auch keine Flamme, wiederum zu Bestätigung des Angeführten. Daß es sich bey dem letzt erwähnten Brunnen auch so verhält, zeiget sich aus dem Verschwinden der Flamme, wenn der Deckel aufgehoben wird. Alsdann nämlich verfliegen die Dämpfe auf einmal von der Oberfläche, die sich sonsten nach und nach versammleten, durch den Deckel aufstiegen, und so mit vereinigten Kräften der Flamme Nahrung gaben.”


[Note (a)] Lulofs cites his source, a commentary (“De aquis porectanis”) in De Bononiensi Scientiarum et Artium Instituto atque Academia Commentarii (1731, 1: 113-22) that discusses the experiments of Marko Antonio Laurenti. Kant might also have drawn directly from this Latin text, but the Lulofs text accounts for the claims appearing in the Herder notes.


[§386, pp. 330-31] “§386. […] Picard fand daß die Seine zwischen Valvint und Seve, auf 1000 Toisen oder 6000 Fuß sich um einen Fuß senket, so daß die ganze Senkung auf 7680000 Fuß nur 1280 Fuß, und auf 100 Fuß nur 1⁄5 Zoll nicht aber 1⁄4 Zoll betrüge. […] [331] […] und so erhellet, daß man das Gefälle der Donau viel zu groß gesetzet hat, und daß des Varenius und Kühns Meynung äußerst ungereimt ist. Und doch ist die Donau wegen ihres schnellen Stromes berühmt, […].”


[§405, p. 356] “Leibnitz muthmaßet also, als die Allmacht anfangs das Licht von der Finsterniß abgesondert hat, habe die Materie welche die Erde ausmachet, größtentheils gebrannt, so daß die Erde anfangs ein Fixstern gewesen sey, den aber die Verbrennung mit einer dunkeln Rinde überzogen habe. Die Rinde sey glasartig gewesen, also sey der Grundzeug der Erde Glas, und der Sand sey nichts anders als Stücken desselbigen, daraus nachgehends durch die Vermischung mit Salzen, und durch den Umlauf des Wassers und der Dünste verschiedene Arten von Erde entstanden sind. Ferner muthmaßet er, die Feuchtigkeit welche durch die Kraft des Feuers in die Luft erhoben war, sey nach Erkältung der Rinde wiederum zusammen geflossen, und dadurch eine Art von wässerichten Wesen entstanden, wie dasjenige, das kalische Salze aus der Luft an sich ziehe. (oleum per deliquium) Dieses habe sich mit den feuerbeständigen Salzen vereiniget und die See ausgemachet. Die See habe vor diesem einen großen Theil der Länder bedecket, die jetzo über das Wasser erhoben sind, und sey vormals über die höchsten Berge gegangen, bis daß die Rinde der Erde, die an den meisten Oertern hohl war, durch die ausdehnende Kraft der Dünste, die in diesen Höhlen eingeschlossen waren, durch das Gewichte des Wassers, und vielleicht auch durch Erdbeben, zerbrochen ist; hierauf scheint er, wenigstens in dem ersten Entwurfe dieser Muthmaßungen, herzuleiten, warum so viel Muscheln und andere Körper, die eigentlich aus der See kommen, auf den Bergen gefunden werden. Ferner glaubet er, da die See anfangs den höchsten Bergen gleich gestanden, sey sie durch die geöffneten Risse ins Innerste des Abgrundes gedrungen, und da durch sey ein großer Theil der Erde trocken geworden; doch gesteht er, daß viele Veränderungen auf der Oberfläche der Erdkugel vorgefallen sind, die man der allgemeinen Sündfluth, und andern großen Ueberschwemmungen zuschreiben muß.”


[§408, pp. 357-58] “§408. Der gelehrte und scharfsinnige Burnet, dessen Gedanken vom Meere und den Bergen wir oben im Vorbeygehen betrachtet haben, hat mit viel Wohlredenheit zu erweisen gesuchet, daß die Oberfläche der Erde vor der Sündfluth glatt und eben gewesen, und daß damals die Erdaxe, die jetzo mit der Axe der Ecliptik einen Winkel von 23 Gr. 28 Min. 30 Sec. machet, auf die Fläche der Erdbahn rechtwinklicht gestanden, daß sich unter der äußersten allgemeinen Rinde eine große Wassersammlung befunden, und daß zur Zeit der allgemeinen Sündfluth die äußerste Rinde durch die natürliche Wirkung der Sonne, die wegen des gemeldeten Standes der Erdaxe, durch keine Veränderung von Jahreszeiten, durch keine Schlagregen oder Stürme geschwächet wurden, eingestürzet und [358] gebrochen ist; dadurch ist die bis dahin eingeschlossene See zum Vorscheine gekommen, und die hervorragenden Stücken der eingestürzten Rinde haben die Gestalt von Bergen, Inseln, und Halbinseln angenommen. Wir bewohnen also nur die Ruinen der ersten Erde, in denen keine Spuren von Weisheit und verständiger Einrichtung, sondern nur Denkmahle von der ersten Schönheit der Erde, und Gottes rächender Hand über die Sünden der ersten Erdbewohner zu finden sind.”


[§410, p. 360] “§410. Es ist kaum der Mühe werth, daß ich mich mit dem Gedanken aufhalte, den Herr Bourguet vorgetragen hat, weil er denselbigen auf eine Reihe von Erfahrungen bauet, die ich mehr als die Hälfte falsch befunden habe, oder die wenigstens vielen Ausnahmen unterworfen sind. Er glaubet, die Erde sey anfänglich in einem flüssigen Zustande gewesen, durch die Umdrehung um ihre Axe aber wären die schwersten Felsen haben, und die schwersten Metalle nebst den Edelsteinen, unter dem Aequator zwischen den Wendekreisen und in denenjenigen Plätzen der gemäßigten Himmelstriche, welche den Wendekreisen am nähesten liegen, vornehmlich zu suchen. Dieses ist das allgemeine von seiner Theorie der Erde, welche unlängst durch den Herrn Büffon weiter ist ausgeputzet und mit einigen Veränderungen vorgetragen worden. Ich will die Gründe, worauf dieses beruhet, nicht untersuchen, sondern nur einige allgemeine Anmerkungen beybringen, die nach meiner Einsicht diesen Gedanken auf einmal umstoßen.”


[§411, pp. 361-62] “§411. Ich will hier die Gedanken des scharfsinnigen Whiston nicht prüfen, weil sie viel besser aus der heil. Schrift als durch die Gründe und Erfahrungen, der sich ein Philosoph bedienet, kann bestritten werden; aber ich will lieber einige andere Gedanken von den allgemeinen Veränderungen von der Oberfläche der Erdkugel betrachten. Vor kurzer Zeit hat der große Kräuterkenner Linnäus eine artige und scharfsinnig ausgedachte Muthmassung von den Veränderungen aus der Oberfläche der Erde vorgetragen. Wir wissen aus der heil. Schrift, daß Adam und Eva durch Gott in den Lustgarten Eden geseßet wor- [362] den, und daß Adam daselbst den Thieren, die der große Schöpfer zu ihm gebracht, Namen gegeben hat. Von jeder Art von Thieren, von jeder Art von Pflanzen sind nach des Linnäus Gedanken nur zwey Stücken, ein Männgen und ein Weibgen, geschaffen, und selbst nur ein einiges Thier und eine einzige Pflanze von denenjenigen, welche beyde Geschlechte zugleich besitzen. Ferner setzet er, die ganze Oberfläche der Erde sey im Anfange mit Wasser bedecket gewesen, bis auf eine einige Insel, die sich über das Wasser erhoben, und Menschen, Thieren und Pflanzen einen bequemen Wohnplatz gegeben habe. Dieses mußte so seyn, weil sonst Adam keine Herrschaft über die Thiere hätte ausüben, ihnen keine Namen geben und keinen Nutzen von ihnen erhalten können, wenn sie außer seiner Gewalt und nicht in dem Bezirke des Paradieses gewesen wären. Weil nun die Insecten auch gegen wärtig seyn mußten, und diese nicht ohne Pflanzen, Bäume und Kräuter leben konnten, da jede Pflanze einer besondern Art Insecten Unterhalt verschaffet, so mußten auch alle Pflanzen, Bäume u.s.f. im Paradiese und also auf der Insel gefunden werden, desto mehr, weil es Vögel giebt, die nur Beeren und andere Theile der Gewächse fressen, da sich andere nur von Insecten nähren. Hätte sich das Land vom Anfange so weit erstrecket als jetzo, so wäre es für Adam beschwerlich und selbst unmöglich gewesen, jede Art zu finden, weil sie sich nach ihrer angebohrnen Neigung sogleich auf den ganzen Erdboden würden ausgebreitet haben. Ueberdieses ist es nicht leicht zu glauben, daß der allweise Gott, der in allen seinen Werken eine so genaue Verhältniß in acht genommen hat, die ganze Erde mit Thieren erfüllt hätte, die er bald darauf, einige wenige ausgenommen, durch die Sündfluth umbringen wollte. Hierauf betrachtet Herr Linnäus die Erde selbst, und glaubet Spuren zu finden, daß die Sache wirklich so vorgegangen sey. Er glaubet, die Erfahrung lehre es, daß das Land von Zeit zu Zeit zunimmt, die See aber verliert; dieses beweist er aus Wahrnehmungen, die in Bothnien, Dalland und Gothland sind gehalten worden, und wir in der Folge dem Leser mittheilen wollen, wenn sie zu unserer Absicht mehr gehören werden als hier. Der scharfsinnige Linnäus sahe leichtlich, daß man ihm ein wenden würde, jede Pflanze, jedes Thier erfordere wohl fortzukommen, seinen eigenen Himmelsstrich und Boden, da sie doch hier alle in einer kleinen Insel beysammen wären, er glaubet aber dieser Schwierigkeit damit aus dem Wege zu gehen, daß er zum voraussetzet, das Paradies habe unter dem Aequator gelegen, und einen hohen Berg gehabt, weil ein Berg so viel mehr Kälte besitzt, als er sich höher erhebt, wie aus den Gipfeln der Berge erhellet, die beständig mit Schnee bedecket bleiben. So können auf einem Berge unter dem Aequator die Pflanzen wachsen und die Thiere leben, die sonst nur in Lapland fortkommen würden, welches mit Tourneforts Erfahrung übereinstimmet, der am Fuße des Berges Ararat, die in Armenien gemeinen Pflanzen ein wenig höher, wie diejenigen die in Italien wachsen, antraf, als er noch höher kam, diejenigen fand, die um Paris zu sehen sind, um den Gipfel die schwedischen Pflanzen, zu oberst, wo alles mit Schnee bedecket ist, zeigeten sich die Pflanzen, die ihren natürlichen Platz auf den schweizerischen und lapländischen Alpen haben.”


[§421, p. 373] “§421. Moro sahe wie viel Schwierigkeiten sich bey Bournets und Woodwards Gedanken befunden, er suchete also einen ganz andern Weg, den Ursprung der ausgegrabenen Schaalen zu erklären, und hat also ganz andere Veränderungen auf der Oberfläche der Erde ausgesonnen. Die Erfahrung lehret, daß sich auf dem Lande viele brennende Berge befinden, und daß aus dem Grunde der See Inseln hervorgekommen sind, die man als Wirkungen brennender Berge unter der See ansehen muß, denn sie geben alle Steine, Asche und andere Materien von sich, und werfen solche weit von sich weg. Dieses aus der Erfahrung vorausgesetzet, hält er für wahrscheinlich, daß die Erde vor Zeiten mit einer See vom süßen Wasser auf die Tiefe von 175 Toisen, oder 1050 Fuß ist bedecket gewesen. Unter dieser See befand sich eine Rinde von Erde, die sehr dicke war, und unter dieser ein großes Gewölbe voll Feuer. Als Gott nun die Erde den dritten Tag bewohnbar machen wollte, ließ er dieses Feuer wirken, und weil es nicht überall gleich stark wirkete, ist die Rinde, die es umschloß, an einigen Oertern aufgeborsten, und so sind die Höhlen oder Tiefen zwischen den Erhabenheiten übergeblieben. Diese Theile, welche sich erhöhet haben, sind die Berge, die über das Wasser hervorragen, weil dasselbige nach den Gesetzen seiner Schwere in die übrigen Tiefen hinunter geflossen ist.”


[§428, p. 380] “Wir wollen nicht einmal den Dollert erwähnen, der im Jahre 1277. entstanden ißt, noch den großen Platz Wasser anführen, den man jetzo da findet, wo vor dem Jahre 1421 ein weitläuftiger Landstrich mit 72 Dörfern und kleineren Wohnungen versehen war, welcher die Dortsche Waart genannt wurde, welche Länder auf die St. Elisabethsnacht auf einmal überschwemmet wurden.”


[§429, pp. 380-81] “§429 Man würde eine Menge von Beyspielen anführen können, um zu zeigen, daß man gegenwärtig an vielen Oertern festes Land findet, wo vor diesem nichts anders als Wasser zu sehen war; wir wollen nur einige wenige heybringen. Wenn man sich auf des Seneca Zeugniß (v) verlassen dürfte, so wäre der größte Theil von Aegypten vor Alters Seegewesen, der erzählet aus dem Homer, daß der Feuerbach, welcher zu seiner Zeit dichte an dem festen Landestund, vor Alters einen ganzen Tag Seegelns vom Strande war abgelegen gewesen, welche Veränderung er nicht unrecht dem Schlamme zuschreibt, den der Nil jährlich nach Aegypten schleppet und auch in die See sinken läßt (w). Hiervon sind die häufigen Muscheln ein Beweis, die man von der See an bis Memphis findet, und die großentheils versteinert sind (x). Der Grund bey Heliopolis scheint auch auf die Höhe von 7 ½ Fuß erhoben, da alle alte Gebäude tief unter den Grund gesunken sind, und es [381] ist kein Wunder, da nach der Rechnung des Herrn Shaw (y) der Boden von Aegypten auf diese Art jedes hunderte Jahr um einen Fuß erhoben wird. Die Donau bringt auch von Zeit zu Zeit Veränderungen in der schwarzen See hervor, so daß zu des Polybius Zeit eine Sandbank einen Tag Seegelns von ihrer Mündung lag, welche sich bis auf 1000 Stadien weit erstreckete, daher Polybius befürchtete, diese ganze See würde in einiger Zeit mit Lande bedecket werden.”

[note (v)] “Nat. Quest. Lib. 6 Cap. 26. Siehe auch Herodot. Lib. 2. Cap. 12. Aristoteles Meteorolog. Lib. 1. C. 14. Pomp. Mela L. 2. Cap. 7.”


[§430, p. 385] “§430 […] Man saget, daß im Jahre 1462 im Canton Bern in der Schweiz aus einer Grube 100 Ellen tief ein Schiff ist herausgezogen worden, worinnen 40 Gerippe von menschlichen Körpern lagen; daß man zu Montauban in Frankreich sehr tief unter der Erde Schiffanker gefunden, und in Peru aus einer sehr tiefen Goldgrube ein altes Schiff gezogen hat. Der aufmerksame Reisende W. van den Burge meldet auch, daß in Portugal auf dem Gebürge Strella eine See gefunden wird, in der man Ueberbleibsale von verunglückten Schiffen, als Segel, Maste, Anker u.s.f. an trifft, obwohl diese See ungefähr 13 Meilen vom Meere entlegen ist. Im Canton Unterwalten fand man ein Messer in einer Steingrube unter einem sehr großen Felsen. Scheuchzer besaß zwey versteinte Stücken von einem Menschengerippe, das eine ist so groß, daß er daraus schließen konnte, der Mensch müsse 58 pariser Zoll langgewesen seyn; ob nun diese Knochen wirklich zu Menschen gehören, die durch die allgemeine Sündfuth umgekommen sind, wie Scheuchzer behauptet, möchte sich schwerlich ausmachen lassen, vielleicht rühren sie von spätern Zeiten her. Doch wir brauchen hier wiederum keine aus ländische und zweifelhafte Beyspiele vorzubringen, weil unser eigen Land an vielen Orten eine solche Erhöhung beweist.”


[§455, p. 409] “§455 […] Auch scheint die Kälte dieser mittlern Gegend nicht überall gleich groß zu seyn, denn Herr Bouguer fand zwar überhaupt, daß die Kälte auf höhern Bergen größer ist, aber aus Betrachtung der Stellen auf den Bergen, wo der Schnee nicht mehr schmelzet, schloß er, eine Linie die durch alle solche Stellen der Berge in verschiedener Breite gienge, würde mit der Oberfläche des Erdbodens nicht gleichlaufend seyn. Um den Aequator geht diese Linie ungefähr 2434 Toisen über die Seefläche, im Anfange des gemäßigten Himmelsstriches 2100 Toisen, wo sie durch den Gipfel des Piks von Teneriffa geht; in Frankreich und Chili auf 1500 und 1600 Toisen, so daß sie sich krümmet, und die Erde unter den Polen berühret, welches alles aus der Natur der Sache und der Verschiedenheit der Wärme unter verschiedenen Himmelsstrichen, von sich selbst erhellet.”



[Part 2, §599, p. 112] “§599. Die mittlere der fünf Zonen ist die verbrannte, Zona Torrida, beym Strabo. Sie ist zwischen beyden Wendekreisen enthalten, und der Aequator halbiret sie. So erstrecket sie sich bis auf 23 Gr. 28 Min. 30 Sec. an beyden Seiten des Aequators, und hat überhaupt 46 Gr. 57 Min. Breite, so daß in ihr all Oerter der Erde liegen, deren Breite nicht über 23 Gr. 28 Min. 30 Sec. ist. Dahin gehören die meisten Eilande des indischen Meeres, ein Theil von China, Cambaja, Siam, ein Theil von Arabien, der größte Theil von Africa und vom südlichen America.”


[Part 2, §608, pp. 119-20] “§608. Die verbrannte Zone verdient außer der Betrachtung ihrer Lage und Größe, […] noch eine genauere Untersuchung ihrer Bewohnbarkeit, weil die Alten [120] hievon verkehrte Gedanken geheget haben, welche nach ihrer damaligen Erfahrung beym ersten Anblicke gegründet, oder doch nicht ungereimt schienen. Die Aegypter waren kaum bis Nubien gereiset, so, daß ihnen die Beschaffenheit der näher am Aequator gelegenen Gegenden gänzlich unbekannt war, wie sich auch aus ihrer Unwissenheit wegen der Quellen des Nils zeiget. […] Die Gedanken der Alten von der Unbewohnbarkeit der verbrannten Zone, kann man aus der vorhin (598 §) angeführten Stelle Vergils schon ersehen. Eben das findet man beym Ovidius, Tibullus, Horatius, Cicero, Pomponius Mela, Plinius. Eben der Meynung sind auch Macrobius, Claudian und in ganz alten Zeiten Anaxagoras, Diogenes, Aristoteles, Cleomedes, Achilles Tatius, Strabo, und viel andere gewesen, die man beym Burnet genannt findet.” [Lulofs provides references in his footnotes.]


[Part 2, §615, p. 127] “§615. Wiewohl es nun überhaupt richtig ist, daß die Hitze durchgängig im Sommer größer, und die Kälte im Winter gemäßigter wird, je südlicher die Länder liegen, so darf man sich doch nicht vorstellen, als h tten die Oerter, die in der gemäßigten Zone einerley Breite haben, auch einerley Hitze und Kälte, da es sich in vielen Gegenden ganz anders verhält. Wir haben z. E. in Holland in der Breite von 52 Gr. keine außerordentliche Kälte des Winters, so daß der Frost nicht sehr tief in die Erde dringt; aber zu Argun in Siberien, an der Gränze der Tartarey, thauet der Boden im Sommer nicht tiefer als auf anderthalb Ellen auf, obwohl der Ort im 50 Gr. nordlicher Breite, und also 2 Gr. südlicher als unser Wohnplatz gelegen ist. […] In Finnland giebt es auf der Breite von 64 fruchtbares Land, aber zu Beresowa im Lande der Samojeden in eben der Breite, hat man eine sehr strenge Kälte, derentwegen das umliegende Land ganz unfruchtbar ist, welches einige den kalten Nordwinden zuschreiben, die über Nova Zembla wehen.”


[Part 2, §615, p. 128] “So fand auch Tournefort um Erzerom den 19. Jun. sehr strenge Kälte, so daß das Wasser, in welches er seine Pflanzen gesetzet hatte, des Nachts eine Rinde von Eis zwo Linien dicke bekam, da doch Erzerom nur 39° 56' 34'' Breite hat.”


[Part 2, §616, pp. 129-30] “§616. Die Ursachen, warum sich Wärme und Kälte nicht nach der Wirkung der Sonne richten, zu entdecken, ist schwer und fast unmöglich. Man kennet die verschiedenen Umstände nicht zulänglich, welche dieses hervorzubringen, zusammen kommen; und kann nur Muthmaßungen vorbringen. Könnte man zuverläßig darthun, daß Kälte und Frost auf einige erkältende und eisangehende Theilchen ankomme, so ließe sich vieles von der Verschiedenheit der Winde sagen, die dergleichen Theilchen mit verschiedener Kraft und aus verschiedenen Gegenden wehend herzuführen können; denn es ist gewiß, daß Ost- und Nordwind mit allen denen, die aus den Zwischengegenden wehen, auch Südostwinde in unsern Ländern mehr Kälte und Frost verursachen als die übrigen. Man könnte auch den Unterschied in der verschiedenen Beschaffenheit des Grundes suchen; der Boden muß in Siberien etwas dazu beytragen, weil er nicht tiefer als 1 Elle aufdauet, da in andern Ländern, die eben die Breite haben, der Frost selten so tief in die Erde dringt. Daß es Theilchen giebt, die in das Wasser und andere Körper dringen, und daselbst Gefrieren verursachen, oder wenigstens die Feuertheilchen daraus vertreiben, ist nicht ganz unwahrscheinlich, wie Musschenbroek(o) durch verschiedene Beweise, darunter sehr merkwürdige gefunden werden, dargethan hat, und wie viele andere vor ihm in eben den Gedanken gestanden haben, wiewohl viele nicht so wahrscheinliche Gründe für ihre Meynung bey bringen. So schreibt Tournefort(p) den Frost und den langedauernden Schnee zu Erzerom und in den daherum liegenden Gegenden dem Salmiak zu, das da im Grunde gefunden wird. So glaubt auch P. Verbiest, der Frost, den man in der Provinz von China, Leaotung und in der chinesischen Tartarey antrifft (615. §), sey der daselbst befindlichen großen Menge Salpeter zuzuschreiben. Und Cap. Middleton suchet die Ursache der Kalte und des Eises im Churchillflusse (615. §), in der großen Menge Eistheilchen, die daselbst in der Luft schweben, und durch Nord- und Nordwestwinde herzugesühret werden, welche vom Anfange des Octobers bis ungefähr in den May wehen. Doch muß man auch gestehen, daß diese Ursachen nicht vollkommen zulänglich sind, weil es zwar wahrscheinlich ist, daß Salztheile das Gefrieren befördern können, aber daß die Kälte, so [130] durch die Wirkung der Salze verursachet wird, dem Gefrieren proportioniret sey, ist noch nicht mit zulänglichen Gründen dargethan, weil alle Wahrnehmungen des Herrn von Musschenbroek, denen ich, wenn es nöthig wäre, einige von mir in Geldern angestellte beyfügen könnte, nichts anders zeigen, als daß Kälte und Frost von einander unterschieden sind, so daß sich der Frost nicht allemal an den Stand des Thermometers bindet, da zu Jenisci nicht allein ein starker Frost herrschete, sondern auch das Thermometer auf 120 Grade unter 0 fiel, und also eine für uns unbegreifliche Kalte anzeigete. Indessen sieht man aus Fahrenheits bekannten Versuchen, daß sich durch verschiedene Salze eine große Kälte erregen läßt, so daß man das Thermometer 40 Gr. unter 0 bringen kann, daher die Salztheile nicht nur das Gefrieren, sondern auch die Kälte befordern; dieses wird niemanden fremde vorkommen, wenn er voraus setzet, daß die Salztheilchen, oder andere mit Salze vermengte Körperchen nicht so wohl als Spitzen und Keile müssen angesehen werden, die die Wassertheilchen von einandertreiben, als für Mittel, welche die Feuertheile aus der Körper Zwischenräumen treiben, weil sie derselben Stelle einnehmen; man sieht aber leicht, daß dieses alles nur unsichere Muthmaßungen sind.”

Maffei, Francesco Scipione, marchese di [top]

See: AHR, vol. 2.3.

Mairan, Jean Jacques d’Ortous de [top]

Mairan (1752): Abhandlung von dem Eisse. [biblio]


[Pp. 49-51] “Die Wärme dieses Feuers [im Mittelpuncte der Erde] läßt sich in tiefen Gruben empfinden, und zwar desto mehr, je tiefer sie sind. Man [50] darf eben nicht so gar tief in die Erde graben, so findet man schon eine beständige Wärme, die sich nicht mehr ändert, wenn gleich die Wärme der Luft an der Oberfläche der Erde anders wird. Man weis, daß in den Kellern des Observatoriens, die doch, von dem untersten Geschosse an zu rechnen, nur 84 Fuß tief sind, das Thermometer das ganze Jahr durch weder merklich steigt noch fällt; weswegen man auch den Grad, den es zeiget, zum Grade der mittleren oder gemäßigten Wärme in unserem Clima gemachet hat.

Diese Wärme bleibt ordentlich noch einerley, oder ändert sich doch nur wenig, von dergleichen Tiefe an bis zu einer Tiefe von 400, 500, oder 600 Fuß, ja auch wohl nach Beschaffenheit der Umstände mehr oder weniger darüber, wie man solches in den Bergwerken erfährt. Hernach nimmt sie mit der Tiefe zu, und wird zuweilen so stark, daß die Bergleute nicht darinne ausdauern und leben können, wenn man ihnen nicht einige Abkühlung und frische Luft entweder durch Wetterschächte, oder durch Wasserfälle verschaffete (*Man sehe nach Boylei Tractatum de Temperie subterranearum regionum cap. 8 und Boerhavii Chemiam T. I. de Aere, &c.), welches sonst auch, um sie von schädlichen Dünsten zu befreyen geschehen muß.

Jedoch glaube ich, daß diese Verstärkung der Wärme, die so gar empfindlich wird, und diese unerträgliche Hitze, die man nur in sehr tiefen Gruben, und in einer Tiefe von mehr als zwölf hundert oder achtzehn hundert Fuß, antrifft, nicht so wohl der größeren Nähe des Mittelpunctes des innersten Feuers zuzuschreiben sind, als vielmehr den Schwefligen Dämpfen, oder denen wirklichen Feuern, die sich an solchen Orten von sich selbst durch das Zusammenstossen der Luft und einiger anderer örtlicher Umstände anzünden. Es ist zwar wohl dieser Feuerschatz oder dieses centralische Feuer die Ursache davon, in so ferne es [51] durch lockrere Erde oder durch weiter Gänge häufiger ausbricht: aber nicht, in so ferne ein Ort weiter davon, oder näher dabey ist. Denn was machen zum Exempel achtzehnhundert Fuß auf oder ab für einen Unterschied bey mehr als achtzehn Millionen, die auf den halben Diameter unsrer Erdkugel gehen? Sie machen nicht den zehntausenden Theil davon aus: und die daher rührende Verstärkung oder Schwächung der Hitze würde noch nicht ein fünftausenden austragen, nach der umgekehrten Verhältniß der Quadrate der Entfernungen, die bey jedem Ausfliessen aus einem Mittelpuncte statt findet.

Wenn also in der Hypothese eines recht centralischen Feuers die äusseren Lagen der Erde, ich meyne diejenigen, die nur auf eine Tiefe von achtzehn hundert bis zwey tausend vier hundert Fuß unter ihre Oberfläche reichen, von einerley Materie und Dichte wären: so würde die Wärme, in so weit sie von diesem Mittelpuncte ausflösse, in denen Entfernungen, dazu wir kommen können, nur durch unmerkliche Grade zunehmen. Nimmt sie nun merklich zu: so müssen wir schliessen, daß diese Lagen nicht durchgehends von einerley Art sind.”


[Pp. 51-52] “Vor etlichen Jahren ersuchete ich den Herrn von Gensane, Correspondenten der Akademie der Wissenschaften und Director der Bergwerke im Elsaß und in der Graffschaft Burgund, einige Versuche hierüber anzustellen. Er brachte mir bald hernach Profile und Risse von den Grubengebäu- [52] den von Giromagny, die an dem Fuße des sogenannten Ballonberges zwo Meilen von Besort im Oberelsaß liegen, nebst den Wahrnehmungen, die er daselbst mit dem Barometer und sonderlich mit dem Thermometer angestellet hatte. Aus diesen zeiget sich, daß im Christmonate 1744 das Thermometer des herrn von Reaumur, welches bey der Grube am Tage 2 Grad über dem Puncte 0 des Frostes stund, in dem Eingange des Schachtes oder der Grube auf 8 Grad gestiegen ist. Als es auf 52 Lachter Seigertiefe war gebracht worden, so stund es auf 10 Grad stille, das ist ungefähr da, wo es in den Kellern des Observatoriens zu stehen pflegt; und hernach stieg es weiter in folgender Ordnung: (Lachter Tiefe – Grade des Thermometers) (52 – 10)(106 – 10½)(158 – 15¾)(222 – 18⅙).”

[A Lachter was a standard unit of length in European mines and is roughly the distance between the finger-tips of one’s outstretched arms – thus similar in principle to the Klafter or Fathom – and with regional variations ranging around 2 meters.]


[Pp. 54-56] “Der Graf Marsigli, dem die Wissenschaften viel zu danken haben, lehret uns in seiner physicalischen Historie des Meeres, daß er, als er in dem Christmonate, im [55] Jenner, Merz, und April, an verschiedenen Orten ein Thermometer auf verschiedene Tiefen eingetauchet, die Wärme in einer Tiefe von 10, 20, 30, bis 120 Faden beständig von 10½ oder 10¾ Grad gefunden hat. *[Hist. physique de la Mer, p. 16. Diese Versuche sind in dem Lionischen Meerbusen um das Jahr 1709, eher oder später, angestellet worden, wie es aus dem Leben des Grafen in der Hist. de l’Acad. des Sc. 1730, p. 139 erscheint.] […] [56] Dieses Zeugniß des Grafen Marsigli ist desto wichtiger, da es gewisser maassen dem Zeugnisse des berühmten Boyle entgegen gesetzet ist, der von dem Grunde des Meeres und von der Wärme der Tiefen des Meeres geschrieben hat, aber, nach dem Urtheil des Grafen Marsigli, auf eine sehr unvollständige Art, weil er entweder durch den Tod oder durch einen andern uns unbekannten Zufall gehindert worden, die letzte Hand daran zu legen.”

Wir wollen gleichwohl sehen, was Boyle von dieser Sache gehalten hat. Es ist, schreibt er, ein gemeiner Irrthum, das man sich einbildet, das Wasser in dem Tieffsten des Meeres wäre allemal sehr warm, und er glaubet im Gegentheile, vermöge verschiedener Erzählungen, die er sich hatte machen lassen, daß überhaupt die untersten Gegenden des Meeres kalt sind.”


[Pp. 64-65] “Diese Umstände, die eben so viel neue Ursachen der Kälte und des Frostes sind zeigen sich vornämlich auf den hohen Beren, das ist, in den Ländern, wo die Fläche der Erde nichts als ein Haufen und ein Geschübe von erhabnen Felsen ist. Denn man begrieft leichtlich, daß diese dichtere und dickere Rinde, die von dem Mittelpuncte des Feuers mehr entfernt ist, als der Erdboden eines platten Landes, die warmen Dünste, welche von unten herauf steigen, oder heraufzusteigen bemühet sind, alle oder zum Theile aufhalten müsse. Aus dieser Ursache empfindet man allezeit eine unerträgliche Kälte auf den hohen Bergen, dergleichen z.E. das Gebirge Andes in America ist; das Wasser gefriert daselbst mitten in dem heissen Erdstriche, und der Schnee, von dem die höchsten dieser Berge den Namen der Schneeberge bekommen haben, schmilzt daselbst in einer gewissen Höhe niemals. Ebenso weis man, daß die Alpen, das Pyrenäische Gebirge, und alle grosse bergige Länder ihre Eißberge haben, worauf man seit undenklichen Zeiten das Eiß nicht hat schmelzen sehen. [65] Und ob man gleich von dieser Erscheinung vielerley Gründe angegeben hat, unter denen ich einige gerne annehmen wollte, so befinde ich doch nicht, daß sie ihr völlig Genüge thun. Ich glaube, man muß noch ausserdem, und in Ansehung des größten Theils dieser Wirkung, die Verknüpfung zu Hülfe nehmen, worinne die Beschaffenheit des Ortes mit dem Grunde des centralischen Feuers steht, oder das Flüssige, die Dünste, welche sich aus dem innersten der Erdkugel erheben, und die, weil sie nicht häufig genug durch die dicke und feste Rinde, welche ihrem Ausgange im Wege steht, dringen können, die über ihr liegende Gegend der strengsten Kalte ausgesetzet lassen, welche auch über die ganze Fläche der Erde herrschen würde, wenn sie nicht dieser beständige Grund der Wärme davon befreyete.”

Manfredi, Eustachii [top]

Manfredi (1753): “Abhandlung von dem Wachsthume der Höhe des Meeres.” [biblio]


[P. 249] “Es ist uns daher ganz seltsam, und wider die Gewohnheit der Baumeister vorgekommen, daß eine so grosse, so berühmte, und nach vieler Meynung, auf Kosten des Kaisers Theodosius erbauete Kirche, an einem so niedrigen, und so schlechtem Orte angelegt worden, daß sie täglich von dem seewasser überschwemmet gewesen, und daß niemand von denen, welche des Gottesdienstes halber dahin gegangen, und deren Anzahl vermuthlich nicht geringe gewesen, dazu hat kommen können.”


[Pp. 266-67] “Auf diese Gedanken bringt mich die Observation, von der mir Herr Zendrini unter andern Nachricht ertheilet hat. Denn zu Venedig ist die marmorne Bank, die rund uns Rathhaus zu St. Markus geführet worden, an der Seite nach dem Kanal zu, gegenwärtig einen halben Schuh niedriger, als das Meer bey ordentlicher Flut ist. Nun ist diese Bank wohl bloß den Schiffenden zu gute gemacht worden, damit sie zu Fuß an ihre Fahrzeuge kommen könnten, die in dem Kanal in grosser Anzahl sich befinden, während, daß auf dem Rathhause Rath gepflogen wird. Dieses prächtige Gebäude ist ungefähr ums Jahr 1500 erbaut worden. Wenn wir also gedenken, daß diese Bank anfangs, mit der damals hohen See, einerley Höhe gehabt habe: so muß man zugeben, daß in den 230 fol- [267] genden Jahren, (denn so viele zählet man schon seit der Zeit), das Meer um einen halben Schuh höher geworden sey. Wenn wir aber gedenken, wie denn dieses mit der Vernunft noch mehr übereinstimmt, daß die Oberfläche der Bank, anfangs so hoch gemacht worden sey, daß sie bey der Flut des Meeres, dennoch mit dem Borde der Fahrzeuge gleich hoch gewesen, und da diese Fahrzeuge, wenn sie tief gehen, dennoch einen halben Schuh überm Wasser hervorstehen, so muß man sagen, daß sich das Meer, innerhalb 230 Jahren, einen ganzen Schuh erhoben habe. Wenn wir drey Zolle von dieser Erhebung, dem durch die Flüsse ins Meer geführten Schlamme zuschreiben, wie wir ihm denn nicht mehrere zuschreiben können, so mussen noch mehr, als acht Zolle, den übrigen grössern Materien zugeschrieben werden, die seit den 230 Jahren ins Meer gekommen sind.”

Mariotte, Edme [top]

Mariotte (1723): Grundlehren der Hydrostatik und Hydraulik. [biblio]


[P. 30] “An denen unterschiedenen Orten, sind viele Stein-Brüche, deren Höhle sich in Form eines Gewölbes presentiret, und darüber man nicht mehr als etwan 20. or 30. Schuh Erde antreffen wird, daselbst nimmmt man wahr, daß das Tröpfeln des Wassers, druch die kleinen Ritzen zwischen dem Haupt-Felsen durchgehet, und daß dieses nothewendig von dem Regen herkommen müsse, weil man es, wenn es geregnet, observiret. Nach dem Regen aber, nicht länger als etwan 14. Tage oder 3. Wochen dauret. Woraus man also leichte urtheilen kan, daß das Herausfliessen derer Brunnen auf eben solche Art geschehe.”


[P. 53] “So bald als sich ein grosser Wind in einem Theil der Lufft nahe bey der Erde, es sey durch was vor eine Ursache es will, erhebet, treibet er in kurtzen die Dünste so er antrifft, und eines gegen das andere vor sich her. Denn wenn er der Geschwindigkeit nach 20. bis 25. Schuh in einer Secunde wehet, kan er in einer Stunde 6. oder 7. Meilen kommen, und eine Wolcke, deren ich itzo gedacht, mehr als eine Meile weit und breit zu wege bringen.”


[Pp. 62-63] “Eben dergleichen Effect habe ich an einem Kalck-Ofen [63] verspühret: Es war derselbe, wie eine kleine gewölbte Stube formiret, in der Mitten mit einem kleinen viereckigten Fenster einen Schuh hoch und 1/2 breit, dadurch man einheitzete, versehen. Da nun das Feuer groß wurde, geschahe es, daß sich die Lufft über die Massen ausbreitete, und sehr geschwind zu dem Loche heraus fuhr; als aber das Feuer, aus Mangel der Lufft wieder kleiner zu werden begonnen, verringerte sich auch die Wärme der eingeschlossenen Lufft, und da sie hierdurch nicht subtiler worden, fuhr sie nothwendig durch das Loch, als ein Wind, bließ in das Feuer, zündete es wieder an, und verursachte, daß sich die Lufft durch die Vermehrung der Hitze ausbreitete, und nun wiederum wie zuvor aus dem Loche heraus fuhr. Diese Abwechselung könte man einiger massen mit der Respiration derer Thiere vergleichen. Diejenigen, welche zuvor in gedachter Arbeit bestellet, versicherten mich, daß sich dieses in allen ihren Kalck-Oefen zu zutragen pflegte, wobey sie noch hinzu setzten: Sie hätten angemercket, wie die Schmetterling und andere dergleichen Thiergen, welches des Nachts gegen das Helle des Feuers zu fliehen pflegen, wenn sie noch ein oder zwey Fuß von dem Loche wären, mit in den Ofen hinein müsten, weil die Lufft daselbst so geschwinde wieder hinein striche, als sie zuvor heraus gegangen.”


[P. 64] “Damit ich nun die Sache noch deutlicher mache, so muß man mercken, daß wenn im Neu-Mond ein Nord-Wind bläset, so gehet er in 3. oder 4. Tagen biß Osten, nach diesem biß Süd, hernach biß West, und gegen den vollen Mond verspühret man ihn wieder gegen Norden. Von dar kommt er nach und nach gegen Osten; dahingegen der Süd- und West-Wind im Neu-Monde nach Nord- und Nord-Ost gehet.”

Maupertuis, Pierre Louis Moreau de [top]


See also: HMag, vol. 1.1.


Maupertuis (1741): Figur der Erden. [biblio]


[P. 19] “Pello ist ein von etlichen Finnländern bewohntes Dorf, bey welchem der Kittis der niedrigste von unsern Bergen liegt; auf demselben war unser Zeichen. Wenn man hinaufsteiget, findet man eine Quelle des lautersten Wassers, welches aus einem sehr reinen Sand herausquillet, und in der grösten Kälte des Winters seine Flüßigkeit behält; als wir gegen das Ende des Winters wieder nach Pello kehrten, zu welcher Zeit der ganze Meerbusen, und alle Flüsse so hart als Marmor waren, floß dieß Wasser nicht anders, als mitten im Sommer.”


[Pp. 43-44] (December 1736) “Ich will von den Ermüdungen und Gefahren dieser Operation anjetzo nicht reden; man kann sich leicht einbilden, was es sey, 2 Schuh tief im Schnee zu watten, mit schwehren Stangen beladen, welche man immerfort auf den Schnee legen, und wieder aufheben muste; und diß in einer so grossen Kälte, daß die Zunge und Lippen alsobald an die Schaalen anfrohren, woraus man Brandtenwein trinken wollte, welches der einige Trank war, den man zum trinken flüßig genug erhalten konnte, daß man sie blutig vom Munde reissen muste; in einer Kälte, welche etlichen unter uns die Finger erfrohre, und alle Augenblick mit noch schwehrern Zufällen uns bedrohete. Die Arbeit trieb uns den Schweiß aus, während die äussersten Theile des Leibes erstarreten; der Brandtenwein konnte nicht zureichen, uns [44] den Durst zu löschen, man muste Löcher ins Eiß hauen, tieffe Brunnen, welche die Kälte alsobald zuschloß, und aus welchen das Wasser kaum flüßig zum Munde gelangen konnte. Und man muste sich der gefährlichen Widerwärtigkeit darsetzen, welche in einem erhitzten Leibe das gefrohrne Wasser würken kann.”


[Anonymous] (1747): Die Naturlehre der Venus. [biblio]


[P. 75] “Obschon ich den Kartesius unendlich verehre, und mit ihm glaube, daß die Frucht aus der Vermischung der beyden Samen entstehe: so kann ich doch nicht glauben, das jemand mit der Erklärung, die er davon giebt, zufrieden seyn sollte, noch daß man durch eine verständliche Mechanick erklären könne, wie aus dieser Vermischung ein Thier gebildet wird. Allein, ungeachtet es vor unsern Augen verborgen bleibt, auf welche Weise dieses Wunder geschiehet, so glaube ich solches dennoch ganz gewiß.”


[Pp. 90-91] “Wenn man alle diese Inseln durchlieffe, würde man in einigen vielleicht Einwohner finden, die uns mehr Kopfbrechens, als die Schwarzen, verursachen dürften; und in Ansehung welcher, wir Bedenklichkeit genug finden würden, selbigen den Namen von Menschen zu versagen, oder zu geben. Die Einwohner der Wälder von Borneo, deren einige Reisende Erwehnung thun, und die sonst den Menschen so ähnlich sind, bekümmern sie sich wohl im geringsten darum, daß die Affenschwänze haben? Und sollte es wohl von der Anzahl der Rückgradsgelenke abhanden, daß weder die Weissen, noch die Schwarzen, dergleichen Schwänze haben?

In der Erdenge, welche die Nordsee [i.e., Atlantik] von dem stillen Meere absondert, sollen viel weissere Menschen gefunden werden, als alle diejenigen, die wir kennen. [**Voyage de Wafer, Description de l’Istme de l’Amerique.] Ihre Haare sollen der weissesten Wolle gleichen, und ihre Augen, die das Tageslicht nicht vertragen können, öfnen sich nur bey dunkler Nacht. Sie sind unter den Menschen dasjenige, was die Fledermäuse und Eulen unter den Vögeln sind. Wenn das [91] grosse Auge der Welt sich geschlossen hat, und die Natur in Trauerkleidern einhergehet und ein tiefes Stillschweigen beobachtet: wenn alle andere Erdbewohner, von ihren Arbeiten abgemattet, oder von ihren Ergötzlichkeiten ermüdet, sich zur Ruhe begeben: so wachet der Darienser auf, und lobet seine Götter. Er freut sich über die Abwesenheit eines unerträglichen Lichts, und füllet das Leere der Natur aus.” [HMag 1747]


[Pp. 99-100] “Der Grund aller dieser Veränderungen ist in der Natur enthalten; ein ungefährer Zufall aber, oder die Kunst, bringen sie zur Würklichkeit. Diejenigen also, welche sich befleißigen, dem Geschmacke der Neubegierigen ein Genügen zu thun, sind, so zu sagen, Schöpfer neuer Gattungen. Man siehet neue Arten von Hunden, von Tauben, von Zeisichen, die vorhin nicht in der Natur waren, zum Vorschein kommen. Selbige waren anfänglich nichts als zufällige untheilbare Wesen; die Kunst und die wiederholten Zeugungen haben davon besondere Arten gemacht. Der berühmte Lyonnes schaffet deren alle Jahr eine oder andere neue Gattung, und zerstöret diejenige, welche nicht mehr in der Mode ist. Er verbessert die Gestalten, und verändert die Farben; er hat die Arten von Harlekins, Mopsen u.s.w. erfunden.

Warum erstrecket sich diese Kunst nur allein auf die Thiere? Warum lassen diese sich groß dünkende Sultans, die in ihrem Serail alle bekannte Arten von Weibespersonen haben, sich nicht neue Gattungen verfertigen? Wenn, nach Art dieser Sultans, diejenigen Ergötzlichkeiten, von welchen die Gestalt und die Züge entspringen, einzig und allein meine Beschäftigung wä- [100] ren: so würde ich gar zu bald zu diesen Veränderungen meine Zuflucht nehmen. Allein, wie schön die Weibsbilder auch seyn möchten, welche man für sie hervorbrächte: so wird das Vergnügen der Liebe, in Ansehung ihrer, doch nur sehr geringe seyn, so lange sie das Vergnügen nicht zu schätzen wissen, welches aus dem Geiste und aus dem Herzen entspringet.”


[P. 103] “4. Kapitel. von weissen Negern. Es würde mir eine weit angenehmere Beschäftigung seyn, die Iris aufzuwecken, als von diesem garstigen Neger zu reden, von welchem ich, eine Beschreibung zu machen, mich verbunden finde.

Es ist ein Kind von 4 oder 5 Jahren, welches alle Zuge der Negers hat. Die sehr weisse und bleiche Haut desselben dienet nur zur Vermehrung seiner Heßlichkeit. Sein Kopf ist mit weisser Wolle bedeckt, die ins röthliche fällt. Seine hellblaue Augen scheinen vom Glanze des Tages beschädiget zu seyn. Seine grosse und ungestalte Hände gleichen vielmehr den Pfoten eines Thieres, als den Händen eines Menschen. Es ist, wie man versichert, von Afrikanischen und sehr schwarzen Aeltern gebohren.

Die Akademie der Wissenschaften thut einer [sol]chen Misgeburt Erwehnung,* welche in Suri- [104] nam von Afrikanern gezeuget ist. Die Mutter war schwarz, und versicherte, daß der Vater auch schwarz gewesen.” [* “Hist. d l’Acad. Royale des scienc. 1734”]


[P. 106] “Ich habe Gegenden gesehen, wo alle Hüner weiß waren. Die Weisse der Haut, welche gemeiniglich mit der Weisse der Federn verknüpft ist, hat gemacht, daß man diese Hüner den andern vorzieht; und von Zeugung zu Zeugung hat man es endlich so weit gebracht, daß keine andere als weisse zur Welt kommen.”


Maupertuis (1750): Versuch in der Moralischen Weltweisheit. [biblio]


[Pp. 42-43] “So bald die Summen des Uebels die Summen des Guten übersteigen, ist das Nichts dem Leben vorzuziehen, und die Stoiker hatten nicht unrecht, wenn sie den Tod als ein erlaubtes und nützliches Mittel ansahen. Viele unter ihnen haben es auf eine fast zu leichtsinnige Art angerathen, und Marc [43] Aurel, diese schöne und sanftmüthige Seele, dachte eben so, wenn er sagte: Entweiche aus diesem Leben, wenn es dir zur Last wird, entweiche aber auch ohne Klagen und Murren, wie aus einem Gemach, darinne es rauchet [Note A].

Seneca spricht noch nachdrücklicher von der Gewalt, die ein jeder Mensch sich selbst zu tödten besitzet, wenn sein Leben ihm unglücklich zu seyn scheinet. Er wundert sich, daß einige Weltweisen von seiner Meinung abgehen können. Wie prächtig ist nicht seine Beschreibung des sterbenden Cato?[Note B]”

Note A: “Marc. Aurel. I.5.§30.”

Note B: “Senec. de Provid. cap. 2.”


Maupertuis (1753): Briefe des Herrn von Maupertuis wegen ihrer Fürtrefflichkeit. [biblio]


[“17th Letter,” p. 88] “Ich habe gesagt, daß ich in Berlin zwey Leute mit sechs Fingern angetroffen habe; und ich habe das Geschlecht-Register des einen mitgetheilet; Dem Geschlect-Register des andern habe ich nicht genau folgen können, weil er ein Fremder ist, und es mir nicht bekannt gemacht hat: Er hat aber Kinder mit sechs Fingern; und man hat mich versichert, daß dieses Ausserordentliche seit langer Zeit in seinem Geschlechte erblich sey. Ein berühmter Gelehrter in Deutschland, der Herr von Bülfinger, welcher als Minister bey dem Herzoge von Würtenberg stand, war aus einem solchen Geschlechte entsprossen, und mit sechs Fingern gebohren, wovon seine Eltern ihm den sechsten als etwas ungestaltes abschneiden lassen.”


[“19th Letter,” p. 101] “Die südlichen Länder. Jedermann weiß, daß auf der mittägigen Halbkugel des Erdboden ein unbekannter Raum sey, wo ein neuer Theil der Welt Platz hat, der weit grösser wäre als einer von der übrigen vieren; und kein Fürst hat die Neugier entdecken zu lassen, ob Länder oder Meere diesen Raum erfüllen: und zwar in einem Jahrhunderte, darinn die Schiffahrt zu einem so hohen Grade der Vollkommenheit gelanget ist!”


[“19th Letter,” p. 105] “Die Reisenden versichern uns, daß sie auf den Insuln in diesem Meere haarigte Leute mit langen Schwänzen, eine mittlere Gattung zwischen uns und den Affen, gesehen haben. Ich wollte mir lieber eine Unterredung von einer Stunde mit ihnen, als mit dem witzigsten Kopfe von ganz Europa wünschen.”


[“19th Letter,” p. 106] “Das Eis war es, welches ihn [Capitain Bouvet Lozier (1705-1786)] hinderte an Land zu kommen. Er erstaunete, daß er solches unter dem 50sten Grad der Breite zur Zeit der Sonnenwende im Sommer fand. Er hätte bedenken sollen, daß wenn alle Umstände sonst gleich sind, die Kälte unter der südlichen Hemisphaere im Winter grösser ist, als unter der nordlichen; weilen, obgleich unter einer Breite in den beyden Hemisphaeren, der Stand der Sphaere einerley ist, die Entfernung von der Erde von der Sonne in einerley Jahres-Zeiten nicht einerley ist. Auf unserer Halbkugel haben wir den Winter, wenn die Erde der Sonne am nähesten ist, und dieser Umstand vermindert die Strenge der Kälte. Auf der südlichen Halbkugel hat man im Gegentheil den Winter, wenn die Erde von der Sonnen am weitesten entfernet ist, und dieser Umstand vermehret die Gewalt der Kälte. Hiezu komt noch, daß auf der südlichen Halbkugel der Winter acht Tage länger währet, als auf der nordlichen.”


[“19th Letter,” pp. 108-9] “Das Land der Pattagons. Man mache sich weder einer Träumerey, noch einer lächerlichen Neugier schuldig, wenn man sagt, daß das Land der Pattagons, welches an dem südlichen Ende von America gelegen ist, verdiene untersuche werden. So viele glaubwürdige Erzählungen reden von diesen Riesen, daß man vernünftiger Weise nicht zweifeln kann, daß es in diesen Gegenden Leute gebe, deren Grösse sehr von der unsrigen unterschieden ist. In den philosophischen Abhandlungen der Königlichen Gesellschaft zu London, wird von einer Hirnschaale Erwähnung gethan, welche einem von diesen Menschen zugehöret haben soll, der nach einer genauen Vergleichung seiner Hirn- [109] schaale mit der unsrigen, zehn oder zwölf Fuß groß gewesen seyn muß. Wenn man die Sache philosophisch untersucht, so muß man sich wundern, daß wir nicht unter allen Menschen, die wir kenne, denselben Unterschied in der Grösse finden, den man in vielen andern Gattungen der Thiere gewahr wird.”


[“19th Letter,” pp. 116-17] “Pyramiden und Hölen. Man hat nicht ohne Ursache unter die Wunderwerke der Welt die ungeheuren Lasten von Erde und Steinen gezählet, deren Gebrauch uns gleichwohl so läppisch scheinet, oder so unbekannt geblieben ist. Es scheinet, daß die Aegypter, anstatt die übrigen Völker zu unterrichten, niemals eine andere Absicht gehabt haben, als sie in Erstaunen zu setzen. Es ist gar nicht wahrscheinlich, daß diese ungeheuren Pyramiden zu keinem andern Zweck bestimmt gewesen sind, als einen todten Körper einzuschliessen. Vielleicht verbergen sie die sonderbarsten Denkmahle von der Geschichte und den Wissenschaften der Aegypter. Man erzählet, daß ein neugieriger Calife so lange habe arbeiten lassen, um eine zu öfnen, bis man endlich einen kleinen Weg entdeckte, welcher zu einem Saale führete, worinn man noch einen Kasten von Marmor, oder eine Art eines Sarges siehet. Aber welch einen kleinen Theil macht dasjenige, was man entdeckt hat, von einem solchen Gebäude aus? Ist es nicht wahrscheinlich, daß viele andere Sachen darinn verschlossen sind? Durch den Gebrauch des Pulvers würde es heute zu Tage leicht seyn, eine von diesen Pyramiden gänzlich über den Haufen zu [117] werfen; und der Großsultan würde sie ohne Schwierigkeit der geringsten Neugierde eines Königes von Frankreich überlassen.

