Physical Geography: Rivers (4°)




Source: Nachl. Johann Gottfried Herder XXV.44a (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz).

Group 2: XXV.44a-2 (4°, 1 p.). Page 1.

Source: Nachl. Adickes, #4 (4°, 11 pp., Akademie-Archiv, Berlin). Pages 2-8, 11-14.

Source: Nachl. Kant, #15a (Akademie-Archiv, Berlin).

Group (4°): Kant #15a (4°, 2 pp.). Pages 9-10.


XXV.44a-2 (4°): Four pages, all in ink (3r, 3v, 4r, 4v). The first three pages concern Springs; 4v (save for the first line) is on Rivers.


Adickes #4 consists of a copy of the physical geography notes prepared by Paul Menzer and two others (c. 1900). They are transcribed here only when the original is no longer available – about half of the 4° sheets. (For peculiarities regarding the transcription of the Menzer copy, please see the Introduction to the Physical Geography notes.)

This group contains notes on: Intro (2 pp.), Oceans (17 pp.), Land (24 pp.), Earthquakes (3 pp.), Springs (11 pp.), Rivers (11 pp.), and Winds (4 pp.).


Kant #15a(4°) consists of three different signatures for a total of ten pages, but the sheets are all numbered consecutively (1-5). This group contains notes on: Earthquakes (4 pp.) and Rivers (2 pp.), and Winds (4 pp.).


[XXV.44a(4v)] ms 1



[The first line of the manuscript page belongs to the previous section; its transcription is found at the end of p. 15 of the section on springs.]

Fünftes    Hauptstück
Geschichte    der    Flüße:[1]

I) Ursprung:[2]

aus der Vereinigung der Bäche; diese aus Quellen: diese aus Regen: dieser aus den

  Ausdünstungen: folgl.ich ist das Meerwaßer das einzige in der Natur, aus dem das süße

    durch Destillation entsteht. Es gibt also eine Cirkulation zwischen den Meeren ˚.und Flüßen

  nicht, wie die Alten glaubten, unter der Erde, sondern durch die Aufsteigung der Dünste.

  Sie sezzen also voraus: 1) Regen: In Arabien entspringen also wenig Flüße: hingegen

     im gebürgigten Peru, oder Abyßinien, viel Flüße

     ˚.und in großer Dürre verengern sich auch die Flüße:

/     Wenn man das Waßer rechnet, das ein Fluß jährl.ich in die See

     gießt, so befindet man das Regen- ˚.und Schneewaßer, das auf eine

     Landesfläche fällt, groß genug, den Fluß ˚.und[a] seine Bäche zu erhalten

     ˚.und die Pflanzen zu nähren.

/    2) Erdschichtenabdachung: Ist diese horizontal oder unregelmäßig, so muß

     sich das Waßer perpendicular durchseigern, ˚.und da es keine Spalten

     sich zu sammlen findet, so dringts unterwärts, macht keine

     Quellen, ˚.und Flüße, ˚.und da diese durch besondre Krümmungen Kräuter

     ˚.und Bäume fruchtbar machen müßen: so sind solche Länder

     ohne regelmässige Erdschichten. Abdachung auch bei dem an sich

     fruchtbarsten Boden Wüsten, z.E. Xamo, der Pers.ische Landrücken.

II) [b] Lauf[3]

/   α) Abhang. ‹1)› Da die Flüße auf einem Plano inclinato fließen, so muß eine regelmäßige Abda-

   chung des vesten Landes von der Quelle bis zum Ausfluß seyn; würde es Vertiefungen

   haben, so würde der Fluß [c] Seen machen: Da nun bei langen Strömen

   z.E. dem Amazonenstrom, der 700 Meilen ohne See fliesst, das Land solche regelmässige

   Abdachung hat, können denn wohl die Berge ein Fluch der Erde sein.

/    [d] ‹Die Abdachung ist sehr allmälich. Die Länge des Stroms, verglichen mit seiner Höhe, heißt

   das Gefälle des Stroms: die Höhe 2er Ströme kann einerl.ei seyn ˚.und ˚das Gefälle verschieden

   ˚.und vice versa.›

/    2) Zum Bette des Flußes wird wieder regelmäßige Abdachung von beiden Seiten er-

   fodert, daher können [e] Flüße ˚.und Bäche sich in diesen Rinnsaal gießen.