Unterdessen sollte es mir lieber seyn, wenn die Aegyptischen Könige diese Millionen Menschen, welche die Pyramiden in die Luft erhoben haben, gebraucht hätten, Hölen in die Erde zu graben, deren Tiefe mit dem riesenmäßigen, welche sie in ihren Werken haben, überein käme. Wir kennen nichts von dem inwendigen der Erde. Unsere tieffsten Minen dringen kaum durch ihre erste Rinde. Wenn man zum Kerne kommen könnte, so ist es glaublich, daß man Materien finden würde, die von denen, welche wir kennen, sehr unterschieden wären, und ganz besondere Erscheinungen.”


Maupertuis (1761): Versuch, von der Bildung der Körper. [biblio]


[Pp. 34-35] “§44. Könte nicht solchergestallt erklärt werden, wie aus zwey einzelnen Dingen, oder auch nur aus einem einzigen, alle Arten, so unähnlich sie auch sind, und alle Thiere, hätten entstehen können? Ihren ersten Ursprung würden sie aus einigen zufälligen Geburten haben, in welchen die elementarischen Theile die Ordnung, welche sie in den Eltern hatten, nicht recht behalten hätten. Eine jede [35] Stuffe des Irthums würde eine neue Art gemacht haben, und durch beständige und wiederhohlte Abweichungen, wurden alle die verschiedenen Thiere entstanden seyn, die wir jezt sehen. Vielleicht wird diese Verschiedenheit noch zunehmen, wenn auch nur eine Reihe vieler Jahrhunderte ihr unmerkliche Zusätze gibt.”


[Pp. 39-40] “§53. Es deucht mir ziemlich wahrscheinlich zu [40] seyn, daß bey den Thieren, deren Körper dem unsrigen näher kommen, etwas, ich will nicht sagen, gleiches, sondern nur ähnliches, sich finde. Diesej Aehnlichkeit geht stuffenweise fort, bis zu den Thieren die halb gewächse sind, zu den Pflanzen, Mineralien, und Metallen selbst: und ich weis nicht, wo sie aufhört. Was die Art betrift, wie diese Verbindung der Vorstellungen geschiehet: so wird dieselbe uns wahrscheinlich allemahl das verborgenste Gehimniß bleiben.”

Meier, Georg Friedrich [top]

Meier (1752). Auszug aus der Vernunftlehre. [biblio]


Einleitung in die Vernunftlehre (§§1-9)


[P. 1] “§2. Damit die Vernunftlehre keine ganz willkürlichen, gekünstelten und unnatürlichen Gesetze enthalte, so müssen die Regeln derselben hergeleitet werden, 1) aus den Erfahrungen von den Würkungen der menschlichen Vernunft, 2) aus der Natur der menschlichen Vernunft, 3) aus den allgemeinen Grundwahrheiten, auf welchen die gesammte menschliche Erkenntniss beruhet.

§3. Die Absicht der Vernunftlehre ist entweder die Vollkommenheit einer gelehrten Erkenntniss und eines gelehrten Vortrages, welche sich bloss für Gelehrte von Profession schicken, oder welche auch andern Gelehrten anständig und brauchbar sind.”


[P. 2] “§6. Die Vernunftlehre handelt entweder von einer völlig gewissen gelehrten Erkenntniss und dem Vortrage derselben, oder von der wahrscheinlichen gelehrten Erkenntniss und dem Vortrage derselben §1. Jene ist die Vernunftlehre der ganz gewissen gelehrten Erkenntniss (analytica), und diese die Vernunttlehre der wahrscheinlichen gelehrten Erkenntniss (dialectica, logica probabilium). Wir handeln die erste Vernunftlehre ab.”


Abschnitt 1: Von der gelehrten Erkentniß überhaupt (§§10-40)


[P. 9] “§30. Eine gelehrte Erkenntniss ist praktisch, in so ferne sie zu der Einrichtung unserer freien Handlungen das ihrige beiträgt (cognitio erudita practica), und darin besteht die sechste Vollkommenheit derselben §22.”


[P. 9] “§32. Wer demnach die allervollkommenste gelehrte Erkenntniss erlangen will, der muss nicht mit einer bloss gelehrten Erkenntniss zufrieden sein §24, 31. Sondern ob gleich nicht alle seine gelehrten Vorstellungen zu gleicher Zeit schön sein können, so muss doch seine gelehrte Erkenntniss, im Ganzen betrachtet, zugleich eine schöne Erkenntniss sein, wenn sie anders in einem so hohen Grade verbessert werden soll, als möglich ist.”


[P. 10] “§36. Die Unvollkommenheiten der gelehrten Erkenntniss sind entweder Mängel oder Fehler. Ein Mangel der gelehrten Erkenntniss (defectus cognitionis eruditae) entsteht daher, wenn gewisse Regeln ihrer Vollkommenheit nicht beobachtet und auch nicht übertreten werden. Z.E. wenn ein Hauptbegriff gar nicht erklärt wird, so werden, die Regeln der Erklärungen weder beobachtet noch übertreten. Ein Fehler der gelehrten Erkenntniss (vitium cognitionis eruditae) entsteht daher, wenn die Regeln ihrer Vollkommenheit übertreten werden. Z.E. wenn man einen Begriff falsch erklärt. Ob man gleich alle Mängel und Fehler vermeiden muss, so muss man sich doch mehr vor den letztern hüten, weil man sagen kann, dass ein jeder Fehler mit einem Mangel verknüpft ist, und ein Fehler ist demnach eine grössere Unvollkommenheit als ein blosser Mangel.”


[Pp. 10-11] “§37. Die gemeine und historische Erkenntniss kann viel vollkommener sein, als die bloss gelehrte, wenn sie nämlich sehr schön ist §22, 23. Z.E. ein ungelehrter General und Minister kann eine viel vollkommenere Erkenntniss besitzen, als ein gelehrter und pedantischer Bücherwurm. Dieser Vorzug kommt der gemeinen Erkenntniss nur zufälliger [11] Weise zu, wenn die gelehrte Erkentniß nicht so vollkommen ist, als sie seyn könte und solte.”


[P. 11] “§38. Die gelehrte Erkenntniss ist allemal nothwendiger Weise vollkommener als die gemeine, wenn sie in den übrigen Stücken einander gleich sind §18. 21.”


Abschnitt 2: Von der Weitläuftigkeit der gelehrten Erkentniß (§§41-65)


[Pp. 11-12] “§41. Die Unvollkommenheit der gelehrten Erkenntniss, welche der Weitläuftigkeit derselben entgegengesetzt ist §25, ist die Armseligkeit der gelehrten Erkenntniss (angustia eruditae cognitionis), und es entsteht dieselbe allemal aus der Unwissenheit (ignorantia) oder aus dem gänzlichen [12] Mangel der Erkenntniss der Dinge und ihrer Gründe. In dem Maasse, als die Weitläuftigkeit der gelehrten Erkenntniss eines Menschen zunimmt, nimmt seine Unwissenheit ab, und je grösser die Unwissenheit eines Menschen ist, desto armseliger ist seine gelehrte Erkenntniss.”


[P. 12] “§42. Der Weitläuftigkeit der gelehrten Erkenntniss ist eine doppelte Unwissenheit entgegengesetzt: 1) eine gänzliche Unwissenheit (ignorantia totalis), wenn wir nicht einmal eine historische Erkenntniss von einer Sache haben; und 2) eine Unwissenheit der Gründe der Dinge (ignorantia rationum), bei welcher eine vortreffliche historische Erkenntniss derselben noch statt finden kann.”


[Pp. 12-13] “§43. Die Unwissenheit eines Menschen ist (1) eine schlechterdings nothwendige und unvermeidliche Unwissenheit (ignorantia absolute necessaria et invincibilis), welche er um der Schranken seiner Erkenntniskraft willen nicht vermeiden kann; und (2) eine freiwillige (ignorantia arbitraria et vincibilis), deren entgegengesetzte Erkenntniss er erlangen könnte, wenn er wollte.

§44. Der Inbegriff aller derjenigen Dinge, welche ein Mensch, ohne Nachtheil seiner übrigen gesammten Vollkommenheit, auf eine gelehrte Art erkennen kann, ist der Horizont, oder der Gesichtskreis seiner gelehrten Erkenntniss (horizon seu sphaera cognitionis eruditae). Es werden also von demselben alle Dinge ausgeschlossen, in deren Absicht ein Mensch nothwendiger oder freiwilliger Weise unwissend bleiben muss §43.

§45. Eine Sache ist über den Horizont der menschlichen gelehrten Erkenntniss erhöhet (res supra horizontem eruditae cognitionis humanae posita), wenn die Unwissenheit derselben in einem Menschen schlechterdings nothwendig ist, ob sie gleich einer gelehrten Erkenntniss nicht unwürdig ist. Der menschliche Verstand ist zu schwach, als dass er diese wichtigen Sachen sollte gelehrt zu erkennen im Stande sein. Ob man nun gleich solche Sachen nicht [13] verachten muss, die über unsern Horizont gehen, und ob man gleich ohne hinreichenden Grund nichts für eine Sache ausgeben muss, die über den Horizont unserer Erkenntniss erhöhet ist; so muss man doch das vergebliche und schädliche Bestreben nach einer gelehrten Erkenntniss solcher Sachen, die über unsern Horizont gehen, aufs möglichste zu vermeiden suchen.”


Abschnitt 6: Von der Gewißheit der gelehrten Erkentniß (§§155-215)


[P. 49] “§177. Alle Zweifel sind entweder wahre Zweifel (dubium verum), oder falsche (dubium falsum) §176, 92, 93, welche, wenn sie wahr zu sein scheinen, einen grossen Schein haben. Wenn man das Unrichtige in einem falschen Zweifel klar erkennet, so wird der Zweifel aufgelöst oder beantwortet (dubium resolvitur, seu ad dubium respondetur). Alle Zweifel sind entweder beantwortlich oder unbeantwortlich, und beides entweder schlechterdings oder beziehungsweise (dubium absolute et respective resolubile aut irresolubile). Folglich (1) können wider alle Wahrheiten Zweifel erregt werden, und es ist deswegen nichts falsch, weil Zweifel dawider erregt werden; (2) wider eine Wahrheit können Zweifel erregt werden, die diesem oder jenem Menschen unbeantwortlich sind; (3) wider keine Wahrheit können schlechterdings unbeantwortliche Zweifel erregt werden. Ausgemachte Wahrheiten (veritates indubitatae, extra omnem dubitationis aleam positae) sind entweder solche Wahrheiten, die ausführlich gewiss sind; oder wider welche keine andere Zweifel erregt werden können, als die beantwortlich sind, und schon beantwortet worden. Wahrheiten, die nicht ausgemacht sind, sind unausgemachte Wahrheiten (veritates non indubitatae).”


[P. 50] “§179. Die Ungewissheit der Erkenntniss entsteht (1) aus der Einschränkung unserer Erkenntnisskraft, an welcher wir entweder schuld oder nicht schuld sind; (2) aus dem Mangel der gehörigen Aufmerksamkeit des Nachdenkens, des Fleisses und der Geduld §129, 145, welcher entweder nothwendig oder zufällig, tadelnswürdig oder lobenswürdig sein kann; (3) aus einer nothwendigen oder zufälligen, lobenswürdigen oder tadelnswürdigen Unwissenheit solcher Wahrheiten, ohne deren Erkenntniss uns eine andere Wahrheit nicht gewisswerden kann §43, 50, 51; (4) aus einer gar zu starken Aufmerksamkeit auf die Zweifel §176.”


[Pp. 58-59] “§207. Das Ansehen eines Zeugen (autoritas testis) besteht in demjenigen Grade seiner Ehre, vermittelst dessen er in seiner Erkenntniss für nachahmungswürdig gehalten wird. Wir können keinem Zeugen glauben, der in keinem Ansehen bei uns steht. Und dieses Ansehen be- [59] steht 1) in der Tüchtigkelt des Zeugen (dexteritas testis), wenn er zureichende Kräfte besitzt, nicht nur eine richtige Erfahrung zu bekommen, sondern dieselbe auch auf eine richtige Art zu bezeichnen; 2) in der Aufrichtigkeit des Zeugen (sinceritas testis), oder in der Neigung seines Willens, seine Erfahrungen so zu bezeichnen, wie er sie für wahr hält. Keins von beiden kann, ohne dem andern, einem Zeugen das gehörige Ansehen verschaffen.”


[P. 59] “§208. Ein Augenzeuge (testis oculatus) ist ein Zeuge, welcher die Sache selbst erfahren hat, die er bezeuget. Ein Hörenzeuge (testis auritus) ist kein Augenzeuge, sondern er hat nur das Zeugniss anderer von der Sache erfahren.”


Abschnitt 8: Von den gelehrten Begriffen (§§249-91)


[P. 70] “§254. Wir haben nur drey Wege zu Begriffen zu gelangen: die Erfahrung, die Abstraction, und die Willkürliche Verbindung.

§255. All unsere Empfindungen sind Begriffe §249, 201. Ein Erfahrungsbegrif (conceptus per experientiam formatus) ist ein Begrif, den wir durch die Erfahrung erlangen. Z.E. die Begriffe von den Veränderungen unserer Seele, unseres Körpers und anderer Dinge ausser uns. Einen Erfahrungsbegrif erlangen wir entweder durch die unmittelbare, oder durch die mittelbare Erfahrung. §201.

§256. Durch die unmittelbare Erfahrung können wir nur Begriffe von würklichen Dingen, in so ferne sie uns gegenwärtig sind, erlangen, und zwar enthalten diese Begriffe nur bejahende und veränderliche Merkmale. Die mittelbaren Erfahrungsbegriffe können uns auch andere Gegenstände, und was anders an denselben vorstellen. §201.”


[Pp. 71-72] “§258. Alle Erfahrungsbegriffe sind wahr und gewiss §202, und sie stellen uns die Gegenstände so vor, als sie beschaffen sind, weil wir sonst Einwohner einer andern Welt sein würden. Wenn wir aber einen Begriff für einen Erfahrungsbegriff halten, der es nicht ist, oder etwas für einen Gegenstand des Erfahrungsbegriffs, welcher es nicht ist: so scheint es zwar, als wenn der Erfahrungsbegriff falsch wäre, allein der Fehler steckt in einem andern Begriffe.

§259. Wir machen einen Begriff durch die logische Absonderung (conceptus per abstractionem logicam formatus), wenn wir übereinstimmende Begriffe von verschiedenen Dingen gegen einander halten, und die Merkmale, die sie mit einander gemein haben, allein uns deutlich vorstellen. Zu dem Ende (1) nehme man einige Begriffe, die verschieden sind, und ähnlich zu gleicher Zeit. Z.E. ein vernünftiges Thier und ein unvernünftiges Thier; (2) einen jeden derselben zergliedere man §142; (3) die in ihnen verschiedenen Merkmale abstrahire man, oder man verdunkele sie; (4) die übrigen Merkmale fasse man in einen Begriff zusammen, z.E. ein Thier.

§260. All Begriffe, welche durch die logische Absonderung gemacht werden, sind abgesonderte oder abstracte Begriffe (conceptus abstractus, notio). Begriffe, die nicht abgesondert sind, heissen einzelne Begriffe (conceptus singularis, idea). Z.E. Leibniz. Alle unmittelbare Erfahrungsbegriffe sind einzelne Begriffe §255. 201. Was als ein Merkmal des andern vorgestellt wird, ist in ihm enthalten und komt ihm zu (in altero contineri, ipsi convenire). Der abgesonderte Begriff ist [72] also in allen denen Begriffen enthalten, von denen er abgesondert werden kann §259. Der abgesonderte Begriff enthält diejenigen unter sich, von denen er abgesondert worden, und diese werden unter ihm enthalten (conceptus alios sub se continet, et conceptus sub alio continentur seu ad eum referuntur).”


[Pp. 72-73] “§262. Der Inbegriff aller Begriffe, die unter einem abgesonderten Begriffe enthalten sind, ist der Umfang desselben (sphaera notionis). Je abstracter und höher also ein Begriff ist, das ist: je öfter die logische Absonderung bei ihm wiederholt ist, desto grösser ist sein Umfang. Ein abgesonderter Begriff kommt entweder mehrern Begriffen zu, als denenjenigen, die unter einem andern enthalten sind, oder wenigern, oder keins von beiden. In dem ersten Falle ist er ein weiterer Begriff als der andere (conceptus latior), in dem andern, ein engerer (conceptus angustior), und in dem dritten sind es Wechselbegriffe (conceptus reciproci), von denen keiner weiter ist als der andere. In so ferne ein abgesonderter Begriff allen zukommt, die unter einem andern enthalten sind, in so ferne heisst er ein allgemeiner Begriff (conceptus universalis), in so ferne er aber nicht allen denselben zukommt, ein besonderer (conceptus particularis). Ein abgesonderter [73] Begriff kann ein höherer und niedrigerer, weiterer und engerer, allgemeiner und besonderer Begriff in verschiedener Absicht genannt werden. Ein jeder abgesonderter Begriff ist in gewisser Absicht allgemein. Die abstracte gelehrte Erkenntniss wird daher die allgemeine gelehrte Erkenntniss genannt (cognitio erudita universalis).”


[P. 73] “§263. Bei der allgemeinen Erkenntniss kann man (1) schliessen: Was den höhern Begriffen zukommt oder widerspricht, das kommt auch zu, oder widerspricht allen niedrigern Begriffen, die unter ihnen enthalten sind, §260. (2) Man kann nicht schliessen: was einem niedrigern Begriffe zukommt oder widerspricht, das kommt auch zu oder widerspricht andern niedrigern Begriffen, welche mit jenem zu einem höhern Begriffe gehören, §261. (3) Man kann schliessen: was allen und jedweden niedrigern Begriffen zukommt oder widerspricht, das kommt auch zu oder widerspricht ihrem höhern Begriffe §259. 261.”


[P. 73] “§264. Die abstracte Erkenntniss befördert (1) die Deutlichkeit und Vollständigkeit der Erkenntniss §143. Denn je abstracter sie ist, desto weniger enthält sie in sich §259, und desto leichter kann sie also ohne viele Verwirrung durchdacht werden; (2) die Weitläuftigkeit der Erkenntniss §263, 25. (3) Die Gründlichkeit der Erkenntniss §263, 163. (4) Den Nutzen und den Gebrauch der gelehrten Erkenntniss §39.”


[P. 73] “§265. Ein abgesonderter Begriff enthält nichts, was nicht in den niedrigern Begriffen enthalten ist §259, sind diese also wahr, so kann er unmöglich falsch sein. Wenn man also einen abgesonderten Begriff beweisen will, so darf man nur zeigen, dass er von wahren Begriffen abgesondert worden. Wenn man von einem falschen Begriffe die Merkmale absondert, welche den übrigen widersprechen, so bekommt man einen wahren Begriff §95.”


[Pp. 73-74] “§266. Ein Begriff wird durch die gelehrte willkürliche Verbindung gemacht (combinatio conceptu- [74] um arbitraria, logica, erudita, philosophica, rationalis), wenn man zwei Begriffe als Einen sich vorstellt, von denen man auf eine gelehrte Art erkannt, dass sie einander nicht zuwider sind. Zu dem Ende nehme man (1) einen abgesonderten Begriff, man mag ihn nun entweder schon längst abgesondert haben, oder jetzo erst absondern; (2) einen Unterschied eines niedrigern Begriffs, von dem wir entweder schon überzeugt sind, oder nachher erst überzeugt werden, dass er dem abgesonderten Begriffe nicht widerspreche. Dieser Unterschied ist entweder durch die Absonderung von dem abstracten Begriffe weggelassen worden, oder nicht. In dem ersten Falle bekommen wir einen niedrigern Begriff, von welchem wir den abstracten abgesondert haben; in dem andern aber einen neuen niedrigern Begriff; (3) man stelle sich den abstracten Begriff, mit diesem Unterschiede zusammen genommen, als Einen Begriff vor.”


Meier (1762). Philosophische Sittenlehre. Part Two. [biblio]


[Pp. 399, 401-2] “§410. Der moralischen Wachsamkeit ist ein doppelter Fehler entgegengesetzt, der moralische Schwindel, und der moralische Schlaf. Jener ist ein Zwischenzustand zwischen dem moralischen Schlafe und Wachen, indem er weder ein völliges Wachen noch ein gänzlicher Schlaff ist. […]

§411. Ein Mensch schläft moralisch ein, wenn seine Aufmerksamkeit auf seinen gegenwärtigen moralischen Zustand ganz aufhört, zu einer Zeit, da er auf denselben Achtung geben könnte und solte; oder wenn das Bewußtseyn des gegenwärtigen moralischen Zustandes ganz aufhört, da es doch fortdaueren könnte und solte. Und der moralische Schlaf besteht in demjenigen Zustande, in welchem das Bewustseyn des gegenwärtigen moralischen Zustandes zu einer Zeit fehlt, wenn dasselbe möglich gewesen wäre. Der moralische Schlaf is der ge- [402] fährlichste moralische Zustand §409 weil der Mensch in demselben ganz blind und unbedachtsam auf einem Wege wandelt, der allerwegen voller Lebensgefahren ist.”

Michaelis, Johann David [top]

Michaelis (1762). Fragen an eine Gesellschaft Gelehrter Männer. [biblio]


[Quaestio 21, “Von den Steinen mit 12 Quell-Oeffnungen, welche Denkmäler die Wunder Mosis seyn sollen.”: p. 38]


[Quaestio 54, “Von der Castration”: p. 161] “10) Wie hat die Haushaltung der Israeliten der castrirten Pferde, Esel, Rinder, und Hamel entbehren können; als welche zu verschneiden Moses verbietet? Ich habe zwar gelesen, daß die Araber nicht leicht Wallachen reiten. Allein wie ist es möglich, häufiges Unglück oder doch Misvergnügen dabey zu vermeiden. Eine mit Hengsten versehene Cavallerie schiene auch im Kriege ganz unbrauchbar, da wenige Stutten sie in Unordnung bringen könnten.”


[Dritte Abtheilung, “Verschiedene Fragen über die Religion, die Regierung, […] von Yemen”: p. 383] “Wenn die dänischen Herren Academisten an den Berg Sinai kommen, so hoffen wir, daß dieselben die in die Felsen gehauenen Aufschriften, welche in der Reise des Pocock nicht genau beschrieben sind, mit gleichgebildeten Buchstaben abschreiben werden. Diese Bemühung wird von nicht geringen Vortheil für die Wissenschaften seyn.”

Molière, [top]

Molière (1721). Le bourgeois gentilhomme [biblio]


[Die Erste Handlung, Vierdter Auftritt] “Herr Schurdein: So ist hier nichts als ungebunden oder die Verse.”

Der Magister: Nein, mein Herr: Alles was nicht ungebunden ist, ist ein Vers; und was kein Vers ist, ist ungebunden.

Schurdein: Und wann man redt, welche ist es dann von diesen?

Magister: Von ungebundner Art.

Schurdein: Wie, wann ich sage, Nickolina bringet mir meine Pantoffel her, und sie giebet mir meine Nacht-Mütze, ist diß ungebunden?

Magister: Ja, mein Herr.

Schurdein: Bey meiner Treu, es ist über viertzig Jahr, daß ich ungebunden geredet, ohne daß ich etwas davon gewust hätte, und ich bin euch der Allerverbundenste, daß ihr mich dieses gelernet. Ich wolte ihr dann in einen Zettel schreiben: Schöne Marggräfin, eure schöne Augen machen mich vor Liebe sterben; Allein ich wollte, daß diß auf eine zierliche Art gestellet und daß es galant versetzet würde.”


M. Jourdain: Il n’y a que la prose ou les vers?

Le Maître de Philosophie: Non, monsieur. Tout ce qui n’est point prose est vers, et tout ce qui n’est point vers est prose.

M. Jourdain: Et comme l’on parle, qu’est-ce que c’est donc que cela?

Le Maître: De la prose.

M. Jourdain: Quoit! quand je dis, ‘Nicole, apportez-moi mes pantoufles et me donnez mon bonnet de nuit’, c'est de la prose?

Le Maître: Oui, monsier.

M. Jourdain: Par ma foi! il y a plus de quarante ans que je dis de la prose sans que j'en susse rien, et je vous suis le plus obligé du monde de m’avoir appris cela. Je voudrais donc lui mettre dans un billet: Belle marquise, vos beaux yeux me sont mourir d’amour; mais je voudrais que cela fût mis d’une manière galante, que cela fût tourné gentiment.”

Montaigne, Michel de [top]

Montaigne (1753-54). Versuche. [biblio]


[Vol. 1, p. 103] “Hauptstück 19: Das Philosophiren sterben lernen heisse. Was Philosophiren heißt. Cicero sagt,[note A] das Philosophiren sey nichts anders, als eine Vorbereitung zum Tode. Dieses kommt daher, weil das Studiren und die tiefsinnigen Betrachtungen unsere Seele einigermassen ausser uns ziehen, und derselben, ohne daß der Körper daran Theil hat, etwas zu thun verschaffen; welches gleichsam eine Anweisung zu dem Tode ist, und eine gewisse Aehnlichkeit mit demselben hat: oder vielmehr daher, weil alle Weisheit und alles Reden der Welt endlich darauf hinaus laufen, uns zu lehren, daß wir den Tod nicht fürchten sollen. In der That, entweder weiß die Vernunft selbst nicht was sie will: oder, sie muß bloß auf unser Vergnügen sehen, und alle ihre Bemühungen müssen überhaupt auf nichts anders abzielen, als uns ein glückseliges Leben und Ruhe zu verschaffen, wie die H. Schrift sagt.[note B]”

[note A] Tietz notes the citation: “Tota Philosophorum vita commentatio mortis est.” Cicero, Acad. quaest. 50.1.30.31.

[note B] Tietz notes the citation: Eccles. 3: 12. “Et cognoui quod non esset melius, quam laetari, et facere bene in vita sua.”


[Vol. 1, p. 598] “Hauptstück 50: Von dem Demokrit und Heraklit. […] Verschiedene Gemüthsart des Demokrit und Heraklit. Was ich von diesem Exempel sage, läßt sich von allen andern sagen. Jede Kleinigkeit, jede Beschäftigung des Menschen verräth und zeiget denselbigen so gut als eine andere. Demokrit und Heraklit sind zween Philosophen gewesen. Der erste hielt das menschliche Leben für eitel und lächerlich, und gieng daher niemals anders als mit einem spöttischen und lachenden Gesichte unter die Leute. Heraklit im Gegentheil hatte Mitleiden mit eben diesen unsern Umständen, daher er beständig betrübt sahe und die Augen voll Thränen hatte.”


[Vol. 2, pp. 148-50] “Hauptstück 12: Schutzschrift für Raimond von Sebonde. […] Die ganze Philosophie theilet sich in drey Gattungen. Wer etwas suchet, gelanget entweder so weit [note A], daß er saget, er habe das Gesuchte gefunden; oder es könnte nicht gefunden werden, oder, er suchte es noch. Die ganze Philosophie theilet sich in diese drey Gattungen. Ihr Endzweck ist, die Wahrheit, die Wissenschaft und die Gewißheit zu suchen. Die Peripatetiker, Epikureer, Stoiker und andere haben sich eingebildet, dieselbe gefunden zu haben. Diese haben die Wissenschaften, welche wir haben, aufgebracht, und sie als gewisse Kenntnisse abgehandelt. Klitomachus, Karneades und die akademischen Philosophen, haben alle Hofnung [149] dieselbe zu finden aufgegeben, und geurtheilet, die Wahrheit könnte nicht durch menschliche Mittel begriffen werden. Diese bleiben also bey der menschlichen Schwachheit und Unwissenheit stehen; und ihre Parthey hat den größten Beyfall gefunden, und die vornehmsten Anhänger gehabt.

Was die Pyrrhonischen Philosophen vorgeben. Pyrrho, und andere Skeptiker oder Epechisten, deren Lehrsätze, wie viele der Alten geglaubt, aus dem Homer, den sieben Weisen, dem Archiloch, und Euripides genommen sind, und denen Zeno, Demokrit und Xenophanes beygepflichtet haben, sagen, sie wären noch die Wahrheit zu suchen beschäftiget. Diese halten dafür, daß diejenigen, welche sich die Wahrheit gefunden zu haben einbilden, gewaltig irren; daß aber auch die andere Gattung allzu kühn und stolz ist, wenn sie versichern, die menschlichen Kräfte wären nicht zureichend die Wahrheit zu finden. Sie sprechen, es erforderte schon eine große und außerordentliche Wissenschaft, wenn man das Maas des Vermögens, die Schwierigkeiten der Dinge zu erkennen und zu beurtheilen, bestimmen wollte; und sie glauben nicht, daß der Mensch dazu fähig sey.

Nil sciri quisquis putat, id quoque nescit,
an sciri possit, quo se nil scire fatetur. [note B]

Die Unwissenheit, die sich selbst kennt, die über sich selbst urtheilet, die sich selbst verdammt, ist keine völlige Unwissenheit, wenn sie es seyn soll, so muß sie sich selbst nicht kennen. Also bestehet [150] der Pyrrhonischen Weltweisen ganzes Werk darinnen, daß sie wanken, zweifeln, und forschen, aber sich von nichts versichern und von nichts überzeugt halten. Sie nehmen von denen dreyen Wirkungen der Seelen, der Vorstellung, dem Begehren, und dem Beyfallen, die beyden ersteren an. In Ansehung des letztern bleiben sie allezeit unentschlossen und gleichgültig, ohne sich auf eine Seite zu neigen, ohne einem oder dem andern Theile nur im geringsten bey zu stimmen. Zeno drückte die Art, wie sich diese Eintheilung der drey Vermögen der Seele vorstellete auf folgende Weise mit Geberden aus. (a) Die ausgestreckte und offne Hand deutete die Vorstellung eines Dinges an. Die halb geschlossene Hand, und die etwas gekrümmten Finger zeigten den Beifall an. Die völlig zugedrückte Hand, bezeichnete das Begreifen; und wenn er endlich mit der linken Hand diese Faust noch fester zudrückte, das Wissen.”

[note A] Tietz refers to Lucretius, Book 4, 5.471.

[note B] Tietz notes the citation: Cicero, Acad. quaest. 5.4.C.47: “Zeno's Gestures.”

Montesquieu, Charles de Secondat [top]

Montesquieu (1753). Werk Von den Gesetzen. [biblio]


[Vol. 2 (14th Book, ch. 3), pp. 395-96] “Widerspruch in den Charaktern gewisser mittägiger Völker. Die Indianer[*] sind natürlicher maßen nicht tapfer. Selbst die Kinder[**] der Europäer, die in Indien gebohren werden, verliehren die Tapferkeit ihres Climatis. Wie soll man aber dieses mit ihren grausamen Handlungen, mit ihren Gewohnheiten, und mit ihrer barbarischen Buße reimen? Die Männer unterwerfen sich hier den unglaublichsten Uebeln, und die Weiber verbrennen sich [396] selbst. Das heist gewiß genug Kraft für so viel Schwäche!”

[Note *] “Hundert europäische Soldaten, sagt Tavernier, könnten mit leichter Mühe tausend indianische schlagen.”

[Note **] “So gar die Perser, die sich in Indien niederlassen, werden beym dritten Geschlecht so faul und nachläßig, als die Indianer. Bernier von Mogol Tom I. Seite 202.”


[Vol. 1 (17th Book, ch. 5), pp. 478-79] “Die, so auf den Inseln wohnen, sind mehr zur Freyheit geneigt, als die Einwohner auf dem festen Lande. Insgemein haben die Inseln einen nicht gar so großen Umfang; ein Theil kann nicht leicht den andern unterdrücken. Das Meer scheidet sie von den großen Reichen, und die Tyranney kann daselbst keine Gewalt ausüben. Die Sieger [479] werden vom Meere gehindert; die Eiländer werden bey der allgemeinen Eroberung nicht mit eingeschlossen, und können demnach ihre Gesetze mit geringere Mühe behaupten.”


[Vol. 2 (16th Book, ch. 12), pp. 454-55] “Von der natürlichen Schamhaftigkeit. Alle Völker kommen darinnen überein, daß sie die Ausschweifungen der Weibsbilder, als etwas verächtliches ansehen. Die Natur hat ihnen [455] dieses eingegeben. Von ihr stammt die Vertheidigung wie der Angriff her. Und da sie auf bey den Seiten Begierden eingepflanzet, so hat sie auf eine die Verwegenheit, auf die andere die Schande gesetzet. Sie hat den einzelen Geschöpfen lange Frist verstattet, sich insbesondere zu erhalten, aber nur Augenblicke eingeräumt, ihre Art zu verewigen.

Also stimmen die Ausschweifungen mit den Gesetzen der Natur nicht überein. Sie beleidigen solche vielmehr. Blos die Bescheidenheit und die Enthaltung richten sich nach diesen Gesetzen.

Ausserdem ist es natürlich, daß verständige Wesen ihre Unvollkommenheiten erkennen. Die Natur hat eine Scham in uns gepflanzet, welche in der Empfindung unsrer Unvollkommenheiten besteht.

Wenn also das physische Vergnügen in einigen Erdstrichen das natürliche Gesetz, welches die bey den Geschlechter, und überhaupt alle vernünftige Geschöpfe angehet, übertritt, so ist der Gesetzgeber verbunden, bürgerliche Verordnungen aufzurichten, die der Natur des Clima Einhalt thun, und die natürlichen Gesetze wieder herstellen.”

Müller, Gerhard Friedrich [top]

Müller (1758): Sammlung Russischer Geschichte. [biblio]


[Vol. 3, pp. 160-61] “Die allgemeine Bemerkung, daß das Wasser in der See abnimmt, trift auch hier ein. Man siehet längst den Küsten des Eismeeres Holtz, das von der See angespület worden, auf solchen Höhen, die heut zu Tage von keiner Fluth noch Wellen erreichet werden. Unweit der Mündung des Flusses Jana in Westen soll eine alte Kotsche liegen, [161] die um 5 Werste von dem jetzigen Ufer der See entfernet ist.”

Müller, Johann Bernhard [top]

Müller (1720): Leben und Gewohnheiten der Ostiacken. [biblio]


[Pp. 26-27] “Mit keinen andern Tranck stillen sie ihren Durst, als mit dem Wasser aus dem [27] Flusse, welches sie mit einer Bircken-Burcke schöpffen. Fällen sie aber ein Wild es sey von welcher Gattung es wolle, oder sie schlachtes Rennthiere, Pferde und was sie sonsten attrapiren, so sättigen sie sich mit dem warmen Bluthe. Jedennoch wann sie sich recht delectiren wollen, so tauchen sie ein stück Fisch im Fisch-Trahn, und nehmen auch wohl gar einen guten Trunck davon, über alles aber lieben sie den Chinesischen Char oder Toback, und zwar rauchen sie ihn nicht wie andere Nationen, die den Rauch wieder von sich blasen; Sondern sie nehmen zuvor etwas Wasser im Munde, und nachdem sie sich zur Erden gesetzt, schlucken sie den angezogenen Rauch herunter, welcher sie nach etlichen Zügen gantz benimt, biß sie mit verstelleten Geberden wieder zu sich selbsten kommen und einen Schleim von sich werffen. Solche Ubung wiederhohlen sie des tages so offt es ihnen beliebt, und sie von erwehnten Char einen Vorrath haben; Auch brauchen denselben nicht allein die Männer, sondern auch die Weiber, und gewehnen ihn ihren Kindern von Jugend auff an, weil er gleichsam an stat der Medicin dienet, die den tranischten Fisch-Schleim ziemlicher massen ihnen wieder abzapfft.”

Muret, Marc Antoine [top]

Muret (1559): Variarum lectionum. [biblio]

English translation by Gregor von Feinaigle, The New Art of Memory, 3rd ed. London: Sherwood, Neely, and Jones, 1813.


[Pp. 23r-24r] “Habitabat Patauii in uicinia mea homo adolescens, genere Corsicus, honesto nesto, ut ferebatur, et credibile erat, apud suos loco natus, qui eo uenerat ad ius civile discendum: [23v] quo in studio ita diligenter et attente annos aliquot cosumpserat, ut magna iam esset de doctrina illius hominum opinio. Ventitabat autem sere quotidie in aedes meas, deuexo iam et inclinato sole, aestas enim erat: ibique, quod aedes satis amplae erant, satisque apricae, aut sub dio ambulans, et cum aequalibus suis iucundissime colloquens, aut saltu, aut lucta, aut trigonali pila corpus exercens, fessas studiorum laboribus vires honestissime reficiebat. rumor erat, tenere eum artem quandam memoriae, cuius auxilio multa efficeret, quae credi, nifs spectata, non possent. is cum ad aures meas perlatus esset, cupido me incessit, mirabilia illa et inaudita spectandi. eiusmodi enim in rebus minime omnium auditis credulus esse soleo. uifum est igitur, quando ipse domo mea arbitratu suo uteretur, hoc ab eo quasi évoíniov exigere, ut, quod sibi commodum soret, praesente me, artis suae specimen aliquod daret. Ille nihil grauatus, lubentissimo animo se, cum uellem, facturum esse respondit. Placuit, statim. cum per ipsum mora non esset, una omnes, qui aderamus, in proximum cubiculum ingressi, consedimus. coepi ego dictare nomina latina, graeca, barbara, significantia, nihil significantia, tam varia, tam nihil inter se cohaerentia, tam multa, ut et ego dictando, et puer, cui mandatum erat, ut ea exciperet, scribendo, et ceteri, qui aderant, audiendo atque exspectando, fessi iam miris modis essemus omnes. ipse unus ex omni numero alacer ac recens, assidue plura poscebat. Sed cum ego ipse modum aliquem fieri oportere dixissem, abunde mihi satisfactum iri, si uel dimidiam partem eorum, quae dicta erant, recitare potuisset: tum ille, fixo ad terram obtutu, magna nostra omnium exspectatione, tacitus aliquandiu stetit. quid uerbis opus eft? uidi facinus, ut ille ait, mirificissimum. Ὁ δαιμόνιος ἐκεῖνος exorsus loqui, plane omnia, eodem ordine, nusquam prope insistens, nusquam haesitans, nobis stupentibus, reddidit. deinde ab ultimo incipiens, sursum uersus peruenit ad primum. rursus ita, ut primum, tertium, quintum, ac sic deinceps omnia diceret. quo denique quisque voluerat ordine, sine ullo erro- [24r] re omnia referebat.”


[1813, 421-23] “In Padua, near [422] unto me, dwelt a young man of Corsica, of good birth, and sent thither to study the civil law; in the study of which he had spent some years with that diligence and attention, that there was now raised amongst us a great opinion of his learning . He came almost every day to my house, and there went a report, that he attained to an art of memory, by assistance of which he was able to perform that which another could not believe unless he beheld it; when I heard this, I had a desire to behold these wonderful things, as one not very credulous of such matters as come by hearsay . I therefore desired him to give me some such kind of instance of his art as he should think fit. He told me he would do it when I pleased. “Immediately, then,” said I; and when he refused not, all we who were present went into the next room; there did I dictate Latin, Greek, and barbarous names, some significant, others not; so many, and so different, having not the least dependance one upon the other, that I was weary with dictating, and the boy with writing what I dictated, and all the rest with hearing, and expectation of the issue. When we were thus diversely wearied, he alone called for more. But I myself said it was fit to observe some measure: and that I should be abundantly satisfied if he could but recite me the one half of those I had caused already to be set [423] down. He fixing his eyes upon the ground (with great expectation on our part) after a short pause began to speak. In brief, to our amazement, he repeated all we had written in the very same order they were set down, without scarce a stop or any hesitation: and then beginning at the last, recited them all backwards to the first; then so as that he would name only the first, third, fifth, and in that order repeat all; and indeed in what order we pleased, without the least error.”

Musschenbroek, Pieter van [top]

Musschenbroek (1747): Grundlehren der Naturwissenschaft. [biblio]


[P. 801] “§1374. Die Geschwindigkeit der freyen Winde ist sehr unterschieden. Diejenigen, die so reißend sind, daß sie Bäume und Wälder umwerfen, laufen nach Mariottens Beobachtung so schnell, daß sie in einer Stunde 32 pariser Schuhe zurücklegen. Allein aus genaueren Beobachtungen Derhams schließt man [Note: Philos. Trans. N. 313.], daß die heftigsten Winde, mit so großer Schnelligkeit gewehet, daß sie in einer Minute 66 engl. Schuhe, und in einer Stunde 45 engl. Meilen durchlaufen. Diese sind freylich rasend, und von solcher Gewaltsamheit gewesen, daß sie eine steinerne Bildseule 12 Schuhe hoch, 5 Schuhe breit, und 2 Schuhe dick zerbrochen, und ganze Wälder niedergeworfen [Note: Phil. Trans. N. 114.].”

Neue Anmerkungen [top]

Anonymous editor (1753, 1754, 1756): Neue Anmerkungen über alle Teile der Naturlehre. 3 vols. [biblio]


[Vol. 1, p. 131-33] “Geschichte von einigen ausserordentlichen Brunnen. […] [131] […] In dem pohlnische Palatinate Krakow ist ein Gebürge, welches man das wundersame Gebürge nennet, weil daselbst, in der That, sehr sonderbare Dinge wahrgenommen werden. Es ist mit wohlriehenden Kräutern, Eichen, Fichten und Tannen besezt; man findet daselbst Quellen süssen und salzigten Wassers, und Erzgruben von verschiedenen Metallen; insonderheit aber einen Brunnen von ausserordentlichen Eigenschaften. Es ist ein klarer Quell, der mit Geräusch aus der Erde hervorbrudelt, und nach dem Mondenlauf zu- und abnimmt; welches den Gedanken erwekt, daß er mit dem Meere Gemeinschaft habe. […] [132-33] […] Es scheinet, da  der angenehme Geruch dieses Brunnens, und die ihm eigene Kraft, viele Krankheiten zu heilen, sowol, als auch die Leichtigkeit sich zu entzünden, denen Schwefelgeistern müsse zugeschrieben werden, womit sein Wasser angefüllet ist. Acta Erudit. Lips. 1684. pag. 326.”


[Vol. 2, pp. 46-48] “Von einer Höle in der Graffschaft Burgund. […] [47] […] Diese Höle lieget fünf Meilen von Besanzon, gegen Morgen, an dem Orte der Landschaft, welcher insgemein das Gebürge genant wird, und in einem Gehölze in der Nähe des Dorfes Chaux. Sie ist an dem Fusse einer 15 Fus erhabenen Klippe befindlich hält 80 Fuß in der Höhe oder Tiefe, 140 Fus in der Länge, von dem Eingange an bis zur entgegengesezten Seite, und 122 Fuß in der Breite. Herr Billerez, Professor der Zergliederungskunst und Kräuterwissenschaft auf der hohen Schule in Besanzon, stieg im Herbstmonate 1711 hinein, um sie zu untersuchen, und befand , daß der Boden der Höle, welcher platt ist, noch mit drei Fuß diken Eise bedekt war, welches zu schmelzen begonte; er sahe auch drei Pyramiden von Eis, die eine Höhe von 15 bis 20 Fus, und eine 5 bis 6 füßige Breite hatten, welche auch schon sehr vermindert waren. […] Das Eis in dieser Höle ist härter als das von denen Flüssen, und mit weniger Luftblasen vermengt, schmelzet auch nicht [48] so leicht. Je wärmer es des Sommers ist, desto mehr Eis entstehet alsdenn.

Herr Billerez hat die Ursache zu dieser Erscheinung gefunden, indem er beobachtet, daß das Erdreich daherum, und insonderheit über dem Gewölbe, voll eines Salpetersalzes oder eines natürlichen Salmiaks ist. Wenn diese Salze des Sommers durch die Wärme in Bewegung gebracht worden, so vermischen sie sich leicht mit dem Wasser, welches, da es durch die Erde und die Spalten des Felsens fliesset, bis in die Höle dringet.”


[Vol. 2, p. 55] “Diese Wassersäulen, welche man auf dem mittelländischen Meere Wasserpumpen nennet, sind Rauchsäulen, die sich von dem Meere an bis zu denen Wolken erheben. Man siehet anfangs, […].”


[Vol. 2, pp. 109] “8. In dem polnischen Palatinate Krakow ist auch eine Quelle, deren Wasser sich als der Weingeist entzündet, wenn man eine angezündete Fakel daran hält; das sonderbarste aber dabei ist, daß die mit einem Getöse, welches ziemlich weit kan gehöret werden, ausgestossene Wellen der Mondesbewegung genau folgen; und zwar so gut, ie nachdem [110] sich derselbe dem Vollwerden nüahert, das Wasser in der Quelle sich nach und nach erhebet, und seine Wellen höher treibet, bis sie endlich, wenn der Mond voll ist, überläuft;[…].[…] Journal des Sçavans du 24. Janv. et 3. Avril 1684.”

Newton, Isaac [top]

Newton (1704): Opticks. [biblio]


[Bk. 2, Pt. 3; pp. 220-24] “Prop. I: Those Superficies of transparent Bodies reflect the greatest quantity of Light , which have the greatest refracting Power; that is, which intercede Mediums that differ most in their refractive Densities. And in the Confines of equally refracting Mediums there is no Reflexion.

THE Analogy between Reflexion and Refraction will appear by considering, that when Light passeth obliquely out of one Medium into another which refracts from the perpendicular, the greater is the difference of their refractive Density , the less Obliquity of Incidence is requisite to cause a total Reflexion. […][221][…] If Water be distinguished into two parts, by any imaginary Surface, the Reflexion in the Confine of those two parts, is none at all. In the Confine of Water and Ice ‘tis very little, in that of Water and Oil ‘tis something greater, [222] in that of Water and Sal-gem still greater, and in that of Water and Glass, or Crystal, or other denser Substances still greater, accordingly as those Mediums differ more, or less in their refracting Powers. […][223][…]

Prop. III: Between the parts of opake and colour’d Bodies are many Spaces, either empty or replenish'd, with Mediums of other Densities; as Water between the tinging Corpuscles wherewith any Liquor is impregnated, Air between the aqueous Globules that constitute Clouds or Mists; and for the most part Spaces void of both Air and Water, but yet perhaps not wholly void of all Substance, between the parts of hard Bodies.

[…] [224] But farther, that this discontinuity of parts will appear by considering, that opake Substances become transparent by filling their Pores with any Substance of equal or almost equal density with their parts. Thus Paper dipped in water or Oil, the Oculus Mundi Stone steep'd in Water, Linen Cloth oiled or varnish'd, and and many other Substances soaked in such Liquors as will intimately pervade their little Pores, become by that means more transparent than otherwise; so, on the contrary, the most transparent Substances may by evacuating their Pores, or separating their parts, be render'd sufficiently opake, or Salts or wet Paper, or the Oculus Mundi Stone by being dried, Horn by being scraped, Glass by being reduced to Powder, or otherwise flawed, Turpentine by being stirred about with Water till they mix imperfectly, and Water by being form'd into many small Bubbles, either alone in the form of Froth, or by shaking it together with Oil of Turpentine, or Oil Olive, or with some other convenient Liquor, with which it will not perfectly incorporate, And to the increase of the opacity of these Bodies it conduces something, that by the 23d Observation the Reflexions of very thin, transparent Substances are considerably stronger than those made by the same Substances of a greater thickness.”


Newton (1714): Philosophiae naturalis principia mathematica. [biblio]


[P. 12] “Lex I. Corpus omne perseverare in statu suo quiescendi vel movendi uniformiter in directum, nisi quatenus illud a viribus impressis cogitur statum suum mutare.”

Nollet, Jean-Antoine [top]

Nollet (1749-50): Vorlesungen über die Experimental Natur-Lehre. [biblio]


[Vol. 2, pp. 689-90] “Wird nun dieses nicht die Haupt-Ursache seyn, wodurch die Täucher gehindert werden, daß sie nicht lange genung recht tief unter dem Wasser verbleiben können? Denn man lässet sie unter einer grossen Glocke, die mit Luft angefüllet ist, in die Tiefe hinab, wobey man auch ein Mittel gefunden hat, wiederum frische Luft unter solche Glocke zu bringen, nachdem man nemlich wahrgenommen, daß solches nöthig sey, um desto freyer und ohne Gefahr Athem zu holen. Ohnerachtet aber aller Vorsorge, die man bishero hierbey hat anwenden können, so schien es dennoch, daß ein Mensch, der sich in diese Machine begiebt, fast allezeit [690] unter derselben sich in einem gewaltsamen Zustande befinde, und öfters hat man auch gesehen; daß ein solcher mit heraus getriebnen Augen, und aus der Nase oder denen Ohren fliessenden Blut, unter der Glocke wieder herfür gekommen, daß also diese Erfindung, welche man in verschiedenen Ländern auf mancherley Arten versuchet, noch zur Zeit keinen sonderlich grossen Vortheil verschaffet hat. Dieses rühret nun aber davon her, weil es nicht genung ist, daß man dem Täucher frische Luft verschaffet, sondern weil auch solche Luft allerdings nicht sehr von ihrer ordentlichen Dichtheit abgehen solte; und dieses möchte wohl unter einem grossen Umfang von Wasser nicht wohl können möglich gemacht werden, indem die Luft ohnumgänglich den Druck desselben erleyden muß. Der allerbeste Versuch, welcher noch von dieser Art ist gemacht worden, ist des Herrn Halley seiner, der über eine Stunde lang, ohne die geringste Beschwehrlichkeit, unter dem Wasser verblieb; allein seine Glocke wurde auch nur 54. Französische Schuh tief hinab gelassen, welches bey verschiedenen Gelegenheiten wohl nicht hinlänglich seyn möchte; ausser diesen war sie auch sehr groß, und wofern dieser Umstand zu dem Vortheil, den man dadurch erlanget, unumgänglich solte nöthig seyn, wie es leicht zu glauben ist, so würde man sich deren nur sehr selten, und bloß bey sehr wichtigen Fällen, bedienen können, wegen derer grossen Kosten und vielen Beschwehrlichkeiten, die man bey dem Gebrauch einer solchen Machine nicht wohl vermeyden kan.”

Ovid [top]

Ovid: Metamorphosen. [biblio]


[Bk. 15, lines 290-95 (Safft, p. 740)] “Zancle soll vor Zeiten gleichfalls mit Italien verbunden gewesen seyn, so lange bis das Meer die alten Gränzen wegspülete, und die Wellen die Stelle der Furchen einnahmen. Fragst du jezt nach den berühmten Städten Helice und Buris in Achaien: so wirst du sie unter dem Wasser antreffen, und die Schiffer können dir diese, mit samt den Mauren versunkenen Städte, noch zeigen.”


[Bk. 15, lines 290-95] “Zancle quoque iuncta fuisse / dicitur Italiae, donec confinia pontus / abstulit et media tellurem reppulit unda. / Si quaeras Helicen et Burin Achaidas urbes, / invenies sub aquis, et adhuc ostendere nautae / Inclinata solent cum moenibus oppida mersis.”

Ovid: Tristia. [biblio]


[I.2, lines 18-26] “Dieselben Stürme also, damit ich zweyfach unglücklich sey, reissen meine Segel und meine Gebete, wer weiß wohin. Ach ich Armer! Welche Berge von Wogen wälzen sich heran! Jetzt jetzt werden sie die höchsten Sterne berühren. Welcher Thäler senken sich in dem aufgerissenen Meer nieder! Jetzt jetzt werden sie den schwarzen Tartarus berühren. Wohin man sieht, ist nichts als Meer und Himmel: jenes schwellend von Wogen; dieser drohend mit Wolken. Zwischen beden brüllen in gräßlichem Wirbel die Winde: das Meer weiß nicht, welchem Herren es gehorchen soll.”


[I.2, lines 49-51] “Des Schiffes Seiten werden von den Wellen nicht anders angeschlagen, als des Ballisten schwere Wucht an die Mauer donnert. Die Woge, die hier kommt, ragt über alle Wogen her: sie folgt auf die neunte und ist vor der eilften.*”
*[Translator’s note: “Umschreibung für: die zehnte, d.h. die größte, außerordentlich große Welle; die zehnte Welle, glaubte man, sey die größte, ungeheurste. Daher wurde nachher von mehreren in ihrer Art sehe großen Dingen das Wort zehnte, decimus, decumanus, gebraucht: decumana ova, decumana scuta, u. a. m. Vergl. Ovid, Werw. XI 530.”

Ovid: De Pontus. [biblio]


[Bk. 4, Letter 7: “An Vestalis,” lines 6-8] “Jüngling, der du entstammt Alpischen Königen bist. / Selber siehest du doch von Eis den Pontus gerinnen; / Selber siehest du fest werden vom Froste den Wein.”


[Bk. 4, Letter 9: “An Gräcinus,” lines 85-96] “Ob ich lüge, daß fest von dem Frost erstarre der Pontus, / Und viel Jucherte Meers werden vom Eise bedeckt.”


[Bk. 4, Letter 10: “An Albinovanus,” lines 32-42] “Wegsam machet der Frost hier auch dem Fuße das Meer, / Daß, wo das Ruder zuvor durchschnitten hatte die Wogen, / Später, verschähen ein Schiff, trocken der Reisende geht. / Jeder, der hieher kommt, der sagt, daß kaum er es glaube. / Wie unglücklich ist, wer Herberes trägt, als man glaubt! / Dennoch glaub’s; und ich will dich kennen lehren die Gründe, / Weßhalb schauriger Frost härtet das Sarmater Meer. / Rahe gerückt ist uns das Gestirn, das des Wagens Gestalt zeigt, / Und das an Kälte zuvor alen Gestirnen es thut. / Hier entspringet der Nord, und er ist hier heimisch zu Lande, / Und er schöpfet die Kraft her von dem näheren Ort.”

Perseus [top]

Persius: Satires. [biblio]


[Satire 3, lines 78-85] “Hic aliquis de gente hircosa centurionum / dicat ‘Quod sapio satis est mihi. non ego curo / esse quod Arcesilas aerumnosique Solones, / obstipo capite et figentes lumine terram, / murmura cum secum et rabiosa silentia rodunt / atque exporrecto trutinantur verba labello, / aegroti veteris meditantes somnia, gigni / de nihilo nihilum, in nihilum nil posse reverti. / hoc est, quod palles? cur quis non prandeat, hoc est?’”


[Rudd translation (1997, 218)] “The last thing I want is to be like Arcesilas or a woebegone Solon – people who wander about with head hanging down, their eyes fixed on the ground, champing their silent mutterings in rabid self-absorption, protruding their lips to serve as a balance for weighing their words, repeating over and over the dreams of a sick old fool: ‘Nothing comes from nothing, nothing reverts to nothing.’ Is this why you’re pale? Would this detain a man from his dinner?’”

Der physikalische und oekonomische Patriot [top]

Patriot (1756-58): Johann August Unzer, editor, Der physikalische und oekonomische Patriot. Oder Bemerkungen und Nachrichten aus der Naturhistorie, der allgemeinen Haushaltungskunst und der Handlungswissenschaft. 3 vols. Hamburg: Georg Christian Grund. [biblio]


Vol. 1, issue 7 (8 March 1756)
“Beschreibung der vornehmsten feuerspeyenden Berge von Europa.”


[P. 61] “Strabo der schon zu Augusts Zeiten gelebt, erwähnt der Ausbrüche des Vesuvius, und es ist also falsch, daß er erst zu Vespasians Zeiten zum erstenmale sollte gebrannt haben.[n.17] Seit Christi Geburt findet man in der Historie erliche so sehr heftige Ausbrüche desselben angemerkt. Die zu den Zeiten des Vespasians ist es, welche die Städte Heraclea und Pompeja, die man itzt wieder aufgräbt, unter den Schutt begraben hat. Die Asche ist bis Afrika, Syrien und Aegypten geflogen, und zu Rom hat sie die Sonne verfinstert. Die Vögel in der Luft erstickten, und die Fische im Wasser starben von der Hitze und dem Gestanke.[n.18]”

[note 17] “Der Herr v. Büffon, Hist. der Nat. 1 Th. S. 266, und Lulofs Kenntniß der Erdk. §227. S. 216. und viele andere haben dieses nicht in Erwägung gezogen.”

[note 18] “Varen. Geogr. Gener. cap. 10. prop. 5. n. 3.”


[P. 63] “Damals ist die Asche mit dem Windstriche nicht allein über die ganze Insel, sondern noch einige Meilen weiter in die See, über 30 Meilen weit, auf ein Schiff geflogen. Drey Tage verdunkelten Dampf und Asche das Licht der Sonne, und nachdem das Feuer auch das am Fuße des Berges belegene Land ergriffen; ist der Brand nach und nach unter der Erde, bis auf 18 Meilweges, fortgelaufen, und hat über Jahr u. Tag fortgedauret.”


Vol. 1, issue 8 (15 March 1756)
“Von den feuerspeyenden Bergen ausserhalb Europa.”


[P. 71] “Diese unterseeischen Feuermagazine sind das erschrecklichste und fürchterlichste, was in der Natur ist. Sie sind es, die die weitläufigsten Erd-Erschütterungen erregen, die ganze Zonen Landes verwüsten, dahingegen die Entzündungen über dem Wasser nur kleine Striche Landes durch den Gegenstoß in Bewegung setzen.”


Vol. 1, issue 9 (22 March 1756)
“Daß der Meeresboden den Entzündungen eben so, wie das veste Land, unterworfen sey, imgleichen von einigen leuchtenden Erscheinungen zur See, und den Orkanen.”


[P. 79] “Bey den meisten Erdbeben ist vorher stilles und schönes Wetter:[n.14] bald darauf aber bemerkt man eben die Wirkungen, welche sich bey den Stürmen als Vorboten einfinden. Man sieht ein Gewölk am Himmel,[n.15] das Meer blähet sich auf, die Sonne wird von den Dünsten des Luftkreises entfärbt, es entsteht ein Schwefeldampf, der sich riechen läßt, und es erfolgen viele ungewöhnliche feurige Luft-Erscheinungen. Alle diese Begebenheiten haben sich bey dem Erdbeben vom 1sten November 1755, und nach demselben ereignet, und Sie können daher leicht erachten, woher das erstaunliche Aufschwellen des Wassers gekommen, das sich eine Zeit nach dem ersten Stoße der Erd-Erschütterung eingefunden.”

[Note 14] “Ray, der Welt Anfang, Veränd. und Untergang, S. 367.”

[Note 15] “S. Hales Betracht. über die Ursachen der Erdbeben; im Hamb. Magaz. 5 B. 6 St. 3 Art. S. 611, 616.”


Vol. 1, issue 10 (29 March 1756)
“Daß unter dem Boden des Weltmeeres überall Feuer anzutreffen sey”


[Pp. 82, 84] “Anton Lazzaro Moro, ein gelehrter Naturforscher, hat in einer eigenen ausführlichen Schrift beweisen wollen, daß alle Inseln von unterirdischem Feuer in die Höhe getrieben worden wären.[n.1] Er hat Unrecht: denn es giebt Inseln, die unstreitig bloß von Strömen gemacht werden, und ich liebe überhaupt die Meynungen in der Naturlehre nicht, die alle Erscheinungen aus einerley Ursache erklären. […] Es ist Ihnen aus meinem 2ten Briefe bekannt, daß die sogenannten Wasserhosen, oder Typhonen, ein Feuer sind, daß aus dem Meeresboden aufsteiget, und das Wasser in die Höhe reißt.”

[note 1] “Neue Untersuchung der Veränderungen des Erdbodens, Leipzig 1751. aus dem Italinis. übersetzt.”


Vol. 1, issue 11 (5 April 1756)
“Mehrere Beweise, daß unter dem Boden des Weltmeeres überall Feuer anzutreffen sey.”


[P. 96] “Diese Menge von Gründen überredet mich, den Boden des Oceans für ein Gewölbe zu halten, worunter ein beständiges Feuer glimmt, das besonders an denjenigen Oertern, wo Klippen, Felsen und Inseln stehen, seine Gewalt geäussert hat.”


Vol. 1, issue 19 (30 August 1756)
“Wie die Aufwallung des Meeres und die Veränderungen in den übrigen Gewässern der Erde von Entzündungen gewirkt werden”


[Pp. 270, 273] “Es giebt wirklich öfters Erdbeben, die nur an den Küsten gespüret werden, und mit unterseeischen rollenden Donner verbunden sind. sie sind an den schwedischen Küsten häufig,[n.8] und man hat sie auch an den Ufern großer Flüsse, wie denn einstmals ein Erdbeben längs an den Ufern der Elbe hinauf ist gespüret worden.[n.9] […] Ich könnte der Beobachtungen von dieser Art leicht noch mehrere anführen, wenn es nöthig wäre, und sie werden die neueste vom 1sten November 1755 selbst hinzufügen, wo das Erdbeben in Portugall und an den spanischen und andern Küsten bey heiterm Himmel und stiller See anfing, und das Zurückweichen, und der darauffolgende Einbruch der See erst nach dem ersten Stoße des Erdbebens erfolgte.[n.26]”

[note 8] “Abhandlung der schwedischen Akademie der Wissenschaften, 12 B. S. 162.”

[note 9] “Olai Wormii Epistol. 304. p. 285.”

[note 26] “Nach dem Zeugnisse eines ausführlichen Originalschreibens aus Lissabon, welches im 203ten stück des Hamb. Correspondenten vom Jahre 1755 bekannt gemacht worden, und die ordentlichste und zuverläßigste; Beschreibung dieses Erdbebens in sich enthält.”

Physische Abhandlungen, Akademie der Wissenschaften in Paris [top]

ParAb (1748-59): Wolf Balthasar Adolph von Steinwehr, editor/translator, Der königl. Akademie der Wissenschaften in Paris, Physische Abhandlungen. 13 vols. Breslau: Johann Jacob Korn. [biblio]


Vol. 1 (1748)
Sédileau, “Beobachtung der Menge des Regenwassers” (1692).
See: Sédileau.


Vol. 1 (1748)
Sédileau, “Vom Ursprunge der Flüsse” (1693).
See: Sédileau.


Vol. 1 (1748)
Lémery, “Physische und chymische Erklärung der unterirdischen Feuer, der Erdbeben, Stürme, des Blitzes und Donners” (1700).
See: Lémery.


Vol. 1 (1748)
Joseph Pitton de Tournefort, “Beschreibung des Labyrinths in Candia” (1718).
See: Tournefort (1748).


Vol. 5 (1750)
Anon., “Von dem alten und neuen China” (1718). [biblio]


[Pp. 427-28] “Der Herzog von Escalone, Associé etranger der Akademie, hat ihr eine Karte von China zugesendet. Sie ist von einer chinesischen Hand gezeichnet; die Buch- [428] staben sind chinesisch, sie selbst aber ist von unsern sehr unterschieden. Man siehet keine Grade der Länge und Breite darauf. Die größten Städte sind durch Quadrate angezeiget: vielleicht, weil die Chineser diese Figur im Bauen andern vorgezogen. Gewiß aber ist, daß Pekin viereckig sey, und sie die Erde für viereckig halten. Vielleicht können sie so gedacht haben, weil China fast viereckig, und nach ihrer Meynung alles ist, was man auf Erden für wichtig halten kann.

Der Herr Delisle, dem diese Karte eingehändiget ward, gab sie dem Herrn Fourmont durchzustudiren. Er erfuhr von ihm, sie enthalte die alten und neuen Namen der chinesischen vornehmsten Städte. Unten stehe ein Verzeichniß der Tribute jeder Provinz, in Gelde oder in Kaufmannsgütern. Die benachbarten Völker von China sind gleichsam von ohnegefähr und ohne Ordnung, an die Ränder der Karte geworfen, und durch die Namen: Zwerge, Riesen, ungeheure Menschen:c. angezeiget. Sie verdienen nicht einmal, daß man sie mit ihren wahren Namen benenne.”

Peyssonel, Jean André [top]

Peyssonel (1759): “Beobachtungen, welche auf dem Schwefelberge der Insel Guadelupa gemachet worden.” [biblio]


[Pp. 421-22] “Endlich gelangte er an die Quelle des Gallionenflusses, und einen Ort, welcher die drey Quellen genannt wird, deren Wasser so heiß war, daß man keine Hand darin halten [423] konnte.”

Platon [top]

Platon (1736): Alciabiades II. [biblio]

This dialogue is generally considered apocryphal.


[Gedike transl., p. 272] “Allem Ansehn nach war’s ein sehr weiser Dichter, der vermuthlich, weil er sehr unweise Freunde hatte, die er manches thun und wünschen sah, was nicht gut für sie war, ob sie’s gleich dafür hielten; – der sag’ ich, für sie alle dis Gebät erdachte:

‘Zeus, o gieb uns, erflehet und nicht erflehet, das Gute,
Aber das Böse wend’ ab, auch wenn wir es von Dir erflehen.’

Dis Gebät scheint mir sehr schön und sicher. Hast du dagegen etwas, so rede nur.”


[Jowett transl., 142e-143a] “He must have been a wise poet, Alcibiades, who, seeing as I believe, his friends foolishly praying for and doing things which would not really profit them, offered up a common prayer in behalf of them all: –

‘King Zeus, grant us good whether prayed for or unsought by us; But that which we ask amiss, do thou avert.’

In my opinion, I say, the poet spoke both well and prudently; but if you have anything to say in answer to him, speak out.”

Plinius [top]

Plinius (1764, 1765): Naturgeschichte. [biblio]


[Bk. 4, ch. 12; vol. 1, p. 134] “Melos, mit seiner Stadt; welche Aristides Byblis; Aristoteles Zephyria; Callimachus Mimallis; Seraclides Siphnum und Acyton, nennen. Diese ist die rundeste unter den Inseln. Darauf folgen: Malchia, Hypere; ehemals Patage, oder, wie andre wollen, Platage, nun aber Amergos; Polyagos; Phyle, Tyera, welche bey ihrer ersten Hervorkunft Calliste genannt ward; von dieser ist hernach Therasia abgerissen, und ist hernach zwischen beyden Automate bald entstanden; welche auch Hiera heißet: wie auch Thia, so zu unser Zeit bei eben dem Hiera entstanden ist.”


[Bk. 5, ch. 31; vol. 1, p. 182] “Ein und dreyßigstes Kapitel. Die Insuln vor Asien, das Pamphilische Meer, Rodus, Samus, Chius. Die erst unter den vor Asien liegenden Inseln ist im canopischen Ausflusse des Nils, welche, wie man sagt, von dem Canopus, des Menelaus Steuermanne, den Namen hat: die zweyte, welche mit einer Brücke an die Stadt Alexandria gehenkt, und eine Pflanzstadt des Dictator Cäsars ist, heißt: Pharus: ehedem war sie eines Tages Schiffahrt weit von Aegypten; itzt richtet sie durch das zur Nacht auf einem Thurm brennende Feuer den Lauf der Schiffe.”


[Bk. 7, ch. 3; vol. 1, p. 247] “An den äußersten Gränzen Indiens, um die Quelle des Ganges, lebte das Volk der Astomer, hätte kein Maul, sey ganz nackend und bekleide sich mit der Wolle des Baumlaubes, lebte bloß vom Athemholen, und dem Geruche, welchen es durch die Nase in sich zöge. Sie haben keine Speise und keinen Trank: bloß den mannigfaltigen Geruch von Wurzeln und Blumen, und von wilden Aepfeln, welche sie auf einer weitern Reise, damit es ihnen an Geruche nicht fehle, mit sich führen: von stark riechenden Dingen hätten sie leichtlich den Tod.”

Plutarch [top]

Plutarch (1859): Lives. [biblio]


[“Lycurgus”; vol. 1, p. 100-2] “In order to the good education of their youth (which, [101] as I said before, he thought the most important and noblest work of a lawgiver), he went so far back as to take into consideration their very conception and birth, by regulating their marriages. For Aristotle is wrong in saying, that, after he had tried all ways to reduce the women to more modesty and sobriety, he was at last forced to leave them as they were, because that, in the absence of their husbands, who spent the best part of their lives in the wars, their wives, whom they were obliged to leave absolute mistresses at home, took great liberties and assumed the superiority; and were treated with overmuch respect and called by the title of lady or queen. The truth is, he took in their case, also, all the care that was possible; he ordered the maidens to exercise themselves with wrestling, running, throwing the quoit, and casting the dart, to the end that the fruit they conceived might, in strong and healthy bodies, take firmer root and find better growth, and withal that they, with this greater vigor, might be the more able to undergo the pains of child-bearing. And to the end he might take away their over-great tenderness and fear of exposure to the air, and all acquired womanishness, he ordered that the young women should go naked in the processions, as well as the young men, and dance, too, in that condition, at certain solemn feasts, singing certain songs, whilst the young men stood around, seeing and hearing them. On these occasions, they now and then made, by jests, a befitting reflection upon those who had misbehaved themselves in the wars; and again sang encomiums upon those who had done any gallant action, and by these means inspired the younger sort with an emulation of their glory. Those that were thus commended went away proud, elated, and gratified with their honor among the maidens; and those who were rallied were as sensibly touched with it as if they had been formally [102] reprimanded; and so much the more, because the kings and the elders, as well as the rest of the city, saw and heard all that passed. Nor was there any thing shameful in this nakedness of the young women; modesty attended them, and all wantonness was excluded. It taught them simplicity and a care for good health, and gave them some taste of higher feelings, admitted as they thus were to the field of noble action and glory. Hence it was natural for tbem to think and speak as Gorgo, for example, the wife of Leonidas, is said to have done, when some foreign lady, as it would seem, told her that the women of Lacedæmon were the only women of the world who could rule men; ‘With good reason,’ she said, ‘for we are the only women who bring forth men.’

These public processions of the maidens, and their appearing naked in their exercises and dancings, were incitements to marriage, operating upon the young with the rigor and certainty, as Plato says, of love, if not of mathematics.” (Dryden/Clough transl.)


[“Lycurgus”; vol. 1, p. 117] “To conclude, he bred up his citizens in such a way that they neither would nor could live by themselves; they were to make themselves one with the public good, and, clustering like bees around their commander, be by their zeal and public spirit carried all but out of themselves, and devoted wholly to their country. What their sentiments were will better appear by a few of their sayings. Pædaretus, not being admitted into the list of the three hundred, returned home with a joyful face, well pleased to find that there were in Sparta three hundred better men than himself.” (Dryden/Clough transl.)


[“Marcus Cato”; vol. 2, p. 347] “Nor had he an aversion only against the Greek philosophers, but the physicians also; for having, it seems, heard how Hippocrates, when the king of Persia sent for him, with offers of a fee of several talents, said, that he would never assist barbarians who were enemies to the Greeks; he affirmed, that this was now become a common oath taken by all physicians, and enjoined his son to have a care and avoid them; […].”


[“Alexander”; vol. 4, pp. 181-82] “Darius's confidence increased the more, because Alexander spent so much time in Cilicia, which he imputed to his cowardice. But it was sickness that detained him there, which some say he contracted from his fatigues, others from bathing in the river Cydnus, whose waters were exceedingly cold. However it happened, none of his physicians would venture to give him any [182] remedies, they thought his case so desperate, and were so afraid of the suspicions and ill-will of the Macedonians if they should fail in the cure; till Philip, the Acarnanian, seeing how critical his case was, but relying on his own well-known friendship for him, resolved to try the last efforts of his art, and rather hazard his own credit and life, than suffer him to perish for want of physic, which he confidently administered to him, encouraging him to take it boldly, if he desired a speedy recovery, in order to prosecute the war. At this very time, Parmenio wrote to Alexander from the camp, bidding him have a care of Philip, as one who was bribed by Darius to kill him, with great sums of money, and a promise of his daughter in marriage. When he had perused the letter, he put it under his pillow, without showing it so much as to any of his most intimate friends, and when Philip came in with the potion, he took it with great cheerfulness and assurance, giving him meantime the letter to read. This was a spectacle well worth being present at, to see Alexander take the draught, and Philip read the letter at the same time, and then turn and look upon one another, but with different sentiments; for Alexander’s looks were cheerful and open, to show his kindness to and confidence in his physician, while the other was full of surprise and alarm at the accusation, appealing to the gods to witness his innocence, sometimes lifting up his hands to heaven, and then throwing himself down by the bedside, and beseeching Alexander to lay aside all fear, and follow his directions without apprehension. For the medicine at first worked so strongly as to drive, so to say, the vital forces into the interior; he lost his speech, and falling into a swoon, had scarce any sense or pulse left. However, in no long time, by Philip’s means, his health and strength returned, and he showed himself in public to the Macedonians, who were in continual fear and dejection until they saw him abroad again.” (Dryden/Clough transl.)


Plutarch (1961): Moralia. [biblio]


[“Phocion the Athenian,” p. 115] “17. The death of Antipater was followed by a democratic government at Athens, and sentence of death was passed in Assembly on Phocion and his friends. The others were led away weeping, but Phocion was proceeding in silence when one of his enemies met him and spat in his face. He looked toward the officers and said, ‘Will not somebody make this man stop his bad manners?’

18. When one of the men who were to die with him wept and cursed, he said, ‘Are you not content, Thudippus, that you are to die with Phocion?’

19. When the cup of hemlock was already being handed to him, he was asked if he had any message for his son. ‘I charge and exhort him,’ said he, ‘not to cherish any ill feeling against the Athenians.’” (Frank Cole Babbitt, transl.)


[“Leonidas, son of Anaxandridas,” p. 349] “10. Xerxes wote to him, ‘It is possible for you, by not fighting against God but by ranging yourself on my side, to be the sole ruler of Greece.’ But he wrote in reply, ‘If you had any knowledge of the noble things of life, you would refrain from coveting others’ possessions; but for me to die for Greece is better than to be the sole ruler over the people of my race.’

11. When Xerxes wrote again, ‘Hand over your arms,’ he wrote in reply, ‘Come and take them.’” (Frank Cole Babbitt, transl.)]

Pöllnitz, Carl Ludwig [top]

Pöllnitz (1735): Nachrichten. [biblio]


[Part Three, pp. 230-32] “Die Maase flieset gerade durch Mastricht und gehet man auf einer steinernen Brücke über diesen Fluß, von welcher man mir vor gewiß erzehlet hat, daß der verstorbene Marschall von Ouwerkerke, als er noch ein junger Herr gewesen, um der Fräulein von Feldbrück die Ubermaße seiner Liebe zu erkennen zu geben, mit dem Pferd in den Fluß hinunter gesetzt habe. Es befande sich nemlich dieser Herr an dem Eingang ihrer Kutsche und redete mit [231] selbiger von seiner Liebe. Gleichwie sie aber behauptete, daß es bloße leere Worte wären, also ließ sie sich weiter dahin vernehmen, daß sie wohl darauff wetten wollte, daß er nicht so viel Liebe vor sie hätte, um mit seinem Pferd ihrentwegen in den Fluß zu setzen. Die Wette wurde geschlossen, und der Graff von Ouwerkerke gewann sie mit Daransetzung seines Lebens, denn es vor das größte Glück zu halten, daß er die Steif-Bügel nicht verlohr, und sein Pferd ihn ohnbeschädigt ans Land brachte. Doch nachdem er diesen gefährlichen Sprung gethan, lernte er das Gemüthe seiner Liebhaberin kennen, unterbrach daher die Freundschafft mit ihr, und hätte die gute Fräulein wohl noch etwas ärgers verdienet.”

Pontoppidan, Erich [top]

Pontoppidan (1758): Abhandlung von der Neuigkeit der Welt. [biblio]


[Part One, Ch. 4, §§8-9 (pp. 71-72)] “In Finnland sieht man viele Fichten und Eichenbäume, welche zwey bis drey, ja vier und ein halbes hundert Jahre alt sind. Sie stehen so nahe an der Breite des Meeres, daß das Wasser an ihre Wurzeln spület. Ihre Stämme sind nicht mehr als eine Elle über das nasse Element erhoben, in welchem sie doch unmöglich haben anfangen können, zu wachsen. Dieses letztere müßte aber doch eingeräumet werden, wenn der Satz der andern bestehen sollte. M. Peter Gadd, Lehrer der allgemeinen Landeswirthschaft, an eben dieser hohen Schule, erhielt von Stockholm aus, den Befehl, das Alter einiger solchen Bäume zu untersuchen. Er befand, daß sie nach den Zirkeln, welche ihr jährliches Wachsthum ungefehr anzeigen, 200, 300, 350, und einer davon 364 Jahre, alt wa- [72] ren. Wie wollte man sich dieses mit dem Abfalle der Wasserfläche, von zwey und einer viertel Elle, eines jeden hundert Jahre, zusammen reimen?

§9. Einen eben so starken Beweisgrund können die vielen Beyspiele abgeben, da man hier und anderwärts, solche Städte und Schlösser hat, welche mit dem Meere, bey nahe in einer Linie liegen, und man weis doch, daß sie viele hundert Jahre alt sind. Das Schloß Sunderburg auf der Insel Als ist eines der allerältesten Schlößer in Dännemark, und doch stehen die Ringmauern desselben gerade mit dem Meere, welches beständig daran schlägt. Von dem uralten Kopenhagener Schlosse, will ich nicht reden, welches mit dem Wasser des Hafens und denen aus demselben einlaufenden Canälen, in einer Linie stund: Denn durch den Bau des neuen Christiansburger Schlosses, ist der Grund mit Fleiße einige Ellen erhöhet worden. Eustachius Manfredius zieht in Comment. Acad. Bonon. Tom. II. P. I. p. 246, einen gleichmäßigen Schluß, aus der 200 Jahr alten, und mit dem Wasser, beynahe, gerade liegenden Marmortreppe, welche man an dem St. Marcus Platze in Venedig findet. Diese Stadt ist so alt, daß wenn die Wasserfläche beständig abnähme, Venedig itzo auf einem Berke liegen müßte, und nicht einen einzigen brauchbaren Canal hätte.”


[Part One, Ch. 7 (p. 127)] “Fernere Beantwortung der Hauptfrage: Wo kömmt das Wasser hin? Es wird nämlich dem Meere beständig vieles Wasser, durch eine Verwandlung in jährlich wachsende hohe Schnee- und Eisberge, die nicht allein nahe an den Polen, sondern auch in den meisten andern hohen und bergigten Ländern gefunden werden, entzogen.”


[Part One, Ch. 8, correspondence with Euler, pp. 163-65] “Ich habe in dem ersten Bande der Physicalischen Belustigungen, und in dem Londonschen Magazin, einen an Hr. Wetstein> gerichteten Brief von ihrer Hand gelesen, welcher die beständige Annäherung unsrer Erdkugel gegen die Sonne, als ihren Mittelpunkt betrifft. Diese Meynung kam mir sehr nützlich vor, und alle mögliche Untersuchung zu verdienen, damit sie in ihr größtes Licht gesetzet, und [164/165] folglich etwas mehr erwogen werde, als ich es in dem erwähnten Briefe finde.”


[Part One, Ch. 8, Euler’s reply, p. 171] “So erkenntlich ich für die Ehre dero Zuschrift bin, so glücklich werde ich mich schätzen, wenn meine Untersuchungen jemalen etwas beytragen können, die Bosheit der starken Geister in Verwirrung zu setzen. Ich glaubete, daß die allmählige Annäherung der Planeten gegen die Sonne, einen überzeugenden Beweis an die Hand gäbe, daß das Weltgebäude, so wie es nun beschaffen ist, nicht von Ewigkeit her sey, noch daß es in Ewigkeit bestehen werde. […]”

Pope, Alexander [top]

Pope (1740): Versuch vom Mensch. [biblio]


[P. 35] “Wie jüngst die obern Wesen sahn, / Was unlängst recht verwunderlich, / Ein Sterblicher bey uns gethan, / Und wie er der Natur Gesetz entfaltet; wunderten sie sich, / Daß, durch ein irdisches Geschöpf, dergleichen möglich, zu geschehn, / Und sahen unsern Newton an, so wie wir einen Affen sehn.”


[Essay on Man, epistle 2, ll. 31-34] “Superior Beings, when of late they saw / A mortal man unfold all Nature’s law, / Admir’d such wisdom in an earthly shape/ And shew’d Newton as we show an Ape.”

Raspe, Rudolph Erich [top]

Raspe (1763): Specimen historia naturalis globi terraquei. [biblio]


[P. 12] “[…], ex quo littus quoddam Hiberniae compositum quodque sub nomine the Giants Causeway in Lowthorps Phil. Transact. abridg’d Vol. II. p. 511 &c. Accuratius tamen in Doctissimi [Emanuel] Mendes da Costa natural History of Fossils (1757), p. 252 et seqq. descriptum fuit. Semper isti lapides Columnas polygonas multorum pedum altitudinis atque latitudinis efficiunt, exactissimi altera alteri junctas, ex singulis multis polygonis, arctissimè cohaerentibus, compositas.”

Ray, John [top]

Ray (1732): Drey Physico-Theologische Betrachtungen. [biblio]


[Pp. 13-14] “Ob diese Absonderung des Landes vom Wasser, und die Versammlung des Wassers an einem Ort, durch die unmittelbare Würckung der Allmacht GOTTes, oder durch Darzwischenkommung anderer Neben Ursa- [14] chen oder Werckzeuge geschehen, kan ich nicht gewiß entscheiden. Vermuthlich ist es durch eben diejenigen Ursachen, welche die Erdbeben erregen, nehmlich unterirrdische Feuer und verschlossene Winde, werckstellig gemacht werden. Man siehet, was vor unglaubliche Würckungen die Entzündung des Büchsen-Pulvers herfür bringet? Es zerreisset die härtesten Felsen und sprenget die schwersten Boll-Wercke, Thürme und Gebäude in die Lufft, so, daß dessen Gewalt fast unüberwindlich ist. Warum hätte nicht eine so viel grössere Menge von dergleichen Materialien, die sich entzündet, vermögend seyn sollen, die Berge selbst, so groß und schwer sie auch sind, ja, die gantze Fläche des trockenen Landes, (denn es hat alles erhöhet werden müssen,) über die Wasser emporzustossen und aufzuwerffen? Und in Wahrheit, der Psalmist scheinet diese Ursache deutlich anzuzeigen. Psalm. 104.7.”


[1713, pp. 9-10] “Whether this Separation of the Land anđ Water, and Gathering the Waters together into one Place, were done by the immediate Application and Agency of God’s Almighty Power, or by the Intervention and Instrumentality of Second Causes, I cannot determine. Ít might possibly be effected by the same Causes that Earthquakes are, viz. subterraneous Fires and Flatus’s. We see what incredible Effects the Accension of Gunpowder hath: It rends Rocks, and blows up the most ponderous and solid Walls, Towers, and Edifices, so that its Force is almost irresistible. Why then might not such a propor- [10] tionable Quantity of such Materials set on fire together, raise up the Mountains them selves, how great and ponderous soever they be, yea the whole Superficies of the dry Land (for it must all be elevated) above the Waters? And truly to me the Psalmist seems to intimate this Cause, Psalm civ, 7.”


[Pp. 17-18] “Ein dergleichen Exempel haben wir auch in spätern Zeiten an einem Berg nicht weit von Puteoli, neben dem Meer-Busen von Baja, auf welchem ich selbst gewesen bin, und [18] ihn betrachtet habe. Er wird von dem Einwohnern Monti di cenere, oder der Aschen-Berg genennet, und is 1538 den 29. sept. durch ein Erd-Beben über hundert Schuh hoch aufgeworffen worden, wiewohl ihn einige vor noch höher halten wollen. Nach Stephani Pighii Bericht, hat er eine Meile in der Höhe biß hinauf zur Spitze, und vier Meilen im Umfang. Uns ist er zwar nicht gar so groß vorgekommen.”


[1713, pp. 11-12] “A parallel Instance hereto we have of later Date, of a Hill not far from Puzzuolo [Puteoli] beside the Gulf of Baiae, which I myself have view’d and been upon. It is by the Natives call’d Monte di cenere, and was raised by an Earthquake, Sept. 29. 1538. of about one hundred Foot perpendicular Altitude, [364] though some make it much higher: According to Stephanus Pighius, it is a Mile Ascent to the Top, and four Miles round at the Foot; We indeed judged it not near so great.”


[Pp. 188-89] “Man füge noch drittens hinzu, daß, nebst den Muschelschalen, noch andere Cörper in der Erden gefunden werden, welche den Zähnen und Gräten einiger Fische gleichen, und so offenbarlich die Dinge selbst gewesen sind, vor deren Aehnlichkeit man diese Ueberbleibsel zu halten pfleget, daß es eine Halsstarrigkeit seyn würde, wenn einer, der sie recht betrachtet und in Augenschein genommen hat, solches leugnen wolte. Dergleichen sind die (a) Zungensteine, welche in Malta in solchem Ueberfluß ausgegraben werden, daß man sie nicht nur einzeln, sondern Scheffelweise kaufen kan. Ingleichen die (b) Wirbel-Knochen von (c) Rochen, und andern [189] körplichten Fischen, die daselbst gefunden, und vor Steine unter den Zungen-Steinen verkauft werden, welche keine grössere Ungleichheit mit den Zähnen eines lebendigen (a) Hay-Fisches und Wirbel-Knochen eines Rochens haben, als das lange Liegen in der Erden nothwendig bey denselben verursachen müssen.”


[1713, pp. 132-33] “ADD hereto, Thirdly, That there are other Bodies besides Shells found in the Earth, re- [133] sembling the Teeth and Bones of some Fishes, which are so manifestly the very Things they are thought only to resemble, that it might be esteemed Obstinacy in any Man that hath viewed and considered them, to deny it. Such are the Glossopetræ dug up in Malta in such abundance, that you may buy them by Measure, and not by Tale: And also the Vertebres of Thornbacks, and other cartilagineous Fishes there found, and sold for Stones among the Glossopetræ, which have no greater Dissimilitude to the Teeth of a living Shark, and Vertebres of a Thornback, than lying so long in the Earth, as they must needs have done, will necessarily induce.”


[P. 237] “D. Woodward und andere mehr, stehen in den Gedanken, daß diese Schalen und andere Cörper, nach ihrer (a) sonderlichen Schwere in der Erden geschlichtet[!] und eingetheilet wären. Daher derselbe zu Auflösung oder Erörterung dieses Phoenomeni eine seltsame und kühne Hypothesis auf die Bahn gebracht hat.”


[1713, p. 165] “Dr. Woodward, and others, suppose these Shells, and other Bodies, to be disposed and ranged in the Earth according to their specifick Gravity; and for the solving or giving an Account of this Phaenomenon, hath advanced a strange and bold Hypothesis.”


[Pp. 288-89] “Und dieses erhellet klärlich aus lebendigen Kröten, die bißweilen zu Land [289] mitten in Steinen gefunden worden; Ingleichen aus denjenigen Schell-Fischen zur See die Pholades genennet werden: zur See die Pholades genennet werden: Wenn eingewendet wird, daß die Steine, worinnen die Pholades stecken, voller grosser Löcher wären. So antworte ich, daß ob sichs schon bey den meisten also befindet, ich dennoch bey Zerbrechung und Untersuchung sehr vieler von diesen Steinen bißweilen ihre Schalen (wie wohl ohne Fisch und Animalculo) so einlogiret gefunden, daß nicht der geringste sichtbare Ausgang von ihren Löchern wahrzunehmen gewesen, weder gerade nach der äusserlichen Fläche zu noch zu den andern Löchern derselben.”


[1713, p. 198] “And this plainly appears from Live Toads, found sometimes in the midst of Stones at Land, and those Shell-Fish called Pholades at Sea. If it be replied, That the Stones, wherein the Pholades are lodg’d, are full of large Holes, &c. I answer, That tho’ they generally are so, yet, upon breaking and examining a great many of these Stones, I have sometimes found of their Shells (though without Animals) so lodg’d, as that there were not any visible Meatus’s from their Holes, neither directly to the Surface of the Stones, nor to those other Holes in them.”


[P. 303, 304] “Daß die Insel Sicilien vor alten Zeiten durch Austretung oder Einbrechung des Meers von Italien abgerissen worden, wird insgemein geglaubet und es ist noch ein Denkmahl selbst in dem Namen der Stadt Rhegio davon behalten, die auf dem Freto oder der Meerenge lieget, so Italien und Sizilien von einander absondert, welches so viel als abreissen bedeutet.

Zancle quoque iuncta fuisse /
Dicitur Italiae, donec confinia pontus /
Abstulit et media tellurem reppulit unda.
[Ovid, Metamorphoses, Bk. 15, lines 290-92]

[304][…] Deßgleichen ist auch die Insel Eubaea, jetzt Negropont genannt, vor diesem mit Griechenland vereinigt gewesen, und durch das gewaltsame Arbetien des Meers davon abgesondert worden.

Es erzehlen ferner die Einwohner von Ceylon, daß ihre Insel vor Alters mit dem festen Land von Indien verknüpft gewesen, und durch den ungestimmen Einbruch des meers davon abgerissen worden.”


[1713, pp. 208-9] “That the Island of Sicily was of old broken off from Italy by the Irruption of Insinu- [207] ation of the Sea, is generally believed, and there is some Memorial thereof retained in the very Name of the City Rhegium, standing upon the Fretum that separates Italy and Sicily, which signifies breaking off.”

[Dryden translation of the passage from Ovid’s Metamorphosis:
“So Zancle to th’ Italian Earth was ty’d,
And Men once walk’d where Ships at Anchor ride.”
‘Zancle’ is the Greek name for Messina, the coastal city of Sicily closest to the Italian mainland.]

In like manner, the Island call’d Euboea, now Negroponte, was of old joined to Greece, and broken off by the Working of the Sea.

Moreover, the Inhabitants of Ceylon report, that their Island was anciently joined to the Main-Land of India, and separated from it by the Force of the Sea.”


[Pp. 305-7] “Seine Beweiß-Gründe aber, daß sie vormahls mit Frankreich vereinigt gewesen, sind folgende. […][306][…] Und 6. weil es vor diesem viel Wölffe und Füchse ja auch Bären auf dieser Insel geben. Denn es ist nicht zu vermuthen, daß es wagen und vor sich selbst über einen Canal 24 Meilen breit schwimmen solten; oder wenn sie ja so kühn gewesen, daß sie sich hineingewaget, so würden sie schwerlich so lange haben aushalten können, biß sie ganz hindurch gekommen. So ist es auch nicht wahrscheinlich, daß die Menschen solche schädliche und gefährliche Thiere zu Schiff übergesetzet. Ueberhaupt von der Sache zu reden, scheinet es mir der Aufenthalt dieser wilden Thiere auf vielen Inseln, ohnweit dem fe- [307] sten Lande (und daß es hingegen auf denjenigen, so weit davon liegen keine giebet, ob sie schon groß genug sind dergleichen einzunehmen und ernähren, wie die Spanier befanden als sie zu erst nach America segelten) so gut als ein augenscheinlicher Beweiße, daß diese Inseln vor Zeiten, dem festen Lande durch einen Nacken oder schmalen Strich Landes angefüget gewesen, so diesen Thieren statt einer Brücke gedienet auf welcher sie hinüber spazieret und hernach durch das beständige Arbeiten des Meers mit der Zeit durchlöchert und endlich gar hinweg gewaschen worden.”


[1713, pp. 208-9] “His Arguments to prove that it was formerly united to France, are […] And, 6. The Being of Wolves and Foxes, yea, and Bears too, anciently in this lsland; for it is not likely that they of themselves should venture to swim over a Channel 24 Miles broad; or if they [209] were so hardy as to venture in, should be able to hold out till they had passed it quite over: Neither is it probable that Men should transport such noisome and mischievous Creatures by Shipping. To speak in general, the Being of these wild Beasts on many Islands near the Continent, and not upon those that are far remote from it, though of sufficient Bigness to receive and maintain them, as the Spaniards found when they first sailed to America, is to me little less than a demonstrative Proof, that those Islands were anciently joined to the Continent by some Neck of Land which served as a Bridge for these Creatures to pass over, and was afterward worn through and washed away by the constant Working of the Sea.”


[P. 333] “Und nun ferner auch etwas weniges von den Veränderungen zu gedencken, die durch Ausbrechung und Uberschwemmung des Meers oder durch dessen Untergrabung und Auswaschung der Ufer herfür gebracht worden so ist es klar und offenbar, daß vor Alters grosse Fluthen gewesen, und viel Land durch Uberschwemmungen des Meers unter Wasser gesetzet worden; davon man viel Exempel in der Historie aufgezeichnet findet.

Die älteste unter allen scheinet, nechst der allgemeinen Sündfluth Noah, des Ogygis Königs in Boeatia oder vielmehr Attica gewesen zu seyn.”


[1713, p. 227] “To proceed now to discourse a little concerning the Changes that have been made by the Irruptions and Inundations of the Sea, or by its undermining and washing away the Shores.

That there have been of old great Floods, and much Land laid under Water by Inundations of the Sea, is clear, many such being recorded in History.

The most ancient of all, next to the general Deluge in the Days of Noah, viz. that of Ogyges King of Boetia, or rather Attica, seems to have been of this Nature: […].”


[Pp. 363-64] “Und der Jesuit, Athanasius Kircherus, ertheilet uns in der Vorrede seines Mundi Subterranei, oder unterirrdischen Welt, eine traurige Nachricht von einem entsetzlichen Erd-Beben in Calabria, im Jahr 1638. worinnen er selbst mit in Gefahr gewesen, und kaum das Leben davon gebracht habe. Massen in dem gantzen Lande, wo er vorbey passirt, auf zwey hundert Meilen lang, nichts zu sehen gewesent, als die eingefallenen Stein-Hauffen der Städte, und abgenüsteten Grund-Plätze der Dörffer. Die Einwohner wären auf freyen Feld vor Furcht und [364] Erwartung dessen, was noch folgen möchte, halb todt, herum gezogen. Am allermerckwürdigsten aber sey die Umkehrung der berühmten Stadt St. Eufamia gewesen, welche gäntzlich aus dem Gesicht verschwunden, und verschlungen worden, daß an deren statt nichts, als ein stinckender Pfuhl, zurücke geblieben. Wer eine vollständige Nachricht davon zu haben begehret, den will ich zur besagten Vorrede selbst verweisen.”


[1713, p. 250] “And Athanasius Kircher the Jesuite, in the Preface to his Mundus Subterraneus, gives us a sad Narrative of a dismal Earthquake in Calabria, in the Year 1638, wherein himself was, and out of which he hardly escaped with his Life: Nothing to be seen in the whole Country he passed by for two hundred Miles in Length, but the Carcasses of Cities, and the horrible Ruins of Villages, the Inhabitants wandring about in the open Fields, being half dead with Fear and Expectation of what might follow. But most remarkable was the Subversion of the noted Town of S. Eufamia, which was quite lost out of their Sight, and absorpt, and instead thereof, nothing left but a stinking Lake. But for a full Account thereof, I referr the Reader to the said Preface.”


[Pp. 364-65] “Im Jahr 1692. am 7. Junii entstunde ein erschreckliches Erd:Beben auf der Insel Jamaica, welches durch das gantze Land grausamen Schaden und Verwüstung anrichtete, insonderheit wurde die Haupt-Stadt Port-Royal bey nahe gantz verschlungen, und [365] durch Einsinckung der Erden und Ausbrechung des Meers überschwemmet. Ich will dem Leser eine völlige Nachricht davon, nebst einigen Anmerckungnen, mittheilen, wie solche in zwey Brieffen enthalten ist, die von dem Prediger des Orts vom Port-Granada aus dem Hafen Port-Royal an einen seiner Freunde nach Engelland gesendet, und auf seinem Befehl heraus gegeben worden, davon der eine den 22. Junii, und der andere den 28. eben dieses Monaths, 1692. datiret ist.” [excerpts from the letters follow: pp. 365-74]


[1713, pp. 251] “In the Year 1692, on the Seventh Day of June, there happened a dreadful Earthquake in the Island of Jamaica, which made great Ruins and Devastations throughout the whole Country, but especially in the Capital Town of Port-Royal, which was almost swallow’d up and overflow’d by the Sinking of the Earth, and Irruption of the Sea: A full Account whereof contained in two Letters sent from the Minister of the Place, the one dated June the 22d, the other the 28th of the same Month, 1692, from Aboard the Granada in Port-Royal Harbour, to a Friend of his in England, and published by Authority, I shall give the Reader, with some Remarks.”


[Pp. 418-20] “Damit wir nun alles, wovon wir gehandelt haben, kürtz zusammen fassen, so sind die vornehmsten Veränderungen, welche auf der obern Fläche der Erd und Wasser-Kugel vorgegangen, hauptsächlich durch Wasser, Feuer und Wind herfür gebracht worden. Die Veränderungen durch Wasser, sind entweder durch die Bewegeungen des Meers, oder durch Regen, […][419][…]

Was nur irgends vor Veränderungen durch Erdbeben, Donner und Ausbrüche Feuerspreyender Berge verursachet worden, hat man als die Würckungen des Feuers anzusehen.

[419] Diese Ursachen sind alle behülfflich, die Berge zu erniedrigen, die Erde eben, und das Meer enger und zu trockenen Lande zu machen, mit einem Wort, die Wasser zu zwingen, daß sie wieder über das trockene Land zurück kehren, und die gantze Fläche desselben, wie im Anfang, bedecken.”


[1713, pp. 289-90] “Now then to sum up what we have said: The Changes and Alterations that have been made in the superficial Part of the terraqueous Globe, have been effected chiefly by Water, Fire, and Wind, Thofe by Water have been either by the Motions of the Sea, or by Rains; […][290][…]

Whatever Changes have been wrought by Earthquakes, Thunders, and Eruptions of Vulcano’s, are the Effects of Fire.

All these Causes co-operate toward the lowering of the Mountains, leveling of the Earth, straitning and landing up of the Sea, and, in fine, compelling the Waters to return upon the dry Land, and cover the whole Surface of it, as at the first.

Reaumur, René-Antoine Ferchault de [top]

Reaumur (1748): “Anmerkungen über die ausgegrabenen Muschel-Schalen einiger Gegenden von Touraine” [biblio]


[Pp. 122-29] “Die Liebhaber der Natur-Geschichte haben sich seit 30 bis 40 Jahren mit nichts so sehr, als mit Aufsuchung der in der Erde liegenden Muschelschalen beschäfftigt. Haben sie solche nicht selbst gefunden; so haben sie ihre Spuren in den Steinen verfolgt, in denen Eindrücke von ihnen erscheinen. Durch unermüdetes Nachforschen sind sie dahin gelangt, die seltnesten Schätze [123] der entferntesten Meere, in dieser Art, aus der Erde zu holen. Sie haben so far gefunden, daß die Erde vor dem Meere was zum voraus hat. […] Diese Bemerkungen haben die unumstößlichsten Beweisthümer von den grossen Veränderungen, die auf der Oberfläche der Erde vorgegangen, gegeben. Sie haben uns das Geständiß abgezwungen, daß das Meer voralters eine lange Zeit durch auf den Ländern gestanden hat, die itzo am meisten bewohnt sind. […] [124-125] […] Wir haben nichts wichtigers in dieser Art von Denkmahlen, als was uns eine Gegend von Touraine darbietet. Es ist mir kein auswüartiges Land bekannt, das dergleichen hat, und eine so erstaunliche Menge Muscheln ohne Beymischung fremder Materie zusammengehäuft zeigt. Vielleicht aber ist das sonderbarste daran, daß unsere Muscheln nicht nur [126] Kostbarkeiten für die Naturforscher, sondern ein wahrhafter Schatz für die Einwohner des Landes sind, und ihrem Lande, das ohne solche ungebauet liegen würde, eine erstaunliche Fruchtbarkeit ertheilen. […] [127-128] […] Man hat Ursache zu glauben, daß der Grund von allen Feldern, Städten und Waldungen dieser Landschaft ein dichter Haufe von Muscheln oder Muschlestücken ist, dessen Dicke man noch nicht genau weiß, aber versichert ist, daß sie mehr als 20 Fuß beträgt. Man hat also [129] eine Muschelbank von etwas 9 Quadratmeilen, und mehr als 20 F. Höhe.”

Reimarus, Hermann Samuel [top]

Reimarus (1760): Allgemeine Betrachtungen über die Triebe der Thiere. [biblio]


[P. 260] “Sonst habe ich schon oben angeführt §21. wie wenig Unterscheidungs-Kraft eine Henne oder Truthenne haben müsse, die ein Stück Kreide für ihr Ey annimmt, bebrütet und umwendet, da sie es an der Schwere, Farbe, Figure und Oberfläche, gewschweige an der Zahl, nothwendig unterscheiden und aus dem Neste werfen müßte, wenn sie irgen eine Reflexion hätte. Eben dieselben Vögel, und viele andere, nehmen nicht allein fremde Eyer, die viel größer oder kleiner und anders gestaltet als ihre eigene sind, für die ihrigen an, sondern warten und ziehen die Jungen auch, als ob sie ihres Geschlechts wären, da sie doch vom Kopf bis auf die Füße anders gebildet sind, eine andere Stimme haben, und zuweilen zu einem andern Elemente gehören. Da nun schon Aristoteles bemerkt, daß die Vögel sonst in ihren Trieben mehr Kunst als andere Thiere äusserten: so ist doch dieses ein offenbares Zeichen, daß ihre Triebe aus keiner Kraft zu reflectiren entstehen, weil sie so leicht zu unterscheidende Dinge mit einander verwechseln, und sie also nicht in ihrer Vorstellung mit einander vergleichen, das ist, reflectiren und Vernunft brauchen.”


[Pp. 304-5] “§130. Der zweyte Vorzug der Thiere, welcher sie, ohne vernünftige Ueberlegung, zu ihren Kunst-Werken treibt und geschicht macht, liegt in der Vollkommenheit ihrer äusserlichen Sinne, theils auch ihrer sinnlichen Einbildungskraft, wodurch sie so wohl vom äusserlichen Guten und Bösen eine genaue Empfindung bekommen, als zu den dienlichen Bewegungen gereitzt werden.

Diesen Vorzug der sinnlichen Empfindung stehen die Menschen zwar einigen vollkommenen Thieren ohne Bedenken zu; hergegen sprechen sie den so genannten unvollkommenern Thieren lieber manche Sinne gar ab, die doch [305] nicht allein in der That damit begabt sind, sondern sie zum Theil noch schärfer haben, als wir Menschen.”


[Pp. 323-24] “§132. Wir erkennen demnach, daß alle Thiere mit den benöthigten, ein Theil aber noch mit schärferen und feineren, vielleicht auch mit ganz andern Sinnen, als wir Menschen, ausgerüstet sind; daher sie vieles empfinden, wovon wir Menschen nichts verspühren; oder es auch viel schärfer und unterscheidender, als wir Menschen, wahrnehmen können. […] [324] […] Ihre Einbildungs- und Gedächtniß-Kraft ist denn auch zum Theil stärker, als die unsrige und vermehret den gegenwärtigen Reiz durch eine lebhafte Vorstellung des Vergangenen. Ihre Gliedmaßen und besondere Kunst-Werkzeuge sind, durch ihre Muskeln und deren Stärke und willige Gelenksamkeit, zu der erforderlichen Bewegung mehrentheils determinirt. Aus dieser vorzüglichen Beschaffenheit ihrer äußeren Werkzeuge und sinnichen Vorstellung läßt sich denn schon vieles Kunstmäßige der Thiere verständlich begreifen, was uns Menschen eine lange Erfahrung, Unterricht, Nachdenken und Uebung kostet.”

Robinet, Jean Baptiste René [top]

Robinet (1764): Von der Natur. [biblio]


[Vorrede, pp. (iii), (vii)] “Aber es ist bey den Metaphysikern etwas gewöhnliches, die Naturhistorie zu vernachläßigen. Ich zeige ihnen ein großes Bild, an welchem kein lichter Zug ohne einige Mischung des Schattens ist, und wo die Schatten ebenso frisch, als die lichten Züge lebhaft und glänzend sind. […] Ich wünschte ferner, die Moral von den Spitzfindigkeiten der Vernunftschlüsse zu befreyen, und die Eingebungen der Natur anstatt nichtiger Subtilitäten einzuführen. Wofern man sich, nachdem man das, was ich vom moralischen Instincte sage, gelesen, vielleicht einen gelindern und angenehmern Begriff von der Tugend und den Pflichten des Menschen gemacht hat, so werde ich vergnügt seyn.”


[P. 14] “Drittes Capitel. Gott ist uns nur unter dem Begriffe der Ursache bekannt. Gott allein kennet sich selbst. Wenn unser schwacher Geist bis zu diesem unbegreiflichen Wesen heraufsteigen will, so hat er keine andere als menschliche Wörter, womit er eine göttliche Essenz ausdrücken kann. Noch unfüglicher wird die Sache, wann wir seine höchsten Endzwecke erforschen wollen. Alsdann stammlen wir nur, wir irren uns, und der Irrthum ist unvermeidlich. Wir machen von den Werken eines Wesens, das als Gott handelt, Schlüsse als Menschen.”