[NL-Adickes #4 (199r)] ms 2



[Only the last three lines of this page from the Menzer copy is transcribed here; the remaining text can be found in the last eight lines of text from the page above (transcribed from the original manuscript).]

3.) Bewegung und Schnelligkeit: diese ist stets der Höhe

˚.und dem Gefälle proportioniert. Nach jener

richtet sich die Anfangs- nach diesem die Ge-


[NL-Adickes #4 (199v)] ms 3



schwindigkeit im Fortfließen. So verschieden also

das Gefälle ist, so verschieden ist auch die Schnel-

ligkeit

/ 1) vieler Flüsse z.E. da die Seine bei Paris[1]

auf 6.000 ˜Fuß lauf 1 ˜Fuß Fall hat, so ist ihre Schnel-

ligkeit 3 ˜Fuß in einer Sekunde; da der Sma-

ragdenfluß von den Cordileras auf 600 ˜Fuß

Lauf 1 ˜Fuß Fall hat: so ist der weit reißender

˚.und also garnicht schiffbar. Die Schnellig-

keit der meisten Flüsse ist von 3 ˜Fuß bis 4 ˜Fuß

in einer Sekunde ˚.und sie sind alsdenn

schon zieml.ich schnell. Niemals aber ist das

gewöhnl.iche Gefälle der Flüsse 200 ˜Fuß Lauf ˚.und

1 ˜Fuß Fall (nach dem Varen) sonst

würde alle Flüsse reißend sein. Die

schnelle Loire hat nur 4 ˜Fuß in einer Sekunde


[NL-Adickes #4 (200r)] ms 4



/ 2) vieler Gegenden eines Flusses: doch nimmt

nicht (nach Varenius ˚.und Kuehns[a] Meinung)[1]

die Schnelligkeit eines Flusses in seiner

ganzen Länge zu: sondern nahe am

Ostio, da sein Abhang fast aufhört ˚.und er

breiter wird, nimmt seine Geschwindigkeit ab.

γ) Richtung.[2]

Der großen Flüsse Richtung macht

gemeinigl.ich mit der Richtung der Gebirge in

denen ihr Quell liegt, einen rechten Winkel,

weil dies der kürzeste Weg zur See ist.

Bei großen Gebirgen laufen von beiden

Seiten die Flüsse parallel ˚.und nehmen

das Thal ein; aus dem sich die entsprin-

genden Bäche von beiden Seiten ergießen:

Nahe am Ufer sind höhere Ufer, ˚.und mehr


[NL-Adickes #4 (200v)] ms 5



Krümmungen als am Ausfluß.

δ) Bette: [1]

/ 1) Entstehungsart. Im ursprüngl.ichen ungebildeten

Zustand der Erde ergossen sich das Wasser

von den Bergen weit ˚.und breit umher über

das Land: wegen der vielen Unebenheiten

füllten die Ströme oft ganze Thäler an,

˚.und teilten sich in viele Arme: an der

Seite des stärksten Abhanges ergossen

sie sich am schnellsten, ˚.und hieraus

entstanden hin ˚.und wieder schnellere

Wasserzüge, als anderwärts. Damals

war das Wasser mit aufgelöstem

Schlamm sehr angefüllt, ˚.und diesen setzte

es nicht in dem Zuge seiner stärksten

Richtung, sondern an den Seiten ab.


[NL-Adickes #4 (201r)] ms 6



[a]Dadurch wurden so lange die Seiten erhöht, bis Ufer

wurden, hoch genug, den Strom zu fassen. So entstand

sein Bette ˚.und dies erklärt auch seine

/ 2) Beschaffenheit

/ a) die verschiedene Höhe der Ufer:

/ Die ‹a)› manchmal wie Mauren ihn einschließen, z.E. Amazo-

nenstrom nicht weit von seinem Anfange }

/ Rhone, wo sie aus Schweiz in Frankreich geht } und solche sind alsdenn

gemeinigl.ich schnell ˚.und oft unschiffbar, da die Macht des Flusses

sein Bette so sehr vertiefte: b) manchmal ist ihr Bette höher

als das Land umher, sonderlich am Ausfluß: daher er sehr

leicht seine flachen Ufer übertritt, ˚und

/ Überschwemmungen macht, die also mit nicht hohen Bette am

Ausfluß gewöhnl.ich insonderheit in Ländern, wo periodische

Regen oder Schneegüße sind, periodisch sind, z.E. überall in

torrida. Nur Amazonenstr.om nicht, weil es auf den Cordilleren

fast beständig – nehml.ich 10 Monate regnet. Wohl aber

/ der Nil,[1] der zwischen den Abyßinischen Gebirgen, wo es

von Junius an 3 Monate stark regnet, aufschwillt, ˚.und

von Julius an 3 Mon.ate ganz Egypten unter Waßer sezt,

(fast daß die Dörfer auf den Bergen wie Inseln hervorragen)

˚.und weil er durch Kanäle ˚.und den See Möris noch weiter

geleitet wird, ganz Egypten als ein frisches Paradies

hinterläßt. Weil er durch seinen Schlamm immer


[NL-Adickes #4 (201v)] ms 7



seine Ufer erhöht, so überschwemmt ers jetzt schon etwas

später ˚.und niedriger; ˚.und künftig nach dem mechanischen Natur-

lauf gar nicht. Die kleine Wolken, die der Nordwind in

Egypten alsdenn zusammen treibt, sind schnelle Vorbo-

ten, aber nicht Ursachen seiner Überschwemmung. Da in

OberEgypten es kaum in 20 Jahren regnet, ˚.und die Alten

je näher nach der Linie immer weniger Regen ver-

muthet, so war ihnen diese Ueberschwemmung in der troken-

sten Zeit unbegreiflich. ˚.und zu vielen Cërimonien Gelegen-

heit, die auch die heutigen Türken ihm als dem

Könige der Flüße beweisen. Eine Höhe von 20 Ellenbogen

verkündigt Theurung, von 16 gute Zeit, von 18-20 Ueberfluß.

/ b) Die Waßerfälle:[1]

die vormals häufig ˚.und auf lockerer

Erde gewesen sind, die aber vom Fluß allmählig ausgespült

werden, wovon noch jetzt das tiefe Flußbette ˚.und die steilen

Ufer mancher Ströme zeugen. – So haben die zwar schmalen,

aber reißenden Gießbäche in Peru ihr Bette 80 Klafter

vertieft: Unsere Waßerfälle sind also blos über Felsen,

z.E. Bogotistrom in Amerika, der höchste 1200 ˜Fuß hoch

/  Niagara ⁅in⁆ Nord ⁅Amerika⁆ sehr breit 150 ˜Fuß hoch ˚.und sehr fürch-

terl.ich macht unten Seen: treibt Wild auf die Insel, bringt

tote Enten mit

/ Rheinstrom bei Schafhausen 75 ˜Fuß hoch | senkrecht: der Weli-

no in Italien ‹200 ˜Fuß› den Tiger, ˚und Niger haben.

/ Nil 8 ˜Fuß hoch, obgleich die Alten von ihm so schrien: | Tungusca in


[NL-Adickes #4 (202r)] ms 8



der ostl.ichen Tartarey ist über 5 Meilen zu hören, da er 1 ½ Meile

auf einem schiefen Felsen läuft

/ c) Die Schlängelung der Ufer, die sich ordentlich parallel ist,

˚.und nur bei Untiefen Buchten macht, auch selten fehlt, es

sei denn, wo der Strom gerade zwischen steilen Ufern

strömt. Sonst aber ist das ausspringende Ufer niedrig, un-

ten flach, ˚.und also ein Behältnisort des Schlammes. –

/ @    – – das ein – –    hoch@

/ @  – tief,@ ˚.und hat also den schnellsten Waßerzug, der hier also

immer etwas Erde abreißt, was gegenüber wieder ange-

setzt. Daher werden hohe Ufer nicht überschwemmt, aber ver-

mindert; niedrige vermehrt, oft mit fruchtbarem Schlamm,

oft aber auch mit Sand überschwemmt.