[Pp. 164, 167-68] “Zwanzigstes Capital. Schutzrede für die Schwatzhaftigkeit der Weibspersonen. […] Meine Frauen! ich habe noch niemals eine Sache mit grösserem Vergnügen unternommen, sowohl in Ansehung des schönen Geschlechts, welches daran Antheil nimmt, als auch wegen der vielen guten Gründe, so mir die Sache selbst zu ihrer Vertheidigung an die Hand giebt. Es ist unstreitig, daß die Natur gegen die Frauenspersonen, was die Zunge anlanget, sich ungemein mildthätig erzeiget hat; und daß sie, anstatt ihnen mehr als eine Zunge zu geben, (welches ihr gewiß eben so leicht gewesen wäre, als da sie uns allen das Werkzeug des Sehens und des Gehöres doppelt gab,) der weiblichen Zunge eine unvergleichliche Fertigkeit verliehen hat. Weil ich nun über alles nachzudenken gewohnt bin, [168] so habe ich auch untersuchet, was wohl der Grund dieses Vorrechts seyn möchte; und es ist mir nicht schwer geworden denselben zu finden. Dem Frauenzimmer, welches zur Bevölkerung der Welt bestimmt ist, liegt die Sorge für unsere Kindheit ob. Bloß in ihrer Gesellschaft bringen wir unsere ersten Jahre zu. Nach der Maaße, wie unser Körper heranwächset, müssen sie auch unsern Verstand entwickeln helfen, das heißt, Begriffe beybringen: denn es ist leicht einzusehen, daß der Verstand sich nicht anders, als durch immer mehr Begriffe, erweitern kann; und wiederum, daß wir auf keine andere Weise Begriffe erlangen können, als wenn wir unsere Sinne, vornehmlich das Gesicht und das Gehör üben. Wer kann mir es also läugenen, daß nicht die Schwatzhaftigkeit der Ammen und der Hofmeisterinnen unsere jungen Ohren übe, und nicht unserm zarten Gehirne viel idealische Spuren einpräge, welche ihm ohne dieses Hülfsmittel niemals eingepräget werden würden? In der Absicht also, damit wir bey guter Zeit denken lernen, auch unsere kindische Einbildungskraft erwecket werde, hat die vorsichtige Natur den Weibspersonen ein so gutes Mundwerk gegeben.”

Roederer, Johann [top]

Roederer (1756): “Anatomische Beweise und medicinische Beobachtungen von erstickten Leuten.” [biblio]


[Pp. 289] “Es ist eine allgemeine Meynung unter den Aerzten, daß die Eröffnung des eyförmigen runden Lochs (foramen ovale) die Erstickung bey den ins Wasser gefallenen verhüte, welche Meynung hingegen die Erfahrung übern Haufen wirft.”


[P. 297] “Diejenigen Leute, die auf eine gewisse Zeit ohne Schaden unter dem Wasser seyn können, erhalten diese Wohlthat keineswegs von der Eröffnung des runden eyförmigen Loches. Diesen Vortheil möchte ich lieber der Gewohnheit beymessen.”

Rousseau, Jean-Jacques [top]

Rousseau (1752): Ob die Wiederherstellung der Wissenschaften und Künste etwas zur Läuterung der Sitten beygetragen hat? (“First Discourse”) [biblio]

The German text comes from a later edition: Abhandlungen über verschiedene Gegenstände, sowohl aus dem Französischen übersetzet, als mit Originalstücken vermehret (Breslau: Wilhelm Gottlieb Korn, 1773).


[P. 36] “Wenn unsere Wissenschaften in dem Gegenstande eitel sind, den sie sich vorsetzen, so sind sie durch die Wirkungen, die sie hervorbringe, noch gefährlicher. Sie sind in dem Müßiggange geboren und ernähren ihn auch ihrer Seits. Der unersetzliche Verlust der Zeit ist der erste Nachtheil, den sie der Gesellschaft nothwendig verursachen. Es ist in der Staatskunst, wie in der Sittenlehre, ein großes Uebel, wenn man nichts Gutes thut; und ein jeder unnützer Bürger kann als ein schädlicher Mensch angesehen werden.”


[Pp. 34-35] “Si nos sciences sont vaines dans l’object qu’elles se proposent, elles sont encore plus dangereuses par les effets qu’elles produisent. Nées dans d’oisiveté, elles la nourissent à leur tour; & la perte irréparable du tems, est le [35] premier préjudice qu’elles causent nécessairement à la société. En politique, comme en morale, c’est und grand mal que de ne point faite de bien; & tout citoyen inutile peut être regardé comme un homme pernicieux.”


Rousseau (1756): Abhandlung von dem Ursprünge der Ungleichheit unter den Menschen. (“Second Discourse”) [biblio]


[Vorrede, pp. 29-30] “Denn wie kann man die Quelle der Ungleichheit unter den Menschen kennen, wenn man sie nicht erst selber kennet? Und wie kann es der Mensch jemals dahin bringen, daß er sich in der Gestalt betrachte, die ihm die Natur gegeben hat, nachdem die Folge der Zeiten und der Dinge auf einander so vieles an seiner ursprünglichen Beschaffenheit geändert hat? [30] So wie des Glaucus Bildseule durch die Zeit, das Meer, und die ungestümen Witterungen so sehr entstellt worden ist, daß sie eher einem wilden Thiere, als eine Göttin ähnlich gesehen hat; eben so hat sich die menschliche Seele in dem Schoosse der Gesellschaft verändert; tausend Ursachen, die mit jedem Augenblicke von neuem entstehen, eine Menge Einsichten und Irrthümer, die sie erlanget, die Veränderungen der Leibesbeschaffenheit, und das anhaltended Toben der Leidenschaften, haben, so zu sagen, ihr Angesicht so sehr verstellet, daß man sie ietzt kaum erkennen kann.”


[Erster Abschnitt, p. 56] “Man muß sich also nicht verwundern, daß die Hottentotten auf dem Vorgebürge der guten Hofnung, die ankommenden Schiffe, mit blossen Augen, von eben so fern entdecken, als die Holländer mit ihren Sehröhren; daß die wilden Amerikaner so gut, als die besten Hunde, die Spanier auf ihren Fußtapfen spühren können; noch, daß alle diese barbarischen Völker ihre Naktheit so leicht ertragen, ihren Geschmack durch viel herbe Kräuter schärfen, und die stärksten europäischen Getränke, wie Wasser, trinken können.”


[Zweiter Abschnitt, pp. 105-8] “Zwischen beständig benachbarten Fa- [106] milien mußten endlich gewisse Verbindungen entstehen. Das junge Volck von beyderley Geschlecht wohnt in Hütten neben einander, und die kurtze und unstäte Gemeinschaft, dazu sie die Natur einladet, verleitet sie zu einem dauerhaftern Umgange, der mit nicht weniger Annehmlichkeit verknüpft ist. Man wird gewohnt, verschieden Gegenstände zu beschauern, und Vergleichungen zwischen ihnen anzustellen. Man geräth dadurch unvermerkt auf Begriffe von Verdienst und Schönheit, die uns alsdenn für gewisse Gegenstände etwas vorzügliches empfinden lassen. […] Ein jeder bemerkte alle andere, und hatte Lust wiederum von ihnen bemerkt zu werden. Die öffentliche Hochachtung erlangte einen Werth. [107] Der am besten singen, der am besten tantzen konnte, der Schönste, der Stärkste, der Geschichteste, oder der Beredsamste ward am meisten bemerket. Dieses war der erste Schritt zur Ungleichheit, und zugleich der erste Schritt zum Laster. Der erste Vorrang, den man einigen einräumete erzeugte hier Stoltz und Verachtung, dort Scham und Neid, und aus dem Gähren dieses ungewohnten Sauerteigs entstunden schädliche Vermischungen für die Glückseeligkeit der Menschen und für ihre Unschuld.

Hatten nun die Menschen einmal angefangen, ihren Werth einander zu bestimmen und die Begriffe von Hochachtung zu erlangen; so glaubte ein jeder ein Recht dazu zu haben, und man konnte sie niemanden unbestraft entziehen. Daraus entstunden sogar unter den Wilden, die ersten Pflichten der Geselligkeit, und ein jedes Unrecht, das mit Willen geschah, ward eine Beleidigung genannt. Nicht nur wegen des Uebels, das aus der Beschimpfung entstand, sondern weil dem Beleidigten öfters die Verachtung unerträglicher war, als das Uebel selbst. Je mehr ein jeder von sich hielt, desto härter bestrafte er die Geringschätzigkeit, die ein anderer für ihn bezeugt hatte; die Rachen wurden schrecklich, und die Menschen blutdürstig und grausam. […] [108] […]

Es ist nichts zahmer, als der Mensch, in seinem ursprünglichen Zustande, da ihn die Natur von der Dummheit der Thiere, und von den schädlichen Einsichten des gesitteten Menschen gleich weit entfernet, da Vernunft und Instinct nur darauf abzielen, daß er sich für einem Uebel hüte, davon er bedrohet wird, und da er durch ein natürliches Mitleid abgehalten wird, iemalen Uebels zu thun, und wenn es auch jener verschuldet, weil ihn nichts dazu antreiben kann, es ihm wiederum zu vergelten. Nach des weisen Locke Grundsatze, giebt es kein Unrecht, wo kein Eigenthum ist.”


[Anmerkungen, pp. 172-73] “Die Ueppigkeit, von welcher solche Menschen, die auf ihre eigene Bequemlichkeit erpicht sind, und bey andern gerne in Ansehen stehen wollen, nicht abzubringen sind, kam bald hinzu und vollendete, was die Gesellschaft nur angefangen hatte. Unter dem Vorwande, solchen armen Leuten ihren Unterhalt zu geben, die es nicht verdienen, bringet man all übrigen Einwohner an den Bettelstab und entvölkert über kurz oder lang, den ganzen Staat.

Die Ueppigkeit, ist ein Hülfmittel, das noch schlimmer ist, als das Uebel selbst, dem sie abhelfen soll; oder besser zu sagen, sie ist das größte Uebel, das einem Staate, er mag groß oder klein seyn, zustossen kann: denn sie drücket den Ackersmann und den Bürger und richtet sie zu Grunde, blos um [173] eine Menge von Knechten und Elenden zu ernähren, die sie selbst zu Knechten und elenden Leuten gemacht hat. So wie jene brennenden Südwinde Kräuter und Pflantzen mit verzehrenden Würmern bedecken, den nützlichen Thieren ihr Futter rauben, und allenthalben, wo sie hintreffen, Mangel und Tod mit sich führen.”

Aus der Gesellschaft und aus der Ueppigkeit, die sie gezeuget hat, entstehen die freyen und mechanischen Künste, die Handelschaft, die Gelehrsamkeit und alle diese unnützen Dinge, dadurch der Fleiß befördert und der Staat mit Reichthümern angefüllet und zu Grunde gerichtet wird.”


[Anmerkungen, pp. 203-4] “Man muß die Eigenliebe nicht mit der Liebe zu sich selbst vermengen: diese beiden Leidenschaften sind durch ihre Natur und durch ihre Wirkungen von einander unterschieden. Die Liebe zu sich selbst ist eine natürliche Empfindung, die jedes Thier dahinbringet, daß es für seine eigene Erhaltung wachet, und daraus bey dem Menschen, wenn er von der Vernunft geleitet und von dem Mitleiden eingeschränket wird, Tugend und Menschlichkeit entspringet. Die Eigenliebe ist ein relativer, gemachter Begrif, der in der Gesellschaft entstehet, und jedem einzelnen Geschöpfe eingibt, mehr Wesens aus sich, als aus allen anderen Dingen zu machen, der die Menschen [204] zu allem Uebel verleitet, das sie sich einander thun, und der die wahre Quelle ist, daraus die Ehre entspringet.”


Rousseau (1761a): Julie oder Die neue Heloise. [biblio]


[1. Theil, pp. 83-84] “Der siebzehnte Brief. Gegenantwort. […] Ich verletze also Ihre Ehre, für die ich tausendmal mein Leben hingeben wollte? Ich verletze deine Ehre, Undankbarer! der du mich bereit sahst, dir die meinige aufzuopfern? Wo ist denn nun diese Ehre, die ich verletze? Sage mris, kriechendes Herz, Seele ohne Zärtlichkeit. O! wie verächtlich bist du, wenn du keine Ehre hast, als die Julien unbekannt ist? Wie? so sollten diejenigen, die ihr Schicksal theilen wollen, ihr Vermögen nicht theilen dürfen; und Er, der sich für den meinigen aus- [84] giebt, findet sich durch meine Geschenke beleidigt? Seit wenn ist es denn niederträchtig, von dem, was man liebt, etwas anzunehmen? Seit wenn gereicht das, was das Herz giebt, dem Herzen, das es annimmt, zur Schande? […] Niederträchtige Seelen, die ihre Ehre im Reichthume suchen, und Tugenden gegen Gold abwägen. Auf diese niedrigen Grundsätze baut ein rechtschaffner Mann seine Ehre? Und ist nicht selbst das Vorurtheil der Vernunft auf der Seite des Aermsten?”


[1. Theil, p. 86] “Laßt und nun auf das Wesentliche kommen. Die Ehre, sagen Sie, verbiete Ihnen, meine Geschenke anzunehmen. Ist dieses, so habe ich nichts mehr zu sagen, und ich bin mit Ihnen einig, daß es Ihnen nicht frey steht, einer solchen Vorsicht sich zu entschlagen.”


[3. Theil, p. 116] “Der achtzehnte Brief. Von Julien. […] Das ewige allsehende Auge, sagete ich bey mir selbst, sieht jetzo in das Innerste meines Herzens; es vergleicht meinen verborgenen Willen mit der Antwort meines Mundes: der Himmel und die Erde sind Zeugen von der geheiligten Verbindung, die ich eingehe; sie werden es auch noch von meiner Treue seyn, sie zu beobachten. Was für ein Recht kann derjenige unter den Menschen verehren, der sich untersteht, das erste unter allen zu brechen?”


[6. Theil, p. 157] “Mein Leben gäbe ich darum, ihn einmal überzeugt zu sehen; wenn nicht um seines Glücks in der künftigen Welt willen, dann wegen seines Glücks in dieser. Denn wie viele süße Empfindungen muß er entbehren! Welches Glück kann ihn in seinem Kummer trösten? Welcher Zuschauer ermuntert ihn zu den guten Taten, die er in der Stille vollbringt? Welche Stimme kann im Innern seines Herzens reden? Welche Belohnung kann er für seine Tugend erwarten? Wie muß er dem Tod entgegen sehen? Nein, ich hoffe, er wird ihn nicht in diesem schrecklichen Zustand erwarten.”


Rousseau (1762): Aemil, oder Von der Erzeihung. [biblio]

The Schwabe translation was pubished in four volumes, dividing the five books of the original French edition as follows: vol. 1 (Bks. 1-2), vol. 2 (Bks. 3-4), vol. 3 (continuation of Bk. 4), vol. 4 (Bk. 5).


[Bk. 1: vol. 1, p. 8] “Das Hauptwerk ist, daß man denen Leuten gut ist, mit denen man lebet. Auswärts war der Spartaner ehrsüchtig, geizig, unbillig: in seinen Mauern aber herrscheten der Uneigennutz, die Billigkeit, die Eintracht. Mistrauet denen Weltbürgern, die fern in ihren Büchern Pflichten suchen wollen, welche sie rund um sich her nicht zu erfüllen belieben. Ein solcher Weltweiser liebet die Tatarn, damit er befreyet seyn möge, seine Nachbarn zu lieben.”


[Bk. 1: vol. 1, p. 9] “Der Lacedämonier Pedaretus giebt sich an, um in den Rath der dreyhundert zu kommen; er wird verworfen. Er kehret ganz erfreut darüber zurück, daß sich in Sparta dreyhundert bessere Leute gefunden haben, als er. Ich halte diese Erklärung für aufrichtig, und man hat Ursache, zu glauben, daß sie solches gemesen. Da hat man den Bürger.”


[Bk. 1: vol. 1, p. 18-19] “Das Kind giebt sich beständig vergebene Mühe, welche seine Kräfte erschöpfen, oder ihren Fortgang verzögern. Es war in dem Mutterkuchen nicht so eng eingeschlossen, nich so gezwungen, nicht so zusammen gedrücket, als es in seinen Windeln ist. Ich sehe nicht, was es dadurch gewonnen hat, daß es geboren worden. […] An denen Orten, wo man diese ausschweifenden Vorsichtigkeiten nicht hat, sind die Menschen insgesammt [19] groß, stark, wohl gewachsen. […] Die ersten Geschenke, die sie von uns erhalten, sind Bande; die ersten Begegnungen, die sie erfahren, sind Marter. Da sie nichts frey haben, als die Stimme; warum sollten sie sich derselben nicht bedienen, um sich zu beklagen?”


[Bk. 2: vol. 1, pp. 143-44] “Werde ich hier die größte, die wichtigste, die nützlichste Regel der ganzen Erziehung vortragen dürfen? Sie ist nicht, Zeit zu gewinnen, sondern solche zu verlieren. Gemeine Leser, verzeihet mir meine unerhörten wunderbaren Meynungen; man muß dergleichen haben, wenn man nachdenket; und was ihr auch sagen könntet, so will ich doch lieber ein Mensch mit wunderbaren Meynungen, als ein Mensch mit Vorurtheilen seyn. Der gefährlichste Zeitraum des menschlichen Lebens ist der von der Geburt an bis auf das zwölfte Jahr des Alters. Dieß ist die Zeit, worinnen die Irrthümer und Laster keimen, ohne daß man noch das geringste Werkzeug hat, sie zu zernichten; und wenn das Werkzeug kömmt, so sind die Wurzeln so tief, daß es nicht mehr Zeit ist, sie heraus zu reitzen. Wenn das Kind auf einmal von der Mutter Brust in das vernünftige Alter spränge: so könnte die Erzie- [144] hung, die man ihnen giebt, sich für sie schicken: nach dem natürlichen Fortgange aber müssen sie eine ganz andere haben. Sie müßten so lange mit ihrer Seele gar nichts thun, bis sie all ihre Kräfte hätte. Denn es ist unmöglich, daß sie die Fackel wahrnehme, die ihr ihr vorhaltet, so lange sie blind ist, und daß sie auf der unermeßlichen Ebene von Ideen einem Wege folge, welchen die Vernunft nur noch so leicht und obenhin für die besten Augen zeichnet.

Die erste Erziehung soll also bloß verneinend seyn. Sie besteht nicht darinnen, daß man die Tugend und Wahrheit lehre, sondern das Herz vor dem Laster und den Verstand vor dem Irrthume bewahre.”


[Bk. 2: vol. 1, pp. 189-91] “Die größte Anzahl tadelte Alexanders Verwegenheit; einige bewunderten, nach des Hofmeisters Beyspiele, seine Standhaftigkeit, seine Herzhaftigkeit. Dieß gab mir zu erkennen, daß keiner von denen, die gegenwärtig waren, recht sah, worinnen die wahre Schönheit dieses Stückes bestünde. Mir scheint es, sagte ich zu ihnen, daß, wenn [190] in Alexanders Handlung die geringste Herzhaftigkeit, die geringste Standhaftigkeit ist, solche nur eine Auschweifung ist. Darauf vereinigte sich alle Welt und gab zu, daß es eine Auschweifung wäre. […][191]

[…] was ich denn so schönes in Alexanders Handlung finde? Unglückliche! wenn man es euch sagen müß, wie werdet ihr es begreifen? Dieß, daß Alexander an die Tugend glaubete; dieß, daß er sie über seinem Haupte, über seinem eigenen Leben glaubete; dieß, daß seine große Seele gemacht war, daran zu glauben. O was für ein schönes Glaubensbekenntniß war diese verschluckte Arzeney! Niemals hat ein Sterblicher ein solch erhabenes abgeleget. Wenn es irgend einen heutigen Alexander giebt: so zeige man ihn mir bey dergleichen Zügen.”


[Bk. 3: vol. 2, p. 83] “Derjenige, welcher in Muße dasjenige verzehret, was er nicht selbst gewonnen hat, stiehlt es; und einer, der von Renten lebet, den der Staat für Nichtsthun bezahlet, ist in meinen Augen wenig von einem Räuber unterschieden, der auf Kosten der Vorbeygehenden lebet. Außer der Gesellschaft hat der einzelne Mensch, der niemanden etwas schuldig ist, Recht zu leben, wie es ihm beliebet: in der Gesellschaft aber, wo er nothwendig auf Kosten der andern lebet, ist er ihnen den Preis seines Unterhaltes an Arbeit schuldig; dieß ist ohne Ausnahme. Arbeit ist also eine unumgängliche Pflicht des gesellschaftlichen Menschen. Reich oder arm; stark oder schwach, ein jeder müßiger Bürger ist ein Spitzbube.”


[Bk. 4: vol. 2, p. 120] “Die Mägdchen sind Kinder, die Knaben sind Kinder; einerley Namen ist für so gleiche Wesen hinlänglich. Die Männchen, bey denen man die weitere Entwicklung des Geschlechtes verhindert, behalten diese Gleichförmigkeit ihr ganzen Lebenlang; sie sind stets große Kinder: und da die Weibchen eben diese Gleichförmigkeit niemals verlieren, so scheinen sie in vielerley Absicht niemals etwas anders zu seyn.”


[Bk. 4: vol. 2, p. 135] “Obgleich die Schamhaftigkeit dem menschlichen Geschlechte natürlich ist: so haben doch die Kinder von Natur keine. Die Schamhaftigkeit erwächst nur mit der Kenntniß des Bösen; und wie sollten die Kinder, welche diese Kenntniß nicht haben, noch haben sollten, die Regung haben, welche die Wirkung davon ist? Ihnen Lehren von der Schamhaftigkeit und Ehrbarkeit geben, heißt sie lehren, daß es schändliche und unehrbare Dinge gebe; das heißt ihnen eine geheime Begierde beybringen, diese Dinge kennen zu lernen. Sie kommen über kurz oder lang dazu; und der erste Funken, den die Einbildungskraft fängt, beschleuniget ganz gewiß die Entzündung der Sinne. Wer erröthet, ist schon strafbar; die wahre Unschuld schämet sich vor nichts.”


[Bk. 4: vol. 3, pp. 159n-60n] “Die Muhamedaner sagen, nach Chardins Berichte, es werden nach der Untersuchung, welche auf die allgemeine Auferstehung folgen wird, alle Leiber über eine Brücke, Pul-Serrho genannt, [160] gehen, welche über das ewige Feuer geschlagen ist, und welche Brücke man, wie sie sagen, die dritte und letzte Untersuchung, und das wahre jüngste Gericht nennen kann, weil da die Absonderung der Guten von den Bösen geschehen wird ... u.s.w.”

Die Persianer, fährt Chardin fort, sind sehr von dieser Brücke eingenommen, und wenn einer ein Unrecht leidet, weswegen er auf keine Weise, noch zu irgend einer Zeit Recht erhalten kann, so ist sein letzter Trost, daß er saget: Nun wohl! bey dem lebendigen Gotte! du wirst mirs am jüngsten Tage doppelt bezahlen; du wirst nicht über die Brücke Pul-Serrho gehen, before du mir genug gethan hast; ich werde mich, an den Zipfel deines Kleides hängen, und vor deine Füße werfen.”


[Bk. 4: vol. 3, pp. 217-18] “Niederträchtig und verzagt in ihren Lastern selbst haben sie nur kleine Seelen, weil ihre abgenutzten Körper bey Zeiten verderbt sind. Kaum bleibt ihnen noch so viel Leben, daß sie sich bewegen kön- [218] nen. Ihre feinen Gedanken bezeichnen Geister ohne Stoff; sie können nichts großes und edles empfinden; sie haben weder Einfalt noch Munterkeit. Geringschätzig in allen Sachen und niederträchtig boshaft, sind sie nur eitel, betrügerisch, falsch; sie haben nicht einmal Herzhaftigkeit genug, berühmte Bösewichter zu seyn. So sind die verächtlichen Menschen, welche der Rauch der Jugend bildet.”


[Bk. 5: vol. 4, p. 248] “Wer zehn Franzosen gesehen hat, der hat sie alle gesehen. Ob man wohl von den Engländern und einigen andern Völkern eben das nicht sagen kann: so ist dennoch gewiß, daß eine jede Nation ihren eigenen und vor andern sonderlichen Charakter hat, der nicht aus der Biobachtung eines einzigen ihrer Mitglieder, sondern vieler, schlußweise gezogen wird. Derjenige, der zehn Völker verglichen hat, kennet die Menschen, so wie derjenige, der zehn Franzosen gesehen hat, die Franzosen kennt.”

Salmon, Thomas [top]

[ 17321733a1733b1733c17351736173917471748 ]

Salmon, Thomas, and Matthias von Goch (1732-49): Die heutige Historie oder der Gegenwärtige Staat von allen Nationen. [biblio]


(1732) ... des großen Kaisertums China, wie auch der Königreiche Tonquin und Cochin-China


[1732, p. 15] “Erstlich also von der grossen Maur zu handlen, welche China von der Tartarey trennet (ausser an der Ost-Seite, woselbst diese Mauer zwischen den Chinesischen Provintzen, Peking und Leaotung hingehet, welche letztere, wie schon gesagt, ausserhalb der Mauer lieget). […] Die gantze Länge mit allen Krümmungen soll sich nach Le Comte seinem Bericht auf 1500 Meilen erstrecken. In gerader Linie aber von Westen zu Osten mag es wohl kaum die Helffte seyn. Diese Mauer ist von Quader-Steinen erbauet, mit einem so wohl zubereiteten Mörtel, daß sie nunmehro 1800 Jahr gestanden (denn sie ist von dem Kaiser Chibobam Ji aufgeführet worden, um der Tartaren Einfälle abzuhalten) und doch sehr wenig verfallen ist. Einige Nachrichten melden, daß die Maur viele Ellen dick und ungemein hoch sey; aber die Czarische Gesandten nach China, und andere, welche die Mauer neulich gesehen, haben befunden, daß sie nur 4 Faden dick, und ungefehr 30 Fuß hoch: so breit aber, daß 8 Mann neben einander auf der Spitze reiten können. Le Comte will, daß sie nur 5 Fuß dick sey, und nicht nahe so hoch, als die Mauren ihrer Städte. Aber er hat entweder einen Irrthum bey Abmessung der Dicke dieser Mauer begangen, oder es sind durch einen Druck-Fehler fünf Fuß vor fünf Ellen gesetzet worden: Denn alle stimmen darin überein, daß sie ungefehr 5 Ellen dick, und zehn hoch sey.”


[1732, p. 16] “Die Maur ist ferner mit vielen viereckigten Thürmern befestiget, welche nach etlicher Meynung eine Meile, nach anderer zwey Bogen-Schuß weit von einander liegen. In vorigen Zeiten lag allezeit eine Million Soldaten darauf, die Mauer zu defendiren. Itzunder im Gegentheil legt man naur an die Oerter eine Besatzung hin, welche am leichtesten können erstiegen werden.”


[1732, p. 22] “Vor den Thoren der Stadt Nanking stehen unter andern zwey merckwürdige Thürmer. Der eine wird der Porcellan-Thurm genannt, und ist in achteckigter Figur 9 Stock-Werck und 200 Fuß hoch aufgeführet. […] Dieser Thurm hat schon über 400 Jahr gestanden, und ist noch recht wunder-schön anzusehen. Le Comte siehet ihn, für das artigste und am besten ausgesonnene Gebäude im gantzen Orient an.”


[1732, p. 28] “Die Gelehrten lassen die Nägels an ihrer lincken Hand 2 oder 3 Daum-breit länger, als die Finger wachsen, um sich dadurch von den Künstlern zu unterscheiden.”


[1732, pp. 28-29] “Das Frauenzimmer so immer zu Hause gehalten wird, und niemals in die Sonne kömmt, ist weiß und schön genug: und ihre kleine Augen und kurtze Nasen ausgenommen, können sie den Europäischen Schönheiten es gleich thun. Ihre ungemeine Sittsamkeit soll auch, wie man sagt, ihre Schönheit nicht wenig vermehren. Auf ihren Haar-Putz wenden sie durchgehends viele Mühe. Solches wird grösten- [29] theils in eine Rolle zusammen gewickelt, und mit einer Nestel-Nadel befestiget. […] Am allermeisten aber sind ihre kleine Füsse zu bemercken, welche ihre gröste Schönheit ausmachen. So bald ein Mägdgen gebohren ist, werden ihre Füsse so hart eingewickelt und eingeschnüret, daß sie unmöglich wachsen können. Dahero sind sie schlecht zu Fuß, weil ein erwachsenes Frauenzimmer nicht grössere Füsse hat, als bey uns ein Kind von 3 Jahren.”


[1732, p. 31] “Die Chineser sind gar nicht eckelhafft im Essen. Sie speisen nicht nur alle Sorten von Thieren, Vögeln und Fischen, welche die Europäer essen; sondern Pferde-Fleisch, wird bey ihnen für einen ungemeinen Lecker-Bissen gehalten; ja Hunde, Katzen, Schlangen, Frösche, und die meisten Arten von Gewürm werden von ihnen nicht verschmähet: Doch bestehet ihre gemeine Nahrung in Reiß, Wurtzeln, Hälsen- und Garten-Früchten. […] Sie brauchen weder Tisch-Tuch, noch Servietten, Messer, Gabel, oder Löffel: sondern an der letztern Stelle 2 kleine runde Stöckgen von Eben- oder andern Holtz, welche unterweilen an der Spitze mit Silber beschlagen sind; mit welchen sie die Speisen sehr geschickt zum Munde zu führen wissen.”


[1732, p. 48] “China, gleich wie andere Länder von einem grossen Bezirck, bestehet aus Bergen und Thälern: jene aber so wohl, als diese werden so platt und eben gemacht, als nur immer möglich, und wie die Gärten in kleine Länder eingetheilet. Die Hügels und Berge graben sie in Terrassen, oder kleine mit Menschen-Händen gemachte Flächen von oben bis unten ab: so daß das Wasser, welches sie in Canälen von einem Feld zum andern leiten, überall in gleicher Menge hinfliessen kan. Diese Tarassen werden von unten bis oben hinan immer kleiner und kleiner: und auf solche Weise machen sie durch Kunst und Arbeit die Erde auf den Bergen eben so fruchtbar, als die Thäler.”


[1732, pp. 60-61, 63] “Auf die Astronomie haben sie sich von selbst mit grossen Fleiß gelegt, und über 400 Observationes so wohl von Sonn- und Mond-Finsternissen, als von Cometen und Conjunctionen der Planeten gemacht. Dem ungeachtet aber waren sie in allen den Dingen gar nicht accurat, und haben viele Dinge besser eingerichtet, nachdem die Jesuiten zu ihnen gekommen, ja sie haben so gar gelitten, daß diese Patres ihren Calender verbesserten. Obgleich nun die Chineser in der Mathesi vielfältig angestossen haben, sind sie doch vollkommene Astrologi wie Le Comte berichtet. Denn um einen zum vollkommenen Meister in dieser Wissenschaft zu machen, wird fast wenig mehr erfodert, als daß einer ein wohlbeschlagener Charletan seyn, und recht nach der Kunst zu liegen wissen muß, inwelchen Stücken die Chineser ungemein excelliren sollen. Es erhellet auch, daß dorten so wohl, als hier bey uns Leute seyn, die von zukünfftigen Dingen aus dem Gestirn urtheilen wollen: und die glücklichen und unglück- [61] lichen Tage zum Heyrathen, Reisen, Kinder entwöhnen a.a. in ihrem Calender bemercken. […] [62] [63] […] Ehe die Jesuiten ins Land kamen, und es ihnen besser zeigten, konnten sie gantz und gar keinen richtigen Calender verfertigen: […].”


[1732, p. 61] “In der Medicin haben sie es nicht sonderlich weit gebracht. Denn sie wissen von der Philosophia naturali, der Physic und Anatomie, auf welche Wissenschafften sich jene gründet, wenig oder nichts. […] Sie haben keine Apothecker, sondern ein jeder Medicus praepariret seine Artzeneyen selbst, welche insgemein als Pillen zubereitet werden, selten aber purgiren. Sie brauchen das Aderlassen, und die Clistire, auch nimmer. Denn sie bilden sich ein, daß alle Kranckheiten fast durch die Banck von bösen schädlichen Winden herkommen, welche sie sich in Anhaltung einiger glüend heisser Nadeln, oder kleiner eiserner Knöpfe an die leidende Gliedmassen zu vertreiben bemühen: und aus der Ursache plagen sie ihre Patienten mit der Cauterization, wenn ihnen auch nur das aller geringste schadet. […] Sie haben eine Menge von Kräutern von unterschiedlicher Krafft und Wirckung.”


[1732, p. 65] “Die Buchdrucker-Kunst, so wie sie denn beschaffen ist, ist schon lange Zeit in China im Schwange gewesen. Sie graben die Wörter in Tafeln ein, wie wir unsere Kupffer-Stiche, und setzen die Buchstaben nicht zusammen, oder zerlegen sie, wie in Europa, woselbst man mit einer kleinen Anzahl von Buchstaben grosse Bücher drücket. Der Auctor eines Buchs in China läst sein Werck erstlich sauber abschreiben. Hernachmals leimet der Kupfer-Stecher jedes Blatt über ein gantz glattes Bretlein, und schneidet die Characteren nach dem beschriebenen Papier aus, so daß der Schnitt dem Original vollkommen ähnlich wird, dahero dann zwischen dem gedruckten und geschriebenen sich niemals der geringste Unterscheid befindet.”


[1732, pp. 65-66] “Wo den Nachrichten der Reisenden zu trauen stehet, so muß es mit den Beförderungen in China bloß nach Meriten hergehen. Es beruhet also das Glück eines Menschen eintzig und allein, auf seine Capacität, und Application auf seine Geschäffte. Derowegen wenden sie grossen Fleis auf die Erziehung ihrer Kinder. Die Städte in China sind voll von Schulen, […] Sie haben auch Gradus Academicos, die mit unsern (nemlich den Englischen) Baccalaureis, Ma- [66] gistris und Doctoribus übereinkommen. Wenn sie den ersten gradum angenommen haben, erlangen sie bey der Obrigkeit, in der Provintz darinn sie leben einen freyen Zutritt. Wenn sie zu den andern Gradum sollen erhabey werden, muß ein vom Kaiser ernannter Commissarius dem Examini beywohnen. Den dritten Gradum kan niemand anderswo erlangen, als in der Kaiserlicher Residentz-Stadt Peking. Die Reis-Unkosten dahin werden ihnen vergütiget, wenn sie solche aus ihren eigenen Mitteln zu erlegen nicht vermögend sind; damit das gemeine Wesen der Dienste ihrer besten Leute nicht möge beraubet werden. Der Kaiser examiniret die Candidaten offtmals selber, und weil er ungeachtet seines hohen Standes, in seiner Jugend zu den Studiis und allen Wissenschaften angeführet worde, ist er kein ungeschickter Richter über ihren Meriten.”


[1732, p. 67] “Damit ihre Historie unpartheyisch und wohl geschrieben werde, erwehlen sie eine gewisse Anzahl von gelehrten Leuten, deren Ammt darinn bestehet, daß sie mit allermöglichsten Accuratesse alles aufzeichnen was sich zu ihren Zeiten zuträget, und täglich die Reden und Handlungen ihrer Printzen bemercken […] welche Schrifften denn in einem besondern dazu destinirten Archiv beygeleget werden. […]

Was ihre Chronologie betrifft, so sollen laut ihrer Historie 40,000 Jahr seit der ersten Gründung des Reichs verflossen seyn. Dabey aber gestehen sie auch, daß alle Historische Monumenta und alte Urkunden vor 2000 Jahren von einem ihrer Kaiser sind vertilget worden, und läufft es also zuletzt mit diesen Vorgeben von dem Alterthum ihrer Monarchie auf eine leere Tradition hinaus.


[1732, pp. 85-87] “Es sind heutiges Tages 3 Secten in China. Erstlich die Nachfolger von Li-Laokun, welche nach ihrem Bericht über 500 Jahre vor Christi Gebuhrt gelebet haben. Er lehrete, Gott habe einen Cörper und mancherley geringe Götzen unter sich: seine Anhänger legen sich auf die Magie, und bemühen sich einen Tranck zu verfertigen, der die Menschen unsterblich machen soll.

Die andere ist die Secte der Gelehrten, welche Discipul und Nachfolger des weit-berühmten Confucii sind, der viele schöne Sitten-Lehren hinterlassen, und seine Lands-Leute in der Philosophie unterrichtet hat. […] [86] […] [87] […]

Noch ist eine dritte Secte unter ihnen, welche weit zahlreicher, als eine von den beyden vorigen; und den Götzen Fo, den sie den eintzigen Gott der Welt tituliren, anbet. Dieser Abgott soll 32 Jahr nach Christi Himmelfahrt aus Indien ins Land gebracht worden seyn. Seine Priester, die Bonzes, machen sich mit einigen Sitten-Lehren breit, und behaupten, daß nach diesem Leben Straffen und Belohnungen zu gewarten stehen.”


[1732, pp. 99-100] “Man kan die Mädgens recht als ein Stück von dem Schatz ihrer Väter ansehen, indem der [100] allerärmste Mann sein Weib kauffen muß, und keine Mit-Gabe mit ihr bekommt. Dahero ist, wie es scheinet, nechst der Unfruchtbarkeit der gröste Schimpff bey ihnen, wenn eine Frau lauter Mädgens gebiehret: und wann es sich zuträgt, daß eine Mutter drey oder vier Magdleins nach einander ohne Söhnen bringet, sollte sie solche wohl aus Uberdruß mit ihrer eigenen Hand exponiren, oder gar erwürgen. Wenn auch die Eltern arm oder uns glückseelig sind, sehen sie es als ein Werk der Barmhertzigkeit an, wie man sagt, daß sie ihre Kinder durch den Todt von einem elenden Leben abhelffen; welches sie nicht leicht mit Gedult würden aushalten können. Derowegen werden täglich so viele Kinder auf den Straßen und Heer-Wegen exponirt, deren Eltern vermuthlich so viel Zärtlichkeit noch übrig haben, daß sie, ungeachtet, der im Schwang gehenden Gewohnheit, ihre Kinder nicht können sterben sehen, viel weniger aber sie mit ihren eigenen Händen erwürgen.”


[1732, p. 154] “Die Eingebohrne Landes-Kinder sind gelb von Farbe (doch nicht so dunckel als ihre meiste Nachbaren in Indien) nett von Gliedern, und von mittelmässiger Statur. Ihre Haare sind lang, schwartz, dick und schlecht, und hangen ihnen über die Schulter herunter. Ihre Naase und Lefftzen sind proportionirlich und wohl geschaffen, das Gesicht aber etwas platt und Oval-rund. Wenn sie 12 oder 13 Jahr alt sind, färben sie ihre Zähne braun oder schwartz. Hierzu gebrauchen sie vier oder fünff Tage, und dürffen währender solcher Zeit nichts geniessen, weil diese Zahn-Salbe entweder eckelhafft, oder auch, wie etliche meynen, vergiftet ist. Man hat bemercket, daß sie es sich für eine Schande achten, gleich den Bestien weisse Zähne zu haben: Doch die rechte Ursache, warum sie selbige anschwärtzen, ist sonder Zweifel die herrschende Gewohnheit des Landes. Solcher müssen die Einwohner sich immer gleich stellen, wie lächerlich selbige auch sey: wo sie nicht von dem gemeinen Mann so wohl, als Leuten von Condition, wollen verspottet, und mit Fingern gewiesen werden.”


[1732, p. 156] “Ihr vornehmstes Gerichte aber, welches sie bey Visiten aufsetzen ist Betel und Arack, sie rollen etliche Stücke von der Arack-Nuß in die Blätter von Betel-Baum ein: und wenn sie solches mit Chinam, oder mit einer Art von Thon überzogen haben, kauen sie es, wie etliche Europäer den Toback. Jederman trägt eine Büchse mit etlichen schon zum Kauen praeparirten Betel-Blättern bey sich.”


[1732, p. 159] “Ob schon Tonquin von Seide gantz voll stecket, verfertigen sie doch selten etwas ehe und bevor die Schiffe ankommen. Die grossen Herrn, drücken den gemeinen Mann so sehr, und machen sie so arm, daß sie kein Geld haben Materialen vor anzuschaffen. Dahere müssen die fremde Kauffleute ihnen offtmals Geld vorschiessen, und unterschiedliche Monathen warten, bis ihre Güter fertig sind. Die Holländer aber, welche hieher handeln, machen mit dem Frauenzimmer des Landes Mariagen auf gewisse Zeiten. Solche Weiber gebrauchen sie als Factoren, damit sie zu der Zeit im Jahr, da es nichts zu thun giebt, Seide aufkauffen und verarbeiten lassen können. Auf solche weise setzen sie die armen Leuten in Arbeit, wenn alles am wohlfeilsten ist, und haben bey Ankunfft ihrer Schiffe die Ladung schon fertig. Diese Factors aus dem Frauenzimmer sollen den Holländern sehr getreu seyn, deren etliche eben durch solche Weiber ansehnliche Mittel erworben haben. Die Weiber ebenfalls vergessen nicht dabey vor sich zu sorgen, und manche sind wohl ehe, wenn der Holländische Mann den Handelaufgegeben, von den vornehmsten herren geehliget worden.”


[1732, p. 178] “Der König hat seinen ersten und andern Staats-Minister, sein Seraglio, und eine Leib-Wache von Verschnittenen an der Zahl ungefehr von 200 Mann. Unter letztere soll, wie man saget, niemand als der eine sehr grosse Masse von Reis verzehren kan, aufgenommen werden.”


(1733a) ... des Grossen Kaiserthums Japan


[1733a, pp. 62-63] “Endlich kommen wir auf den betrübten Zustand, worin sich der Christliche Gottes-Dienst daselbst anitzo befindet. Es haben niemahls andere, als Römisch-Catholische Geistliche das Evangelium in Japan geprediget. Die wenige Christen, welche hier noch, ungeachtet einer der allerschweresten Verfolgungen von bey nahe hundert Jahren, gefunden werden, wusten wenig von der Christlichen Religion. Es ist bey ihnen kaum mehr als der Nahme unsers gesegneten Heylands und seiner gebenedeyten Mutter übrig geblieben: und dennoch haben sie eine brennende Liebe und Begierde nach dem Christenthum behalten, welche macht, daß sie eine ewige und schwere Gefängniß standhafft aushalten, worin sie noch von ihren Freunden in den Provintzen gestärcket werden. Man findet diese Christen vornehmlich in den Landschafften um Nagasaki herum, woselbst die Römische Geistliche vormahls die Christliche Religion am meisten ausgebreitet haben. Daselbst hat man auch die meisten Mittel angewandt, ihren Fortgang zu verhindern. Wenn man daselbst die Aratama oder die Liste von allen Haushaltungen und allen Familien und allen und jeden Personen, die dazu gehören, aufgesetzet hat: gehen dieselbig Obrigkeitliche Personen, welche die Aratama verfertiget haben, noch einmahl Hauß vor Hauß herum, und lassen einen jeden, der im Hause ist nahmentlich aufruffen, und vor sich erscheinen. Da muß er dann ein kupffernes Bildniß unsers gecreutzigten Heylandes und ein ander Bild eines heiligen, oder der Jungfrau Maria mit Füssen treten. Valentyn sagt, daß es kupfferne Platen seyn, in welchen sie diese Bilder ausgeschnitten haben. Diese Ceremonie nennen sie das Jefumi, oder die Tretung des Bildes mit den Füssen. Die kleinsten Kinder selbst werden hiermit nicht verschont, sondern ihre Mütter müssen sie dazu hinleiten und halten. Diese Mittel sollen sie nicht gebrauchen zu erforschen, ob sie Christen, sondern ob sie [63] Römische Christen sind, wie aus der gewissen Nachricht von den vier Männern, welche im Anfang dieses Jahrhunderts an einer kleinen Japanischen Insel landeten, erhellet. Wenn die Obrigkeitliche Bedienten diese Ceremonie allenthalben in ihrem District haben verrichten lassen, thun sie selbst ein gleiches, und senden eine versiegelte Relation unter ihrer Hand davon an den Aufseher in die Stadt ein. Diese Untersuchung wird nur in der Stadt Nagasaki und in den Landschafften Omura und Bungo angestellet, als woselbst die Christliche Religion vormahls sich am meisten ausgebreitet hatte. Diejenigen aber, welche es nicht über ihr Gewissen bringen können, dieses zu thun, werden nach Nagasaki gebracht, und daselbst Lebenslang gefangen gehalten: denn itzunder straffen sie solche Leute nicht mehr wie vormahls am Leben. In diesem Gefängniß waren ihrer um das Jahr 1690 ungefehr 50.”


(1733b) ... der orientalischen Inseln (Ladronischen, Philippinischen, Moluckischen, Celebe)


[1733b, pp. 36-37] “Hier finden wir nun eine bequeme Gelegenheit zu untersuchen, was doch die ursprüngliche Ursache von dem grossen Unterscheid in Gestalt, Wesen und Farben seyn möge, welchen wir bey den Leuten in allen 4 Welt-Theilen antreffen. Wir müssen aber erstlich völlig ausmachen, welche Observationes in diesem Stück in der Erfahrung richtig befunden worden; ehe und bevor wir einige Folgen daraus ziehen können. […] Einige von unsern frommen Auslegern der heiligen Schrifft haben die Schwärtze der Mohren vor eine Wirckung des Fluches angesehen, mit welchem Noah seinen andern Sohn Cham belegte, dessen Nachkommen Africam, wie sie meinen, sollen bevölckert haben. Dagegen sind von andern allerhand Einwendungen gemacht worden. Denn erstlich ist ausgemacht, daß einer von Chams Söhnen, nemlich Canaan, das Land Canaan besessen habe: wir haben aber alle Ursachen von der gantzen Welt zu glauben, daß er und seine Nachkommen nicht schwärtzer, als die heutige Einwohner dieser Länder gewesen. Vors andere sind auch die Einwohner der Küste von der Barbarey, welches ein grossen Stück von Africa ist, nimmer schwartz gewesen, welche doch durchgehends von allen für Nachkommen von dem verfluchten Cham gehalten worden. Wozu drittens kommt, daß die Indianer, die Nachkommen von Sem, dem liebsten Sohn des Noah eben so schwartz seyn, als die Caffern in Africa, und folglich nach dieser Meynung eben so verflucht. End- [37] lich stehet auch nicht wohl zu begreiffen, warum die schwartze Couleur mehr als die gelbe für eine Wirckung des göttlichen Zorns paßiren soll, da doch letztere wenigstens bey der Helfte des menschlichen Geschlechts angetroffen wird: daß wir die weisse Farbe, als unsere eigene köstliche Couleur, als ein Zeichen der Gunste GOttes gegen uns ansehen, stehet nicht zu bewundern. Denn die göttliche Vorsehung hat es also geordnet, daß jede Nation ihr eigen Clima, Wesen, Gestalt, Wohnungen, und Sinnlichkeiten lieben, und über die Vortheile ihrer Nachbarn erheben und heraus streichen soll.”


(1733c) ... der Sundaischen Insuln, als Borneo, Java und Sumatra


[1733c, p. 10] “Wie starck die Macht der Gewohnheit sey, und welch eine Tyranney die Mode und Landes-Manier über die Menschen führe, kan man auch an den Byayos sehen, als unter welchen mans schwerlich einen eintzigen finden wird, welcher nicht nach ihrer Mode sich die vordersten Zähne ausziehen, und an deren statt andere von Gold einsetzten lässet.”


[1733c, pp. 111-12] “In den Javanischen Wäldern hält sich eine ungemeine Menge von Affen auf. Insonderheit aber ist daselbst eine Art von Affen, welche, wie der Herr Salmon nach dem Herrn Leguat berichtet, nur allein auf Java anzutreffen ist, und beynahe menschliche Gestalt hat. Der Herr Hamilton vermeldet, daß man dieses Thier Oran-Outang (zu Teutsch den Wald-Mann) nenne, und wir haben schon angezeiget, daß es auch auf Borneo angetroffen werde. Leguat, sagt er, habe eins von diesen Thieren, welches ein Weiblein gewesen, öffter mahlen auf einem Bollwerck des Casteels zu Batavia gesehen. Es hatte daselbst sein Haus, und gieng recht aufrecht auf den hintersten Pfoten. Es war sehr lang und dick, und bedeckte die Scham immer mit einer Vorder-Pfote. Es hatte im Angesicht und auf den Vorder-Pfoten keine Haare, und seine Positur war nicht viel von den wilden Hottentotten unterschieden. Diese Creatur machte täglich ihr Bette recht zierlich, und legte sich des Abends hinein, und bedeckte sich mit einer Decke von Wat. Unterweilen band sie ein Tuch ums Haupt, und legte sich nieder, als wenn sie mit Haupt-Schmerzen geplaget würde, und machte sonst allerhand wunderliche Possen. Dieser Affe ward mit derselben Flotte nach Europa gesandt, auf welcher der Herr Leguat heraus reisete; Er starb aber, als er in die kalte Lufft kam. Leguat bildete sich ein, das man grosse Mühe gehabt habe, der Creatur etwas beyzubringen, und sie abzurichten, als welches allein bey Thieren, die ein wenig fähig, und, daß ich also rede, vernünfftig sind, anzugehen scheinet. Andre meynen aber, daß dieses Thier von einem Affen und einer Indianischen Sclavinn sey gezeuget worden; Es darff dieses nicht nur gemeynet, sondern kan von einem mäßigen Judicio als gewiß begriffen werden, zumahl da es so rar ist, daß es kaum ein- oder zweymahl gesehen worden. Denn wenn die Sclavinnen etwas versehen haben, [112] grauet ihnen so gewaltig vor ihren harten Herren, oder vielmehr Frauen, welche von keiner Barmherzigkeit das geringste nicht wissen, daß sie aus Furcht vor ihnen in die Wälder fliehen, und als wilde Menschen leben: und also, meynte man, habe sich die Mutter von dieser elenden Creatur auch mit einem Affen vermischt, in Ermangelung anderer Gesellschaft, und dieses Thier zur Welt gebracht, welches einem Frauen-Mensch in so sehr vielen Stücken ähnlich war. Daß ein solches Geschöpff würcklich gewesen, sagt der Herr Salmon ferner, daran steht gar nicht zu zweifeln, weil der Herr Leguat einer von den ehrlichsten Reise-Beschreibern ist, die jemals die Feder ans Papier gesetzet haben, er bejahet: er meynet aber auch, daß man nicht gewiß wissen könne: wie diese Creatur in die Welt gekommen. Wer aber die Anmerckungen des Amsterdamischen Bürgermeisters Tulpii gelesen hat, und was sonst von diesem Thier geschrieben worden, wird gar nicht zweifeln, daß es eine Art von Thieren sey, welche man durch GOttes Verhängnis in Ost-Indien alleine findet. Wir wollen es hier nochmahls mit den Worten des Herren Hamilton beschreiben. Unter allen Creaturen ist is, der Gestalt und dem Verstande nach, einem Menschen am ähnlichsten. Dasjenige, welches er sahe, war vier Fuß lang, grob von Leichnam, und lang von Armen, von der Schulter bis an den Ellenbogen, und konnte, wenn es aufrecht stunde, mit den Fingern die Knie erreichen. Die Lenden und Beine sind grob, aber, nach Proportion des Leibes, zu klein. Die Füsse sind breit an den Zähen, aber bey den Fersen gar zu schmal. Der Bauch stehet ein wenig heraus, und ist mit hellfarbenem Haar bedeckt: So wie der übrige Leib braune und auch dickere und längere Haare hat, als der Bauch. Der Kopff ist etwas groß, das Angesicht breit und völlig, die Augen grau und klein, die Naase klein und platt, die Ober-Lefftse und Unter-Kinn-Backen sehr groß. Das Thier schneußt seine Nase selbst, und wirfft den Unflaht mit den Fingern weg: es kan auch Feuer anzünden, und mit dem Munde aufblasen. Der Herr Hamilton sagt, er habe einen solchen Affen gesehen, der Fische briet, und mit gekochtem Reiß verzehrete. Die weiblein haben ihre ordentliche Zeiten. Sie haben alle miteinander keinen Schwantz. Sie sind von traurigem Temperament, und ihr ganzes Wesen sieht recht darnach aus: wenn sie auch gleich jung seyn, mögen sie doch nicht gerne spielen, wie andere Thiere. Neben dem haben sie noch eine kleinere Art von diesen Affen, welche sie Oumpae nennen, deren Beine und Arme aber sehr klein seyn.”


(1735) ... der Königreiche Siam, Pegu und Arrakan


[1735, p. 25] “Alle Mandarinen, die zum Hoff-Staat gehören, und deren Bedienung erfordert, daß sie in der Stadt wohnen müssen, deren wohl 3000 an der Zahl seyn, müssen nach Hamiltons Erzehlung täglich by Hofe erscheinen, und werden im Fall sie aussen bleiben, wo sie nicht Urlaub gehabt, mit Stöcken geschlagen, doch meinet man auch, daß sie sich daraus eine Ehre machen sollen. Aus diesem allen erhellet genugsam, daß diejenigen nicht gantz unrecht urtheilen, welche den Siammischen Hoff für den prächtigsten und ansehnlichsten unter allen schwartzen Völckern in Asia halten.”