/ Gewäßer außer Meer und Flüßen

[An insertion sign ('+++') along with a penciled note indicates insertion of text “three pages later”. The transcription of the remainder of this page is below, on ms 11.


[NL-Kant #15a (3v)] ms 9



III Geschichte merkwürdiger Flüße.[1]

Die Größe der Flüße wird nicht blos durch ihre Länge, sondern auch durch

          ihre Schnelligkeit, ˚.und Menge des Waßers gerechnet: sonst würden Flüße blos

          durch ihre Länge klein ˚.und endl.ich verschwindend, wenn sie nicht Flüße zu sich

          nähmen: der Nil macht eine Ausnahme, der zwar blos in Aethiop.ien Flüße bekomt,

          aber auch über Leim, nicht Sand fließt.

/ a) besondere Breite der Flüße: z.E. la Plata 30 ½ Meilen in der Mündung.

/          Zarire 28 ⁅Meilen⁆ ˚.und strömt [a] ‹aus dem› Meerwaßer 20 Meilen weit ‹süß Waßer› aufs Land.

/ b) ⁅besondere⁆ Länge ⁅der Flüße⁆ besonders in Amerika z.E. Amazonenstrom: 660 deutsche Meilen als schiffbar:

          so tief, daß ihn oft 300 Faden nicht gründe

          nimmt 3 große Ströme in sich, größer als Nil.

/          Orinoko ein Arm vom Amaz.onenstrom, zwischen beiden

          ist Guiana.

/          Lorenzstr.om entspringt blos aus der Ergießung großer ‹Seen›.

/          in Afrika z.E. Nil, dessen Quelle vormals als bekandt angenommen ist

/          erst jenseit }

/               } der Linie

/          nachher dißeit}

/          jezt aber unbekandt ist

/          Senegal, in dessen Gegend (auch Senegal) eigentl.ich Niger [b]

            ein kleiner Fluß ist.

/          in Asien z.E. Ganges in Indien

/          Oby, Genitzka, Lena, Wolga, in der Tartarei

/          Guang (Safranfluß) in China.

/          in Europa z.E. Donau, die eigentl.ich nahe an der Schweiz entspringt

          ˚.und bei Donau Eschingen schon ein Bach ist.

/[c] c) die eine Zeitlang unter der Erde laufen z.E. Guadiana: Doch andre sagen: sie fließe bloß durch tiefe unzugäng~

            liche Thäler zwischen Felsen.

/          Greatha ein Fluß in Yorksschire läuft ½ Meile

/          der Fluß, der Modena den Namen gibt, unter der Erde eine Cirkulation

            macht,

/ d) die [d] da versiegen, ehe sie die See erreichen: wenn der löcherichte, oder sandigte Boden ˚das Waßer in sich zieht

/          z.E. In Persien versiegen die meisten, ˚.und der größte Fluß ist Ilmen.

/          Der Arm des Rheins bei Waltwick, nicht weit von Leiden

/          Der Hotongi in der Chinesischen Tartarei: viele in Sara

/ e) die durch Menschliche Kunst abgezapft werden:

/          An den Küsten ˚.von Malabar ziehen die Einwohner Kanäle auf ihre Reisfelde

          denn der Reis der gut gedeien soll, muß kaum mit den Ähren aus dem

          Waßer ragen.

/          Albuquerque[e] rieth dem Könige ˚.von Abyssinien,[2] der vor Furcht der Türken in Gezel-

          ten leben muste, Kanäle aus dem Nil zu ziehen, daß Egypten nicht über-

          schwemmet würde, ˚.und die Türken umkommen müsten.

/          Belbowitz[3] der vor Rußl.and eine Handlung nach China anlegen sollte, konnte nicht @in@ […]

          das Ostium @Kefes@ einlaufen, so hatten die Türken diesen Strom ¿¿¿


[NL-Kant #15a (3r)] ms 10



/ f) die sich selbst in Arme theilen: z.E. der Jordan theilte sich in 4 Arme ˚.und machte das glückselige

          Land. Der Boden sank, Jordan machte einen Sumpf, ˚.und am meis-

          ten geschah die Senkung wie Sodom etc. stürzte: daher entstand in dem

          Thale das todte Meer; nach der Reisebeschreibung des Korte,[a][1] eines Buch-

          händlers.