[1735, pp. 35-36] “Die Siammer haben zwar, wie schon angemercket worden, nur ein Stockwerck im Hause, [36] aber die Zimmer immer Treppen-weise in die Höhe, und das hinterste, als das allerhöchste ist das ansehnlichste. Ob gleich ihre Häuser auf Pfählern stehen, brauchen sie doch den Platz, der darunter liegt, zu keinem Dinge, weil niemand gerne unter den Fussen eines andern seyn will. Der Herr de la Loubere erzehlet auch, daß als die Siammische Gesandtschafft in Franckreich war, das Gesinde von dem einen Mit-Gesandten in dem Stockwerck das gerade über dem Zimmer des ersten und vornehmsten Gesandten, und also oben über den Brieff ihres Souverains an den König von Franckreich logiret worden, und sie solches erfahren, seyen die darüber in die äusserste Bestürtzung gerahten, und, als wenn sie toll wären, herunter ins Haus gelauffen, sich die Haare ausgerissen, und sich erbärmlich angestellet, daß sie an einer solchen Missethat schuldig geworden. In Siam so wohl, als in Europa, wird sonst die rechte Hand für die Oberstelle gehalten; und derjenige Platz in einem Zimmer ist bey ihnen auch der oberste, der gerade gegen der Thür über stehet, und welcher allen Fremden erst angeboten wird. Wenn jemand unverhofft in eine Gesellschafft kömmt, verursacht solches eine ungemeine Bewegung; denn ein jeder muß den Ort einnehmen, der ihm nach seinem Rang gebühret.”


[1735, pp. 93-94] “Dergleichen Heiligen zu ehren, werden eben die Tempel erbauet, und deren Bilder anzubeten aufgestellet. Unter welchen der Sommona Codom, der allerheiligste, und weyland ein Land-Talapoin soll gewesen seyn. Den Sommona, soll einen Talapoin, der im Walde wohnet, bedeuten, Codom aber ist dieses Mannes eigner Nahme gewesen. Ausser diesem sollen die Siamener keinen Gott haben, und sich keinen Begriff von einem Schöpffer Himmels [94] und der Erden machen können. […] Es sey nehmlich dieser Sommona Codom eines Königes der Insul Ceilon Sohn gewesen, aber nicht wie ein sterblicher Mensch, sondern von seiner Mutter aus dem Geruch einer Blume empfangen worden.”


[1735, p. 145] “Nachdem haben sie [die Arrakaner] grosse aufgespaltene Nasen-Löcher, und kleine, aber sehr lebhaffte Augen. Da nun grosse Ohr-Läpplein bey ihnen Mode sind, so wissen sie dieselbigen auf folgende Weise in eine, nach unsern Gedancken, gantz ungestalten Form zu dringen: Sie durchbohren selbige in der Jugend, und stecken in die gemachte Löcher von Zeit zu Zeit immer dickere Kügelchen von Pergament, oder etwas anders, wodurch sie die Ohrläpplein mit der Zeit so lange machen, daß sie ihnen bis auf die Schultern herab hangen.”


(1736) ... von Indostan und Ceilon


[1736, p. 113] “Herr Hamilton berichtet etwas von diesem Königreich, welches man sonst nirgends findet. Es soll nemlich in denen alten Zeiten schon ein Königreich, und eine Republic von Juden, gewesen seyn, deren ehemahls eine so grosse Anzahl allhier sich befunden, daß sie in die 80000 Familien ausgemacht, wovon aber jetzund nur noch eine Anzahl von 4000 übrig wäre. Sie haben zu Cochin eine Synagoge oder Versammlungs-Hauß, welches nicht weit von des Königs Pallast, etwa 2 Englische Meilen von der Stadt, stehet.”


[1736, p. 150] “Die Persianer, welche zu Surate wohnhafft sind, werden bisweilen auch Gauren, oder Anbeter des Feuers genennet, und sagt man von ihnen, daß sie aus Persien nach Indien gezogen, als der Calif Oman das Königreich Persier erobert, und unter der Mahomedaner Herrschafft gebracht hat. Sie bleiben noch immer bey ihrer alten Persianischen Religion, so, daß sie die Sonne und das Feuer anbeten, u.s.f. Sie sind insgemein Weber, und machen die meisten seidene und andere Zeuge, die in Surate gewircket werden. Es wird aber von denen Weisen und Gewohnheiten dieses Volcks im Capitel von der Religion ein mehrers vorkommen, jetzo aber nur noch ihrer Grab-Stäte zu gedencken, die sie nahe bey Surate haben. Die grösseste Ehre, welche dieses Volck ihren verstorbenen Freunden anzuthun vermeynet, besteht darinne, daß sie ihre todte Leichname hinlegen, und von denen Raub-Vögeln auffressen lassen. Diese lebendige Grab Stätten ziehen sie allen andern Arten der Begräbnisse vor.

Der Platz, wohin sie ihre Todten bringen, ist auf dem Felde, eine halbe Stunde von der Stadt, welcher mit einer Mauer, so 12. Schuh hoch ist, und 100. Schuh im Umfange hat, umgeben ist. Die Erde darinne ist ohngefehr 4. Schuh hoch erhaben und ablauffend gemacht, damit die stinckende Feuchtigkeit aus denen todten Cörpern in einem darzu verfertigten Graben ablauffen könne. Es kan nichts abscheulichers anzusehen seyn, als dieser Begräbniss-Platz. Da siehet man eine grosse Menge Leichen auf eine höchst eckelhaffte unf schändliche Weise bey einander liegen. Einige sind grün, andere gelb, einige blutend und noch gantz frisch, etlichen sind schon die Augen durch die dahin sich versammlende Geyer ausgehacket, andern ist alles Fleisch von den Backen abgerissen; an einigen Theilen ihrer Leiber sind grosse Löcher hinein gefressen, und das Leder ist von einem Ende bis zum andern zerrissen und zerfetzt. Einige Stücke sind von der Sonne gehärtet, wie ein Stück gegerbt Leder, dahingegen andere so abgefressen, wie ein Todten-Gerippe. Man mercket auch an, daß die Geyer ihren Geruch sowohl als ihren Geschmack mit diesen todten Leichnamen erquicken, und sich mit Fleiß gegen den Wind zustellen, um den dahere kommenden ihnen so angenehmen Geruch wenigstens noch zu geniessen, wenn sie sich schon so satt gefressen, daß sie nicht wol von dannen fliegen können.”


[1736, p. 156] “Die Einwohner [von Cambaya] sind vornehmlich Banianen und Rashboots. Die Begräbnisse der Prinzen von Cambaya sind in dieser Stadt. Es war vor diesem ein Hospital für allerley Thiere allhier aufgebauet, in welchem die gutherzigen Heiden allerlei krancke und breßhafte Thiere unterhielten, in Hoffnung den Göttern oder ihren Vor-Eltern die vielleicht nach ihrem Tode könten in einem Thiere wieder gebohren seyn, zu dienen, jetzt aber ists wie die Stadt selbst fast eingegangen.”


[1736, p. 169] “Cachemire oder Cassimere stösset gegen Norden an den Berg Caucasus, welcher es von der Tartarey absondert, an Bankish oder Karkares gegen Osten, an die Provintz Pencab oder Lahor gegen Süden, an Cabul gegen Westen, und liegt, so viel man nach der ungewissen Ketten-Zahl ausrechnen kan, zwischen dem 34 und 39sten Grade der Norden-Breite. […] Diese Landschaft ist allenthalben mit Bergen umgeben; an sich selbst aber ist sie eine sehr schöne fruchtbaer Ebene, die durch ein hauffen kleine Flüsse, welche von den Bergen herabfallen, und sich in das mitten inne liegende kleine Land-Meer ergiesen, bewassert wird. […] Weil nun diese Stadt [Cassimere] nachhero von verschiedenen Mogulischen Kaysern zur Sommer-Retirade erwehlet worden, so daß sie um solche Zeit in Begleitung ihrer grossen Omrahs und Lehn-Fürsten dahin kommen sind, so sind da herum viel schöne Palläste, feine Gärten und Canale angeleget worden, welches nebst den vorigen diese Landschafft noch mehr und über allemassen angenehm gemacht, und Gelegenheit gegeben, daß man sie das Paradieß von Indien genennet hat.”


[1736, p. 217] “Die Heyden schreiben gemeiniglich auf Cocos- Nuß- oder Palm-Baum-Blättern mit einer eisernen Feder oder Pfriemen. Etliche brauchen doch auch ein dünnes durchscheinendes Papier, welches bisweilen 10. Schuh lang und ein Schuh breit ist. Davon machen sie so viel Stücke fest an einander, als die Schrifft erfordert. Die Feder, damit sie schreiben, ist der Alten ihr Calamus, oder ein Rohr, ohngefehr so dicke, als ein Gänse-Kiel. Wenn sie an einen Fürsten schreiben, wird die gantze eine Seite des Papiers vergüldet. Und die Briefe, daran etwas gelegen, und die man nach Hofe schickt, zu verwahren, werden in ein hohles Rohr oder Bamboes gesteckt, und also versiegelt, daß keine Nässe sie beschädigen kan.”


[1736, p. 221] “Einige Europäer haben viel von der Krafft des Schlangen-Steins in diesem Stück geschrieben. Herr Ovington erzehlet, daß einer von seinen Dienern, als er einstens durch das Graß gegangen, von einer Schlangen gebissen worden, welche sich um sein Bein herum gekrümmet, und zu wege gebracht, daß er zur Erden und in Ohnmacht gefallen, und darinnen fast todt blieben wäre. Hierauf kam ein Englischer Kauffmann darzu, welcher eben einen solchen Stein bey sich hatte, selbigen dem Gebissenen auf die Wunde legete, und ihn curirete. Es ist aber dieser sogenannte Schlangen-Stein ein durch Kunst zubereiteter und bey nahe gantz platter Stein, welcher ein klein Hübelgen in der Mitten hat, und grau von Farbe ist. Er wird zubereitet aus Asche von gebrannten Wurtzeln, mit einer gewissen Erde vermenget, welche zu Diu, einer Portugiesischen Stadt in Indien, gefunden wird.”


[1736, p. 240] “Wir können denen Indianern überhaupt viererley Religion oder Gottesdienste zueignen. Vors erste sind allda die ursprünglichen Einwohner von Indien, welche wol die grösseste Anzahl ausmachen, Götzen-Diener. Zum andern finden sich allda die so genannte Parsen, welche das Feuer anbeten, die zwar gleichfalls Abgötterer sind, aber mit denen vorhergehenden wenig Gleichheit haben. Drittens die Mohren und Mogoller; sind der Mahometanischen Religion zugethan. Zum vierten sind auch Christen unter ihnen, theils von der Apostel Zeiten her, die man Thomas-Christen nennet, theils die nun seid der Portugiesen Dahinkunft von denen Römischen und Evangelischen Missionen bekehrt sind.”


[1736, p. 241] “Dieses Geschlecht der Bramanen hat nicht allein das Priesterthum sich zugeignet, sondern auch alle Gelehrsamkeit und den höchsten Rang des Adels, massen ihre Caste über die Fürstliche gesetzet wird. Ihre Gelehrsamkeit aber besteht vornehmlich darinnen, daß sie einige alte Bücher, das Vedam genannt, lesen können, worinn ihr Gesetz oder Lebens-Regel, so ihnen von Brama, ihrem grossen Gesetz-Geber, mitgetheilet worden, enthalten ist. Dieses Gesetz, oder doch etliche Sprüche daraus, lernen sie auswendig, ob sie es schon grösten theils nicht verstehen.

Nach dem Bericht derer Missionarien lehren die Bramanen, daß nur ein Gott sey, der unendlich, vollkommen, und von aller Ewigkeit her gewesen ist, den sie Burma, oder Unmaterialisch, nennen. Dieser aber habe 3 Unter-Götter hervorgebracht, nemlich Brama, Wistnow und Routiren. Dem Brama habe er die Macht gegeben zu schaffen, dem Wistnow die Macht zu erhalten, und dem Routiren die Kraft etwas wiederum zu vernichtigen. Sie sagen aber auch, daß die verständigsten Indianer diese Fabel verwerffen, und alles dem obersten Wesen zuschreiben, welches nur auf verschiedene Weise der Welt sich geoffenbaret habe.”


[1736, p. 245] “Die Banianen machen das zahlreichste Geschlecht unter allen Heyden aus, und sind die reichsten an zeitlichen Vermögen. Diese sind wiederum in 24 Casten zertheilet, die aber nur als so viel verschiedene Handthierungen oder Professionen anzusehen , die doch gleichwol jede ihre besondere Lehr-Sätze oder Gewohnheit hat. Z.E, daß sie nicht aus ihrer Caste oder Profeßion heurathen a. Darinnen aber kommen sie alle überein, daß sie eine sehr zärtliche Liebe gegen alle lebendige Thieren hegen, die sie nicht allein nicht tödten, sondern auch sie unterhalten, vom Tode und Verderben erretten. Doch wird das Rind-Vieh unter ihnen am höchsten geachtet, welchem sie auch deßwegen alle Morgen eine besondere Ehrerbietung erweisen, weil sie meynen, daß die seeligsten Seelen in diesen Thieren ihren Aufenthalt nach ihrem Tode bekämen: Daß sie die Grund-Veste der Welt auf ihren Hörnern trügen: Daß sie die Menschen nach ihrem Tode über einen Fluß bringen müsten, darüber niemand, ohne sich an dem Schwantz einer Kuh zu halten, kommen könte.

Die Indianer haben alle den Pythagorischen Lehr-Satz von der Wanderung der Seelen aus einem Leibe in den andern, als einen Haupt-Glaubens-Articul angenommen. Zum Beweiß wollen wir nur eine Geschicht aus Herrn Ovingtons Erzehlung hier beybringen. Ein Heyde Nahmens Madorasch, war über den Todt seines Vaters sehr betrübt, und da ohngefehr eine Schlange in sein Hauß kam, glaubte er, daß seines Vaters Seele in dieselbe gefahren, und ihn zu trösten kommen sey. Daher er also fort beschloß, seinen Vater unter dieser Gestalt zu dienen, als wenn er noch am Leben wäre. Er versahe diesen seinen neuen Gast mit Milch und Reiß, welches Tractament ihm so wol gefiel, daß er seine Bleib-Stäte in einem Winckel des Zimmers nahm, und von dannen hervor kam zu essen, wenn ihm seine Speise vorgesetzt wurde, eben als ob er unter das Haus-Gesinde gehörete. Eben dieser Mann versahe die Ratten in seinem Hause mit Proviant, indem er sich einbildete, daß die Seelen seiner Verwandten in ihnen wären, und wurden so zahm als andere Hauß-Thiere zu seyn pflegen.”


[1736, pp. 246-47] “Um aber wiederum auf ihre zarte Liebe gegen die Thiere zu kommen, so erstreckt sich das Geboth ihres Gesetzes, welches ihnen das Tödten verbiethet, auch bis auf alles Ungeziefer. Wiederfuhre es ihnen, daß sie Zufalls Weise auch nur eines Floh oder Made tödteten, so müssen sie diese vermeynte Missethat schon [247] mit einer ausserordentlichen Versöhnung büssen. Es enthalten sich aber die Banianen nicht allein von Tödtung lebendiger Creaturen, wie jetzt erwähnet worden, sondern sie bauen auch Hospitaler für sie. Insonderheit werden 1 Meile von Surate Ziegen, Pferde, Hunde und Kühe, welche etwa lahm oder alt worden, überflüßig versorget, und Kauffen sie lieber einen lahmen Ochsen von seinem Herrn, um ihn ins Hospital zu bringen, als daß sie ihn denselben schlachten lassen. Nahe darbey ist ein ander Hospital vor Flöhe, Wantzen und ander Ungeziefer. Ja Herr Ovington erzehlet uns, daß die Banianen bisweilen einen armen Mann dingen, um dieses Ungeziefer eine Nacht auf seinem Leibe fressen zu lassen, welcher sich denn ans Bette binden lässet, damit sie versicher seyn mögen, er werde das thun, worzu er sich verdungen. Sie geben auch einmahl im Jahre ein besonders Gastmahl an die Fliegen, und setzen ihnen grosse Schüsseln mit Mulch und Zucker, darauf sie sehr begierig sind, vor. Zuweilen nehmen sie einen Sack mit Reiß, gehen 2 bis 3 Meilen weit, und theilen selbigen denen Ameiß-Hauffen mit, die sie antreffen.”


[1736, p. 248] “Es ist auch ein Münchs-Orden unter den Heyden, (Faquirs genannt) dergleichen auch unter denen Mahometanern sich findet, welche ein Gelubde thun von Armuth und Ehlosem Leben. Einige werden Büssende genannt, und diese thun sich unerhörte Martern an, um die Gunst des Himmels damit zu verdienen. Das Volck hält sie in grossen Ehren, und siehet, wenn man ihnen Wohlthaten erweiset, es als ein sehr verdienstliches Werck, an. Diese Faquirs oder Büssende bestreuen ihr Haar mit Asche, und lassen es so lang wachsen und hangen als es will. Sie legen sich nacket auf die Erde, unter gewisse Bäume, ohne Bette, Decke oder Pfühl. Sie thun Gelübde beständig nackt zu gehen, sich mit Koth zu beschmieren, grosse schwere Mützen auf ihren Köpfen oder Ketten an ihrem Leibe zu tragen, allzeit in einer gewissen Positur so stehen, zu liegen oder zu hängen, entweder mit dem gantzen Leibe oder mit einigen Gliedern. Einige halten ihren Kopf rückwerts, daß sie nichts ansehen können als den Himmel, einige halten beyde Arme, andere nur einen beständig rückwärts, oder in die Höhe, soviel, offt und lange, daß sie solche hernache ihr Lebtage nicht, oder doch sehr schwer wieder in die vorige Beugung bringen würden, wenn sie es gleich thun wolten.”


[1736, pp. 252-53] “Die zweyte Art der Götzen-Diener in Indien, sind die Parsen oder Gauren, und beten das Feyer an. Diese sollen aus Persien dahin gezogen schon, als die Mahometaner selbiges Land eingenommen, wie einige Scribenten dafür halte: Aber sie sind allem Ansehen nach viel ältere Einwohner von Indien und vermuthlich lange vor Christi Geburt; geschweige vor Mahomeths Zeit, bey etwa einer Verfolgung oder andern Gelegenheit mit ihren heiligen Feuer aus Persien ausgegangen. Welches ihr grosser Gesetz-Geber Zerdust oder Zoroaster soll aus dem Himmel zu ihnen gebracht, und seinen Schülern zu verehren überliefert haben, von dessen Zeiten her, sie auch glauben, daß sie es beständig unterhal- [253] ten haben. Und das ist auch ihr vornehmster Gottesdienst, daß ihre Priester in ihren Eggaries oder Tempeln das heilige Feuer in ewigen Lampen erhalten: Und nebst ihrem Volcke bedienen und Göttlich verehren.


[1736, p. 255] “Es hat auch eine Secte, deren Jünger oder Anhänger Muzay genennet werden, die da vorgeben, daß sie Mosis und Mahomets Gesetz beydes halten.

Ob dieses eine Volck-Pflantzung sey von denen gefangenen Israeliten, deren einige hieher auf die äusersten Gräntzen des Babylonischen Reichs sollten seyn geführet worden, oder obs eine Secte von Mahumendanismo sey, haben uns die Reisenden nicht gesagt, oder zu sagen vermocht. […]

Von der Christlichen Religion in Ost-Indien behauptet man, daß sie schon seid der Apostel Zeiten her, allhier gepflantzet worden sey. Denn die Portugiesen als sie zuerst ins Land kamen, funden diese Christen, und die Tradition bey ihnen: daß der Apostel St. Thomas, der sie bekehrt, nahe bey Maliapur den Martyeer Todt erlitten hätte; daher diese Stadt von den Portugiesen St. Thomas genennet wird. Und biß auf den heutigen Tag heissen diese Leute Thomas Christen. Sie haben sich nimmer recht dem Pabst unterwerffen wollen: Sondern immer ihre eigene Patriarchen aus Syrien kommen lassen. Und wenn auch die Portugiesen alle Künste angewendet, und sie die eigenen Patriarchen beraubet, deren sie etliche sollen weggefangen und getödtet haben, so hats doch alles nicht helffen wollen.”


[1736, p. 260] “Was aber an der Erzehlung des Hamiltons sey, daß im Lande des Samorins auf der Malabarischen Küste ein Weib von den niedrigen Casten wol bis 12 Männer von ihrer Caste haben dürffe, können wir nicht versichern. Massen kein Scribent es mit einigen Umständen erzehlt, wie Hamilton, der da saft, daß ein jeder Mann nach seiner Reyje dem Weibe beywohnete, und daß er die Versorgung der Kinder die das Weib fur die Seinige erklären könne, willig auf sich nehme.”


[1736, pp. 322-23] “Es ist eine ungeheure Menge Götzen-Tempel, von allerhand Gattung durchs gantze Land verstreuet. Worunter etliche von gehauenen Steinen und vortreflicher Bildhauer-Arbeit, viele Jahr-Hunderte müssen gestanden haben, weil das heutige Geschlecht solcher Bau-Kunst gantz unkündig, daß sie so gar nicht einmal, wenn et- [323] was daran zerfällt, dasselbe wieder auszubessern wissen. In Vintane, zum Exempel, stehet einer, welcher im Umfang 130 Schuh, und ungemein hoch ist. An der Erde ist er Ey-rund, nach dem Gipfel zu spitzig, und oben gantz vergüldet. Das Bau-Wesen dieser Tempel scheinet einerley mit den heydnischen Pagoden derer Indianer auf dem festen Lande, und man glaubt, gleich denen, da  sie von einer Art Riesen aus harten Felsen gehauen worden. Man möchte aber füglicher darfür halten, sie seyen unter der Regierung gewisser mächtiger Monarchen in selbigem gantzen Welt-Theil aufgerichtet worden, welchen eben so wol ihr Gedächtnis durch Erbauung solcher erstaunenden Wercke, zu verewigen, als die Ehre derjenigen Götter, so sie verehret, zu befördern gesucht.”


(1739) ... vom Königreich Persien


[1739, p. 33] “Die Persianer haben viele Weiber und Beyschläferinnen, und das macht, daß man ihnen das Laster der Unkeuschheit vorwirft: Allein, ob die Europäer viel mäßiger hierinn würden, wenn Geist- und Weltliche Gesetze ihnen die Freyheit zulieffen, mehr Weiber zunehmen wie jenen, darin ist sehr zu zweifeln; zumal, wenn ihnen verbothen wäre, ihren schwangern Weibern nicht ehe, als eine geraume Zeit nach der Entbindung, wieder beizuwohnen. Daß aber die die Perser nebst den Weibern auch woll ihre Ganimedes halten, und Sodomiterey treiben, solches überführt sie der Geilheit mehr als gnug. Sie werden frühzeitig Mannbar, daher sie auch jung heyrathen und Kinder zeugen: die Frauens-Leute aber hören auch nach dem dreyßigsten Jahre wieder auf; Nach der Empfängnis kommen sie wenig mehr aus ihren Zimmer, und mit denen Männern gar nicht mehr in ein Bette.”


[1739, pp. 59-60] “Man hat alda auch Ueberflus von Saffran; Ingleichen Assa foetida, von dem die Perser und Indianer so viel halten, daß sie solchen wol in ihre Speisen thun, und der Geruch, der uns ein heftiger Gestanck ist, deucht ihnen gar angenehm und so gut als Muscus. Es ist aber Assa foetida ein Saft, der aus der Pflantze Hiltot fliesset, Kämpfer nennet sie Hingisch, nachmals sich verdicket, und so hart wird, als ein Gummi. […] [60] […] Die Assa wird so tractiret: Erst wir die Wurtzel von der Erde entblößt, das Laub vom Stengel gestreift, und die Wurtzel damit bedekt, nach viertzig Tagen wird von der Wurtzel oben ein Scheibgen abgeschnitten, und den folgenden Tag schabt man den aufgequollenen Saft ein oder dreymahl ab, und schneidet dann wieder ein Scheibgen ab, und thut wie zuvor. Nach sieben Tagen komt man eben also wieder, und nach abermal sieben Tagen nochmals, und allemal wird die Wurtzel mit dem Laube bedekt. […] Der Geruch von dieser Assa ist so stark und anziehend, daß er sich in alle Waaren zeucht, die im Schiffe oder sonst bey ihm zu liegen kommen, wie gut und fest sie auch eingepackt sind, und der Stanck ist fast unmöglich wieder heraus zu bringen, ja er sol die Farben an seidenen und andern Stoffen verderben.”


[1739, p. 247] “Diese Fakirs in Mahometanischen, die Kalenters in Heidnischen, und die Ziegeuner in Christlichen Ländern, sind einander so ähnlich, als ein Ey dem andern, und sie sind ohne Zweifeln ein Geschlechte. Die Kaland oder Kalenter sind eigentlich Heidnische Bettelmünche, die Fakirs aber Mahometanische wie nun diese oft in Indien ziehen, weils da wol so viel Mahometaner giebt als Heiden: beyderley Religiosen aber wol von einer Religion so viel, als von der andern, d.i. von keiner was halten, so machen sie leicht Compagnie, und sind bald in Persien, bald in Indien, bald in Aegypten, bald in Europa, da wir sie Ziegeuner, oder Heiden, oder Taters, nennen. Ich halte sie, alle drey Sorten, ganz und gar für einerley, und eben dasselbe Volk, sie mögen in Asia oder Europa seyn; nur daß sie bey den Völkern, da sie sich aufhalten, eine in etwas veränderte Gestalt und Benennung annehmen oder bekommen.”


[1739, pp. 259-60] “Im gemeinen Leben und Gebrauche wird das Feuer wol eben nicht Göttlich verehret, aber doch allenthalben, wo mans findet oder anzündet, hoch und in Ehren gehalten. Man unterhält es zwar nicht Gottesdienstlich und ewig, aber doch meist wie bey uns, in denen Ländern, wo man Torf brennet, da man wol in ganzen Dörfern kein Feuerzeug findet, sondern jede Feuerstete leget beym Schlafengehen der Leute, eine Sode Torf an, setz einen Stülper drüber, so hat man Morgen und eben so übers Jahr wieder Feuer. Unreinigkeit darein zu bringen, hütet man sich ebenwol sehr sorgfältig. Ein wilkürlich Feuer leschen sie nimmer aus, sondern wenn sie es nicht mehr brauchen, lassen sie es von sich selbst ausgehen: ingleichen auch eine [260] eingenmächtige Feuersbrunst würden diese Leute nicht gern mit Gewalt angreifen, fur allen aber keine unreiner Gegenmittel darzu brauchen; wenn auch eine ganze Wohnung, Dorf oder Stadt dadurch könte erhalten werden: selbst rein Wasser, weil es des Feuers rechtes Contrarium und gleichsam sein Feind ist, wollen sie nicht zum Leschen brauchen, weil alles Leschen ihnen schon ein Greuel ist; doch wo sie ein Feuer entzündet haben, dabey sie nicht länger bleiben, und doch auch es so alleine nicht lassen dürfen oder wollen, so bedecken sie es wol mit Erde oder reinen Sande.”


(1747) ... von Arabien und der grosen Tartarey


[1747, pp. 9-10] “Ich komme nun auf die Beschreibung einiger von den vornehmsten Städten der andern Fürstenthümer oder Königsreiche, und zwar erstlich der Stadt Medina, der Hauptstadt des Fürstenthums oder Königreichs dieses Namens, allwo des Mahomeds Grab ist. […] Es sind verschiedene schöne Moscheen in dieser Stadt, darunter die vornehmste Mos a Kibu, die Allerheiligste genennet wird. Sie stehet mitten in der Stadt, und ist ein viereckigtes Gebäude, das 100 Schritte lang und 80 Schritte breit ist, und auf 400 Säulen ruhet, an welchen 4000 Lampen hangen. Des Mahomeds Grab lieget in einer Capelle dieses Tempels, so mit ei- [10] nem runden Dach gedeckt, und mit eiserning Schranken umgeben ist.”


[1747, pp. 29-30] “Ob man schon unter den Prinzeßinnen und Weibern der Grosen einige finden mag, die schön weiß und wohl gestalt sind; so pflegen doch die von der gemeinen Sorte, sehr schwarz und von der Sonnen verbrannt zu seyn. Sie stechen ihre Lippen mit Nadeln, bis [30] das Blut nachgehet, und alsdenn reiben sie Kreite oder Kohlen mit Thier- oder Fischgalle in solche hinein, wodurch sie iederzeit blau aussehen. Also machen sie es auch mit den Winkeln ihres Mauls, an den Seiten des Kinns und auf den Backen. Auch färben sie den Rand ihrer Augenlieder mit einem Pulver, von Tutia vermischt, schwarz, und ziehen noch einen schwarzen Streif von dem Augenwinkel auswerts, damit solche gröser aussehen sollen: weil grose Augen daselbsten vor schön gehalten werden. Sie stechen und ätzen auch Arme und Hände mit allerhand Figuren, und bestreichen ihre Hände mit etwas, so roth aussiehet.”


[1747, p. 33] “Verschiedene [Frauen] haben ein Loch in der Nase, darinnen sie güldene, silberne, bleierne oder küpferne Ringe tragen, nachdem sie es bezahlen können.”


[1747, p. 47] “Die Morgenländer halten dafür, daß die Arabische die wortreichste und vollkommenste Sprache in der Welt sey, und aus verschiedlichen millionen Wörtern bestehe. Die Bücher, so davon handeln, melden, daß sie allein über tausend Worte haben, womit sie das Kameel ausdrucken können, und wol 500, den Löwen zu benennen; Ja, daß niemand, ohne durch ein Miracul, sich aller ihrer Redensarten bemeistern könne.”


[1747, p. 48] “Es wird einhellig zugestanden, daß das Arabische und Hebräische einerley Ursprung habe, indem eine sehr genaue Uebereinstimmung und Aehnlichkeit zwischen diesen beiden Sprachen zu bemerken. Allein die Gelehrten in diesem Welttheil wollen die Häbräische zur Mutter aller andern Sprachen machen; Dahingegen die Morgenländer vor die Arabische streiten. Dem sey nun wie ihm wolle, so ist doch das Arabische die gelehrte Sprache in ganz Morgenland und zum theil auch in Africa worden, wie das Lateinische in den Abendländern ist; und der Koran wird, so wol in Persien und Indien, als auch in Arabien, niemals in einer andern, als dieser Sprache, die ihre Mutter Sprache ist, gelesen.

Ungeachtet aber die Arabier in vorigen Zeiten, gelehrter und in allen freien Künsten erfahrner Leute wegen, sehr berühmt gewesen, und auch von den mahometanischen Gelehrten viele Bücher geschrieben worden, so ist doch heut zu Tage fast kein Land zu finden, wo das Volk durchgehends so unwissend seyn solte, als in Arabien. Und dieses wird grosen Theils der mahometanischen Religion und ihren Grundsätzen beygemessen.”


[1747, pp. 52-53] “Die unstäten Araber halten so wenig von Hunden als die Türken, weil sie nach ihrer Religion unrein sind. Jedoch haben sie solche um ihre Lagerplätze als getreue Wächter, zu deren Bewahrung, und besondere Liebe zu Betzen, die Junge gehabt haben. Den andern geben sie zwar zu fressen und freundliche Worte, rühren sie aber nicht an, lassen sich solche auch nicht zu nahe kommen. Insonderheit jagen sie solche hinweg, wenn sie ihnen zu nahe kommen wollen, damit sie ihnen ihre Kleider nicht verunreinigen. Die aber, so Liebhaber der Jagd sind, wissen der Religion schon ein Mäntelgen umzuhängen, und sprechen daher das Windspiel und der Spürhund wäre ausgenommen, dieweil man beständig Sorge trage, daß sie nichts unreines fressen mögten. Dieses sagen sie auch von den kleinen Hündgen, weil solch sehr reinlich gehalten würden. Niemand thut den Hunden mit Vorsatz etwas zu leide, der nicht gestraft seyn will.

[53] Die Araber haben gar wenig Katzen, und sie sind bey ihnen in keiner solchen Achtung, wie bey den Türken. Die abergläubischen Mahomedaner sagen, daß ihr Mahomed von diesen Feinden der Mäuse und Ratten ein groser Liebhaber gewesen sey. Daß er den Katzen besondere Gunst erzeiget hätte: Als, sich vor dem Naßwerden in acht zu nehmen, ihre Pfoten nicht garstig zu machen, ihren Unflath zu vergraben, nichts unstätiges anzurühren, reinlich zu fressen und zu saufen, das Unterste von ihren Pfoten niemals sehen zu lassen, grimmig zu seyn, wie die Tyger und Löwen, mit niemand grose bekannt und Gemeinschaft zu halten, und sich, als abgesagte Feinde des schädlichen und garstigen Ungeziefers der Ratten und Mäuse zu erweisen. Auch wollen sie, daß GOtt solchen ein doppeltes Gesicht, mit zwey augenliedern, verliehen habe. Das auswendige schlieffen sie, um zu schlafen, und mit dem inwendigen bewahren sie den Augapfel, wenn sie tafeln, dem Alkoran nachdenken oder auswendig hersagen.”


[1747, p. 59] “Den Dattelbaum findet man nirgends als in Persien und Arabien, und zwar von zweyerley Arten. Der eine trägt Blumen und keine Früchte; der andere hingegen Früchte und keine Blumen. Man solte den letzten nicht unrecht den weiblichen Palmbaum, und den ersten den männlichen Palmbaum nennen. Wie denn auch der Palmbaum, der Früchte trägt, keine Früchte hervorbringet, wenn er nicht von dem Staube des Blumentragenden bestäubet worden.”


[1747, p. 64] “Der Coffe ist in Asien ohngefehr zwey hundert Jahre im Brauch gewesen. Im Jahr 1652 brachte Herr Edwards, ein türkischer Kaufmann, einen griechischen Diener mit nach England, Coffe zu machen; und dieser Diener Pasqua benamt, ist, wie man versichert, der erste gewesen, der ein Coffehaus allhier gehalten. […] Man ist vorhin in dem Wahn gestanden, daß diese Frucht nirgends als in Arabien wachsen wolte. Seit dem aber der indianische Oberlandpfleger van Hoorn, auf den Rath des Herrn Witzen, diesen Baum aus Batavia nach den Niederlanden gesandt, und solcher von dar nach Surinam und andern Orten mehr verführet worden, all- [65] wo er überflüßige Früchte hervor gebracht hat, so hat die Erfahrung diese Einbildung widerlegt.”


[1747, p. 72] “Es ist ein sehr sauberes Gebäude, und hat eine schöne Kirche, nebst einem hübschen Garten, in welchem Apfel- Birn- welsche Nuß- Citronen- Lemonien- Oliven- und allerhand andere Obstbäume gepflanzt sind, und es scheinet, das meiste und beste Obst, so zu Gros Cairo gegessen wird, kömmt aus der Nachbarschaft des Bergs Sinai her: und da es ein so lustiges und fruchtbares Land ist, so ist es kein Wunder, daß die Kinder Israel so lange allda geblieben sind. Von dem Kloster der 40 Märtyrer bis nach dem grosen Kloster unten am Berg Sinai, wo der Leib der Heil. Catharina liegt, sind ohngefehr zwey Stunden. Es ist aber von den 40 Märtyrern nach dem Sinai sehr jähe hinauf zu steigen, und immer ein Berg auf dem andern.

Der Leichnam der H. Catharina, wenn wir den Mönchen glauben dürfen, ist, gleich nach ihrer Enthauptung zu Alexandria, von Engeln hie- [73] her gebracht worden. […] Das Closter zu St. Catharina unten am Berge Sinai, haben die Griechen über tausend Jahre im Besitz gehabt, weil es ihnen von einigen griechischen Kaisern geschenkt worden.”


[1747, pp. 84-85] “In dem zwölften Jahr gab er [Mahomet] vor, er sey von dem Engel Gabriel hinauf in den Himmel geführet worden. Denn als er einesmals des Nachts mit seinem geliebten Weibe, der Ayesha im Bette gelegen, hätte er an der Thür iemand anklopfen hören, und als er aufgemacht, den Engel angetroffen, der 70 Paar ausgebreitete Flügel, noch weisser als Schnee, und heller als Cristall, gehabt, und ihn auf das Thier Alborak, welches kaum so gros als ein Maulesel, gesetztet, und ihn in einem Augenblick nach Jerusalem geführet; und von dar sey er, (nach dem er das Thier daselbst gelassen,) an einer Leiter des Lichts hinauf in den Himmel, und immer von einem Himmel zu dem andern gesteigen, bis er in dem siebenden oder achten Himmel vor dem Thron Gottes gelanget, wäre. Was diei hierbey vorgegebenen Umstände betrifft, will ich den Leser zu dem Koran und dem D. Prideaux verwiesen haben, und nur so viel anmerken, was er seinen leichtgläubigen Jüngern vor eine Reisebeschreibung davon gegeben. Er erzehlet ihnen, daß die 7 Himmel so weit von einander entfernet wären, daß man fünf hundert Jahre von einem ieden zum andern zu reisen hätte. Er habe in einem derselben einen Engel von so ungeheurer Gröse gesehen, daß siebzigtausend Tagereisen (nach unserer Art zu reisen) zwischen seinen Augen gewesen wäre. Allein Herr Prideaux merket hiebey an, daß er mit seinem Meßstab ein wenig zu weit gegangen. Denn da die weite zwischen eines Menschen Augen, gegen seiner Länge, nur wie eins gegen 72 ist, so müste die Höhe des Engels bey nahe 5 Millionen und 40 tausend Jahrreisen gewesen seyn: Welches vier mal so viel ist [85] als die Höhe von allen seinen Himmeln zusammen genommen. Diese Reise des Mahomets nach dem Himmel, wurde, wie er selbst berichtet, in dem zehenden Theil von einer Nacht zurück gelegt; allein, als er solche des folgenden Morgens dem Volk erzehlte, wurde solche, wie sie auch verdiente, mit einem allgemeinen Gelächter aufgenommen, und viele seiner Jünger waren im Begriff hinter sich zu gehen. Da trat Abubeker hinein, und gab der ganzen Erzehlung Beyfall; so, daß er durch diese seine öffentliche Bekenntniß, ihnen allen eine bessere Meinung davon beybrachte. Durch welchen auserordentlichen Dienst er sich den Titul Assadick oder des Gerechten erworbe. Und dieses erdichtete Mährgen wird nun von den Mahometanern so festiglich gegläubet als irgends ein anderer Glaubensartikul: Nur scheinet die Sache einmal in so weit streitig gewesen zu seyn, ob es nur vor ein blosses Gesicht, oder vor eine wirkliche Reise zu halten sey? Ihre Lehrer haben aber endlich den Ausspruch gethan, daß es allerdings vor eine wirkliche Reise zu halten sey.”


[1747, p. 121] “Ihre Speise ist vornemlich Fisch, Wildpret, wilde Vögel und Wurzeln. Denn sie haben weder Reis noch Brod. Ihr Getränk bestehet meistens aus frischem Wasser, und bisweilen trinken sie auch das Blut der Rennthiere, oder anderer wilden Thiere, die sie fangen. Ja, man berichtet, daß sie mit einem Schluck Tranöl vorlieb nehmen können. Dem Toback sind sie unmäßig ergeben. An statt aber den Rauch zum Munde heraus zu blasen, halten sie ein wenig Wasser im Maul, mit welchem sie den Rauch hinunter schlucken. Dieses machet sie so dumm, daß sie fast alle Sinnen verlieren, und die Feuchtigkeit wieder von sich geben. Dieses thun sie des Tages über verschiedene male, und man glaubet, daß es einer ostiackischen Natur und Leibesbeschaffenheit so gesund sey als Arztney.”


[1747, p. 145] “Im Sommer wohnten sie unter Zelten, wie ihre Nachbarn; und es fänden sich sehr viele ungemein schöne Weiber unter ihnen. Von hier demnach, und von dem benachbarten Georgia, werden, wie es scheinet, die Horame oder Seraglio zu Ispahan und Constantinopel hauptsächlich mit Frauenzimmer versehen.”


[1747, p. 149] “Die Kinderpocken oder Blattern, die grausamen Feinde der Schönen, werden daher ihren Kindern, wenn sie vier bis fünf Jahre alt sind, gemeiniglich entweder durch Inoculation oder Einpfropfung, oder auf andere Weise, nachdem sie dieselben gehörig dazu vorbereitet haben, beygebracht; Und vermittelst dieses Kunststückgens kommen sie, wie man versichert, so leichte durch, daß ihrer Schönheit nicht das geringste dadurch benommen wird.”

Die Kaufleute, die diese jungen Lämmer an sich handeln, sind so sorgfältig als ihre Mütter ihre Jungferschaft zu erhalten: weil sie gar wol wissen, wie hoch ihre mahometanische Kundleute eine Jungferschaft zu schätzen pflegen. Sie mögen zwar, nach ihrem eigenen Gefallen, mit ihnen umgehen; gleichwie ihnen aber erlaubt ist, viele Weiber von ihrem eigenen Gezüchte zu haben, also berühren sie diejenigen selten, die sie zum Verkauf bestimmet haben.”


[1747, pp. 154-55] “Die Kalmucken sind kurz und dick, von keinem gar zu annehmlichen Wesen, und einer Olivenfarbe. Herr Motray in seiner Beschreibung der nogaischen und kalmuckischen Tartarn meldet, daß sie breite viereckigte Gesichter, kleine und tief im Kopf liegende Augen, und solche kurze Nasen haben, daß man ein wenig von ferne denken solte, sie hätten gar keine. Der Baart wächst ihnen struppicht und dünne, daß man bey nahe die Haare zehlen kann, die so steif und lang sind, daß man sie vor Pferde oder Bockshaar halten solte, und sie wachsen öfter mitten auf den Backen, wo andere [155] Völker keine haben. Sie haben sehr glänzende Augen, die aber sehr weit von einander und night weit offen stehen, ob sie schon sehr lang sind. Sie tragen grose Ohren ohne Zaum, schwarz und grobes Haar, welches sie ganz abschneiden, bis auf eine Locke auf dem Kopf, die sue über den Rücken herabhangen, und so lange wachsen lassen als sie wachsen will. Sie haben ein kleines Maul, kleine weisse Zähne und hübsche Beine.”


(1748) ... des Türkischen Reichs, Part One


[1748, p. 9] “Das schwarze Meer wird an Norden von der Tartarey; gegen Osten von Mengrelia; gegen Süden von Natolia oder klein Asien; und gegen Westen von Romania, Bulgaria und Bessarabia begrenzt. […] Dieses Meer ist wegen der grausamen Stürme, die hier noch ärger als irgend auf einem andern Meer toben sollen, das schwarze genennet worden; Es scheinet aber, daß die Stürme hier weder gemeiner noch heftiger sind, als an andern Orten. Vermuthlich mögen einige, die auf diesen Küsten Schiffbruch gelitten, ehe die Schifffahrt zu derjenigen Vollkommenheit gelanget war, wie sie bey uns ist, sich fürchterliche Gedanken davon gemacht, und solche auch andern beygebracht haben: Und da diese Begriffe vom Ovidio und andern Poeten, noch höher getrieben worden, so ist es kein Wunder, daß dieses Meer endlich insgemein das schwarze oder erschreckliche genennet worden ist.”


[1748, pp. 100-1] “Der Orden der Mevelevie. Der Beträchtlichste unter diesen Orden [of the various muslim orders of Turkisch monks] sind die Mevelevie, insgemein Dervises genannt, welches arme und der Welt abgestorbene Ordens- [101] leute bedeutet. […]

Tanz der Dervises oder Mönche. Sie halten alle Donnerstage eine strenge Fasten, und essen nicht eher als bis nach der Sonnenuntergang; und Dienstags und Freitags hält die Vorgesetzte des Klosters eine Predigt, oder erkläret einige Stellen aus dem Koran, worauf sich die Dervises mit der tiefsten Ehrerbietung vor ihren Obern beugen, und ihren gewöhnlichen Tanz anfangen, da einer auf einer aus einem hohlen Rohr gemachte Pfeife spielet, und die andern sich mit solcher Geschwindigkeit umdrehen, daß man ihre Gesichter kaum sehen kann. Wenn die Music innen hält, stehen sie im augenblick alle stockstille, ohne von diesem Umdrehen im geringsten zerrüttet zu seyn; wozu sie sich von Kindheit an dergestalt gewöhnet haben, daß es ihnen so gemein wird, und den Kopf und Magen so wenig in Unordnung bringet, als wenn sie die Stube auf und nieder gehen. Diese Gewohnheit beobachten sie mit groser Andacht, in Nachahmung ihres Stifters Mevaluna, der, wie vorgegeben, wird, vierzehen Tage an einander, ohne die geringste Nahrung, diese schwindelichte Bewegung durch einen miraculösen Beystand ausgehal- [102] ten, da immittelst sein Freund Franze, beständig auf einer Pfeife gespielet, bis er endlich in eine Entzückung gefallen, und wegen Einsetzung dieses Ordens seltsame Offenbarungen empfangen habe. Die Pfeife oder Flöte, auf welcher sie spielen, wird von ihnen vor ein sehr altes musicalisches Instrument gehalten, auf welchem Jacob und andere heilige Schäfer, Gott zu preisen pflegten. Es hat einen traurigen Klang, der sich gar wol vor die abergläubischen Heuchler schicket, die sich dessen bedienen; und einige von diesen Rohrpfeifen werden wol auf 25 Thaler geschätzet.”


[1748, pp. 183-84] “Eben dieser Ehrwürdige Schriftseller giebet die folgende Nachricht von seinem Besuch, den er auf dem Berg Libanon abgestattet, als er sich in diesem Lande befunden. Er meldet, er sey von Tripoli ausgereiset, und nachdem er drey stunden über die Ebene, die an der Stadt anliege, hinüber passiret, sey er unten am Fuß des Bergs angelanget. Indem er nun von dar immer mit groser Mühe hinauf gestiegen, wäre er in fünfthalber Stunde zu einem Dorf, Eden genannt, und in noch dritthalber Stunde zu den berühmten Cedern gekommen. Diese prächtigen Bäume, spricht er, wachsen unter dem Schnee, wo der Libanon am höchsten ist, und sind wegen ihres Alters und ihrer Gröse recht merkwürdig; obschon auch einige daselbst zu sehen, die nicht so alt und auch nicht so gros sind. Von der ersten Sort habe er deren nur sechzehn bemerken können; und da [184] er einen von den grösten derselben gemessen, habe er ihn 12 Ellen und sechs Zoll dick befunden: er sey noch ganz frisch und unverdorben gewesen, und habe seine Aeste 37 Ellen weit von sich gespreitzet. Ohngefehr fünf bis sechs Ellen von der Erden, habe er sich in fünf Aeste zertheilet, davon ein ieder Ast allein einem grosen Baum gleich gewesen wäre; und obschon nur wenige diese Stärke gehabt, so wären doch die kleinern überaus zahlreich gewesen.”

Sammlung der besten und neuesten Reisebeschreibung [top]

SbnR (1763-1774): Sammlung der besten und neuesten Reisebeschreibung, in einem ausführlichen AuszugeAuszuge, worinnen eine genaue Nachricht von der Religion, Regierungsverfassung, Handlung, Sitten, natürlichen Geschichte und andern merkwürdigen Dingen verschiedner Länder und Völker gegeben wird. 12 volumes. Berlin: August Mylius. [biblio]


Vol. 1 (1763)
Selection from: Robert Wood, The Ruins of Palmyra. [biblio]


[P. 195] “Nirgends trift man ein größeres Widerspiel an, als hier zwischen diesen erstaunlichen Resten der Größe, und den armseligen Hütten, worinnen die itzigen Einwohner sich aufhalten, und wo unsre Gelehrte einkehrten. Sowohl Manns- als Weibspersonen sind hier wohlgestaltet; ihre Farbe ist schwarznbraun, die Gesichtszüge aber sind gut. Sie hängen goldne, oder metallne Ringe, wie sie sich schaffen können, an ihre Nasen und Ohren. Die Farbe ihrer Lippen ist blau, ihre Augen und Augenbraunen schwarz, und die Spitzen an ihren Fingern roth. Die Weibspersonen sind hier zwar auch verschleyert, doch nicht so zurückhaltend, als die meisten morgenländischen Weibspersonen, und lassen sich leicht bereden, ihren Schleyer wegzuwerfen.”


[P. 196] “Die Erdbeschreiber sind in Ansehung der Lage von Palmyra unterschieden; einige setzen sie nach Syrien, andre nach Arabien, und manche nach Phönicien. Nach dem Ptolemäus liegt sie im 34sten Grad der Erdbreite; an der Abendseite ist sie mit einer Reihe kahler Hügel besetzt: an den übrigen hat sie die Aussicht nach der Wüsten. Aleppo und Damascus liegen, eins wie das andre, 6 Tagereisen davon, wenn man jede Tagereise 8 französische Meilen weit rechnet.”


[Pp. 198-99] “Ein einziges Gebäude ist hier, dessen Reste überaus prächtig sind. Dieses war, nach Herr Woods Meynung, der Tempel der Sonne. Da er von den Soldaten sehr viel Schaden gelitten hatte, als Aurelianus die Stadt eroberte, so bestimmte dieser Kaiser zur Ausbesserung desselben aus den Schätzen der Zenobia 300 Pfund Goldes, von den Abgaben des Volks 1800 Pfund Silber, und die Edelsteine der Krone. Die Festigkeit und Höhe der Hofmauern daran bewog die Türken, eine Festung daraus zu machen. Daher vermauerten sie die Fenster gegen Nord, Ost, und Süd, machten gegen Westen einen Graben, und rissen den bedeckten Gang bey dem grossen Eingange weg. An dessen Stelle bauten sie einen viereckichten Thurm zur Bedeckung dieser Seite. Der Hof ist mit breiten Steinen gepflastert, die aber so mit Schutt bedeckt sind, daß man nur an wenig Orten etwas davon sehen kann Es sind auch nirgends Stufen zu finden, wodurch er mit sonst ei- [199] nem Theile des Gebäudes Gemeinschaft haben könnte.”


[P. 201] “Es ist in der That wunderbar, daß die Geschichte uns kaum etwas mehr als bloße Muthmaßungen, von dem, was theils Balbeck, theils Palmyra betrift, liefert. Gleichwohl findet man sonst nirgends so prächtige Reste des Alterthums, wovon wir aber wenig Unterricht haben, ausser was durch die Aufschriften herausgebracht wird.”


Vol. 1 (1763)
Selection from: Richard Pococke, Die Reisen Richard Pocockes. [biblio]


[P. 286] “Die geheiligten Krokodile sind in der nahe gelegenen See Märis zahm aufgezogen worden. […] Einem Gelehrten war es unmöglich, 2 Meilen weit von dieser See vorbey zu reisen, ohne sie näher zu besehen. Etliche Schriftsteller wollen sie für ein Werk der Kunst ausgeben, das durch den König Märis oder Myris, von dem sie den Namen hat, ausgeführet worden sey: doch sie muß ganz gewiß schon von Anfang her gewesen seyn. Vielleicht hat dieser Fürst sie besser und tiefer angelegt. Ausserdem [287] fragt Herodotus, ganz recht, wo die aus einem so ungeheuren Abgrunde ausgegrabne Erde hingekommen sey, da sie gegenwärtig über 50 Meilen lang und 10 breit ist. Sie konnte ganz gewiß nicht alle an den Nilstrom geführt, und hineingeworfen werden. Denn dieser Fluß ist an manchen Orten 40, und nirgends weniger als 10 Meilen davon entfernt. Diese See hatte den Nutzen, daß sie das Wasser des Nilstroms bey sener Ueberschwemmung einnahm. Daselbst wurde es mit Schutzbrettern eingeschränkt, damit es das Land nicht zu viel überschwemmen sollte. Das Wasser dieser See ist salzicht, salpetricht und schlammicht, doch nicht so sehr, wenn es näher an den Nilstrom kommt.”


Vol. 3 (1765)
Selection from: Jean de Thévenot, Vollständige Reisz-Beschreibung durch Europa, Asia und Africa, 3 vols. [biblio]


[Pp. 365-66] “Zur Jagd der wilden Ziegen bedienet sich der König des Pantherthiers, welches von den Persianern Ogious genennt wird, und aus Arabien kommt. Es ist zahm, und thut den Menschen nichts. Ein Reuter nimmt es an einer Kette mit sich auf dem Pferde, und hält ihm einen Wulst for die Au- [366] gen, und, wenn er eine wilde Ziege auf fünf bis sechs hundert Schritte entdecket, läßt er das Thier von dem Wulst und der Kette loß.”

Sammlung neuer und merkwürdiger Reisen zu Wasser und zu Lande [top]

[ v1: Ellisv2: LaCondamine, Bouguerv3: Bouguerv5: Gmelin ]

SnmR (1750-64): Albrecht von Haller, ed., Sammlung neuer und merkwürdiger Reisen zu Wasser und zu Lande, aus verschiedenen Sprachen übersetzt. 11 vols. Göttingen: Abram Vandenhoecks seel., Wittwe. [biblio]


Vol. 1 (1750)
From: Henry Ellis, A Voyage to the Hudson’s Bay (1748) [biblio]


[Pp. 132-33] “Wir segelten eine Zeitlang hernach durch eine Menge Trieb-Holz, welches in der See schwimmende Stücken von ziemlich großem Bauholz sind; eine Sache, welche, wie ich nicht umhin kan anzumerken, ein Mensch der eineetwas ernsthafte Gemüths-Neigung hat, unmöglich wahrnehmen kan, ohne dabey in eine lange Reihe von Betrachtungen zu gerathen; weil bisher noch keine hinlängliche Ursache ist gegeben worden, woher dieses Triebholz komme. So sehr auch die Nachrichten, die wir von Grönland, von der Straße Davis und Hudsons Meer-Enge haben, in andern Dingen unterschieden seyn mögen: so stimmen sie doch hierin alle mit einander überein, daßkeine Bäume von der Größe, wie dieses Triebholz ist, in einem von diesen Ländern wachsen, und daher hat man geurtheilt, daß, woher es auch immer kommen mögte, es doch aus keinem von diesen Oertern kommen könnte. Einige haben geglaubt, daß es aus Norwegen, und andre, daß es von der östlichen Küste von Terra de Labrador hieher getrieben werden müste. Allein ich muß gestehen, daß keiner von diesen Gründen mir wahrscheinlich vorkomme. Denn gleichwie die nordwestlichen Winde in diesen Gegenden ungemein stark sind: also würden sie [133] es hindern von Norwegen hieher zu kommen; so wieauf der andern Seite die hestigen Ströme, welche ausder Straße Davis und Hudsons Meer-Enge südwärtsgehen, ihm, wenn es von der Americanischen Küstekäme, im Wege seyn müsten.

Die Nachricht des ehrwürdigen Herrn Egedens, welcher sich verschiedene Jahre bey der Dänischen Colonie auf der westlichen Seite von Grönland aufgehalten hat, scheint uns einen Grund an die Hand zu geben, wieder welchen unter allen andern das wenigste einzuwenden ist. Er sagt, daß er an der östlichen Küste von solchem Lande [Grönland] in dem 67sten Gr. der Breite Birken- Ulmen- und andere Arten Bäume gesehen hätte, die achtzehn Fuß hoch und so dick, als sein Schenkel gewesen wären; daher schließe ich, daß sie von dorther kommen müssen. Er merket ferner an, daß so wohl in Norwegen als Grönland die östliche Küste wärmer als die westliche ist, und daß es folglich dorten etwas besser und zu einer beträchtlichern Größe wächset. Wir müssen also so lange, bis etwas wahrscheinlicheres von dieser Sache an die Hand gegeben wird, dieses als glaubwürdig annehmen, daß das Treibholz aus Grönland komme.” [→AHR, vol. 17 (1759, 193)]


[1748, pp. 59-60] “We sailed for sometime after this, thro’ Abundance of Drift-Wood, that is, Pieces of pretty large Timber floating at Sea; a Thing which, as we cannot avoid observing, so with a reasonable Proportion of Seriousness in a Man’s Temper, it is impossible to observe, without falling into a long Train of Reflection; because no satisfactory Account has been hitherto given, from whence this Drift-Wood should come. All the Accounts we have of Groenland, of the Coasts of [60] Davis’s, and of Hudson’s Straits, however they differ in other Things, agree in this; that no Timber grows to the Size of this Drift-Wood, in any of those Parts, and therefore it has been judged, that wherever it came from, it could not be from any of them. Some have persuaded themselves, that it must be driven hither from Norway; and others from the East Coast of Terra de Labrador, in North America; but I must own neither of these Accounts appears probable to me; for as the North Westerly Winds prevail much in these Parts, they would prevent its coming from Norway; as on the other Hand, the strong Currents setting out of Davis and Hudson’s Straits, Southward, must hinder its Passage from the Coast of America into these Seas.

The Relation of the Reverend Mr. Egede, who resided several Years at the Danish Colony, on the West Side of Groenland, seems to afford us an Account, of all others, the least liable to Exception; which is this: He says, that on the East Coast of that Country, he has seen Birch, Elm, and other Kinds of Trees, eighteen Feet high, and as thick as his Leg, in the Latitude of 61°, from whence I infer it must come from thence. He farther observes, that in Norway, as well as Groenland, the East Coast, is warmer than the West, and, consequently, Things grow there in a more kindly manner, and to a larger Size; so that ‘till something more probable is offered upon this Subject, we must be content to allow, this Drift-Wood comes from Groenland.”


[Pp. 133-34] “Den 5ten Julius fingen wir an uns den Eisgebürgen zu nähern, welche man allezeit bey Hudsons Meer-Enge antrifft. Diese sind von einer erstaunlichen Größe; und wenn ich sagte, daß man sie zuweilen fünf oder sechs [134] hundert Yards* [*Ein Yard ist drey Fuß lang.] dick finde: so bin ich völlig versichert, daß ich die Wahrheit nicht überschreite. Allein obgleich die Sache selbst durch Anführung einer Menge von Schriftstellern außer Zweifel gesetzt werden mögte: so wird doch dieses nicht das geringste beytragen um die Schwürigkeiten bey der Frage zu heben: wie diese erschrecklichen Eisgebürge entstehen, sondern die Beantwortung wird dadurch vielmehr schwerer. Unterdessen sind verschiedene Versuche geschehen um die Frage auszumachen, und unter andern hat der Hauptmann Middleton die Sache also zu erklären gesucht.”


[1748, pp. 60] “On the 5th of July we began to fall in with those Mountains of Ice which are always met with near Hudson’s Straits. This mountainous Ice is of a prodigious Size; and if I should say, that we sometimes find it five or fix Hundred Yards thick, I am thoroughly satisfied that should not exceed the Truth. But tho' the Fact might be easily put out of Question, by citing a Multitude of Authorities, yet this will not in the least contribute to solve the Difficulty of conceiving how these stupendous Mountains are generated, but rather the contrary. Various Attempts, however, have been made to get over this Question, and amongst the rest, Captain Middelton has endeavoured to explain the Thing thus.” [what follow are accounts by Middelton and by Hans Egede]


[Pp. 139-40] “Sie sind ungemein, und ich mögte fast sagen, hartnäckig auf ihre eigene Gewohnheiten und Lebens-Art erpicht. Einige von ihnen, welche die südlichen Indianer in ihrer Kindheit zu Gefangenen gemacht und nach den Factoreyen gebracht hatten, wo sie verschiedene Jahre gewesen waren, haben allezeit ihre Entfernung von ihrem Vaterlande bedauret. Als einer von diesen, welcher nach Englischer Weise war gespeiset worden, einsten zusahe, wie ein Engländer einen Seehund aufschnitte, woraus eine Menge Thran lief: so leckte er denselben, so viel er mit der Hand bekommen konnte, auf, und sagte: Ach! ich lobe mir mein liebes Vaterland, wo ich mei- [140] nen Magen hiemit anfüllen konnte.[→AHR, vol. 16 (1758, 653-54]


[1748, p. 63] “They are extremely, I might say, obstinately attached to their own Customs and Manner of living. Some of them, who have been taken Prisoners by the Southern Indians, when they were Boys and brought to the Factories, and there kept for several Years, have still regretted their Absence from their native Country. One of these, after having been fed on English Diet, being present when one of the Englishmen was cutting up a Seal, from whence the Train Oil ran very plentifully, licked up what he could save with his Hands, and said, Ah! commend me to my own dear Country, where I could get my Belly full of this.


[P. 143] “Wenn ihre Kleider und andre Bedürfnisse wohl ausgesonnen sind, so sind es ihre Schnee-Augen, wie sie dieselben recht füglich nennen, nicht weniger. Dieß sind Stücken Holz oder Elfenbein, die niedlich gemacht sind, das Gesicht zu bedecken, und welche hinten am Kopfe fest gebunden werden. Es sind zwey Löcher darin, die eben so lang als ihre Augen, aber schmahl sind. Hierdurch sehen sie sehr deutlich und ohne einiges Ungemach zu empfinden. Diese Erfindung verwahret sie gegen die Schnee-Blindheit, eine sehr beschwerliche und schmerzliche Kranckheit, die durch das Licht, welches von dem Schnee auf die Augen zurückstrahlet, verursachet wird, insonderheit im Frühlinge, wenn die Sonne ziemlich hoch ist. Der Gebrauch dieser Schnee-Augen stärket das Gesicht ungemein, und sie haben sich dergestalt dazu gewöhnet, daß, wenn sie etwas in einer großen Weite beobachten wollen, sie ge- [144] meiniglich dadurch sehen, so wie wir durch Ferngläser thun.” [→AHR, vol. 16 (1758, 655)]


[1748, p. 65] “If their Clothes and other Necessaries are well contrived, their Snow-Eyes, as they very properly call them, are no less so. These are Bits of Wood or Ivory, neatly formed to cover the Organs of Sight, and tied at the Back of the head: In each Piece of Wood are two Slits, of the same Length with the Eyes, but narrow; thro’ which they see very distinctly, and without feeling any Inconvenience. This Invention prevents Snow-Blindness, a very grievous and painful Distemper, occasioned by the Action of the Light, stongly reflected from the Snow upon the Eyes, more especially in the Spring, when the Sun is pretty high. The Use of these strengthens the Sight prodigiously, and becomes so habitual, that when they would observe any Object at a great Distance, they commonly look through them, as we do through Telescopes.”


The following German text runs across many pages because Haller has inserted several long footnotes (omitted here) with passages from An Account of a voyage of Discovery of a N.W. Passage on gender roles in work and on marriage and burial customs.

[Pp. 205-11] “Es wird den Weibern als eine große Beleidigung zugerechnet über die Beine der Männer zu schreiten, wenn sie auf der Erde sitzen, und sie halten es so gar für eine ihrer Ehre nachtheilige Sache mit ihren Weibern aus einem [206] Gefäße zu trinken. Eine ganz sonderbare Gewohnheit haben sie noch, welche darin besteht, daß wenn die Eltern so alt werden, daß sie sich nicht mehr durch ihre eigene Arbeit erhalten können, sie von den Kindern verlangen sie zu [207] erwürgen; und es wird bey den Kindern als eine Pflicht ihres Gehorsams angesehen solches zu thun. Dieser letzten Schuldigkeit entledigen sie sich auf folgende Weise. [208] Wenn das Grab des alten Menschen gemacht worden so begiebt er sich in dasselbe, und nachdem er sich mit seinen Kindern unterredet und eine Pfeife geschmaucht, oder [209] auch vielleicht einen Schluck oder zween mit ihnen getrunken hat: so deutet er ihnen an, daß er fertig sey. Hierauf legen ihm zwey von den Kindern, deren eines auf einer [210] und das andre auf der entgegen gesetzten Seite steht, einen Riemen um seinen Hals, und ziehen denselben so gewaltig, bis er erwürget ist. So dann bedecken sie ihn mit Erde und richten auf derselben eine Art von einem schlechten und groben steinernen Denkmahle auf. Diejenigen [211] alten Leute, welche keine Kinder haben, ersuchen ihre Freunde um diesen Liebesdienst; allein es wird ihnen darin nicht allezeit gewillfahret.” [→AHR, vol. 16 (1758, 648)]


[1748, p. 89] “It is looked upon as a great Offence, for the Women to stride over the Legs of the Men when they sit on the Ground, and they even think it beneath them to drink out of the same Vessel with their Wives. One Custom they have, which is very extraordinary; that when their Parents grow so old, as to be incapable to support themselves by their own Labour, they require their Children to strangle them, and this is esteemed an Act of Obedience in their Children to perform. The manner of discharging this last Duty, is thus, the Grave of the old Person being dug, he goes into it, and after having conversed and smoaked a Pipe, or perhaps drink a Dram or two with his Children, the old Person signifies he is ready; upon which two of the Children put a Thong abut his neck, one standing on one Side, and the other opposite to him, pull violently till he is strangled, then cover him with Earth, and over that they erect a kind of rough Monument of Stones. As for such old Persons as have no Children, they request this Office from their Friends, tho’ in this last Case, it is not always complied with.”


[Pp. 257-58] “Wenn sie in die See auf die Fischerey gehen, so nehmen sie in ihren Boten insgemein eine Blase voll Thran, so wie unsre Botsleute eine Flasche Brandtwein, mit sich, und scheinen denselben mit eben solcher Lust zu trinken; ja wir haben zuweilen gesehen, daß sie, wenn der Vorrath [258] zum Ende war, die Blase selbst dem Ansehen nach mit vielem Vergnügen durch die Zähne gezogen haben.” [→AHR, vol. 17 (1759, 201)]


[1748, p. 107] “When they go to Sea, in order to catch Fish, they commonly carry with them in their Boats, a Bladder full of Train Oil, as our People do a Dram Bottle, and seem to drink the Contents with the same Relish; nay, we have sometimes seen them, when their Stock was out, draw the very Bladder through their Teeth with much seeming Satisfaction.”


Vol. 2 (1751)
From: Charles-Marie de LaCondamine, Nachricht von einer Reise in das Innerste von Südamerica (1744) [biblio]


[P. 228] “Die Unempfindlichkeit ist der Grund desselben. Ich lasse es unentschieden, ob man dieselbe einen Zustand ohne Leidenschaften, oder eine Tummheit nennen soll. Sie entstehet sonder Zweifel aus der kleinen Anzahl ihrer Begriffe, die sich nicht weiter, als auf ihre Nothwendigkeiten erstrecken. Sie sind die größesten Vielfräße, wenn sie genug zu essen haben, und mäßig, wenn die Noth sie dazu zwingt, so daß sie alles entbehren und so gar nichts zu verlangen scheinen. Sie sind kleinmüthig und bis zum höchsten Grade feige, woferne die Trunkenheit sie nicht in heftige Leidenschaften setzet. Sie sind Feinde der Arbeit, gleichgültig bey allen Bewegungsgründen des Ruhms, der Ehre, oder der Erkenntlichkeit. Das gegenwärtige beschäftiget sie allein, und bestimmet allezeit ihre Handlungen. Wegen des zukünftigen sind sie ohne Sorgen und zu aller Vorsicht und Ueberlegung ungeschickt. Sie überlassen sich, wofern sie nicht genöthiget sind sich einigen Zwang anzuthun, einer kindischen Freude, welche sie ohne Ursache und Absicht durch Sprünge und ein unmäßiges lautes Gelächter an den Tag legen. Sie bringen ihr Leben ohne Gedanken zu, und werden alt, ohne aus der Kindheit zu kommen, deren Fehler sie insgesammt behalten.” [→HMag, vol. 6.1 (1750)]


Vol. 2 (1751)
From: Pierre Bouguer, Anhang aus des Herrn Bouguers kurzer Beschreibung (1744) [biblio]


[P. 375] “Es ist unmöglich zu sagen, was für eine große Gleichgültigkeit sie in Ansehung der Reichthümer und sogar aller Bequemlichkeiten bezeigen , vielleicht weil sie merken , daß es ihnen nichts helfen würde, wenn sie solche zu erwerben suchten. Und da sie hiernächst den Trunke eines gewissen Biers, welches sie von Indianischein Korne machen, ein wenig zu sehr ergeben sind, so stellen sie gleichsam eine große Secte von Stoischen oder vielmehr von Cynischen Weltweisen vor. Man weiß öfters nicht, durch was für einen Bewegungsgrund man sie überreden solle, wenn man von ihnen einen Dienst verlanget. Man bietet ihnen umsonst einige Stücken Geld an; denn sie antworten, daß sie nicht hungrig sind. Man darf sich also nicht verwundern, daß sie die Taschen in den Kleidern für etwas unnützes halten. Sie haben gar keine; und wenn man sie nöthiget ein kleines Stück Geld zu nehmen, so wissen sie es nicht besser, als in dem Munde zu bewahren.”


Vol. 3 (1751)
From: Pierre Bouguer, La Figure de la Terre (1749) [biblio]


[Pp. 56-57] “Man siehet fast alle Tage auf dem Gipfel eben dieser Berge eine außerordentliche Lufterscheinung, welche so alt als die Welt seyn muß, und von welcher aller Wahrscheinlichkeit nach doch niemand vor uns Zeuge gewesen ist. Das erste mahl als wir dieselbige beobacheten, waren wir alle mit einander auf einem nicht so gar hohen Berge, namens Pambamarca. Eine Wolke, von welcher wir umgeben waren, und welche sich zertrennete, ließ uns die aufgehende Sonne, die sehr hell glänzete, sehen. Die Wolke gieng nach der andern Seite; sie war nicht dreißig Schritte und also noch nicht weit genug entfernt, um die weiße Farbe zu bekommen, von der ich oben geredet habe, als ein jeder unter uns seinen Schatten auf derselben sahe und zwar nur seinen eigenen allein, weil die Wolke nicht eine an einander hangende Fläche ausmachte. […]

[57] Der Raum zwischen diesen Kreisen war gleich, und der letzte der schwächste. Endlich sahen wir in einer großen Weite einen großen weißen Kreis, welcher alles einfassete. Dies ist gleichsam eine Vergötterung für jeden Zuschauer, und ich kann nicht umhin hiebey anzumerken, daß ein jeder das empfindliche Vergnügen ruhig genoß sich mit allen diesen Kronen geziert zu sehen, ohne etwas von seiner Nachbaren ihren wahrzunehmen.”


[Pp. 90-91] “Daß ich wieder auf den Cotopaxi komme, so siehet man am Fuße desselben ganze Schichten ausgebrannter und in sehr kleine Stücken verwandelter Steine, welche fünf bis sechs Mannslängen dicke sind. Die dickeste von diesen Lagen ist die oberstem und ich bin versichert, daß sich dieselbe sehr weit erstrecket und unter dem guten Lande, welches vielleicht seinem Ursprunge nach nichts anders als Asche war, verbirget. Ich sollte fast glauben, daß man die aus calcinirten Steinen bestehende obere Lage der entsetzlichen Entzündung, deren alle Geschichtschreiber ge- [91] denken, und die sich um den Anfang des 1533sten Jahres, nach dem Tode des Atahualpa, Königs von Quito, begeben hat, zuschreiben müsse. Wir alle haben davon mit größestem Erstaunen andere eben so außerordentliche Spuren wahrgenommen und Steine gesehen, die über acht bis neun Schuhe im Durchmesser hatten und weiter als drey Meilen fortgetrieben waren. Viele unter denselben zeigen durch die Striche, auf welchen sie auf der Erde fortgeschleifet sind, noch den Volcan an, der sie ausgeworfen hat. Diese großen Steine sind gar nicht so wie diejenigen verbrannt, womit der Fuß des Berges bedecket ist, und sie können nicht anders als durch die erste Gewalt der Entzündung so weit getrieben seyn. Man wird also, wie es scheinet, keine dergleichen Wirkung zu befürchten haben, so lange der Volcan seine jetzige dem Ansehen nach 5 bis 600 Klaftern breite Mündung behält.”


[P. 92] “Wenn man die Anzahl seiner verschiedenen Entzündungen nach der Menge der verschiedenen am Fuße desselben befindlichen Schichten ausgebrannter Steine bestimmen wollte, ohne einmal die untersten Schichten, welche zerstreuet und durch einandergeworfen sind, mit zu rechnen, so würde diese Entzündung wenigstens die zwanzigste seyn.”


[Pp. 94-95] “Die letzte Entzündung des Cotopaxi, die sich 1742. und in unsere Gegenwart begab, hat sonst keinen Schaden als durch den geschmolzenen Schnee verursachet. Ob sie gleich an der Seite gegen die Mitte des allezeit beschneyeten Theils eine neue Oeffnung machte, so schlug doch indessen die Flamme beständig oben zu dem abgekürzten Kegel heraus. Es waren in demselben Jahre zwo plötzliche Ueberschwemmungen: die eine den 24sten des Brachmonats, und die andere den 9ten des Christmonats; diese aber war ungleich größer. Man muß gleich anfangs anmerken, daß das Wasser wenigstens 7 bis 8 hundert Klaftern hoch herunter schoß. In seiner ersten Wut warf es den Posten, der uns bey unserm sechsten und siebenten Triangel zum Standplatze gedienet hatte, gänzlich nieder. Seine Wellen erhoben sich auf den Feldern über 60 Schuhe, und an einigen Orten stieg es über 120. Daß ich der unendlichen Menge Vieh nicht gedenke, die es mit sich wegführete, so riß es 5 bis 600 Häuser nieder und 8 bis 900 Menschen kamen dadurch ums Leben. Alles dieses Wasser muste 17 oder 18 Meilen nach der Südseite der Cordilleras laufen oder vielmehr wüten, ehe es an dem Fuße des Tonguragua abfließen konnte; und es brauchte nicht mehr als drey Stunden um so weit zu kommen. Hieraus kann man sich einen Begriff von seiner mittlern Geschwindigkeit ma- [95] chen, d.i. von derjenigen, welche zwischen der erstaunlichen Geschwindigkeit, die es anfangs hatte, und seinem nachmahligen nicht so schnellen Laufe gleichsam die Mittelstrasse hält. Aber wenn man davon nach den verschiedenen Wirkungen, die es drey oder vier Meilen von dem Berge hervorgebracht hat, urtheilet, so muste es daselbst noch in einer Secunde 40 oder 50 Schuhe durchlaufen. Es hatte daselbst sehr schwere Steine, die 10 bis 12 Schuhe im Durchmesser hatten, von der Stelle gerückt und sie 14 bis 15 Klaftern weit auf einem fast horizontalen Erdreiche fortgeführet.”


[Pp. 106-7] “Die Vergleichung der Entzündungen der Volcane und der Erdbeben giebt verschiedenen Umständen bey diesen letzten Naturbegebenheiten einiges Licht. Wann die Volcane sehr entzündet sind, so wirken sie zu wiederholten mahlen; man siehet die Flamme oder den Rauch fast allezeit stoßweise herausgehen. […] [107] […] Ich habe gleichfalls angemerket, daß der Rauch stoßweise mit gleicher Abwechselung aus dem Cotopaxi stieg und bey Tage gleichsam Feuergarben bildete. Alle 42 oder 43 Secunden kam ein Stoß, als ich diese Entzündung beobachtete. Der in der Mitte des Volcans entzündete Stoff dehnete sich sonder Zweifel jedesmahl weiter aus; allein da er durch diese Ausdehnung zum Theil erschöpfet ward, so verminderte sich die Entzündung ein wenig; daher konnte die äußere Luft entweder durch die oben oder an einem anderen Orte befindliche Oeffnung wieder herein treten.”


[Pp. 128] “Der Bogota ist schon zu Santa-Fe ansehnlich. Man würde vielleicht auf der ganzen Erde einen höhern Wasserfall vergebens suchen, als derjenige ist, welchen er 15 oder 16 Meilen unterhalb dieser Stadt [Ibaque] und ungefehr 8 Meilen von dem Magdalenenflusse in einem Orte namens Tequendama formirt. […] [129] […] Dieser Wasserfall, wenn man davon aus der Höhe urtheilet, mit welchen man denselben in der Nachbarschaft vergleichet, muß zwey bis dreyhundert Klaftern hoch seyn und das Wasser fällt gerade herunter.”


[P. 145] “Man weiß oft nicht, wenn man von ihnen einen Dienst begehret, durch was für Bewegungsgründe man sie dazu bringen soll. Man bietet ihnen vergebens einige Stücke Geld an. Denn sie sagen, daß sie nicht hungrig sind. Es muß sich demnach keiner wundern, daß sie die Taschen in den Kleidern für was unnützes halten; und wenn man sie endlich genöthiget hat ein kleines Stück Geld in die Hand zu nehmen, so wissen sie es nicht besser als in dem Munde zu verwahren.”


Vol. 5 (1752)
From: Johann Georg Gmelin, Reise durch Siberien (1735-37) [biblio]


[Pp. 78-79] “die Kälte, auch zuweilen mitten im Sommer, in diesen Gegenden ungemein groß seyn müsse, ist leichtlich daraus abzunehmen, daß die Erde an gar vielen Orten nicht über anderthalb Arschinen aufthauet. Man wollte in einem Hause des Argunischen Ostroges, das etwas weit vom Flusse abstund, einen Brunnen graben, und thauete nach und nach die Erde über etliche Faden tief auf, so daß man alsdann schon beynahe anderthalb Faden unterhalb der horizontallinie des Argun-Flusses war, konnte aber doch kein Wasser bekommen [79] Ich vermuthe aber, daß hieran eben auch die Kälte Schuld hat. Dieselbe ist in dem oberwehnten Vorrathskeller bey den Silberwerken so groß, daß wenn man nur die Thüre aufmacht, man sich wegen der Kälte schon weiter zu gehen scheuet. Das Eis, welches sich in dem Winter darin sammlet, thauet den Sommer über nicht auf; doch ist die Kälte des Winters noch größer darin, als des Sommers.”


[Pp. 99-100] “Diesen Abend sahen wir noch die Art der Tungusen ihren Brandwein zu destilliren, welche von derjenigen, so die heidnischen Tataren beobachten, und die ich in der Kußneßkischen Reise beschrieben habe, etwas abgehet. Sie seßen die gesäuerte Milch in einem niedrigen eisernen Kessel über das Feuer. Auf den Kessel decken sie einen von bey den Seiten offenen Cylinder von Birkenrinde oder von Holze zusammen geflochten, der etwas enger als der Kessel ist. Nicht gar in der Mitte des Cylinders, etwas mehr gegen unten zu, ist inwendig quer über, ein Holz ohngefähr einer Hand breit, auf der unteren Seite etwas erhaben, auf der oberen eingebogen, und mit vielen Rißen, die von beyden Seiten des Randes schief gegen die Mitte des Holzes gehen, versehen. Der ganzen Länge nach ist in der Mitte eine größere Rize, in welche sich diese kleine Ritzen endigen; die größere aber endiget sich in einer einen oder anderthalb Zoll langen Rinne, welche durch ein in den Cylinder geschnittenes Loch ausgesteckt wird. Unterhalb dieser kleinen Rinne wird eine größere von mehr als zweenen Schuhen lang, und die gegen unten zu etwas gekrümmt ist, in eben dieses Loch eingesteckt. Sie gehe mit dem andern Ende in ein Gefäß, welches den aus der Rinne laufenden Brandtwein empfängt. Endlich wird [100] noch der Cylinder oben mit einer eisernen Schüssel bedecket, und die Fugen daselbst mit Woelocken vermacht. In die Schüssel wird währendem Destilliren Wasser gegossen, welches, sobald es warm worden, wieder mit kaltem verwechselt wird. Das Destilliren hat nichts besonders an sich, als daß sie Feuer unterlegen, und so lange damit fortfahren, als das übergehende noch stark ist, und aufhören, wenn es anfängt, säuerlich zu gehen. Das, was in dem Kessel übrig bleibt, gießen sie in einen woelockenen Sack und lassen das Wasser ablaufen. Den Käse trocknen sie, und verwahren ihn als eine Eßwaare unter dem Namen Arza. Sie destilliren diesen Brandtwein nicht nur aus Pferde – sondern auch aus Kühemilch, und beyder soll von gleichen Kräften seyn. Wir haben wirklich gesehen, daß derjenige, den sie in unserer Gegenwart aus Kühemilch destillirt hatten, so stark war, daß er sich anzünden ließ.”


[P. 208] “Itzt habe auch vernommen, daß es der Tungusischen Nation eigen sey sich dergleichen Mahlerey in die Gesichte machen zu lassen, und sie ist unter den Jakuten im geringsten nicht gebräuchlich. Gemeiniglich gehen an beyden Seiten von dem äußeren Augenwinkel bis an den Winkel des Mundes über die Wangen zween drey bis vier dünne Streifen, deren äußerer von oben bis unten an der äußeren Seite zackicht ist; bey einigen gehet ein einfacher Strich mit einigen Zacken von dem Streifen über das Auge. Dabey sind auf der Stirne ein paar Querstriche, und diese haben gegen unten zu theils einfache, theils dreyzackichte Striche. Eben so ist auch bey den meisten das Kinn bemahlt, nur daß die Zacken aufwärts stehen. Eine Art dieser Mahlereyen zeiget die beygefügte Figur. Sowohl Kinder, als Erwachsene von 12 bis 20 Jahren beyderley Geschlechts werden also bemahlet. Nicht ein jeder Tunguse kann dieses verrichten, sondern es sind besondere Meister dazu. Die Streifen sollen mit einer Nadel, durch welche ein mit Ruß schwarz gefärbter Zwirn gehet, ausgenehet werden. Wie es aber eigentlich geschehe, habe ich noch nicht erfahren können.”


[Pp. 491-95] “Wir hatten schon diesen ganzen Monat, weil das Wetter schön war, bey den Zauberern der Jakutischen Nation allerley Schau- oder Gaukelspiele angestellt, bloß um zu sehen, ob sie dabey nicht was besonders hätten, das von den Gebräuchen ihrer andern Handwerksgenossen abgienge. […] Bey den Kleidungen ist dieses überhaupt das merkwürdigste, daß sie ein großes Gerassel machen, und dadurch bey dem abergläubischen Pöbel etwas mehr Furcht und Schrecken erregen. Je [492] behender und fertiger der Zauberer ist, desto geschwinder kann er seine Sprünge machen; je besser der Ton seiner Trommel mit der Abwechselung und dem Auf- und Absteigen seiner eigenen Töne übereinstimmt, desto teufelischer läßt seine Musik bey den Zuhöreren, die ihm glauben, und desto sicherer bauen sie auf die Aussprüche, die er hernach mit großer Unverschämtheit hervorbringt. […] Wir [493] hatten von einer Zauberinn gehört, die als ein junges Weib von etlich zwanzig Jahren sich in einen so großen Ruf gesetzet hatte, daß auch die allerberühmteste Zaüberer, die ihr Handwerk schon über vierzig Jahre trieben, nach und nach das Vertrauen gegen sich abnehmen sahen. […] Sie bekannte ohne Anstand, daß sie eine Zauberinn wäre, und es in ihrer Kunst so weit gebracht hätte, daß sie durch Hülfe der Teufel sich ein Messer in den Leib, ohne Schaden davon zu leiden stoßen könnte. […] [494] […] [495] […] Es kam endlich auch zu dem Kunststück mit dem Messer. Sie stach sich wirklich und zog das blutige Messer wieder zurück. Ich fühlte die Wunde, und ein Stück von dem heraushangenden Netze, das sich die Zauberin hernach abschnitte, auf Kohlen braten ließ und auffraß. Als die Jakuten dieses sahen, gaben sie ihre Bewunderung mit einem ihnen eignen Tone und mit andachtsvollen geberden zu erkennen. Das inner ihres Herzens schien gerührt zu seyn.”

Sauvages, François Boissier de [top]

Sauvages (1751): “Betrachtungen über die Seele in der Erstarrung und Schlafwanderung.” [biblio]


[Pp. 489-92] “Der Herr Sauvages de la Croix aus der Gescellschaft der Wissenschaften zu Montpelier (Mümpelier) hat im Jahre 1737 an einer Magd, ihres Alters von 20 Jahren, M. V. besondere Zufälle beobachtet, und dieselben der königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Paris eingeschicket, welche sie zu Ende ihrer Abhandlungen im Jahre 1742 beydrucken lassen S. 409 folgg. Aus denselben nehmen wir hier die vornehmsten Umstände, welche den Zustand der menschlichen Seele in solchen Begebenheiten vor Augen legen, auf welchen dort nicht gesehen ist.

‘Weil sie sehr empfindlich gewesen, wenn ihr etwas zu Leide geschehen, hat sie über einen gehabten Verdruß die Catalepsie oder etliche Anfälle einer fühllosen Wegbleibung und Erstarrung bekommen, dadurch sie genöthiget worden, sich in das große Spital zu begeben. Diese Anfälle hat sie öfters bekommen, sie sind aber nicht von einerley Dauer gewesen, indem sie bald in einer halben Viertelstunde vorüber gewesen, bald auch wohl drey bis vier [490] Stunden angehalten. […] Sie blieb in der Stellung des Leibes, darinn sie befallen worden. Hatte sie gestanden, so blieb sie starr stehen. Hatte sie im Treppensteigen einen Fuß gehoben nach der folgenden Stuffe, so erstarrete sie auch so auf einem Fusse stehend. […] Sie gab [491] kein Zeichen der Empfindung von sich, man mochte sie anschreyen, stechen, ein brennendes Licht vor ihre Augen halten, oder sie unter den Fußsohlen kratzen, bürsten, etc. […] Das Gähnen und Austrecken der Arme waren Anzeigen ihrer beginnenden Erwachung, und sie hatte keinen Begriff von allem, so ihr immittelst widerfahren war; außer daß sie vom stechen, und den ungewöhnlichen Stellungen einige Schmerzen und Müdigkeit empfand.

[492] […] Sie redete mit einer Lebhaftigkeit und Munterkeit des Geistes, die sie außer diesem Zufalle nie hatte, da sie sehr niedergeschlagen und furchtsam war. Was sie redete, das hing mit dem zusammen, oder war eine Folge von dem, was sie in vorigem Zufalle geredet hatte, oder wiederholte von Wort zu Wort eine Catechismuslehre, die sie des Abends vorher angehoret hatte.’”

Scheuchzer, Johann Jakob [top]

Scheuchzer (1743): Physica oder Natur-Wissenschaft. [biblio]


[Vol. 2, p. 158] “XIX. Bey der obern Erde, welche wir nebst denen Pflanzen und Thieren bewohnen, nehmen wir eine grosse Unebenheit wahr. Wer sonderlich auf hohen Gebirgen die umliegende Erden-Gestalt ansiehet, dem kommet sie vor als ein altes eingefallenes Gebäude. Ja es zeiget die Gestaltsame der Berge, Thälern und der ganzen obern Erden-Rinde, so weit man biß dahin hat kommen können, gewiß an, daß ehemals die Erde eine andere Gestalt gehabt; hernach aber zusammengebrochen, eingesunken, und in gegenwärtige Ordnung der aufeinander liegenden Lager (stratorum) gebracht worden. Forschen wir aber der eigentlichen Zeit und Gelegenheit nach, wenn diese grosse Veränderung sich zugetragen, und befragen darüber beydes, die Natur und die Schrift, so finden wir, daß die Erde sothane gewaltige zerstörliche Aenderung ausgestanden bey Anlaß einer allgemeinen, über die ganze Erde ergangenen Ueberschwemmung, welche nothwendig die sogenannte Sündfluth seyn muß, davon sich auch dunkle Anzeigen bey Heydnischen Scribenten finden, die eigentlich Beschreibung aber aus dem unfelhbaren göttlichen Wort herzuholen.”


Scheuchzer (1746): Natur-Geschichte des Schweitzerlandes. [biblio]


[Vol. 1, pp. 86-88] “Von dem Heimwehe. Es ist zwar unserm Varterlande ins gemein, aber auch einem jeden Vater, der seinen lieben oft zarten Sohn in die Fremde schicket, vornemlich aber den in fremden Diensten stehenden Officieren und Soldaten viel daran gelege, daß diese uns Schweitzern besondere Kranckheit erkennet, und curirt werde. Ao. 1678. ist zu Basel eine Dissertation hierüber gehalten worde, Praeside Dn. Joh. Jacobo Hardero Med. Doct. & Prof. Resp. Joh. Hofero, Mylhusino. In welcher diese Kranckheit mit einem neuen Titul Nostalgia benennt wird, welches Wort zusammen gesetzet ist von νοσ, welches eine Wiederkunst ins Vaterland bedeutet, und αλγ, Trau- [87] rigkeit, oder Schmerz: so auch νοσομανια, und φιλπατριδομανια, welche beyde Wörter eine wegen verhinderter Heimreise entstandene Gemüths-Verwirrung andeuten. Bey den Frantzosen heisset diese Kranckheit la Maladie du Pays. Der gelehrte Verfasser dieser jezt angezogenen Schrift leget die gantze Schuld dieser Kranckheit auf eine verworrene Einbildung, welche durch verschiedene Ursachen veranlaset werden könne, als da sind, stetes Andencken naher hauß; eine zarte und forchtsame Auferziehung, bey welcher den Kindern mit Fremden viel umzugehen, oder zu reden nicht erlaubt werde; […] Wir Schweitzer bewohnen, wie oben erwiesen, [88] den obersten Gipfel von Europa, athmen deßwegen in uns eine reine dünne, subtile Luft, welche wir auch selbst durch unsere Land-Speisen, und Geträncke, so eben dieselbige Luft enthalten, in uns essen, und trincken; gewehnen unsere Leiber also, sonderlich, wenn wir bergichte hohe Orte inn haben, daß sie nicht starck getrückt werden, und bey gleich starcker Gegendrückung der innern, in unsern Aederlein sich aufhaltenden Luft, der Creißlauff des Geblüts, und Einfluß der Geistern ohne Hinderung, zu der Menschen Gesundheit ihren ordentlichen Fortgang haben. Kommen wir in andere, fremde niedrige Länder, so stehet über uns eine höhere Luft, welche ihre schwerere Drückkraft auf unsere Leiber um so viel leichter ausübet, weil die inner Luft, welche wir mit uns gebracht, wegen ihrer grössern Dünnung nicht genug widerstehen kan; wie z. Ex. eines Holländers schwerere inwendige Luft mit gleichen Kräften der äussern, auch schweren, und dicken Dunst- und Luftkugel entgegen stehet.”


[Vol. 1, pp. 336, 341] “Von dem Hunger-Brunn zu Wangen. Unter die Natur-Wunder des Schweitzerlands sol billich der Hunger-Bach zu Wangen, einem Dorff Züricher-Gebiets, eine Meil von der Stadt abgelegen, gezehlt werden, wenn wahr ist, daß er nur bey einbrechenden theuren Zeiten fliesse, und bey anhaltender Wolfeile gantz trocken bleibe. […] Wo zwischen der Ursache und der Würckung, zwischen einem Zeichen und dem bezeichneten, keine natürliche Verwandschaft ist, da höret die gesunde Philosophie auf, und kommt die Schulfüchserey auf den Thron, welche sich auf die Unwissenheit oder unbegründte Vorurtheile oder vorgeschützte Frömmigkeit fest zu setzten vermeynet, Kraft deren alles alsobald der Allmacht Gottes zugeschrieben und damit den Naturforschern der Weg zu fernerer Untersuchung abgeschnitten wird. Von unsern vorhabenden Hungerbrünnen läßt sich aus den Fundamenten der Natur dahin schliessen, daß ihr Ueberfluß ein Zeichen vieler wässerigen in der obern Erden-Rinde sich befindenden Feuchtigkeiten, oder eines nassen Jahrgangs seye, in welchem das Korn und andre Gewächse nicht wol gerathen und eher faul als reiff werden, worauf nothwendig die Früchte im Werth steigen müssen.”


[Vol. 2, p. 13] “Von Engelberg geht man durch das Joch, neben dem Berg Ochsenstock zu den Berner Alpen, mit Namen in das Haslithal, und die Engstler-Alp, welche der Zeit-Brunn berühmt macht, davon die Helvetischen und aus ihne fremde Scribenten Wunderdinge melden. Es schreiben davon Stumpf, Zwinger, Schweitzer, Räbmann, Eysat, Plantin, Wagner, und Werner. Alle haben wahres und falsches untereinander. Ich wil kürzlich erzehlen, was ich theils selber gesehen, theils von den Einwohnern des Orts und andern glaubwürdigen Leuten gehört habe. Den fliessenden Brunn selber habe ich an diesem Tag, nemlich den 18. August nicht können sehen, weil er schon vorher trocken worden. Er liegt in der Ebne des Thals und fließt mitten zwischen Steinen hervor, welche, wie es scheinet, von ungefehr übereinander gefallen. Gegen Morgen und Mitternacht stehen erhabne Berge- und Felsen-Joche. Er hat zweyerley gesetzte Zeiten, eine jährliche, und tägliche oder stündliche. Er fließt nur drey Monate, von Mitten des May bis Mitten des Augustmonats. Daß er also deswegen den May-Brünnen muß zugezahlt werden. Doch fließt er nicht durch diese drey Monate beständig wie jene, sondern meistentheils Morgens und Abends; Morgens ungefehr um 8. und Abends um 4. Uhren.”


[Vol. 2, p. 94] “Reisen wir von Gestinen eine Stunde weiter fort, so kommen wir zur Teufelsbrücke, welche Tab. III. vorgestellet wird. Von dieser Brücke erzehlen die Anwohner folgende Fabel-gleiche Geschicht, welche dem geehrten Leser wegen Benennung derselben etwelches Licht geben kan.”


Scheuchzer (1753): “Abhandlung von dem Heimwehe.” [biblio]


[Pp. 222-23] “Es giebt eine Krankheit, die, wo sie den Schweizern, nicht besonders eigen, wenigstens sehr gemein unter ihnen ist: da uns nämlich, wenn wir in fremden Ländern sind, [223] ein heftiges Verlangen nach dem Vaterlande auf das Bette wirft, und wenn wir unsers Wunsches nicht gewähret werden, dem Tode in Rachen stößt. Von dieser unserm Volke gefährlichen Krankhet isst im Jahre 1678 zu Basel eine Streitschrift, unter dem Vorsitze des berühmten Johann Jakob Harders, der Arzeneykunst Doktors und Professors, als Verfassers, von Johann Hofern, aus Mühlhausen im Elsaß, öffentlich vertheidiget worden. In dieser hat derselbe der den alten Schriftstellern entweder gänzlich unbekannten, oder doch nicht genugsam von ihnen beschriebenen, Krankheit, den neuen Namen, der Nostalgie, gegeben, welcher aus νοστος, Rückkehr, in das Vaterland, und αλγος, Schmerz, oder Traurigkeit, zusammengesetzt ist, der seiner Meynung nach, den Nachdruck, des in unserer Muttersprache gebräuchlichen Worts Heimwehe, welches die Franzosen nicht so glücklich Maladie du Pays geben, genugsam ausdrücket.”

Schober, C. G. [top]

Schober (1750): “Physikalische Nachricht, von den Pohlnischen Salzgruben Wieliczka und Bochnia.” [biblio]


[P. 136] “Anlangend die Gruben, so erstrecken sich selbige gegenwärtig, in der Länge, von Morgen nach Abend, auf 600, in der Breite, von Mittag nach Mitternacht, auf 200, und in der größten Tiefe auf 80 Lachter, die Lachter zu fünf Ellen, oder zehn dreßdner Fuß.”

Schöpflin, Johann Daniel [top]

Schöpflin (1751): “Abhandlung von Rheingolde im Elsaß.” [biblio]


[Pp. 451-52] “§1. Der Rhein führt Gold. Der Rhein ist goldreich. Das Gold wird nicht in ihm erzeuget, sondern die Goldtheilchen, welche aus Goldgebirgen sind abgelöset worden, vermengen sich unter seinen Sand, da er sie [452] dann in gewisse Wirbel und Hölen zusammen schwemmt, aus denen sie herausgenommen, durch öfteres Waschen gereiniget, und vermittelst des Quecksilbers in Klumpen oder Plättchen gebracht werden. Die reißenden Bäche schwemmen diese Goldtheilchen hier und dar von den Alpen herab, sie fließen also von dar häufig herunter, und bringen diese Beute, oder diesen Zins dem Rheine.”


[P. 456] “§3. Wie das Gold gesammlet wird. Diejenigen, welche diese Goldtheilchen aufsuchen, und den Namen Goldwäscher führen, lesen sie zu der Zeit zusammen, da das Rheinwasser die wenigste Tiefe hat, also im Herbste und Winter, weil der Sand bey abgelaufenem Wasser leichter weggebracht wird. Der Sand wird in eine hole Hürde gethan, die an das Obertheil eines schief gelegten Brettes befestiget ist. Das Brett ist 5 Fuß lang, anderthalben breit, und es sind drey Stücken dickes Tuch darauf befestiget, jedes einen Fuß lang, zwischen denen sich auch ein Fuß Entfernung befindet. Der Rheinsand wird in die geflochtene Hürde gethan, und häufiges Wasser darauf gegossen; die Steine und die übrigen groben Theile bleiben im Korbe, der Sand aber wird durch das Tuch durchgeschwemmt, und bleibt entweder im Tuche hängen, oder fällt ganz auf den Boden. Die Goldtheilchen verwickeln sich mit dem edlern Sande in der Wolle des Tuches. Das Tuch wird hierauf ausgeschüttelt, und der daraus fallende Goldsand in ein hölzernes Gefäße gethan, das als wie ein Schiffchen gebildet ist. Der Wascher [457] gießt Wasser auf den Sand, und rührt solches; durch das öftere Rühren verursacht er, daß der goldhaltige Sand, welcher schwerer ist, zu Boden fällt, der leichtere aber die Oberfläche einnimmt. Dieses wiederholte Rühren ist das eigentliche Waschen, dadurch die edlern Theile von den unedlen abgesondert werden. Die letztern wirft man weg, die ersten aber, welche Gold halten, sind doch noch mit Sande vermengt. Das Gold davon völlig abzusondern, folgt nach öfters wiederholtem Waschen, das Verfahren, das die Chymisten Amalgamation nennen. Der Sand wird getrocknet und gewärmet, nachdem er durch das Waschen so viel als möglich gereiniget ist, alsdenn wird Quecksilber in ihn geschüttet, welches die durch den Sand zerstreuten Goldtheilchen in sich zieht und sammlet; diese Masse von Gold und Quecksilber oder dieses Amalgama wird in ein Leder gethan, und durch selbiges das Quecksilber durchgedruckt, daß das Gold allein zurück bleibt.”

Schwedische Abhandlungen [top]

[ v2v3v5v12 ]

SchwedAb (1749-1783): Der Königl. Schwedischen Akademie der Wissenschaften Abhandlungen, aus der Naturlehre, Haushaltungskunst und Mechanik. 41 vols. Translated from the Swedish by Abraham Gotthelf Kästner. Hamburg / Leipzig: Georg Christian Grund and Adam Heinrich Holle. [biblio]


Vol. 2 (1749)
Carl Linné, “Anmerkung über die Thiere, von denen in Norwegen gesaget wird, daß sie aus den Wolken kommen” (1740).
See: Linné.


Vol. 2 (1749)
Martin Triewald, “Ferner Fortsetzung der Wissenschaft von Steinkohlen” (1740).
See: Triewald.


Vol. 3 (1750)
J. M. Gråberg, “Bericht von einer lebendigen Kröte” (1741).
See: Gråberg.


Vol. 5 (1751)
Andreas Celsius, “Anmerkung von Verminderung des Wassers in der Ostsee und dem westlichen Meere” (1743).
See: Celsius.


Vol. 12 (1754)
Friedrich Hasselquist, “Beschreibung einer eigenen Krankheit zu Aleppo von Smirna gesandt” (1750).
See: Hasselquist.

Sédileau [top]

Sédileau (1748a): “Beobachtung der Menge des Regenwassers.” [biblio]


[Pp. 1-2] “In der Physik giebt es einige Versuche, auf welche ihr ganzes Gebäude gegründet ist; und die man, so unangenehm sie auch sind, dennoch nothwendig anstellen muß, wenn man richtig urtheilen will. Denn außer dem verfällt man, anstatt grundlich zu denken, auf leere Betrachtungen. Zu diesen hauptsächlich nöthigen Versuchen zählet man mit Recht die Beobachtung, wie viel Regenwasser vom Himmel gefallen, und wie groß dessen Ausdünstung gewesen sey. [2] Denn hierauf beruhet das Erkenntniß verschiedener höchstwichtiger und angenehmer Dinge, z.E. die Lehre von den Brunnen, von den Flüssen und dem Meere, von den Dünsten, und vielen andern Dingen, davon man unmöglich etwas gewisses sagen kann, wenn man nicht zuvor zuverläßig weiß, wie viel Wasser insgemein in Jahresfrist vom Himmel fällt, und wie viel mittler Zeit davon ausdünstet.


[P. 5] “Aus seinen Versuchen hat Herr Sédileau folgendes bemerket:

1) Daß zu Paris das Regenwasser in einem Jahre ohngefär 19 Zoll hoch gefallen, dieses stimmet damit überein, was Herr Perrault in seinem Buche vom Ursprunge der Brunnen, drey Jahre lang in Paris beobachtet zu haben, angiebet. […]”


Sédileau (1748b): “Vom Ursprunge der Flüsse” [biblio]


[P. 157] “Wenn also diese Herren [Perrault und Mariotte], an statt ihre Berechnung nach dem Boden um die Seine herum, einzurichten, sie nach dem Lande um den kleinen Fluß Estampes, oder den Bächen in Beausse, angeleget hätten; so würden sie, ohne in dem übrigen, was sie angenommen, etwas zu ändern, bemerkt haben, da der Boden um diese Bäche zwanzig bis dreyßig mal mehr Wasser geben kann, als diese Bäche haben: und, wenn sie nach dieser Probe von andern Bächen hätten urtheilen wollen, so hätten sie schließen können, daß der zwanzigste, ja der dreyßigste Theil des Regenwassers zur Erhaltung aller Flüsse hinlanget. Dagegen sollte man, weil in engen Gegenden, oft viele große Bäche nahe an einander sind, aus der wenigen Erde zwischen diesen Bächen urtheilen, die Flüsse führten mehr Wasser, als der Regen geben könne.”

Semler, Johann Salomo [top]

Semler (1760): Abfertigung der neuen Geister und alten Irrtümer in der Lohmannischen Begeisterung zu Kemberg. [biblio]


[Vorrede, pp. 11-12] “Die gründliche Nachricht von einer begeisterten Weibsperson Annen Elisabeth Lohmannin, von Horsdorf in Anhaltdessau, aus eigener Erfarung und Unter- [12] suchung mitgetheilt von Gotlieb Müllern, Probst und Superintendenten in Kemberg, auch Ehrengliede der Geselschaft der freien Künste in Leipzig, Wittenberg bey Johann Joachim Ahlfeld, 1759 in 8. erweckte in mir, da ich sie blos in Zeitungen gemeldet fand, theils ein änlich Mistrauen, als ich schon gegen mehrere Kobolts- und Besitzungshistorien, allemal mit Recht, wie der Erfolg gewiesen hat, gefasset hatte; theils eine Begierde, so bald als möglich diese Schrift näher kennen zu lernen, welche einen so ansenlichen Verfasser, und auf dem Titel so grosse Zuverlässigkeit, für sich hatte.”


[Pp. 228-29] “Es komt alles auf die Bedeutung des Hauptworts, Ruach, an. Im Text giebt (a) das dabey stehende Zeitwort einige eintfernte Bestimmung seiner Bedeutung ab; das Prädicatum von Ruach is nemlich, schrekte oder beunruhigte ihn, setzte den Saul in Furcht und ängstliche Unruhe; (b) der Zusatz, von GOtt, auch der Ruach GOttes, so der genitiuus originis, oder caussae ist. Das Wort Ruach selbst hat eine eigentliche und uneigenltichere Bedeutung. Die eigentliche ist spiratio aeris, ventus; das Zeitword dieses Namens bedeutet, überhaupt, eine [229] Empfindung für das Gefül der Menschen an den äussersten Theilen erregen; ihr Gefüll leicht anstossen, wie der Wind thut: […] Die uneigentlichen Bedeutungen von Ruach bestehen in einer Metapher; unbeständige, geschwind veränderliche Dinge heissen auch Ruach, Wind. In noch einer andern Aenlichkeit ist die Bedeutung gegründet, daß unkörperliche, nicht sinliche wirkende Dinge, einfache Substanzen, (die auch wir tropice Geister, πνευματα, Spiritus, nennen,) Ruach heissen; worin auf die für die Sinne allerkleinste Merklichkeit des Windes, oder der bewegten Luft, gesehen worden ist.”

Seneca [top]

Seneca: Epistulae ad Lucilium. [biblio]


[Bk. I, letter 5: “On the Philosopher’s Mean,” pp. 21-23] “Do not wear too fine, nor yet too frowzy, a toga. One needs no silver plate, encrusted and embossed in solid gold; but we should not believe the lack of silver and gold to be proof of the simple life. Let us try to maintain a higher standard of life than that of the multitude, but not a contrary standard; otherwise, we shall frighten away and repel the very persons whom we are trying to improve. We also bring it about that they are unwilling to imitate us in anything, because they are afraid lest they might be compelled to imitate us in everything.

The first thing which philosophy undertakes to give is fellow-feeling with all men; in other words, sympathy and sociability. We part company with our promise if we are unlike other men. We must see to it that the means by which we wish to draw admiration be not absurd and odious. Our motto, as you know, is ‘Live according to Nature’; but it is quite contrary to nature to torture the body, to hate unlaboured elegance, to be dirty on purpose, to eat food that is not only plain, but disgusting and forbidding. Just as it is a sign of luxury to seek out dainties, so it is madness to avoid that which is customary and can be purchased at no great price. Philosophy calls for plain living, but not for penance; and we may perfectly well be plain and neat at the same time. This is the mean of which I approve; our life should observe a happy medium between the ways of a sage and the ways of the world at large; all men should admire it, but they should understand it also.”

Smith, Robert [top]

Smith (1755): Vollständiger Lehrbegriff der Optik. [biblio]

Smith quotes the whole of Cheselden (1728) at Smith, §133 (1755, 40-41).