/ g) deren Bewegung noch in der See fortdauret: ihr Strom bleibt nicht merkl.ich aber ihre Süßigk.eit

/          z.E. der Amazonenfluß [b] }

/          } machen auch weit von den Ufern süß Meer

/          der Zaire, ˚.und Silberfluß }

/          der Rhein im Bodensee }

/          } behalten nicht den Strom, den man ‹vorgibt›

/          die Donau im schwarzen Meer }

/ h) die besonders leichtes Waßer führen: (das Flußwaßer ist sonst schwerer, als das Regen- ˚.und dieses als

          das Quell… [c]

/     1) allgemein

          die Flüße, die sich in andre gießen, haben schwerer Waßer, als

/ 1)   die worin sie laufen: weil die Zusammenmischung eine praecipi-

          tation macht

/ 2) Die kleinen Flüße, die sich von Gießbächen [d] nähren, sind schlam-

          micht, ˚.und schwer, bis sie sich in Ströme gießen, reinigen ˚.und also

          auch leichtern: da sich jezt in einem weitern Schlauch sich leicht ˚das schwere ‹sezt›

/     2) besonders: der Ganges hat sehr leichtes Waßer ˚.und bei den Indianern ein großes

          Ansehen der Heiligkeit, daher der Mogul von seinem Waßer

          sich beständig nachtragen läßt

/        Der Newa in Petersburg soll leicht, gesund ˚und heilig seyn.

/        Die Salzlosen Flüße sind leichter als die gesalznen: Man probirt

          sie aber durch Silber [e] Feilstaub in Scheidwaßer aufgelöst,

          ins Waßer getröpfelt: wird es weiß, so ists gesalzen.

/ [f]       Das NeckarWaßer ist schwerer, als das Rheinwaßer

/          Der Mayn bey Mainz }

/                   } ⁅schwerer als⁆ der Rhein, in den sie fallen.

/          die Mosel bei Coblenz }

/         Dieses komt meistens von den fremden Theilen in den Flüßen.

/ 2) die besondre Materien mit sich führen:[2] [g]

/     1) aufgelöst z.E. Eisen- Silbertheile

/          Mineral z.E. Salzpartikelchen: – OckerErde.

/     2) unaufgelöst z.E. Goldstaub;[3] denn Gold kann blos durch Aqua Regis aufge-

          löset werden: diejenigen, die das Gold suchen, werden dadurch

          nicht reich, sondern die, vor die sie es suchen. – Es findet sich

/        in Europa; im Tajo heut zu Tage nicht mehr

/          in der Aar kleine Goldkörner

/          im Rhein, Rhone, in die ein schief Brett mit Wolle bezogen

          gestellt wird, in die sich das schwerere Gold sezt, das durch

          Queksilber hernach abgezogen.

/        in Asien: vormals der Paktol ˚.und Tigris

/        in Africa: auf den Guineischen Goldküsten häufig, ˚.und am meisten.

/        in Amerika in einigen Peruanischen Giesbächen.

/    (Vielleicht verursachen es die aufgelösten Schwefelteile im Themserwaßer,

    daß es sich lange hält, ˚.und von seinem üblen Geruch sich selbst reinigt.)


[NL-Adickes #4 (202r)] ms 11



[The transcription of the first-half of this page of Menzer’s copy is found above, at ms 8.

/ 1) Canäle:[1] So wie die Kunst die Flüße oft reinigen (ausbaggern)

muß, da der Boden mit einem Pfluge aufgerißen wird, daß

der Schlamm sich wegspült, oder wenn Ebbe ˚.und Fluth sich

findet, durch Schleusen das Waßer wieder zugelassen wird

um den Schlamm wegzuführen: so hat die Kunst auch Flüße

nachgeahmt durch Kanäle, oft mit großer Mühe ˚.und Kosten

z.E. der Canal von Languedoc, der 40 franz.ösische Meilen lang ist,

daß man aus dem [a] Aquitan.ischen ins Mittelländ.ische Meer durch

die Garonne ˚.und diesen Canal kommen sollte, da also

Schiffe vermittelst vieler Schleusen über hohe Berge gehoben

werden.


[NL-Adickes #4 (202v)] ms 12



der bei Ladoga ˚.und Onega von Peter I. 15 geograph.ische Meilen lang

der große Chinesische: so wie bei jedem Fluß Canäle sind.–

Aber gemeinigl.ich ohne Nutzen und nur auf kurze Zeit,

weil man die kürzeste Linie vor die beste hält, die Schlän-

gelungen versäumt, dadurch die Natur ihre Flüße vor

Schlamm rein erhält: da also nothwendig das Waßer

Erde abreißen, in seinem Schlauch niedersetzen ˚.und sich

verschlemmen muß, da man also lieber die schlangen-

förmige Lage der Berge zur Direktionslinie machen sollte.

Von Landseen und Morästen[1]

/ 2) Landseen: Man unterscheide die See (das Meer) von

dem See (einem Landsee, vom Meer getrennt.)

/ D) Ihr Waßer ist süß: wenn sie Ströme einnehmen ˚.und

auslaßen: alsdenn hat das Flußwaßer ihr Salz so sehr ver-

dünnert, daß sie süß ausfließen, z.E. in der Schweiz die

Landseen

/ bei einigen, die nicht die Ströme auslaßen; alsdenn

zieht sich vielleicht das Waßer an die Erde, das der Fluß

verdünnert hat.

/ salzigt a) wenn sie die eingenommene Ströme nicht

auslaßen: denn da das ursprüngliche Waßer in der

Natur salzigt ist, so dünstet das dazu gekommene Fluß-

waßer aus ˚und das schwere bleibt nach dieser Destilla-

tion als salzig zurück [a] z.E. die Kaspische See, die ohngeachtet der vielen Zu-

strömungen von der Wolga doch nie voll ˚und süß wird, weil

ihre Fläche schon so groß geworden, daß die Ausdünstungen in

24 Stunden vom eingenommenen nicht ersetzt werden.

/ b) oft auch wenn sie Ströme auslaßen: diese scheinen

gar zu alt, gar zu voll vom ausgelaugten Erdsalz


[NL-Adickes #4 (203r)] ms 13



zu sein, als daß die Flüße sie verdünnern könnten: ˚.und sie

sind also Meere mitten im Lande:

/ Das Schwarze Meer[1] voll Asphalt ˚.und bis ¼ salzicht (da es ⅓ schon

gesättigt wäre: ˚.und die Ostsee selbst 10 mal weniger Salz hätte)

Daher ists sehr schwer ˚.und Hadrians Juden schwammen darauf,

bis sie vor Hunger starben. Bei trockner Zeit scheints eine Verlänge-

rung des Jordans zu sein, weil daher sein größter Zufluß ist.

/ halb süß, halb salzicht ist die Mexic.anische See:

/ β ihre Lage: Sie sind selten, nur auf den Landeshöhen z.E.

in dem Preußen, was an Pohlen gränzt

/ in der Schweiz

/ in Nordamerika

/ ˚.und nur bei unförmlichen Abbeugungen, sonst entstehen bei

gleichförmigen Flüße.

/ Seltener ist noch der Czirnitzer See[2] in Crain 1 Meile lang

˚.und ½ breit. Um Jacobi zieht er sich durch 18 Löcher in 25 Tagen

in die Erde, vor die Fische aber sind die Löcher zu klein. Jetzt

kann man warten, bis im Oktober das Waßer aus des Ber-

ges Löchern wieder herauskommt, ˚.und weil 4 Löcher 1 Quadrat

Klafter groß sind, so kommen im Ungewitter oft lebende

blinde Enten mit, die zwar bald fluk, nie aber sehend werden


[NL-Adickes #4 (203v)] ms 14



Oft verfließt 3 mal in einem Jahr.

/ 3) Morräste sind Seen, in denen Kräuter wuchsen, sich ver-

wickelten, mit Erde vermengt ausfüllten, ˚.und allmälich im-

mer mehr austrocknen, ˚.und von niedrigerer Höhe wurden.

/ Torfgründe entstehen aus Morrästen, in denen sich Wurzeln,

Heidekraut, Moos verstricken, dazwischen sich brennbare Erde

setzt in neuen Schichten. Daher wachsen sie langsam:

/      werden zum Feuer gebraucht

/      wachsen, ausgestochen, nicht wieder, sondern

/      geben Morast.