[Pp. 40-41] “Scharlach schien ihm die schonste unter allen Farben, und die lebhaftesten unter den übrigen gefielen ihm am besten. Da er zum erstenmale schwarz sahe, war es ihm sehr zuwider, doch nach einiger Zeit ließ er es sich gefallen; als er aber einige Monate darnach eine Mohrin zu sehen bekam, erschrack er gewaltig.

Als er zuerst sahe, wuste er so wenig von den Entfernungen zu urtheilen, daß er sich einbildete, alle Sachen, die er sahe, berührten seine Augen, wie das, was er fühlte, seine Haut. […] Er hatte oft vergessen, welches die Katze und welches der Hund war, und schämte sich, allemal zu fragen, deswegen fieng er die Kaze, die er durchs Gefühl kannte, betrachtete sie sehr genau, setzte sie nieder und sagte: So Mitzschen, nun will ich dich ein andermal kennen. […] [41] […] Ohnlängst hat man ihm erst den Staar am andern Auge gestochen, da sagte er, die Sachen erschienen ihm Anfangs mit diesem Auge größer oder nichts so groß, als sie ihm Anfangs mit dem ersten erschienen.”

Spence, Joseph [top]

Spence [Herrn Spener] (1761): “Vergleichung des Herrn Magliabechi und Robert Hills.” [biblio]


[Pp. 506-9] “Magliabechi wurde zu Florenz, im Jahre 1633 den 29sten Weinm. geboren. Seine Aeltern waren von so niedrigen und geringen Stande, daß sie sich freueten ihn in Diensten eines Mannes, der Gemüskräuter und Früchte verkaufete, anbringen zu können. Er hatte nie lesen gelernet: dennoch ergötzete er sich beständig mit Durchsuchung der Blätter alter Bücher, welche sein Herr zum Zerreisen in seiner Bude gebrauchte. Ein in der Nachbarschaft wohnender Buchhändler, welcher solches oft bemerket hatte, und wuste daß der Knabe nicht lesen konte, fragte ihn einmal: was die Ursache wäre, warum [507] er das gedrukte Papier so begierig betrachtete. Er antwortete: er wüste es nicht zu sagen; nichts aber in der Welt könte ihn mehr vergnügen als dieses: er wäre mit seinem Berufe höchst unzufrieden, und würde sich für den gluklichsten Menschen in der Welt achten, wenn er bei ihm, der allezeit so viele Bücher bei der Hand hätte, dienen könte. Der Buchhändler erstaunete; vergnügte sich aber an dieser Antwort, und sagte ihm endlich er hätte wohl Lust ihn in seinen Buchladen zu nehmen, wenn nur sein Herr ihn wolte fahren lassen. […] Einige Zeit hernach lernete er lesen, und sobald er es begriffen hatte, that er nichts als lesen, so oft er Zeit dem übrig hatte. Er legte sich auf keine besondere Wissenschaft. Die Begierde zu lesen, war seine herrschende Neigung, und ein erstaunliches Gedächtnis seine vornhemste Naturgabe. Er las fast ein jedes Buch das ihm in die Hand kam, [508] ohne Unterscheid durch. Er las es mit einer bewundernswürdigen Geschwindigkeit, und konte doch nicht allein die Sachen, welche er gelesen hatte, sondern auch oft alle Worte, ja die Art der Rechtschreibung, wenn ein Schriftsteller darin etwas besonders hatte, behalten. […]

Man sagt, daß man die Stärke seines Gedächtnisses auf eine Probe gesetzet, welche, wenn sich die Sache wirklich so verhält, etwas erstaunendes ist. Ein Gelehrter in Florenz, welcher eine Abhandlung geschrieben hatte die gedrucket werden solte, liehe seine Handschrift dem Magliabechi. Einige Zeit nachdem dieselbe dem Verfasser mit Dank war zurük gegeben worden, kam derselbe mit einem traurigen Gesichte wieder zum Magliabechi, und erzählete ihm einen erdichteten Zufal, wodurch seine Handschrift solte verloren gegangen seyn. Er stellete, sich als ob er über solchen Verlust fast untröstbar wäre, und bat den Magliabechi, [509] dessen Ruhm, alles was er gelesen hatte zu behalten, schon sehr gros war, inständig, er möchte davon so viel als möglich wäre, sich wieder ins Gedächtnis bringen, und es gegen seinen nächsten Besuch, für ihn wieder zu Papier bringen. Magliabechi versprach es ihm, machte sich darüber her, und schrieb die ganze Handschrift wiederum auf, ohne eines Wortes zu verfehlen, ja, ohne ein einzigesmal von der Rechtschreibung abzuweichen. […]

Um diese Zeit war Magliabechi wegen seiner ungemeinen Belesenheit und erstaunenden Gedächtnisses, wodurch er alles was er gelesen hatte, behielte, berühmt, daß es unter den Gelehrten etwas gewöhnliches wurde, ihn zu Rathe zu ziehen, wann sie über irgend eine Sache schreiben wolten. Er konte ihnen nicht allein sagen, welcher Schriftsteller ausdrüklich von der Sache geschrieben, sondern auch welche bei Abhandlung anderer Materien, die Sache nur beiläufig berühret hatten: und zwar mit solcher Genauigkeit, daß er den Ver- [510] fasser, das Buch, die Worte, ja oft die Zahl der Blatseite worauf dieselbe sich befanden, zu benennen wuste. Er that dieses so oft, so hurtig und so richtig, daß er zulezt, wegen seiner fertigen und genugthuenden Beantwortung aller Fragen, die ihm aus irgend einer Wissenschaft vorgeleget wurden, fast als ein Orakel angesehn wurde.

[512] […] Er war kein Geistlicher, wolte aber doch nie hirathen: dabei war er sehr nachlässig, oder vielmehr gar schmuzig in Kleidung. Sein Ansehen war gar nicht darnach die Gunst eines Frauenzimmers zu gewinnen, wenn er sich ja bei einem hätte melden wollen, […].”

Strabo [top]

Strabo (1988): Erdbeschreibung. [biblio]


[2. Buch, 2. Abschnitt, §7 (1: 113-14)] ”Diesem ziemlich gleichlautend ist, was auch Hipparchos sagt. […] [114] Der Bogen aber vom Gleicher zum sommerlichen Wendekreise, welcher der durch Syene gezogene Parallelkreis ist, hält solcher Theile vier. […] Der Mittagskreis von Syene aber zieht sich grösstentheils durch des Neilos Strombette von Meroe bis Alexandria; dies sind etwa zehntausend Stadien. In der Mitte dieser Weite liegt Syene, so dass von dort nach Meroe fünftausend sind. Geht man auf gerader Linie ungefähr dreitausend Stadien weiter nach Süden, so ist das Uebrige nicht mehr bewohnbar vor Hitze; so dass man den durch diese Gegenden gezogenen Parallelkreis, welcher derselbe ist mit jenem durch das Zimmtland, als Ende und Anfang der von uns bewohnten Welt annehmen muß im Süden.”

Strahlenberg, Philipp Johann von [top]

Strahlenberg (1730): Das nord- und ostliche Theil von Europa und Asia. [biblio]


[P. 166n] ”Wenn dieser Tatar in Europa wäre, würde er mit seinem Kopffe Geld verdienen könen, da hingegen die Leute in Tobolski nichts daraus machten, sondern nur seines bunten Kopffes halber lachten. Er war auf dem Leibe fast eben so geflecket, und bunt, die weisse Haut war sehr fein und zart, die Flecken aber schwartz-braun und etwas gröbere Haut, doch nicht so regular, wie auf dem Kopffe. Ich habe nach diesem auf meiner Reise weiter in Siberien hinein mehr dergleichen Leute gesehen, aber wieder auf andere Art, da die Haare nicht Tieger-fleckigt, sondern nach Art derer scheckigen Pferde waren, nemlich einige Stellen länglicht, andere oval, wieder andere anders figuriret, und eben so auch hin und wieder auf dem Leibe.”

Sulzer, Johann Georg [top]

Sulzer (1762): Theorie der angenehmen und unangenehmen Empfindungen. [biblio]


[Pp. 10-11] “Denn da die Seele eine wirksame [11] Substanz ist, (welches niemand läugnen kann,) so muß ihr eine gewisse Art der Wirksamkeit oder der Kraft natürlich seyn. Diese natürliche Wirksamkeit der Seele besteht gewiß darinn, Ideen hervor zu bringen, oder auch sie zu empfangen, und mit einander zu vergleichen; das heißt, zu denken.

Ich will hier nicht wiederholen, was unsere neuere Philosophen nach dem berühmten Herrn von Wolf gründlich dargethan haben, um zu beweisen, daß die natürliche Wirksamkeit der Seele, oder, wie sie es nennen, ihre wesentliche Kraft darinn bestehe, Ideen hervor zu bringen. Wenige Menschen sind gewohnt, sich mit metaphysischen Untersuchungen abzugeben. Ich will hier nur anmerken, daß, da die Seele niemals die Gegenstände selbst, sondern nur die Ideen, welche sie sich davon macht, genießt, sie auch nur Ideen begehren kann; und folglich ihre wesentliche Wirksamkeit nur in Hervorbringung von Ideen bestehen kann, weil sonst nichts als diese in der Seele vorhanden ist. Wenn wir über das, was in dem Zeitvertreibe und in den Vergnügungen der Menschen wesentlich ist, nachdenken; so werdne wir allezeit finden, daß sie endlich auf etwas bloß idealisches hinauslaufen.”

Tachard, Guy [top]

See: AHR, vol. 10.

Tacitus [top]

Tacitus: Germania. [biblio]


[Ch. 2] “Ipsos Germanos indigenas crediderim minimeque aliarum gentium adventibus et hospitiis mixtos, quia nec terra olim, sed classibus advehebantur qui mutare sedes quaerebant, et inmensus ultra utque sic dixerim adversus Oceanus raris [40] ab orbe nostro navibus aditur. quis porro, praeter periculum a horridi et ignoti maris, Asia aut Africa aut Italia relicta Germaniam peteret, informem terris, asperam caelo, tristem cultu aspectuque, nisi si patria sit?

Celebrant carminibus antiquis, quod unum apud illos memoriae et annalium genus est, Tuistonem deum terra editum [41] et filium Mannum originem gentis conditoresque. Manno tris filios adsignant, e quorum nominibus proximi Oceano Ingaevones, medii Herrninones, ceteri Istaevones vocentur. quidam, ut in licentia vetustatis, pluris deo ortos plurisque [42] gentis appellationes, Marsos Gambrivios Suebos Vandiliosadfirmant, eaque vera et antiqua nomina. ceterum Germaniac vocabulum recens et nuper additum, quoniam qui primi Rhenum transgressi Gallos expulerint ac nunc Tungri, tunc Germani vocati sint: ita nationis nomen, non gentis [43] evaluisse paulatim, ut omnes primum a victore ob metum, mox etiam a se ipsis invento nomine Germani vocarentur.”


[Ch. 2] “The Germans, I am apt to believe, derive their original from no other people; and are nowise mixed with different nations arriving amongst them: since anciently those who went in search of new dwellings, travelled not by land, but were carried in fleets; and into that mighty ocean so boundless, and, as I may call it, so repugnant and forbidding, ships from our world rarely enter. Moreover, besides the dangers from a sea tempestuous, horrid and unknown, who would relinquish Asia, or Africa, or Italy, to repair to Germany, a region hideous and rude, under a rigorous climate, dismal to behold or to manure [to cultivate] unless the same were his native country? In their old ballads (which amongst them are the only sort of registers and history) they celebrate Tuisto, a God sprung from the earth, and Mannus his son, as the fathers and founders of the nation. To Mannus they assign three sons, after whose names so many people are called; the Ingaevones, dwelling next the ocean; the Herminones, in the middle country; and all the rest, Instaevones. Some, borrowing a warrant from the darkness of antiquity, maintain that the God had more sons, that thence came more denominations of people, the Marsians, Gambrians, Suevians, and Vandalians, and that these are the names truly genuine and original. For the rest, they affirm Germany to be a recent word, lately bestowed: for that those who first passed the Rhine and expulsed the Gauls, and are now named Tungrians, were then called Germans: and thus by degrees the name of a tribe prevailed, not that of the nation; so that by an appellation at first occasioned by terror and conquest, they afterwards chose to be distinguished, and assuming a name lately invented were universally called Germans.”


[Ch. 4] “Ipse eorum opinioni accedo, qui Germaniae populos nullis [aliis] aliarum nationum conubiis infectos propriam et sinceram et tantum sui similem gentem extitisse arbitrantur. unde habitus quoque corporum, quamquam in tanto hominum numero, idem omnibus: truces et caerulei oculi, rutilae comae [46] magna corpora et tantum ad impetum valida: laboris atque operum non eadem patientia, minimeque sitim aestumque tolerare, frigora atque inediam caelo solove adsueverunt.”


[Ch. 4] “For myself, I concur in opinion with such as suppose the people of Germany never to have mingled by inter-marriages with other nations, but to have remained a people pure, and independent, and resembling none but themselves. Hence amongst such a mighty multitude of men, the same make and form is found in all, eyes stern and blue, yellow hair, huge bodies, but vigorous only in the first onset. Of pains and labour they are not equally patient, nor can they at all endure thrift and heat. To bear hunger and cold they are hardened by their climate and soil.”

Theobald, Zacharias. [top]

Theobald (1750): Kurtze Abhandlung von Schwaden [biblio]


[P. 22] “§VI. Nach der Beschaffenheit der Sache selbst, beschreibe ich es also: Der Mineralische Schwaden ist ein dicker Arsenicalischer Dampf, welcher durch die Gewalt des stärcksten Feuers in denen Zinn-Bergwercken, aus denen Zinn-Handsteinen entsehet.”

Thévenot, Jean de [top]


See also: SbnR, vol. 3.


Thévenot (1693): Deß Herrn Thevenots Vollständige Reisz-Beschreibung durch Europa, Asia und Africa. 3 vols. [biblio]


[Volume 1, p. 348] “Die Mohren sind Mahometaner, haben aber einigen Aberglauben, davon die Türcken nichts wissen, dann die Mohren beschneiden ihre Töchter, indem sie ihnen ein klein Stück von deme, was man Nympha nennet, abschneiden, und es verrichten solche Beschneidung die Weiber, da hingegen die Türcken dieses nicht, nur an den Knaben vollstrecken.”


[Volume 2, p. 78] “Weiln aber so viel von dem Samiel geredet worden, ist billich, dieses zu sagen, was ich darvon vernommen; Sam bedeutet im Arabischen Gifft, und iël auff Türckisch, Wind, also, daß solches zusammengesetzte Wort so viel heisset als Gifft-Wind, und es könte wohl der ventus urens, oder Oostwind seyn, dessen Hiob im 27. Capit. vers 21 gedencket: Als ich mich fleissig umb diesen Wind bekümmerte, sagte mir ein jeder hiervon einerley, daß es nemblich ein sehr warmer Wind sey, der in wehrendem Sommer von Mosul biß Sourat, allein nur zu Lande wehete, und wann ein Person bemeldten Wind an sich gezogen, so fält sie augenblicklich todt zur Erde, obgleich bißweilen etliche sind, welche Zeit haben zu sagen, daß sie inwendig brennen. Sobald als ein Mensch darvon Todt niderfält, wird er ganz schwartz wie Dinte, und wann man ihn bey einem Arme, Beine, oder einem andert Orte angreifet, so gehet das Fleisch von Beinen weg, und bleibet denjenigen in Händen, der ihn auffheben wil.”


[Volume 2, p. 149] “Der König hält viel Jagdhund von allerhand Arten, unter andern bedienet er sich noch zum Jagen der Gazelles, deß Luchses oder Panthers: dieses Thier ist sehr zahm, und thut denen Leuten kein Leyd, man nennet es in Persien Dgious, und lässets auß Arabien kommen, wird gemeiniglich hinden auffm Pferd geführt, und von dem Reuter an einer umb de Hals gelegten Kette gehalten. Wann es jagen soll, zieht man ihm eine Kappe vor die Augen, biß sich inige Gazelle sehen läst, und wann man 5 oder 6 Schritt davon ist, wird ihm die Kappe nebenst der Kette abgenommen, die Gazelle gewiesen, und loß gelassen. Es kriecht gantz sachte auff dem Bauch zu solchem Their hin, sich so viel möglich hinter den Zaunen verbergend, und nachdem es irgend 60. Schritt davon ist, hebt es an auff dasselbe mit grossen Springen zu lauffen, und fehlt nicht viel solches in 3. oder 4 Sätze zuereichen: […].”


[Volume 2, p. 265] Quoted in Buffon (1750, 1.1: 259).


[Volume 3, p. 29] “Die von den dritten Orden sind die Parsis, welche man noch Galores oder Atechperest nennet, und beten das Feuer an. Diese bekennen sich zu der alten Persianer Religion und haben sich nach Indien begeben, wie der Calyfe Omar das Persianische Reich unter der Mahometaner Botmässigkeit gebracht.”


[Volume 3, pp. 132-33] “Als ein Faquir eine sonderliche und noch niemaln gesehene Andacht, die ihme grosse Mühe machte erfinden wolte, entschloß er sich mit seinem Leibe den gantzen Bezirck des Mogolischen Reichs zu messen, und zwar von Bengala an biß nach Cabul, als dessen Extremitäten von Süd-Osten gen Nord-Westen. Der Vorwand, der ihn seinem Vorgeben nach, darzu vergleitete, war, daß er bey seinem Leben dem von mir allbereit beschriebenen Feste Huly einmal beywohnen wolte, und ließ sich zu seiner Bedienung mitallerhand neuen Lehrlingen begleiten.

Die erste Action, die er bey dem Anfang der Reyse vornahm, bestunde darinnen, daß er sich mit seinem Leibe längst auf die Erde legte, und befahl, die Länge desselben anzumercken; wie dieses verrichtet war, stunde er wieder auf, und gab seinen Leuten sein Vorhaben zu erkennen, wie er nemlich mit continuirlichen niederlegen und wieder aufstehen eine Reise biß nach Cabul thun, und jedesmal nicht weiter, als sein Leib lang wäre, gehen wolte, ertheilete auch seinen Neulingen den Bescheid zugleich, allemal, wenn er sich niederlegte, zu Ende seines Haupts in die Erde ein Merckmahl zu machen, damit er den Gang, den er zu thun hätte, vollkommlich darnach einrichten könte. Dieses alles wurde auf beyden Theilen genau verrichtet, und der Faquir vollführete täglich anderthalb Cos, das ist, ohngefehr 3. Viertel Meilen, und die Leute, so die Historie davon erzehlet haben ihn ein Jahr nach seiner Abreyse allererst am Ende der Provintz Halabas angetroffen; Unterdeß erwiese man ihme an allen Oertern, wordurch er [133] passirete, alle ersinnliche Ehre, und überhäuffte ihn dergestalt mit Almosen, daß er solche unter die Armen, die ihm eines Genießes wegen auf dieser Reyse nachfolgten, austheilen muste.”

Tournefort, Joseph Pitton de [top]

Tournefort (1748): “Beschreibung des Labyrinths in Candia.” [biblio]


[Pp. 829-31] “Das Labyrinth in Candia ist ein unterirdischer Gang, wie eine Straße, die durch tausend Umgänge und Abgänge auf allen Seiten, und ohne die geringste Ordnung, die ganze Höhle eines am Fusse des berges Ida gelegenen Hügels, auf der Südseite, drey Meilen von der alten Stadt Cortina gelegen, durchschneiden. Man gehet in dieses Labyrinth durch eine 7 bis 8 Fuß breite Oeffnung. Ein Mensch aber, auch nur von mittelmäßiger Länge, kann nicht hindurch, ohne sich zu bücken. […] [830-831] […]

Es ist also viel wahrscheinlicher, das Labyrinth sey nichts anders, als ein von der Natur angelegter Gang, den geschickte Leute vor viel hundert Jahren gangbar gemacht; indem sie die meisten gar zu engen Oerter erweitert. Die Decke höher zu machen, brauchten sie nichts weiter, als etliche Steinlagen wegzunehmen, die von Natur, so dicke der Berg ist, horizontal über einander liegen. An einigen Orten stieß man die Mauer senkrecht ab, und legte die meisten Steine, welche die Wege hinderten, in Ordnung.”


[Pp. 833, 841-42] “Ich kann das Labyrinth nicht verlassen, ohne meinen Herren von einer Observation Bericht zu geben, die mir sehr merkwürdig vorkommt, und die ich seit langer Zeit gesucht, um eine Hypothese zu bestätigen, die ich Ihnen vorgetragen. Sie betrifft das Wachsen der Steine. […] [834-841] […]

Zu diesen Observationen kann man noch eine Anmerkung fügen, die wir auf einer Insel des Archipelagi, Antiparos genannt, weil sie der berühmten Insel Paros gerade gegen über liegt, machten. Aus dem Boden einer der schönsten Grotten auf der Welt, die mit wunderwür- [842] digen angeschossenen und zusammen gesetzten Dingen bekleidet ist, steigen cylindrische Marmorpfeiler hervor, darunter der größte über sechs Fuß hoch und einen Fuß im Diameter ist. Er it gegen die Spitze zu rund und fast durchgehends von gleicher Dicke. Daneben siehet man einige kleine, die, wie die wachsenden Hörner aussehen: sehe nahe daran ist noch die Hälfte von einem solchen Pfeiler, der quer durch abgeschnitten ist, und den Stamm von einem abgehauenen Baume ganz natürlich vorstellet. Die Mitte, etwan einer Spanne breit, ist von braunnem Marmor, der ins Eisengraue fällt, und gleichsam der holzigte Körper des Baums. Diese Materie ist mit dem weißen und zarten Holze und der Rinde, ja auch mit alten Holzlagen von verschiedener Farbe, umgeben. Sie machen sich durch sechs concentrische Zirkel, kenntlich; die ohngefähr zwo bis drey Linien dicke sind, deren Fasern aber, vom Mittelpunkte gegen den Umkreis zu gehen. Wie es scheint, so sind diese Marmorstämme wie Pflanzen gewachsen, und wachsen vielleicht noch immer. Denn es fällt kein Tropfen Wasser hieher. Es ist auch nicht begreiflich, wie diese Wassertropfen, wenn sie auch dahin gekommen wären, bey einem Falle von 25 bis 30 Klastern hoch, cylindrische Stücke hätten bilden können, deren ordentliche gestalt nicht im geringsten unterbrochen ist, und die sich in Gestalt einer runden Mütze endigen. In der Tiefe dieser Grotte zur Linken ist eine noch weit erstaunlichere Pyramide zu sehen. Sie ist 24 Fuß hoch, stehet allein, gleicht in gewisser Art einer Bischofsmütze, und ist mit verschiedenen Capitalen, die in der Länge gehohlkehlet sind, und auf Füssen stehen, gezieret. Die Grundfläche dieser Pyramide ist 12 bis 15 Fuß breit, und ganz mit Zierrathen besetzet, deren Spitzen dicker sind, als die Füsse; und man bemerkt an ihnen, daß ihre Zweige, wie die am Blumenkohl, von unten auf treiben, und sich mit großen Sträußen schließen. Es ist unmöglich, daß dieses durch den Fall der Wassertropfen entstehen können; denn die letzten werden das Werk der ersten bedecken.”


Tournefort (1776-77): Beschreibung einer auf königlichen Befehl unternommenen Reise nach der Levante [biblio]


[14. Brief: Vol. 2, p. 464] “Im Gegentheil sind sie [die Türken] große Liebhaber der Katzen, entweder weil diese Thiere von Natur sehr reinlich sind, oder weil sie mit ihnen, in Ansehung ihrer Ernsthaftigkeit sympatisiren; da hingegen die Hunde leichtsinnig, unbesonnen und wiederspenstig sind. Ausserdem hat man den Türken weis gemacht, daß Mahomet seine Katze so sehr geliebet hat, daß er, als er über einen Punct der Religion um Rath gefraget wurde, lieber den Aufschlag an seinem Kleide, auf welchem dieses Thier schlief, habe abschneiden, als [es] aufwecken wollen, welches hätte geschehen müssen, wenn er aufgestanden wäre, um mit der Person, die seiner erwartete, zu reden.”


[15. Brief: Vol. 3, p. 19] “Zonaras meldet, daß unter der Regierung des Constantinus Copronymus ein so kalter Winter gewesen sey, daß man auf dem Eiß zu Fuß von Constantinopel nach Scutari habe kommen können; ja daß das Eis sogar Wägen ausgehalten habe. Im Jahr 401 unter der Regierung des Arcadius war das schwarze Meer zwanzig Tage lang zugefroren, und da solches wieder zerbrach, sah man vor Constantinopel fürchterliche Stücken davon vorbey schwimmen.”

Triewald, Martin [top]

Triewald (1749): “Ferner Fortsetzung der Wissenschaft von Steinkohlen.” [biblio]


[Pp. 147, 152-53] “Dieser Dunst oder Schwaden, der sich in den Steinkohlengruben einfindet, ist von zweyerley Art und Beschaffenheit. Die Wirkung der ersten Art bestehet darinn, daß kein Licht, Grubengeleucht, glüende Kohle, oder ander Feuer, für solchem Dampfe brennen kann, sondern dasselbe in so kurzer Zeit auslöschet, als eine Flamme in einem luftleeren Recipienten an der Luftpumpe. […] [148-152] […] Die andere Art einer schädlichen und tödtlichen Luft in Steinkohlenbrüchen, nennen die Engländer Wild Fire, (wild Feuer) welche nicht so gemein ist, als die vorige, [153] und sich insonderheit in solchen Kohlenadern findet, die Petroleum, oder Steinöhl bey sich führen, und dieser Ursache halben von ihnen Fett Coals (fette Kohlen) genennet werden.

Sie nennen diese feuerfangende Luft Wild Fire, wegen ihrer Aehnlichkeit mit dem igne fatuo (Irrlicht) wenn dasselbe entzündet wird; […].”

Ulloa, Jorge Juan de & Antonio de [top]

See: AHR, vol. 9.

Valvasor, Johann Weikhard Freiherr von [top]

Valvasor (1689): Die Ehre des Herzogthums Crain. [biblio]


[Vol. 1 (Bk. 2, ch. 68), pp. 278-80] “Hoch-verwunderlich und mächtig-lange Grotte bey Adelsperg. Bey Adelsperg (Postoina): da man mächtig-weit hinein geht, und noch Niemand, zum Ende derselben gelangt ist. Ich bin Selber ungefähr zwo gute Meilwegs, mit Fackeln und Lichtern, hinein gegangen. Man findt inwendig sie überall, voller Gänge und Hölen, hin und wieder; imgleichen gewaltig-grosse Plätze, darinn grosse Häuser und Dörffer Raums genug hetten; an etlichen Orten, auch abstürtzige Oerter, die so tieff hinab gehen, daß, wenn ein [279] Stein hinab geworffen wird, man allererst über zwey Vater Unser lang, den Fall hört. Welches gewißlich eine grausame Tieffe anzeigt. […]

Natürliche Schau-Bühnen daselbst. Man trifft, einiger Orten, gleichsam die allerschönste und wunderwürdigste Theatra darinn an, darauf man Comedien spielen könnte. Diese sollten gar leicht dem steinernem Schau-Gerüste zu Saltzburg alle Zuschauer abspannen, und ihnen die aufgesperrte Augen, dem die zu Hölebrunn aber den Rücken der Leute zuwenden: denn es ist, zwischen ihnen, keine Gleichheit. Könnten also diejenige, welche, für die Erlaubniß der Comedien, oder andrer Schauspiele, streiten, das wunderliche Spiel, so die Natur in dieser Hölen, treibt, zur Begläntzung ihres Vorgebens, mit anführen, und sagen, wann die Schau-Bühnen verdienten abgebrochen, zerhauen, und verbrannt zu werden; würde sie sie Natur selbst nicht aufbauen, und so perfecte Muster davon vorstellen. Wiewol ein Andrer, der anders gesonnen, und den Comedien nicht hold ist, aus eben dieser Hölen, für sich ein Schutz-Wort herfür holen könnte, und antworten: So die Comedien deß Lichts und christlicher Augen würdig wären; würde die Natur selbst die Comediantische Spiel-Bühnen nicht in finstre Hölen verstecken, gleich als wollte sie damit die Erklährung von sich geben, daß man billig alle Comedien, und Spiel-Gerüste, zumal die üppige, vor menschlichen Augen verbergen, und lieber unter die Erde, wie in einen tieffen [280] Kercker, verweisen, als über der Erden begaffen sollte.

Steinerne Brucken darinn. Es steht auch eine steinerne Brucke darinn, die ziemlich breit und weit reichet, wiewol nicht, über einen Werckschuch, dick ist.”


[Vol. 1 (Bk. 4, ch. 8), pp. 531-32] “Von der Grotte bey Adelsperg. Von derselben ist zwar vorhin schon in der summarischen Topographia, gehandelt worden; aber die völligere Ausführung einer gewissen Geschicht, so sich dabey zugetragen, diesem Ort vorbehalten: welches uns bemüßigt, die Gestalt und Gelegenheit der Grotten selbst anjetzo eines Theils zu wiederholen.

Es scheint, diese Grotte sey in Crain die allergrösseste und weitläufftigste, dabey aber auch wol die allerfurchtsamste. Wie tief und schrecklich weit man gleich hinein gekommen; hat sie doch ihr Ende noch Keinem bißhero weisen wollen. Ich kann versichern, daß ich zwo gute Meil Wegs, bey Lichtern und WindLichtern, hineingegangen; doch das Ende nicht erreicht. So habe ich auch, nach fleissiger Forschung, nicht erfahren, daß Jemand noch weiter hinein gekommen wäre, als ich, dazumal samt denen die dazumal bey mir waren. Man will zwar sagen, daß es darinn einen gewissen Gang habe, welcher Einen bey der Grotten bey KleinHäusel, heraus führe: aber es ist keine Gewißheit, und habe ich wol Niemanden können erfragen, der solches aus eigener Erfahrung, könnte versichern. Doch glaube ich solches: weilen Alles hin und wieder voll Löcher ist. Ich bin zwar viel weiter, als biß KleinHäusel, drinn gewest; aber rechter Hand hinein.

Entsetzlicher Anblick derselben. Furchtsam aber ist sie deßwegen, weil sie überall, in viel Gänge und Hölen, sich theilet, auch viel mächtig-geraume Plätze, und an manchen Orten abschössige Oerter darinn angetroffen werden, welche sich über die Masse tieff hinab stürtzen, also, daß man einen hinunter geworffenen Stein kaum, nach ein paar Vater Unser, den Grund deß Schlundes treffen hört. Uberdas seynd, etlicher Orten, greuliche Höhen darinn; und anderswo eine Menge abentheurlicher Bild-Seulen, welchen Einem gleichsam allerley Ungeziefer vorstellen, als Schlangen und dergleichen; imgleichen allerley Teufels-Larven. Solcher wüsten und düsterlichen Figuren wird man, hie und da, in allen Winckeln, Böden, und an vielen Seulen, mehr ansichtig, weder dem Gesicht gefällig. Ja es steigen Einem mancher Orten, die Haar empor, über solche Abentheuren, Mißgestalten, tieffe Grüffte, Klüffte, und Schlutten, wie auch erschreckliche Höhen: Also, daß man wol sagen mögte, die entsetzliche Curiositet habe daselbst ihren rechten Muster-Platz. Denn je mehr man in diese Grotten, sich vertiefet, je mehr sie ihre Gestalten vergrausamt. Dennoch ist sie würdig, daß man sie besichtige, und wird, durch die Unleutseligkeit ihrer vielen Hölen, Winckeln, tieffen Schrunden und Schlunden, wie auch abscheuliche Figuren und Bilder, ja durch die Häßlichkeit gleichsam selbst, der Schau-Gierde recommendirt: gleichwie ein wüster und wilder Africanischer Mor, als etwan ein häßlicher Hottentot, mit nicht geringerer Schau-Lust angeblickt wird, als wie ein schöner wolgebildter Mensch in Europa. Denn die Ungewöhnlichkeit reitzet, auch mit scheußlicher und schrecklicher Gestalt, die Besucher an sich: und was rar ist, es sey lieblich, oder grauerisch, das wird, durch seine Ungemeinsamkeit der Verwunderung, fähig.

Etliche zierliche Schauplätze darinn. Zudem seynd gleichwol, in dieser Groten, auch noch etliche schau-lustige Oerter, darinn gar zierliche Schauplätze hervortreten, und das Auge, unter so manchen strengen Objecten, erquicken. In Summa; diese Grotte giebt sowol der Curiositet, als der Fürsichtigkeit, Materi, und will, von dem menschlichen Gesicht, eines Theils geliebt, andren Theils gefürchtet seyn: Geliebt, um besagter Zier-reicher Schau-Gerüste willen; gefürchtet, wegen gedachter abscheulicher Stürtz-Oerter, Höhen, Weiten, und mancherley Krümmen, die einem Labyrinth, oder Irr-Garten, fast ähnlich, und Einen, der seine Augen nicht brauche wollte, gar unsanfft, und sehr tieff, hinab betten sollten.

Zwo Brucken in dieser Grotten. Vorhin, ist in der kurtzen universal-Topographia, in dieser Grotten nur einer einzigen Brucken allein gedacht: Es seynd aber vielmehr derselben, meines Wissens, zwo darinn, von der Natur, erbaut, und zwar aus puren Felsen: deren Eine nicht weit vom Eingange, gantz dick, aus einem Felsen-Stück ist. Gar tieff unter dieser Brucken, findet man etwas, als wie eine aufgemaurte Mauer, welche meistens wäre herabgefallen, also, daß noch etliche Stücke nur hinterstellige, und darauf stehn blieben: Welches [532] recht artlich zu sehen ist. Nicht weit von dieser Brucken, ist ein Umgang hinabwerts, gegen dem, durch die Brucke fliessendem, Wasser: daß man also gantz nahe dazu hinunter kommt, und nur vier Klaffter weit noch davon gesondert bleibt.”


[Vol. 1 (Bk. 4, ch. 47), pp. 630-34] “Das XLVII. Capittel. Von der wahren Beschaffenheit deß Czirnizer Sees, als dessen Lager-Gegend, Länge, Breite, Tieffe, fürnehmsten Löchern, und deren Ausleerung. […] [631-632] […]

Grösse des Sees. Dieser Cirknizer See ist, vom Auf- gegen Niedergange, eine gute starcke Teutsche Meilwegs lang; und von Mitternacht gegen Mittag, eine gute halbe breit. […] [633-634] […]

Ordnung und Zeit des Ablaufs dieses Sees. Dieser wunderseltsame See hat aber auch unterschiedliche und viele Gruben oder Löcher in sich; die nachgehends sollen angedeutet werden. Wann er beginnt in Abnehmen zu gerathen, laufft er, in fünff und zwantzig Tagen, gäntzlich ab, und leeret sich, innerhalb solcher Zeit, solcher Gestalt aus, daß fünff Löcher oder Gruben, nicht zugleich miteinander auslauffen oder entwässert werden, sondern allezeit, in fünff Tagen, Eines derselben leer wird; nemlich in dieser Ordnung. […] Wir wollen sie alle nacheinander, bey Namen, samt ihrer Ordnung und Zeit der Austrucknung hieher setzen. […]

Uber jetztbenamste achtzehen Gruben, oder Löcher, hat es noch andere Löcher, welche, mit denselben, inzwischen zugleich ablauffen, und ledig werden; deren etliche ich hernach specificiren will, anjetzo aber sie unbenamst lasse: weil es darinn keine rechte Fischerey giebt.

Varen, Bernhard [top]

Varen (1681): Geographia generalis. [biblio]

1681 Latin edition; 1734 English translation.


[Chapter 7, Prop. 7 (p. 46)] “Propositio VII. Terrarum species variis modis inter se commixta sunt in Tellure. […] Cum Amstellodami aliquando ad puteum faciendum effoderetur terra usque ad ducentorum & triginta duorum pedum profunditatem, hae species terrarum oblatae sunt. Hortensis terrae pedes septem, nigrae ad ignem nutriendum aptae, quam vocant Torff (neque enim sunt cespites propriè loquendo) pedes novem, argillae mollis novem, arenae octo, terrae quatuor, argillae decem, terrae quatuor, arenae, super qua solent domus Amstelodames fistucari, pedes decem argillae duo, Sabulonis albi quatuor, siccae terrae quinque, turbidae unus, arenae quatuordecim, arbillae arenariae tres, arenae cum argilla mixtae quinque, arenae marinis conchulis mixtae quatuor, deinde fundusargillae ad centum & duorum pedum profunditatem, deinde fabulo trigenta pedum & unius, ubi fossio desiit. […]”


[Chapter 7, Prop. 7 (1: 97-98)] “Proposition VII: Various kinds of Bodies are several Ways mixed together in the Globe of the Earth. In Mines there are found Particles of Gold, Silver, Lead, &c. not gathered into a Mass and separate from others; but sometimes mixed among themselves, and sometimes with useless Earth, in such very small Particles that the best Judges in Metals cannot at first Sight discover what sort of Mineral is contained in some Metalline Earths (note f). Also in the Fields, Sand is [98] sometimes mixed with Clay or Lime, and sometimes with Salt, &c. Not long since at Amsterdam, when the Earth was digged up to the Depth of two hundred thirty two Feet to make a Well, these kinds of Earth were gradually discovered. First seven Foot of Garden Mould, then nine Foot of black combustible Earth, which is called Peat, (not like that they properly call Dutch Turf) then nine Foot of soft Clay, then eight Foot of Sand and four of common Earth, then ten Foot of Clay, and again four of common Earth, then ten Foot of Clay, and again four of common Earth, next that ten Foot of such Sand as the Foundations of the Houses in Amsterdame are laid in, then two foot of Clay, next four Foot of white Gravel, then five Foot of dry Earth, and one Foot of Mud, again fourteen Foot of Sand, then three Foot of sandy Clay or Mire, afterwards five Foot of Sand mixed with Clay, and next four Foot of Sand mixed with little Sea-Shells, then there was a Stratum of Clay one hundred and two Foot deep, and lasty thirty one Foot of Gravel, where the Shaft was finished.”

(note f) “The indefatigable Dr Woodward, in his Essay towards a Natural History of the Earth, reasonably supposes all these Commixtures of the Particles of Bodies in the Strata of the Earth, to proceed from those strange Alterations that were every where made in the Terrestrial Globe at the Deluge, when the whole Globe was dissolved, and the Particles of Stone, marble, and all other solid Fossils dissevered, taken up into the Water, and there sustained together with Sea Shells, and other animal and vegetable Bodies: that at length all these subsided from the Water, according to the Nature of their Gravity; the heaviest Bodies first, then those that were lighter; but all that had the same Degree of Gravity settled down at the same Time; so that those Shells, or other Bodies, that were of the same specific Gravity with clay, Chalk, Sand, &c. sunk down together with them, and so were inclosed in the Strata of Chalk, Clay, Sand, or Stone, which their Particles formed; that at the general Subsidence, Metals and Minerals, as well those which were amassed into Lumps as those which continued asunder, and in single Corpuscles, sunk down to the Bottom along with Sand, Coal, Marble, &c. and so were lodged with the Strata which the Sand, &c. constituted.[…]”


[Caput 13, Prop. 5 (pp. 97-100)] “Propositio V. An Oceanus ubique sit ejusaem altitudinis? […] [98] […] Imo si vera sunc, qua de Rege Aegypti Sefostri, de Dario aliisque Aegypti regibus commemorantur a fide dignis scriptoribus, non est quod dubitemus de illa inaequalitate altitudinis. Etenim Regis illi artentarunt fossam seu alveum ducere e mari rubro in Nilum, ut hac via ex Indico mari & utilitatem praeberet Aegypto *amp; plurimis regionibus littoris Mediterranei sinus. Verumenumvero susceptum negotium omittere coacti sunt, cum a peritis deprehensum esset, mare rubrum multo esse altius, quam terram Aegypti interioris. Si itaque mare rubrum est altius quam terra Aegypti, erit quogue altius quam aqua farvii Nili, & per consequens altius quam ostia Nili & quam ipsum Mediterraneum mare. Aquam enim Nili non esse minoris altitudinis, quam sit maro Mediterraneum, ex eo manifestum est, quod in illud fluit. Qua- [99] re mare Rubrum & ideo quoque Indicum mare est altius quam mare Mediterraneum, saltem ad jujus extremas partes circa Aegyptum, Syriam, Thraciam, & in mari Aegeo.

[…] atque ideo metuendum esset, ne aqua e Rubro mari in Mediterraneum influens obrueret illorum littorum regiones, inprimis Aegyptum, de cujus humili situ omnes consentiun Scriptores.

[…] Alii vero aliam addunt causam, quod ipse Oceanus Indicus, ex quo mare Rubrum profluit, sit altior quam Oceanus Atlanticus, ex quo Mediterraneum (quod mihi admodum dubium videtur.)

Si itaque Isthmus inter mare Rubrum & Mediterraneum perfoderetur, tunc equidem patente via Oceanus Indicus multu, aquae immitteret in Mediterraneum finum. An vero tantam copiam immissurus fit, ut ex ea regionibus adjacentibus littori Mediterranei maris periculum inundacionis existeret, de eo dubito. Fortasse enim iae fieret, ut si Indicus Oceanus plusculum immitterer, tunc minus immitteret Atlanticus Oceanus per fretum Gaditanum, quippe cjus altitudini aliquid detraheretur, si ex Indico Oeano motus fieret in Mediterraneum mare. […] [100] […]

Aliud fuit consilium Praetoris Indici Lusitani Alphonsi Albuquercii, qui in animo dicitur habuisse, Nilum ab Aegypto avertere ducto alveo ex Abassia (qua Aegypto contermina est intercedentibus tantum quibusdam defertis, & per quam fluit Nilus antequam in Aegyptum veniat,) in mare Rubrum, ut ita Aegyptum Turcis redderet sterilem & instructuosam. Verum morte preventus est, antequam quicquam in hoc negotio suspieret.”


[Chapter 13, Prop. 5 (1: 191, 193-95)] “Proposition V: Whether the Ocean be every where of the same Altitude. […] [193] […] We need not doubt of this, if it be true what is recorded of Sefofiris, Darius, and other Kings of Egypt, by some Authors of good Credit, how they attempted to cut a Chanel between the Red-Sea and the Nile, that out of the Indian Ocean and thro’ the Red-Sea, they might fail that Way from the Mouth of the Nile into the Mediterranean; which would be of great Advantage to Egypt and other Countries upon the Coast of the Mediterranean. But they were forced to desist from this Enterprise, when the Red-Sea was discovered by the Artificers to be much higher than the Inner Egypt. If therefore the Red-Sea be higher than the Land of Egypt, it will be also higher than the Water of the Nile and the Mediterranean itself, into which the Nile flows; and confequently the Red-Sea, and also the Indian Ocean, are both higher than the Mediterranean, especially the furthest Parts of it about Egypt, Romania, and the Archipelago.

[194] […] it was feared, that the Red Sea should overflow them, especially Egypt, which is reckoned by every one to be a very low Country.

[…] I cannot think that the Indian Ocean is higher than the Atlantic, as some imagine.

IF therefore the Isthmus was cut through, no doubt but a great Quantity of Water would flow from the Red-Sea into the Mediterranean; but I cannot think so much as to bring Egypt, and other Places about the Levant, into danger of being overflowed: because if the Indian Ocean poured in more Water, the Atlantic, would very likely emit less, that so they might each retain the same Altitude in Proportion. […]

[195] […] But Alphonsus Albuquerce, Governor of the Portuguese Indies, was of another Opinion, when he had intended to have turned the Nile from Egypt, by cutting a Chanel thro’ Abyssinia (which borders upon Egypt, only a few Desarts interposing) to the Red-Sea, that by this means he might [196] render Egypt barren and unfruitful to the Turks; but he died before he could undertake it.”


[Chapter 13, Prop. 6 (pp. 102-3)] “Propositio VI. Profunditas maris sive Oceani in plerisque partibus explorari potest bolide: pauca loca sunt, quorum fundus bactenus nondum attingi potuit.

Profunditas Oceani varia est, nimirum pro alveorum majori vel minori depressione, 1⁄80 milliar., 1⁄20, 1⁄10, 1⁄4, 1⁄2, &c. in paucis locis integri circiter milliaris Germanici deprehensa est, ubi non sufficiunt funes ad explorandam profunditatem, etsi hic quoque verisimile sit profunditatem terminatam esse non ad ingentem distantiam. Cum hoc tamen non negamus, in profundis alveis quasdam quasi voragines vel alios subterraneos meatus esse. […] [102] […]

Caeterum ex observata hactenus in plerisque locis profunditate manifestum est, eam sere aequalem esse altitudini sive elevationi montium & locorum Mediterraneorum supra littora, nimirum quantum haec elevantur & extant supra littora Horizontem, tantum alvei maris infra eum deprimuntur, sive quantum assurgit terra a littoribus versus Mediterranea loca tantundem palatim magis magisque deprimitur usque ad medii Oceani loca, ubi plerumque maxima est profunditas.”


[Chapter 13, Prop. 6 (1: 198-99, 201)] “Proposition VI. The Depth of the Sea, or Ocean, in most Parts may be tried with a sounding Lead; and there are but few Places where the Bottom cannot be reached.

The Depth of the Ocean varies according to the greater or lesser Depression of the Chanels; being found 1⁄80 of a German Mile, 1⁄20, 1⁄10, 1⁄4, 1⁄2, &c. deep; and in a few Places a whole German Mile or more, where the Line was commonly not long enough to try how much, tho’ even there it is likely the Bottom is not at a vast Distance, [199] unless perhaps in some Places there may be deeper Pits than ordinary, or subterraneous Passages.

[201] […] Moreover, from the Observations of the Depth in divers Places, it is manifest, that the Chanels in Depth are nearly equal to the Mountains and inland Parts in Elevation, that is, as much as the one is raised, so much the other is depressed, and as the Altitude of the inland Parts is gradually increased from the Shore, so is the Sea deeper and deeper towards the Middle of the Ocean, where the Depth is for the most part greatest.”


[Chapter 19, Prop. 41 (pp. 249-51)] “Cum haec a Typothetis essent disposita, incidi forte in observationem quandam a Davide Froelichio in monte Carpatho Hungariae institutatam, quae quoniam non parum facere videbatur ad judicium de aeris altitudine & regionum ejus constitutione ferendum, ideo eam hic adjungendam existimavi, esti ad Propositionem XVIII debuisset adjungi. […][250] […] Vnde Collegi summum cacumen istius montis Carpathici ad milliare Germanicum à radicibus suis imis exsurgere, & ad supremum usque aëris regionem, ad quam venti non adscendunt, pertingere. Explosi in ea summitate Sclopetum, quod non majorem sonitum primo prae se tulit, quam si ligillum vel bacillum confregissem, post intervallum autem temporis, murmur prolixum invaluit, inferioresque montis partes, convalles & sylvas opplevit.”


[Chapter 19, Prop. 42 (1: 474-76)] “Whilst this was printing, I met with an Observation made by David Froelichius on Mount Carphathus in Hungary, which, because ’tis very useful in forming a Judgment of the Altitude of the Air, and of it’s several Regions, I thought proper to add it here, tho it should have come in at Prop. xviii. He says ‘Carpathus is the chief of the Mountains in Hungary, which Name is common to all that Tract of the Sarmatian Mountains, which separates the Hungarians from the ussians, Polanders, Moravians, Silesians, and those in that Part of Austria beyond the Danube. Their high and frightful Tops that are above the Clouds appear at Caesareopolis. They are called sometimes by a Name importing that they are almost continually covered with Snows; and by another Name that imports them to be bald and shaven as it were. And indeed the Rocks there do far exceed the Alps in Italy, Switzerland, and Tyrol, in roughness and Precipices: they are almost unpassable, and no Body goes near them but thofe that are curious Admirers of Nature.

And to mention this by the way; when I was a Youth, having, in June 1615, a Desire to try how high these Mountains might be, I went up with two of my School-Fellows: when I had got up to the Top of the first Rock with great Difficulty, and thought I was on the Top of all, there appeared another ragged Rock much higher; and when I had clamber’d to it, over many large and loose Stones, (any one whereof being thrown down would carry some hundreds far [475] greater before it, with such a Noise, that one would think the whole Mountain were tumbling) again another higher appeared, and then some lesser, the latter whereof still exceeded the former in Height. Through all these Caverns I was obliged to pass, with the utmost Danger of my Life till I gained the Summit. Whenever I look’d down from the steep Rocks into the Vales below, that were thick set with large Trees, the Appearance was like that of a dark Night; or else of the blue and high Sky, which we sometimes see in fair Weather. And it appeared to me, that if I had been to fall, I should have tumbled, not to the Earth but into the Heavens. For the visible Objects, on account of the great Declivity, appeared diminished and confused. But when I ascended to a higher Mountain, I came into thick Clouds, and having got thro’ them, I did after some Hours sit down, when I was not far from the Top, and plainly observed the white Clouds, I was among, moving below; and over them I had a clear prospect some Miles beyond the Bounds of the Country of Sepusiam, in which the Mountains were. I also saw other Clouds higher, others lower, and some equally distant from the Earth; from all which I gathered three things, 1. That I had passed the beginning of the middle Region of the Air. 2. That the Distance of the Clouds from the Earth is different in different Places, acccording to the Vapours raised. 3. That the Distance of the lowest Clouds from the Earth, is far from being seventy two German Miles, as some would have it; and is only half a German Mile. When I came to the Top of the Mountain the Air was so thin and calm that I could not perceive the Motion of a Hair, tho' there was a vehement Wind when I was on the Mountains below, From whence I find that [476] the highest Top of Mount Carpathus rises a German Mile from its lowest Root up to the highest Region of the Air, to which the Winds never reach. I fired a Pistol on the Top, which at first made no greater Noise than if I had broke a Stick or Staff; but, after a little time, there was a murmuring for a long while, which filled the Vallies and Woods below. And coming down thro’ the ancient Snows to the Vallies, I fired again, which made a dreadful Sound, as if great Guns had been fired, and I was afraid the whole Mountain should come down on me. The Sound lasted for half a Quarter of an Hour, ‘till it had reached the most secret Caverns, where the Sound being enlarged reflected back every Way; which Caverns not being above, there was at first little rebounding, but when the Sound reached those below, it rebounded violently. On these high Mountains it hails or snows for the most Part, even in the middle of Summer; viz. as oft as it rains in the neighbouring Vallies below: which I have found. The Snows of different Years may be known from their Colour and firm Surface.’”

Virgil [top]

Virgil: Aeneid. [biblio]


[Book 3, lines 571-587]
“sed horrificis iuxta tonat Aetna ruinis;
interdumque atram prorumpit ad aethera nubem,
turbine fumantem piceo et candente favilla,
attollitque globos flammarum et sidera lambit; [575]
interdum scopulos avolsaque viscera montis
erigit eructans, liquefactaque saxa sub auras
cum gemitu glomerat, fundoque exaestuat imo.
Fama est Enceladi semustum fulmine corpus
urgueri mole hac, ingentemque insuper Aetnam [580]
impositam ruptis flammam exspirare caminis;
et fessum quotiens mutet latus, intremere omnem
murmure Trinacriam, et caelum subtexere fumo.
Noctem illam tecti silvis immania monstra
perferimus, nec quae sonitum det causa videmus. [585]
Nam neque erant astrorum ignes, nec lucidus aethra
siderea polus, obscuro sed nubila caelo,
et lunam in nimbo nox intempesta tenebat.”


”But AEtna roars with dreadful ruins nigh,
Now hurls a bursting cloud of cinders high,
Involv’d in smoaky whirlwinds to the sky;
With loud displosion, to the starry frame
Shoots fiery globes, and furious floods of flame:
Now from her bellowing caverns burst away
Vast piles of melted rocks, in open day.
Her shatter’d entrails wide the mountain throws,
And deep as hell her burning center glows.
On vast Enceladus this pond’rous load
Was thrown in vengeance by the thund’ring god;
Who pants beneath the mountain, and expires,
Through openings huge, the fierce tempestuous fires;
Oft as he shifts his side, the caverns roar;
With smoke and flame the skies are cover’d o’er,
And all Trinacria shakes from shore to shore.
That night we heard the loud tremendous sound,
The monstrous mingled peal that thunder’d round;
While in the shelt’ring wood we sought repose,
Nor knew from whence the dreadful tumult rose.
For not one star displays his golden light;
The skies lie cover’d in the shades of night;
The silver moon her glimmering splendor shrouds
In gathering vapours, and a night of clouds.” (Christopher Pitt, transl.)


[Book 8, lines 666-70]
“Hinc procul addit
Tartareas etiam sedes, alta ostia Ditis,
Et scelerum poenas, et te, Catilina, minaci
Pendentem scopulo, Furiarumque ora trementem;
Secretosque pios; his dantem iura Catonem.”


“Far hence remov'd, appear the realms below
The horrid mansions of eternal woe;
Where howl the damn'd; where Cataline in chains
Roars from the dark abyss, in endless pains;
Sees the grim furies all around him spread,
And the black rock still trembling o’er his head.
But in a separate space the just remain;
And awful Cato rules the godlike train.” (Christopher Pitt, transl.)