/ Morigte Gründe heißen Tortgegenden, die Eisenartige Erde

in sich haben.

[The transcription of the second-half of this page of Menzer’s copy is omitted; the text is available from the original, found at the beginning of ms 9: “III. Geschichte merkwürdiger Flüße”.]


Explanatory Notes
[4°-Rivers]

ms 1


[1] [Geschichte der Flüße] Holstein-Beck (AA 26.1: 41-49).

[2] [Geschichte der Flüße] Holstein-Beck (AA 26.1: 41): “§1. Von dem Ursprunge derselben”.

[3] [Lauf] Holstein-Beck (AA 26.1: 41-42): “§2. Von der Bewegung und dem Abhange der Flüsse”.

ms 3


[1] [Seine bei Paris] See Holstein-Beck (AA 26.1: 42), based on Lulofs, §386, quoted there.[excerpt]

ms 4


[1] [nach Varenius und Kuhns Meinung] See Varen (1681) and Kuehn (1746), and the discussion at Lulofs, §33 (1755, 51-52):

“Das Gefälle der Seine, ist nach Picard einen Fuß, in der Länge von sechs tausend. Es kömt hier auf keine Druckfehler an, wie sich Herr Kühn aus Liebe zu seiner Voraussetzung einbildet; wenn er die Werke der Akademie, als die sie als die ihrigen angenommen hat, angesehen hätte, so würde er keinen Druckfehler zu Hülfe genommen haben, weil daselbst die Zahlen eins und sechstausend mit Worten ausgedruckt sind, doch wir werden in der Folge ausführlicher von dem Gefälle der Flüsse handeln, das angeführte wird zulänglich seyn zu zeigen, wie falsch die Voraussetzung ist. Folgendes nimmt Herr Kühn an, der kürzeste Weg eines Flusses, verhalte sich zu den gekrümmten wie 2 zu 3, welches man bey den meisten Flüssen falsch finden wird, als bey der Rhone, bey der Loire, dem Flusse von Torneo, dem Amazonen-Flusse, welchen ich vor andern der Vorzug gebe, weil die Mitglieder der französischen Akademie, nicht weit von diesen Flüssen ihre Messungen und [52] Wahrnehmungen vollbracht haben.” [excerpt]

[2] [Richtung] Holstein-Beck (AA 26.1: 43): “Einige besondere Merkwürdigkeiten der Flüsse. §3.”

ms 5


[1] [Bette] Holstein-Beck (AA 26.1: 44-45): “§5. Erläuterung der Art, wie sich ein Strom ein Bette bereitet.”

ms 6


[1] [Der Nil] See the parallel passage at Rivers(8°)-1.

ms 7


[1] [Die Waßerfälle] Holstein-Beck (AA 26.1: 46-47): “§6. Von den Wasserfällen und andern Bewegungen der Flüsse.”

ms 9


[1] [III Gescheiche merkwürdiger Flüße] This corresponds to a one-paragraph section in Holstein-Beck (AA 26.1: 44): “§4. Von den ansehnlichsten Flüssen der Erde”. The 1770 Hesse notes (AA 26.2: 72-73) follow Herder in this regard.

[2] [Albuquerque rieth dem Könige von Abyssinien] This refers to a story that Afonso de Albuquerque (1453-1515), a Portuguese naval explorer and Governor of Portuguese India, sailed a fleet through Bab-el-Mandeb (the strait between the Arab Peninsula and the Horn of Africa) in 1513, having received a request for aid against Muslim forces by the Christian Ethiopian King. This was the first European fleet to pass through the strait and caused alarm among the Muslim rulers. In that same year Albuquerque petitioned the King of Portugal for workers to help dig a canal that would divert waters from the Nile to the Red Sea in order to undermine Egyptian agriculture; this project, if it ever was one, came to nothing. The Ethiopian (Abyssinian) King at the time would have been Dawit II (c.1496-1540) of the Solomonic dynasty.

Kant’s source may have been Varen (1681), ch. 13, prop. 5 (on whether the oceans all have the same altitude):

Alphonsus Albuquerce, Governor of the Portuguese Indies, was of another Opinion, when he had intended to have turned the Nile from Egypt, by cutting a Chanel thro’ Abyssinia (which borders upon Egypt, only a few Desarts interposing) to the Red-Sea, that by this means he might [196] render Egypt barren and unfruitful to the Turks; but he died before he could undertake it.” (1734 English translation, vol. 1, pp. 195-96) [excerpt]

See also Holstein-Beck (AA 26.1: 285).

[3] [Belbowitz] This is possibly a reference to Iwan IV, Wasijewitsch (1530-1584), Russian Tsar (1547-84), called “the terrible.” He is referred to as ‘Basilowitz’ in the Philippi physical geography notes (ms. p. 53).

ms 10


[1] [Reisebeschreibung … Korte] Jonas Korte (1682-1747) explored the Near East hoping to compare various biblical claims with his observations on the ground (e.g., the location from which Jesus was to have ascended into heaven, or the proper location of Golgotha). Kant is referring here to the book in which he published his findings: Reise nach dem weiland Gelobten, Nun aber seit siebenzehn hundert Jahren unter dem Fluche liegenden Lande, Wie auch Nach Egypten, dem Berg Libanon, Syrien und Mesopotamien. Halle: Joh. Christian Grunert, 1743. Book II, ch. 11 (pp. 186-201) concerns Sodom and Gomorrah, and the claim that the fertile plain of Sodom sunk to form the Dead Sea.

[2] [die besondre Materien mit sich führen] This corresponds with the final section in Holstein-Beck (AA 26.1: 48-49): “§8. Von den Materien, welche die Wasser der Flüsse bey sich führen.”

[3] [Goldstaub] See Schöpflin (1752, 451-52):

“Das Gold wird nicht in ihm erzeuget, sondern die Goldtheilchen, welche aus Goldgebirgen sind abgelöset worden, vermengen sich unter seinen Sand, da er sie [452] dann in gewisse Wirbel und Hölen zusammen schwemmt, aus denen sie herausgenommen, durch öfteres Waschen gereiniget, und vermittelst des Quecksilbers in Klumpen oder Plättchen gebracht werden.” [excerpt]

ms 11


[1] [Canäle] See the related passage at Rivers(8°)-1.

ms 12


[1] [Von Landseen und Morästen] In Holstein-Beck, this material is found at the discussion of the oceans (AA 26.1: 20). See the related passage at Rivers(8°)-2.

ms 13


[1] [Schwarze Meer] ‘Totes Meer’ is intended here. This error is also in the parallel 8° notes at Rivers(8°)-2.

[2] [Czirnitzer See] See the related passage at Rivers(8°)-3 and corresponding note.


Textual Notes
[4°-Rivers]

A transcription-key can be found in this window on the Start page.

ms 1


[a] '˚und' overwrites a 'zu'.

[b] An 'Abhang der ˚und Bewegung' is crossed out.

[c] An 'in seinem' is crossed out, as is an 'au¿' directly after 'Seen'.

[d] A 'β Bewegung' is crossed out; the following three lines ('Die Abdachung … vice versa'), which are written at the very bottom of the page, are inserted here with a sign.

[e] A 'v¿' is crossed out.

ms 4


[a] Reading 'Kuhns' as 'Kuehns'.

ms 6


[a] Change in copyist.

ms 9


[a] A '˚das' is crossed out.

[b] An 'ist' written above the line and inserted is crossed out.

[c] The ink changes here.

[d] A 'vor ihr' is crossed out.

[e] Reading 'Albukerri' as 'Albuquerque'.

ms 10


[a] Reading 'Corte' as 'Korte'.

[b] A 'macht' is crossed out.

[c] A 'Die' is crossed out.

[d] A '˚sich' is crossed out.

[e] An '˚.und' is crossed out.

[f] A '2) die besondere Materien mit sich führen.' is crossed out.

[g] A 'z.E. Eisentheile, Salz- Mineral-partikelchen.' is crossed out.

ms 11


[a] A 'Q' is crossed out.

ms 12


[a] The following text ('z.E. […] nicht ersetzt werden') is inserted here, with a sign, from the following page of copied text.