“Nicht weit davon zeigt er auch des Tartarus Sitz, die ragende Pforte des Pluto und die Pein der Verbrecher und dich, Catilina, auf schroffer Klippe hängend, in zitternder Angst vor der Furien Antlitz, abseits im Frieden die Frommen und ihren Gesetzgeber Cato. (Johannes and Maria Götte, transl.)

Voltaire [top]

Voltaire (1747): Sammlung verschiedener Briefe. [biblio]


[11. Brief (“Von der Einpfropfung der Kinderblattern”), pp. 173-74] “Die Weiber in Circassien haben von undenklichen Zeiten her im Gebrauch gehabt, ihren Kindern, wenn sie auch nur 6. Monate alt waren, die Blattern zu geben, indem sie in die durch einen Schnitt gemachte Oefnung des Arms eine Blatter setzen, welche sie von dem Leibe eines andern Kindes genommen und sorgfältig aufgehoben hatten. Diese in den Arm gesetzte Blatter bringt eben die Würkung hervor, welche der Sauerteig in dem Brode thut; sie gähret darinnen und breitet die ihr eingeprägte Eigenschaften in dem ganzen Geblut aus. Die Blattern von diesem Kinde welchen man die künstliche Pocke eingesetzet hat, braucht man andern diese Krankhet wieder mitzutheilen. Dieses gehet in Circassien beständig in einem Kreis herum, und wenn unglücklicher Weise keine Pocke im Lande zu haben ist, so ist man daselbst eben so bestürzt, als [174] man anderwerts ists, wenn ein schlimmes Jahr einfällt.

Die Bewegungsgründe, welche die Circassier zu dieser Gewohnheit treiben, welche andern Völkern so fremde däuchtet, haben dennoch alle Einwohner der Erden mit einander gemein. Diese Triebfedern sind die mutterliche Zärtlichkeit und der Eigennutz.

Die Circassier sind arm und haben schöne Töchter, daher ist dieses eine Waare, mit welcher sie ihren stärksten Handel treiben. Sie leifern die Schönheiten in das Serail des Grostürken, des Sophi in Persien und aller derjenigen, welche hinlänglich Vermögen besitzen, diese kostbare Waare zu unterhalten. Sie gewöhnen ihre Töchter zu allem Guten und höfflichen Sitten, als, den Mannspersonen zu liebkosen, anmuthig und zärtlich zu tanzen und durch alle nur ersinnliche wollüstige Kunststücke den ecklen Geschmack ihrer künftigen Liebhaber zu reizen. Diese armselige Geschöpfe sage alle Tage den Müttern ihre Lection auf, so wie unsere Mägdgen den Catechismum ohne ihn zu verstehen herbeten.”


[16. Brief (“Von der Optik des Hrn. Newtons”), p. 257] “Herr Newton hat die in Verwunderung gesetzte Weltweisen belehret, daß gewisse Cörper nur des wegen undurchsichtig, weil sie viele Luftlöcher haben, daß das Licht seine Strahlen aus dem innern seiner Luftlöcher auf unsere Augen zurück werfe, daß ein Cörper desto durchsichtiger sey, je kleinere Luftlöcher er habe, also wirft das Papier das Licht zurück, wenn es trocken ist, und lässet es durchfallen wenn es mit Oele getränkt ist, weil das Oel, indem es seine Luftlöcher anfüllet, solche viel kleiner macht.”

Voltaire (1752): Die Zeiten Ludewigs des Vierzehnten. [biblio]


[Vol. 1, pp. 76-77] “Der Krieg endigte sich und fieng verschiedene mahl wieder an. Es war kein einziger, der sich nicht zum öftern von einer Parthey zur andern geschlage hätte. […][77][…] Man hatte die Anhänger des herzogs von Beaufort bey dem Anfange der Regentschaft die Ansehnlichen genannt, und den Anhang des Conde nannte man die Parthey der kleinen Herrn [petit-maîtres], weil sie die Herren des Staats seyn wollten. Von allen diesen Unruhen ist weiter kein Ueberbleibsel verhanden, als der Nahme eines kleinen Herrn, den man heut zu Tage der begüterten, aber dabey ungezogenen Jugend beyleget, und der Nahme der Schleuderer, den man den Tadlern der Regierung giebet.”


Voltaire (1760-62): Versuch einer allgemeinen Weltgeschichte. [biblio]


[Vol. 1, pp. 48-49] “In diesem nämlichen Indostan, auf den Küsten Malabar und Coromandel, findet man wider alles Vermuthen auch Christen. Sie haben sich seit ungefähr zwölfhundert Jahren daselbst festgesezt, und nennen sich St.Thomas-Christen. Ein christlicher Kaufmann aus Syrien, mit Namen Mar Thomas (Mar heißt so viel als [49] Herr), hat daselbst nebst seiner Handlung zugleich seine Religion aufgerichtet. Er hinterließ eine zahlreiche Familie, einige Factors und Handwerker; diese haben sich ziemlich vermehret, und seit zwölfhundert Jahren die Religion des Mar Thomas fortgepflanzet, den man denn in der Folge der Zeit für den Apostel Thomas auszugeben nicht ermangelt hat.”


Voltaire (1789): Dictionnaire Philosophique. [biblio]


[Vol. 3, pp. 198-200] “Locke a démontré (sil est permis de se servir de ce terme en morale et en métaphysique) que [199] nous n’avons ni idées innées, ni principes innés; et il a été obligé de le démontrer trop au long, parce qu’alors l’erreur contraire était universelle.

De là il suit évidemment que nous avons le plus grand besoin qu’on nous mette de bonnes idées et de bons principes dans la tête, dès que nous pouvons faire usage de la faculté de l’entendement.

Locke apporte l’exemple des sauvages, qui tuent et qui mangent leur prochain sans aucun remords de conscience, et des soldats chrétiens bien élevés, qui, dans une ville prise d’assaut, pillen, égorgen, violent, non seulement sans remords, mais avec un plaisir charmant, avec honneur et gloire, avec les applaudissements de tous leurs camarades.

Il est très sûr que dans les massacres de la Saint-Barthélemy et dans les auto-da-fé, dans les saints actes de foi de l’Inquisition, nulle conscience de meurtrier ne se reprocha jamais d’avoir massacré hommes, femmes, enfants; d’avoir fait crier, évanouir, mourir dans les tortures des malheureux qui n’avaient d’autres crimes que de faire la pâque diffëremment des inquisiteurs.

Il résulte de tout cela que nous n’avons point d’autre conscience que celle qui nous est inspirée par le tems, par l’exemple, par notre tempérament, par nos réflexions.

L’homme n’est né avec aucun principe, mais avec la faculté de les recevoir tous. Son tempérament le rendra plus enclin à la cruauté ou à la douceur; son entendement lui fera comprendre un jour que le qarré de douze est cent quarante-quatre, qu’il [200] ne faut pas faire aux autres ce qu’il ne voudrait pas qu’on lui fît; mais il ne conprendra pas de lui-même ces vérités dans son enfance; il n’entendra pas la première, et il ne sentira pas la seconde.”

Wafer, Lionel [top]

Wafer (1759): Lionel Wafers merckwürdige Reisen nach der Erd-Enge Darien. [biblio]


[Pp. 127-28] “Ausser den jetztbeschriebenen, gibt es in diesem Lande noch eine andere Art Menschen, dergleichen ich niemals an einigem Orte der Welt gesehen, noch davon gehöret habe. Der Bericht wird manchen seltsam vorkommen: Einige Capers oder See-Räuber aber, welche die hiesige Erd-Enge durchstrichen haben, müssen sie ebenfalls gesehen haben, und können in der Haupt-Sache bestärcken, was ich davon anzugeben weiß; wenn sie auch alles so umständlich nicht hätten beobachten können, als ich es gefunden habe, da ich mitten unter diesem Volcke gewohnet habe.

Diese Leute sind weiß, und es giebt sie von beyderley Geschlecht, jedoch sehr wenige gegen die Kupfer-farbigen, oder schwartz-gelben, so daß ihrer in allen nicht bis dreyhundert seyn möchten. Ihr vornehmster Unterschied von den andern, bestehet vornemlich in der Farbe der Haut; jedoch darinn nicht allein. Denn ihre Haut kommt auch weder mit den Europäern, die sanguinischen [128] Temperaments sind, überein, weil dieser ihre weisse Haut vom Blute roth schimmert; noch mit Europäern von blasser weisser Haut, sondern sie ist gantz Milch-weiß, und heller, als an einigen Europäern; der Farbe eines weissen Pferdes sehr ähnlich.

Ferner ist an ihnen bemercklich, daß sie über den gantzen Leib, etliche aber mehr, andere weniger, eine Art kurtzer Milch-weisser Pflaum-Federn haben, und davon die Haut noch viel weisser aussiehet. Sie sind mit Federn so dicke nicht besäet, am wenigsten an Backen und Forder-Haupte, daß nicht die Haut davon unterschieden werden könte. Diese Männer möchten auch wohl weisse stärckere Bart-Haare bekommen, wenn nicht nach dortiger Gewohnheit die Bart-Haare beständig ausgepflücket würden; sie getrauen sich aber doch nicht, von den Pflaumen federigen Härgen am Leibe etwas auszureissen. Ihre Augenbraunen sind gleichfalls Milch-weiß, auch ihre Kopf-Haares und diese überaus fein; etwa sechs oder acht Zoll lang, und einigermassen krause.”


[1704, pp. 106-8] “There is one Complexion so singular almong a sort of People of this Country, that I never saw nor heard of any like them in any part of the World. The Ac- [107] count will seem strange; but any Privateers who have gone over the Isthmus must have seen them and can atest the main of what I am going to relate, though few have had the opportunity of so particular an Information about these People as I have had.

They are White, and there are of them of both sexes; yet there are but few of them in comparison of the Copper-colour’d, possibily but one to two or three hundred. They differ from the other Indianschiefly in respect of Colour, though not in that only. Their Skins are not of such a White as those of fair People among Europeans, with some Tincture of a Blush or Sanguine Complexion; neither yet is their Complexion that that of our paler People, but ‘tis rather a Milk-white, lighter than the Colour of any Europeans, and much like that of a white Horse.

For there is this further remarkable in them, that their Bodies are beset all over, more or less, with a fine short Milk-white Down, which adds to the whiteness of their Skins: for they are not so thickset with this Down, especially on the Cheeks and Forehead, but that the Skin appears distinct from it. The Men would probably have white Bristles for Beards, did not they prevent them by their Custom of plucking the young Beard up by the Roots continually; but for the Down all over their Bodies, they never try to get rid of it. their Eye- [108] brows are Milk-white also, and so is the Hair of their Heads, and very fine withal, about the length of six or eight Inches, and inclining to Curl.”


[P. 208] “Indem wir wieder Nord-werts aus der Süd-See fuhren, kamen verschiedene Eiß-Inseln vor, die wir zuerst vor wirckliches Land ansahen. Etliche schienen eine oder zwey See-Meilen lang, andere keine halbe Engländische Meile zu seyn. Die gröste bey welcher wir vorbey fuhren, um etliche Tage Schutz vor dem Winde zu finden, ließ sich als vier bis fünfhundert Fuß hoch *) ansehen. Wir liessen nahe dabey das Loth fallen, fanden aber keinen Grund, daraus nichts anders geschlossen werden konte, als daß es eine schwimmende Eiß-Scholle wäre, die noch vielleicht eben so tief in der See läge, als sie über dem Wasser hoch war. Dergleichen Eiß-Insel war hingegen in der Süd-See nicht zu sehen gewesen, als ich dahin vorher mit dem Herrn Dampier gefahren war.”


[1704, p. 174] “Running hence to the Northward again, being now got out of the South Sea, we met several Islands of Ice, which at first seem’d to be real Land. Some of them seemed a League or two in length, and some not above half a Mile. The biggest seem’d, as we sail’d by them, which we did before the Wind for several Days, to be about four or five hundred Foot high. We sounded near them, but found no Ground; so that it may reasonably be concluded they were afloat; and perhaps reached as deep into the water, as their height was above it. We saw no such Island of Ice as I went into the South Sea with Mr. Dampier; neither did I ever hear that Capt. Sharp met with any in his return out of that Sea.”

Wahlbom, Johann Gustav [top]

Wahlbom (1754): Anmerkungen über die Baukunst der Alten. [biblio]


[P. 172] “Daß die Pflanzen nicht erst seit gestern und ehegestern in ihre zwey Geschlechter eingetheilet worden sind, obgleich die Kräuterkenner nur eine dunkele und zweifelhafte Erkenntniß davon gehabt haben, kann niemanden unbekannt seyn, der in der gelehrten Geschichte nicht gänzlich ein Fremdling ist. […] Ungeachtet diejenigen, welche mit Palmbäumen umgegangen sind, schon vor Alexanders des Großen Zeiten wußten, daß es unter denselben ein männliches und weibliches Geschlecht giebt, und beobachtet hatten, daß die weiblichen befruchtet würden, wenn man männliche Blumen abschnitte, und darauf legte: so haben sie sich doch nicht getrauet, diese bey einer einzigen Art Pflanzen gemachte Bobachtung auf alle Arten zu deuten.”

Whiston, Thomas [top]

Whiston (1756): “Von Kröten, die in verschlossenen Steinen gefunden worden.” [biblio]


[P. 553] “Herr Charlton, ein Steinschneider, welcher an dem Ende meines Gartens zunächst am Flusse wohnte, kam in mein Haus, und ersuchte mich, zu ihm zu kommen, weil er mir eine große Merkwürdigkeit zeigen wollte. Der Marmor war gleich von einander gesäget, als ich dahin kam, und in der Mitte des Stückes befand sich eine lebende Kröte von mehr als ordentlicher Größe. Die Höhlung hatte ziemlich die Gestalt der Kröte, doch war sie etwas größer, als das Thier selbst. Die Höhlung war, so viel ich mich besinne, von dunkeler gelber Farbe, die Kröte selbst aber, war, die Höhlung ausgeschlossen, mit verschiedenen Zollen klaren dichten Marmors auf beyden Seiten umgeben. Sie schien gesund und von ihrem langen Gefängnisse keine Beschwerlichkeit zu empfinden. Dieß ist die bloße Begebenheit, von der ich vermittelst meiner eigenen Erfahrung völlig versichert bin, und ich berufe mich ihrer Wahrheit wegen auf Herrn Charlton, der sich itzo zu Wisbech aufhält.”


[1756 (May), p. 240] “Mr Charlton, a stone-cutter, who liv’d at the bottom of my yard next the river, came up to my house, and desired me to walk down to his shop, and he woudl shew me a great curiosity. The marbe was just sawn asunder as I got there, and a living toad of a more than ordinar size was lodged in the middle of the block. The cavity was pretty ear in the shape of the toad, but something larger thatn the animal itself. The cavity, to the best of my remembrance, was of a dusky yellow colour, but the toad himself was surrounded, exclusive of the cavity, with several inches of clear, solid marble on both sides. He seemed healthful and well, and not at all the worse for his long confinement. This is the naked fact, which I am fully satisfied of from my own knowledge, and I appeal to Mr. Charlton, now living at Wisbech, for the truth of it.”

Winckelmann, Johann [top]

Winckelmann (1762): Anmerkungen über die Baukunst der Alten. [biblio]


[Pp. 15-16] “Eine andere Ursache doppelter Mauern war, sich wider den Wind zu verwahren, welcher bey den Griechen λίψ, bey den Römern Africus, und itzo Scirocco heißt. Dieser Wind kömmt aus Africa, wie bekannt ist, und herrschet so wohl über die Küsten von Italien, als von Griechenland: er ist den Thieren, Gewächsen und Gebäuden schädlich; er führet schwere, dicke und feurige Dünste mit sich, verfinstert den Himmel, und verursachet daher eine Entkräftung in der ganzen Natur. [16] Zu Methana in Griechenland riß man einen Hahn lebendig von einander, und es liefen zwo Personen mit diesen Hälften um ihre Weinberge herum, in dem Aberglauben, daß dieses ein Mittel sey wider diesen Wind, welcher ihren Wein verwelken machte. Es zermalmet derselbe Eisen und andere Metalle, und eiserne Gegatter an Gebäuden am Meere müssen von Zeit zu Zeit erneuert werden, wozu die salzige Meerluft auch nicht wenig beyträgt. Das Bley auf der Cupola der St. Peters Kirche in Rom muß alle zehen Jahre theils umgeleget, theils ausgebessert werden, weil es von diesem Winde zerfressen wird. Wider den Einfluß dieses Windes baueten die Alten gegen die Mittagsseite vielmals mit doppelten Mauern, doch so, daß mehr Raum blieb, als wo die Mauern bloß wegen der Feuchtigkeit doppelt waren: Man ließ einen Raum von etlichen Fuß breit. Dieses hat der Herr Cardinal Alex. Albani in einem seiner prächtigen Lusthäuser, zu Castel Gandolfo nach gemachet.”

Wolff, Christian [top]

[ Ausführliche Nachricht (1733)Math. Lexicon (1734)Philosophia Prima (1736)Theologia Naturalis (part one) (1736)Theologia Naturalis (part two) (1737)Kurzer Unterricht (1737)“Elementa Arith.” (1743)Auszug (1749) ]


Wolff (1733): Ausführliche Nachricht [biblio]


[P. 388] “§135. Ich habe schon oben (§6) erinnert, daß ich die Moral dergestalt abgehandelt, daß die Theorie mit der Praxi beständig verknüpfft worden. Ich weiß von keiner andern Theorie in der Moral als dem Gesetze der Natur, […].”


[Pp. 392-96] “§137. Man hat für langen Zeiten erkandt, daß der Grund, warum eine Handlung gut, oder böse ist, in der Natur und dem Wesen des Menschen zu finden sey, und diese Wahrheit haben nicht allein die Scholastici unter dem Nahmen moralitatis objective beständig vertheidiget, sondern auch insonderheit unsere Theologi mit grossem Eiffer davor gefochten. […][393][…] Ich habe demnach gewiesen, daß die freyen Handlungen der Menschen entweder zur Vollkommenheit der menschlichen Natur und ihres äusseren Zustandes, oder zu deren und dessen Unvollkommenheit gereichen. Das erste geschiehet, wenn die freywillige Handlungen durch eben die allgemeine Gründe determiniret werden, wodurch die natürlichen, die wir nicht in unserer Gewalt haben, ihre determination erhalten. Und daher kommet es, daß, wenn der Mensch seine Handlungen zu seiner Vollkommenheit determiniret, dadurch zugleich die Vollkommenheit der Welt befördert wird. Man kan demnach den Grund des Gesetzes der Natur in der Vollkomenheit der menschlichen Natur und den ferneren in der Vollkommenheit der Welt suchen. Und demnach ist der Haupt-Satz, daraus man alles herleitet, was von den freywilligen Handlun- [394] gen der Menschen geurtheilet werden mag, daß man thun soll was die Vollkommenheit des Menschen befördert, hingegen unterlassen, was ihr entgegen ist. Wolte man aber den Grund noch allgemeiner setzen, so könte man sagen: der Mensch solle thun, was zur Vollkommenheit der Welt gereichet, und unterlassen, was sie stöhret. Auf diesen weitern Gund hat man zu sehen, wenn man auf eine leichte und deutliche Weise begreiffen will, daß die Beförderung der Ehre Gottes und des gemeinen Bestens mit zu der Vollkommenheit der Natur des Menschen gehöret, und davon nicht abfesondert werden mag. Und auf solche Weise stimmet die Moral mit den Gründen der Metaphysick wohl zusammen und lassen sich alle Handlungen, sie mögen Nahmen haben, wie sie wollen, daraus determiniren, daß man keinen allgemeineren Grund als diesen verlangen kan. […][395][…] Ich habe einen allgemeinen Begriff von der Verindlichkeit gegeben, dergleichen man bisher nicht gehabt, und, da er wie alle wahre und deutliche Begriffe fruchtbar ist, daß sich daraus alles herleiten lässet, was von der Verbindlichkeit erkandt werden mag, daraus erwiesen, daß in der Natur des Menschen und der Beschaffenheit der freyen Handlungen eine Verbindlichkeit gegründet sey, welche ich die natürliche nenne, und die auch derjenige erkennen muß, welcher entweder Gott nicht erkennet, was er für ein Wesen ist, oder gar leugnet, daß ein Gott sey. […][396][…] In soweit uns nun Gott verbindet, haben wir ihn als den Gesetzgeber des natürlichen Rechtes anzusehen. […] indem er uns ein Gesetze vorgeschrieben, welche das Mittel ist, wodurch wir unsere Glückseligkeit auf Erden erreichen können.”


Wolff (1734): Mathematisches Lexicon [biblio]


[Col. 60] “Altimetrie, Altimetria wird die Wissenschafft genennet, die Höhen zu messen. Sie ist ein Theil der Euthymetrie, immassen selbe nur einzelne Linien,, und zwar ihrer perpendicularen Länge nach ausmisset. Doch thut sie auch in der Epipedometrie und vornemlich bei bergigten Flächen ihre Dienste. […]”


[Col. 433] “Epipedometrie, wird von einigen derjenige Theil der Geometrie genennet, der von denen Flächen handelt.”


[Col. 455] “Euthymetria wird von einigen derjenige Theil der Geometrie genennet, welcher von den blossen Linien handelt.”


[Col. 535] “Geodesie, wird von einigen die ausübende Geometrie genennet, wo man durch Instrumente von verschiedener Art die Höhen, Tieffen, Weiten, und dergleichen accurat abzunehmen lehret; wovon unter dem Wort: Geometria, weiter gehandelt wird.”


[Col. 659] “Ichnographie, Ichnographia, heisset überhaupt derjenige Riß, worinnen man anzeiget, was eine iede Sache nach ihren Theilen auf dem erd-Boden vor einen Raum einnimmt; Und kommt dergleichen absonderlich vor in der Planimetrie. Insgemein pfleget man ihn einen Grund-Riß zu nennen, welches Wort ferner nachzuschlagen.”


[Col. 811] “Mathematick, Mathesis seu Mathematica, ist eine Wissenschafft, alles auszumessen, wann sich solches ausmessen lässt. Insgemein beschreibet man sie per Scientiam quantitatum, durch eine Wissenschaft der Grössen; das heisset, aller derjenigen Dinge, die sich vergrössern oder verkleinern lassen.”


[Cols. 1034, 1036] “Rechen-Kunst, Arithmetica, Arithmetique, ist eine Wissenschaft der Zahlen, welche aus einigen gegebenen Zahlen andere zu finden lehret, von denen eine Eigenschafft in Ansehung der gegebenen bekannt gemacht wird. […] [1035-1036] Arithmetica Binaria oder Dyadica des Herrn von Leibnitz, darinnen er anweiset nur allein mit 1 und 0 alle Zahlen zu schreiben, und damit zu rechnen, wie er solchein denen Memoires de l’Academie Royale des Sciences Anno 1703 publiciren lassen, und von welcher mehr zu lesen ist bey der Rechnung mit 1 und 0. Auch kan hierzu gerechnet werden des Weikelii Tetractica, worinnen er von denen eingeführten 9 Ziffern nur 1, 2, 3, 0 gebrauchet, wie dieses seine Aretologistica vel Logistica Virtutum Genitrix anweiset, und hier under dem Wort: Tetratische Rechnung weitere Nachricht hiervon zu finden.”


[Col. 1185] “Stereometrie ist derjenige Theil der ausübenden Geometrie, welcher lehret, wie man die Cörper nicht nur ausrechnen, oder ihren Inhalt finden soll, sondern welcher auch anweiset, wie man dieselben nach Verlangen zerschneiden könne. Den Grund zu dieser Wissenschaft haben Euclides in seinen Elementis, und Archimedes in seinem Buche de Sphara & Cylindro geleget. […]”


[Cols. 1227-28] “Tetractische Rechen-Kunst ist dieje- [1228] nige, worinnen man nur mit 1, 2, 3, und 0 rechnet, und zehlet man nur bis 4 als wir insgemein bis 10 zehlen. Weigel, vor dem Professor Matheseos zu Jena, hat selbige erdacht und beschrieben. […]”


[Cols. 1358-59] “Ziffern, Figurae Numericae, notae numericae, heissen diejenigen Zeichen und Merckmahle, woran man erkennet, wie viele eintzele Grössen von einer Art beysammen sind, und sind dieselben gleichsam das Alphabeth, wordurch hernach die Zahlen ausgedrucket werden. Ja die meisten Völcker haben sich vor diesem der Buchstaben hierzu bedienet, und viele brauchen sie noch. Von denen Lateinern sind nicht mehr denn sieben Buchstaben hierzu auserlesen worden, nehmlich I bedeutet eins, V fünffe, X zehen, L funffzig, C hundert, D fünff hundert, und M tausend: weil die allermeistern als Anfangs-Buchstaben der Lateinischen Benennung der Zahlen angesehen werden. Z.E. das M von Mille; Es ward aber das M vor diesem also geschrieben ⊂|⊃, dergleichen man noch aus denen alten Büchern ersiehet, und bisweilen von uns selbst als eine Antiquität geliebet und gebrauchet wird; Und Daher hat man D vor fünffhundert erwehlet, weil |⊃ das halbe Zeichen von dem vor alters gebräuchlichen ⊂|⊃ ausmachet; C ist genommen von Centum. Es ward aber auch zu Anfange das C nicht so förmlich ausgedrucket, sondern man pflegte es dergestalt zu mahlen ⊏ und daher ist es gekommen, daß man L, als gleichsam die Helffte von C vor die Helffte von 100, nemlich vor 50 zur Bedeutung erwehlet. V ist zwar die Helffte von X, was aber zu dessen Erwehlung vor die Zehen Anlaß gegeben, siehet man nicht. Es ist demnach mehr wahrscheinlicher, daß die 7 Zeichen, die man insgemein Römische Ziffern nen- [1359] net, aus der Finger-Rechnung herkommen, da man durch Legung und Stellung der Finger, und durch das Halten derer Hände die Zahlen andeutete. […] Am allerbequemsten aber sind unstreitig diejenigen Zeichen, welche unter uns vorietzo als Ziffern bekannt sind, und einen ungemeinen Vortheil im Rechnen geben so daß ohne dieselben die Rechen-Kunst zu ihrer gegenwärtigen Vollkommenheit nicht gelangen können. […] Man schreibet insgemein ihre Erfindung denen Arabern zu; allein Wallisius Oper. Arithmetic. cap. 9 p. 48 Vol. I. Oper. Mathematic. hat dargethan, daß selbst ein Araber Alsepadi in einem Arabischen MSC welches in der Bodlejanischen Bibliotheck zu Oxfurth verwahret wird, sie denen Indianern zueignet. Die Saracenen haben sie in dem zehenden Jahrhundert zuerst nach Spanien gebracht, von dar sind sie nach Franckreich gekommen, gegen das Ende des erwehnten Jahrhunderts, durch Gerbertum, der nach vielen geistlichen Würden endlich um das Jahr Christi 999 unter dem Nahmens Sylvestri II auf den Päbstlichen Stuhl erhoben worden ist.”


Wolff (1736a): Philosophia Prima [biblio]


[§309] “Entis necessarii definitio. Ens necessarium est, cujus existntia absolute necessaria, seu, quod perinde est (§308), quod rationem sufficientem existentiae suae in essentia sua habet.”


Wolff (1736b): Theologia Naturalis (part one) [biblio]


[§28] “§28. Aseitas quid sit. Aseitas est independentia exiftentiæ ab ente alio.


§28. What aseity is. Aseity is the independence of an entity from another being.


[§33] “§33. Entis necessarii attributum aseitas. Ens necessarium est ens a se. Ens enim necessarium non indiget vi entis alterius ad existendum (§25) . Sed ens quod non indiget vi alterius, ut existat, est ens a se (§27). Ergo ens omne necessarium est ens a se.


[§33] “§33. Aseity is necessary attribute of being. A necessary being is a being from itself. For a necessary being does not need the force of another being to exist (§25). But a being which does not need the force of another in order to exist is a being from itself (§27). Therefore, every necessary being is a being from itself.


Wolff (1737a): Theologia Naturalis (part two) [biblio]


[§24] “§24. Aseitas Dei. Deus ens a se. Est enim ens necessarium (§22). Sed ens necessarium est ens a se (§33 part. I. Theol. natur.). Ergo Deus est ens a se.”


[§24] “§24. God’s aseity. God is a being from itself. For it is a necessary being (§22). But a necessary being is a being from itself. Therefore God is a being from itself.”


[§28] “§28. Cur Deus existat. Deus ideo existit, quia possibilis. Est enim ens a se Cur Deus (§24). Sed ens a se ideo existit, quia possibile (§34 existat, part. I. Theol. nat.). Ergo Deus ideo existit, quia possibilis.”


[§28] “§28. Why God exists. God therefore exists, because he is possible. For God is a being from himself (§24). But a being exists by itself because it is possible. Therefore God exists because He is possible.”


Wolff (1737b): Kurzer Unterricht [biblio]


[Pp. 5-8] “§2. Die Arithmetick der Alten findet man in den beyden Büchern des Nicomachi, welche er in dem dritten Jahrhunderte nach Erbauung der Stadt Rom geschrieben, und so A. 1538 zu Paris gedruckt worden. Aus ihm hat im sechsten Jahrhunderte nach Christi Geburt Anitius Manlius Severimus Boëthius seine Arithmeticam genommen.

§3. Einen kurzen Begriff von der Arithmetick der Alten hat im neundten Jahrhunderte nach Christi Geburt, Psellus aufgesetzt, den Guilielmus [6] Xylander aus dem Griechischen in die Lateinische Sprache übersetzet und mit Anmerkungen zu Basel A. 1556 in 8. herausgegeben. […]

§6. Die erstere Art der Arithmetick hat Euclides in dem VII. VIII. und IX. Buche seiner Elementorum gründlich, obwohl nicht vollständig abgehandelt: und werden wir von diesen Büchern in dem folgdenden Capitel ein mehrers zu sagen haben. […] [7-8]

§13. Andreas Tacquet hat in seiner Theoria & Praxi Arithmetices, welche ofters (z.E. zu Amsterdam 1704 in 8. 34 Bog. 9. Taff.) von neuem aufgelegt worden ist, die Elementa Arithmetica Euclidis leichter erwiesen, und die Regeln der Rechen-Kunst gleichfalls mit Beweisen versehen.”


Wolff (1743): “Elementa Arithmeticae” (Elementa Matheseos Universae) [biblio]


[P. 18] “§15. Definitio X. Aequalia sunt, quorum unum alteri salva quantitate substitui potest. Inaqualia sunt, si pars unius alteri toti substitui potest.”


[P. 25] “§81. Axioma I. Idem est aquale sibimet ipsi. […]

§83. Axioma II. Quantitates homogenea aut aquales sunt, aut inaquales (§15).

§84. Theorema I. Totum est majus qualibet sua parte. […]

§86. Theorema II. Totum est aquale omnibus suis partibus simul sumtus. […]


[P. 26] Ҥ87. Theorema III. Qua aqualia sunt eidem tertio, vel aqualibus aqualia, ea sunt aqualia inter se.

Demonstratio.

1. Sit A=C & B=C; dico esse A=B. Quoniam enim B=C per hypothesim, B salva quantitate substitui potest ipsi C (§15). Substituatur adeo B ipsi C in casu priore, ubi A=C: habaebimus A=B. Quod erat primum. […]

§88. Theorema IV. Si aqualibus (A & B) aqualia (C & D) addas; aggregata (A + C & B + D) sunt aqualia.

Demonstratio.

A+C = A+C (§81). Sed quoniam C=D, per hypothesim, poterit D substitui pro C (§15): quo facto, habemus A+C = A+D. Porro B+D = B+D (§81). Sed A=B, per hypothesim. Ergo A substitui potest pro B (§15): quo facto, habemus B+D = A+D. Quare B+D = A+C (§87). Q.e.d.

§89. Theorema V. Quod uno aqualium majus vel minus est, etiam altero aqualium majus vel minus est. […]

§90. Theorema VI. Si majori (B) et minori (A) idem (C), vel aqualia addas; aggregatum prius (B+C) majus est, posterius vero (A+C) minus. Quodsi majori (B) majus (C), et minori (A) minus (D) addas; aggregatum prius (B+C) majus est, posterius (A+D) minus. […]”


[P. 27] §91. Theorema VII. Si aqualia (A et B) ab aqualibus (C et D) subtrahas; que relinquuntur (C-A et D-B) aqualia sunt. […]

Ӥ92. Theorema VIII. Si a majore (A) et minore (B) idem (C), vel aqualia subtrahas; residuum prius (A-C) posterius (B-C) minus.

§93. Theorema IX. Si aqualia (A et B) per aqualia (m et n) multiplices; facta (mA et nB) aqualia sunt. […]

§94. Theorema X. Si aqualia (A et B) per aqualia (C et D) dividas; quoti (A:C et B:D) aquales sunt. […]”


Wolff (1749): Auszug aller Mathematischen Wissenschaften [biblio]


Kurtzer Unterricht, Von der Mathematischen Lehr-Art


[Pp. 2-3] “§2. Die Erklärungen (Definitiones) sind deutliche Begriffe, dadurch die Sachen von einander unterschieden werden, und daraus man das übrige herleitet, was man von ihnen erkennet. Es sind aber dieselben zweyerlei: Entweder Erklärungen der Wörter (definitiones nominales), oder Erklärungen der Sachen (definitiones reales).

“§3. Die Erklärungen der Wörter geben einige Kennzeichen an, daraus die Sache erkannt werden kan, die einen gegebenen Nahmen fuhret. Also wenn in der Geometrie gesaget wird, ein Quadrat sey eine Figur, welche vier gleiche Seiten und gleiche winckel hat.

“§4. Die Erklärungen der Sachen sind ein klarer und deutlicher Begriff von der Art und Weise, wie die Sache möglich ist: Als wenn in der Geometrie gesaget wird, ein Circul werde beschrieben, wenn eine gerade Linie sich um einen festen Punct beweget.”

§5. Wir nennen einen Begriff eine jede Vorstellung einer Sache in dem Verstande.

§6. Es ist aber mein Begriff klar, wenn meine Gedancken machen, daß ich die Sache erkennen kan, so bald sie mir vokommet, als z.E. daß ich weiß, es sey diejenige Figur, welche man einen Triangel nennet.

§7. Hingegen ist der Begriff dunckel, wenn meine Gedancken nicht zulangen, die Sachen, so mir vorkommet, zu erkennen. Als wenn mir eine Pflantze gezeiget wird, und ich bin [3] zweifelhaft, ob es eben dieselbige sey, die ich zu anderer Zeit gesehen, und die diesen oder jenen Namen führet.

§8. Der klare Begriff ist deutlich, wenn ich einem sagen kan, aus was für Merckmalen ich die vorkommende Sache erkenne, also wenn ich sage, ein Circul sey eine Figur, die in eine in sich selbst laufende krumme Linie eingeschlossen, deren jeder Punct von dem Mittelpuncte derselben gleich weit weg ist.”


[P. 3] “§10. Es ist ein deutlicher Begriff vollständig, wenn man auch von den Merckmahlen, die er einschliest, deutliche Begriffe hat. Als wenn man in der angegebenen Erklärung des Circuls (§8) auch einen deutlichen Begriff von der geraden Linie, von dem Puncte, von einem festen Puncte und von der Bewegung um denselben hat.”


[P. 5] “§17. Die Grundsätze zeigen entweder, daß etwas sey, oder daß etwas könne gethan werden. Ein Grundsatz von der ersten Art ist, den wir erst aus der Erklärung des Circuls hergeleitet, daß nehmlich alle Linien, die aus dem Mittelpuncte an die Peripherie gezogen werden, einander gleich sind. Hingegen ein Grundsatz von der andern Art ist, der aus der Erklärung der geraden Linie fliesset, daß nehmlich von einem jeden Puncte zu einem jeden Puncte eine gerade Linie könne gezogen werden. Im Lateinischen nennet man die Grundsätze der ersten Art Axiomata; die Grundsätze aber der andern Art Postulata


[P. 6] “§20. Wenn man verschiedene Erklärungen gegen einander hält und darus schliesset, was durch eintzele Betrachtungen zu erkennen unmöglich war, so nennet man solches einen Lehrsatz (Theorema). […]”


[Pp. 8-9] “§24. Die Aufgaben handeln von etwas, so gethan oder gemacht werden soll, und werden in drey Theile eingetheilet, in den Satz, die Auflösung und den Beweiß. In dem Satze geschiehet der Vortrag von dem, was gemacht werden soll. Die Auflösung erzehlet alles, was man thun muß, und wie man eines nach dem andern zu verrichten hat, damit geschehe, was man verlanget. Endlich der Beweiß führet [9] aus, wenn das geshiehet, was in der Auflösung vorgeschrieben wird; so muusse man auch nothwendig erhalten, was man in dem Satze verlangte. Solchergestalt wird jede Aufgabe in einen Lehrsatz verwandelt, wenn sie bewiesen werden soll. Es heisset nemlich überhaupt: Wenn man alles thut wie es die Auflösung erfordert, so geschiehet, was man thun solte.”


[P. 9] “§25. Zuweilen geschiehet es, daß man um besonderer Ursachen willen einen Satz auf einen besondern Fall appliciret, oder auch aus demselben einen andern Satz herleitet. Dergleichen Arten der Wahrheiten werden Zusätze (Corollaria) genennet.”


Anfangs-Gründe der Rechen-Kunst


[Pp. 11-12] “Die 1. Erklärung. §1. Die Rechen-Kunst ist eine Wissenschaft zu rechnen, das ist, aus einigen gegebenen Zahlen andere zu finden, von denen eine Eigenschaft in Ansehung der gegebenen Zahlen bekannt gemacht wird. Z.E. Man soll eine Zahl finden, die so groß ist, wie 6 und 8 zusammen. […]

Die 2. Erklärung. §3. Wenn man viele eintzele Dinge von einer Art zusammen nimmet, entstehet daraus eine Zahl. Z.E. Wenn man zu einer Kugel noch eine andere leget, so hat many zwey Kugeln. Leget man noch eine darzu, so hat man drey, u.s.w.

Der 1. Zusatz. §4. Also erfordert jede Zahl eine gewisse Einheit, und lassen sich keine Zahlen mit einander vergleichen, auch nicht zusammensetzen, welche nicht aus einerley Einheiten enstanden. [12] Z.E. Wenn ich sage 6; so muß eine jede Einheit, die zu dieser Zahl genommen wird, ein Ding von einer Art, als etwan ein Hund, ein Apfel, ein Haus, ein Thaler, ein Groschen seyn a.”


[P. 12] “Der 2. Zusatz. §5. Eine Zahl wird grösser emacht oder vermehret, wenn man andere Zahlen von ihrer Art hizusetzet: hingegen wird sie vermindert, wenn man eine oder mehrer Zahlen von ihrer Art wegnimmt. Und weiter kan man keyne Veränderung mit den Zahlen vornehmen. Es sind aber Zahlen von einerley Art, die aus einerley Einheit bestehen (§4).

Der 3. Zusatz. §6. Wenn eine Zahl vermehret wird, sind die Zahlen, so zu derselben gesetzt werden, entweder alle vor sich derselben gleich, als wenn man 6 etliche mahl nimmet, oder sie sind grösser und kleiner als dieselbe, als wenn man 6, 3, 5 a. zusammen nimmet. Und dannenhero sind zwey verschiedene Arten, eine Zahl zu vermehren.

Der 4. Zusatz. §7. Eben so ist klar, daß, wenn eine Zahl vermindert wird, man entweder eine oder mehrere kleinere Zahlen nach einander von derselben wegnimmet; oder auch nur eine Zahl so viel mahl von ihr weg thut, als man kan. Und demnach sind zwey verschiedene Arten, eine Zahl zu vermindern.”


[P. 13] “Anmerckung. §8. Hieraus sind die vier Rechnungs-Arten, nemlich Addiren, Subrahiren, Multipliciren und Dividiren entstanden, wie aus folgenden erklärungen abzunehmen.

Der 3. Erklärung. §9. Addiren heisset eine Zahl finden, welche verschiedenen Zahlen von einer Art zusammengenommen gleich ist. Die gegebene Zahlen werden die summirenden; die gefundene aber wird die Summe, oder das Aggregat genennet. […]

Der 4. Erklärung. §12. Subtrahiren, oder abziehen ist so viel als eine Zahl finden, welche mit einer gegebenen Zahl von einer Art zusammengenommen, einer anderen gegebenen Zahl gleich ist. Die Zahl, welche durch Subtrahiren gefunden wird, heisset die Differentz, oder der Unterscheid der gegebenen Zahlen.”


[P. 14] “Der 5. Erklärung. §15. Multipliciren ist eine Zahl finden aus zwey gegebenen Zahlen, in welcher die eine gegebene so vielmahl enthalten ist, als die andere von den gegebenen Eines in sich begreift. Die Zahl, so gefunden wird, heisset das Product, oder Factum: Die gegebenen Zahlen werden die Factores genennet.

Zusatz. §16. Multipliciren ist also nichts anders, als eine Zahl etliche mahl zu sich selbst addiren (§9). […]

Der 6. Erklärung. §17. Dividiren ist eine Zahl finden aus zwey gegebenen Zahlen, welche andeutet, wie vielmahl die eine gegebene Zahl in der anderen enthalten ist, und dannenhero Quotus, oder der Quotient, unterweilen auch der Exponent genennet wird.”


[P. 15] “Der 2. Zusatz. §19. Und wie viel mahl die eine gegebene Zahl, (welche Divisor genennet wird) in der anderen, (die man den Dividendum nennet) enthalten ist, so vielmahl muß Eines in dem Quotienten enthalten seyn.”


[Pp. 15-17] “Der 1. Grundsatz. §20. Eine jede Zahl und Grösse ist ihr selber gleich. […]

Der 2. Grundsatz. §22. Wenn zwey Zahlen oder Grössen einer dritten gleich sind, so sind sie einander selber gleich. […]

Der 3. Grundsatz. §24. Wenn mann gleiches zu gleichem addi- [16] ret, so kommen gleiche Summen heraus. Wenn man aber gleiches zu dem grösseren und zu dem kleineren addiret: so ist die Summe in dem ersten Falle grösser, als in dem anderen.

Der 4. Grundsatz. §25. Wenn man gleiches von gleichem substrahiret: so bleibet gleiches übrig. Wenn man aber gleiches von dein grösseren und kleineren subtrahiret: so bleibet in dem ersten Falle mehr übrig als in dem andern.

Der 5. Grundsatz. §26. Wenn man gleiches durch gleiches multipliciret: so kommen gleiche Producte heraus. Wenn man aber das grössere und das kleinere durch gleiches multipliciret: so ist das Product in dem ersten Falle grösser, als in dem anderen.

Der 6. Grundsatz. §27. Wenn man gleiches durch gleiches dividiret: so sind die Quotienten einander gleich. Wenn man aber das Grössere und das Kleinere durch gleiches dividiret: so ist der Quotient in dem ersten Falle grösser, als in dem anderen. […]

[17]Der 7. Grundsatz. §29. Was grösser ist als eine von zwey gleichen Grössen, das ist auch grösser als die andere von denselben.

Der 8. Grundsatz. §30. Das Gantze ist seinen Theilen zusammen genommen gleich und also grösser als ein jedes von seinen Theilen.”


[Pp. 17-18] “Der 1. willkührliche Satz. §31. Man gehe in Zählen nicht weiter fort, als bis auf zehen. Wenn man bis zehen gezählet, so fange man wieder von neuem an, nur daß man jederzeit dazu setze, wie vielmahl man schon zehen gezehlet.”

Anmerckung. §32. Dieses ist das allgemeine Gesetz, darnach man sich im Zählen richtet: und weil wie desselben von Jugend auf so gewohnet sind, scheinet es eine Nothwendigkeit zu haben. Die Ursache aber, warum man nur bis auf zehen zählet, ist sonder Zweifel daher zu holen, weil die Menschen die Sachen an ihren Fingern zu zählen pflegen, ehe sie sich im Rechnen geübet.

Zusatz. §33. Also hat man vor jede von den zehen Zahlen einen besondern Nahmen vonnöthen, und wiederum andere Nahmen, dadurch die Vielheit der Zehener bemercket wird. Jene sind eines, zwey, drey, vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun, zehen; diese aber zwantzig, [18] dreyßig, vierzig, funfzig, sechzig, siebenzig, achtzig, neunzig, hundert.”


[P. 18] “Der 2. willkührliche Satz. §34. Gleichwie man zehen mahl zehen hundert nennet; also nenne man ferner zehen mahl hundert tausend; tausend mahl tausend eine Million; tausend mahl tausend Millionen eine Billion; tausend mahl tausend Billionen ene Trillion oder dreyfache Million, u.s.w.

Anmerckung. §35. Diese Benennung geschiehet bloß zu dem Ende, damit man sich in grossen Zahlen nicht verwirret; sondern von jedem Theile derselben einen deutlichen Begriff formiren kan.

Der 3. willkührliche Satz. §36. Die neun Zahlen bemercke man mit folgenden Zeichen; 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. damit man aber auch die Zehener, Hunderte, Tausende u.s.w. dadurch andeuten kan, so gebe man ihnen ihre Bedeutung von der Stelle, in welcher sie stehen. Nemlich wenn sie entweder allein, oder in der ersten Stelle zur Rechten anzutreffen sind, sollen sie Einer bedeuten, in der anderen Zehener, in der dritten Hunderte, in der vierten Tausende u.s.w. Die leeren Stellen werden mit der Nulle 0 vollgefüllet, welche nemlich andeutet, daß darinnen keine Zahl anzutreffen.”


[P. 19] “Die 1. Aufgabe. §37. Eine geschriebene Zahl auszusprechen, das ist, einem jeden Zeichen in derselben seinen Werth zuzueignen.”


[P. 20] “Die 2. Aufgabe. §38. Verschiedene Zahlen zu addiren.”


[P. 22] “Die 2. Anmerckung. §40. Wollet ihr demnach wissen, ob die gefundene Zahl so groß sey, wie die gegebenen zusammengenommen, so mercket (1) die besagten Einbeiten auf der Seite, und nach vollbrachter Rechnung zahlet sie zusammen, damit ihr sehet, wie vielmahl 9 im Summiren weggelassen worden. (2) Werfet über dieses noch aus der Summe so vielmahl 9 weg, als ihr könnet, und zählet die im Summiren weggelassenen mit dazu: die Zahl aber, so übrig bleibet, mercket so wohl, als die Anzahl der weggeworfenen Neunen. […]”


[P. 23] “Die 3. Aufgabe. §43. Eine kleinere Zahl von einer grösseren zu subtrahieren.”


[P. 28] “Die 4. Aufgabe. §49. Eine gegebene Zahl durch eine andere gegebenene Zahl zu multipliciren.”


[Pp. 29-30] “Anmerckung. §50. Wenn an einer Zahl Nullen hangen, so darf man dieselben nur hinten an das Product der übrigen Zahlen an ein- [30] ander anhängen, […].”


[P. 30] “Die 6. Aufgabe. §51. Eine gegebene Zahl durch eine andere kleinere Zahl zu dividiren.”


[Pp. 34-35] “Die 7. Erklärung. §52. Wenn man zwey Zahlen (4 und 12) dergestalt mit einander vergleichet, daß [35] man auf ihren Unterscheid (8) siehet, der durch die Subtraction gefunden wird, nennet man ihre Relation, die sie gegen einander haben, eine Arithmetische Verhältniß: siehet man aber auf den Quotienten (3), der durch die Division gefunden wird, eine Geometrische Verhältniß. Der Quotient, welcher andeutet, wie vielmahl die kleinere Zahl in der grösseren enthalten ist, heisset der Nahme der Verhältniß (Nomen sive Exponens Rationis).”


[P. 35] “Die 8. Erklärung. §53. Wenn in zweyen oder mehreren Arithmetischen Verhältnissen (3.5 und 6.8) der Unterscheid der Glieder; in Geomtrischen (3.12 und 5.20) der Name der Verhältniß einerley ist, so nennet man sie ähnlich, und ihre Aehnlichkeit eine Proportion. Die ähnliche Verhältnisse werden auch gleiche Verhältnisse genennet.”


[P. 36] “Die 9. Erklärung. §55. Zuweilen vertritt das andere Glied zugleich die Stelle des dritten, und dann nennet man es Proportionem Continuam. Ist nun dieselbe Arithmetisch, so schreibet man sie also: ../. 3.6.9. oder auch 3–6 = 6–9; ist sie Geometrisch, folgender massen: ../.. 3:6 = 6:12.”

Die 10. Erklärung. §56. Eine Progression wird genennet eine Reihe Zahlen, die in einer Arithmetischen oder auch Geometrischen Verhältniß fortgehen, als im ersten Falle 3.6.12.15.18.21.24.27: im anderen, 3.6.12.24.48.96. Und zwar nennet man die erste eine Arithmetische; die andere aber eine Geomtrische Progreßion.

Die 9. Grundsatz. §57. Wenn zwey Verhältnisse einer dritten gleich sind, so sind sie einander selber gleich. Z.E. 1:4 = 3:12 und 1:4 = 5:20. Derowegen ist 3:12 = 5:20.”


[P. 37] “Die 11. Erklärung. §60. Wenn man ein Gantzes in gleiche Theile genau eintheilet, und nimmet einen oder etliche Theile derselben, so nennet man es einen Bruch.”


[Pp. 43-44] “Die 12. Erklärung. §72. Wenn man eine Zahl durch sich selbst multipliciret, so nennet man das Product das Quadrat derselben Zahl; sie aber die Quadrat-Wurtzel, in Ansehung dieses Quadrats.

Die 13. Erklärung. §73. Multipliciret man die Quadrat-Zahl (4) ferner durch die Wurtzel (2); so heisset das neue Product (8) eine Cubic- [44] Zahl, und in Ansehung derselben die Wurtzel (2) nunmehro die Cubic-Wurtzel.”


[P. 44] “Die 14. Erklärung. §74. Die Quadrat-Wurtzel aus einer gegebenen Zahl ausziehen, ist diejenige Zahl finden, die durch sich selbst multipliciret, die gegebene Zahl hervorbringet.

Die 15. Erklärung. §75. Hingegen die Cubic-Wurtzel aus einer gegebenen Zahl ausziehen, heisset diejenige Zahl finden, die durch ihre Quadrat-Zahl multipliciret, die gegebene Zahl hervorbringet.”


[P. 51] “Der 2. Lehrsatz. §81. In einer geometrischen Proportion ist das Product des ersten Gliedes in das vierte gleich dem Product aus dem andern in das dritte.”


[P. 53] “Die 16. Aufgabe. §85. Zu drey gegebenen Zahlen (3, 12, 5) die vierte, oder auch zu zweyen die dritte geometrische Proportional-Zahl zu finden.

Auflösung. 1. Multipliciret die andere (12) durch die dritte (5), oder in dem andern Falle die andere durch sich selbst. 2. Das Product (60) dividiret durch die erste (3), so ist der Quotient (20) die vierte (§81), oder in dem andern Falle die dritte (§82).”


Anfangs-Gründe der Geometrie


[P. 65] “Die 1. Erklärung. §1. Die Geometrie ist eine Wissenschaft des Raums, den die cörperliche Dinge nach ihrer Länge, Breite und Dicke einnehmen.”

Wood, Robert [top]

See: SbnR, vol. 1.

Woodward, John [top]

Woodward (1748): “Einige Gedanken und Erfahrungen das Wachsthum der Pflanzen betreffend.” [biblio]


[P. 47] “2. Der größte Theil der flüßigen Materie, der in die Pflanzen gezogen wird, bleibt nicht in denselbigen, sondern geht durch ihre Zwischenräumchen und dünstet in die Atmosphäre aus. […] Diese so beständige Aussendung so häufigen Wassers aus den Theilen der Pflanzen giebt uns deutlich eine Ursache, warum Länder, die voll Bäume und großer Pflanzen sind, viel Dampf, feuchte Luft, und mehr Regen als andere freyere Gegenden haben. Die Feuchtigkeit der Luft war für die Europäer, die sich zuerst in America gesetzt hatten, ungemein beschwerlich, weil dieser Welttheil damals voll Wälder und Gebüsche war. Wie aber diese verbrannt und weggeschafft wurden, daß man die Erde bauen und bewohnen konnte, verbesserte und erheiterte sich die Luft nach und nach, und ward viel trockner und reinere Luft als zuvor.[*note]”

[p. 47n] “Die Insel Madera war, wie man sie zuerst zu bewohnen anfieng, so waldicht, daß man sich Platz zu machen die Waldungen anzünden mußte. Jetzto ist die Luft daselbst vollkommen heiter, aber Gonsalvo, der 1544 von dem Portugiesischen Prinz Heinrich [Heinrich der Seefahrer] abgeschickt ward, sie in Besitz zu nehmen, sahe sie bey seiner Annäherung mit einer dicken Wolke bedeckt, die auch seine Schifleute in solche Furcht setzte, daß sie zurückkehren wollten.”